Sportverletz Sportschaden 2012; 26(02): 57
DOI: 10.1055/s-0032-1315693
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Stressverletzungen – Standardisierte EKG-Kriterien helfen bei Befundung

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Publication Date:
12 June 2012 (online)

 

Sportmediziner aus Griechenland und Großbritannien haben aktuell untersucht, ob der therapeutische Ultraschall für die Früherkennung von Stressverletzungen am Knochen geeignet ist. Sie kommen zu dem Schluss, dass sich mit dem TUS Verdachtsdiagnosen relativ sensitiv und sehr spezifisch reproduzierbar bestätigen lassen.
Am J Sports Med 2012; 40: 915–919

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Beidseitige Stressverletzung bei einem jugendlichen Laufsportler im MRT. Die STIR-Sequenz zeigt in beiden mittleren Tibiaschäften ein Knochenmarködem, eine eigentliche Frakturlinie ist noch nicht abgrenzbar. Zwar bleibt die MRT der Goldstandard für eine definitive Diagnose einer Stressverletzung, mit einem therapeutischen Ultraschall lassen sich jedoch sehr spezifisch erste Verdachtsmomente bestätigen.(Bild: Geiger J et al. Radiologie up-2date 2010; 10: 35–50)

Überlastungsverletzungen sind bei Leistungssportlern der häufigste Grund für chronische Beinschmerzen. Neben hoher Belastung können u. a. schlechte Ausrüstung, schlechter Trainingsuntergrund, Ernährungsmängel, hormonelle Störungen, Muskel-Dysbalancen und ungünstige anatomische Voraussetzungen, wie eine Beinlängendifferenz, eine Rolle spielen. Wird das Training trotz Stressverletzungen des Knochens fortgesetzt, drohen Muskelschwäche, verminderte Stoßdämpfung und ein Knochen-Remodelling. Werden die Reparaturmechanismen überfordert, kann es zu Stressfrakturen kommen.

Frühe Stressreaktionen des Knochens lassen sich im CT oder MRT erkennen, die hier als Goldstandard gilt, sich aufgrund des apparativen Aufwands aber nicht für ein Screening eignet. Die Autoren Agapi Papalda und Kollegen, Sportklinik SEGAS Thessaloniki und Mile End Hospital London, überprüften daher die Hypothese, dass der TUS sich als überall und schnell einsetzbare Screening-Methode ohne Strahlenbelastung eignet. Erkannt wird die Stressverletzung hierbei anhand der Schmerzinduktion durch energiereiche Ultraschallwellen.

An der Studie nahmen 113 Hochleistungssportler der Leichtathletik teil. Alle klagten über einseitige trainingsinduzierte Beinschmerzen, die sie in ihrer Leistungsfähigkeit beeinträchtigten. Die Schmerzen bestanden nicht länger als 4 Wochen und waren nicht durch Traumata oder andere Erkrankungen erklärbar. Bei allen Patienten wurde ein TUS des betroffenen Beines durchgeführt, als Kontrolle diente die asymptomatische Gegenseite. Zusätzlich fertigten die Autoren ein MRT des betroffenen Beines an.

Grad-3-Verletzungen am häufigsten

Im MRT zeigten nur 3 Patienten (2,7 %) einen Normalbefund. Bei 10,6 % wurden Stressverletzungen vom Grad 1, bei 13,3 % vom Grad 2, bei 68,2 % vom Grad 3 und bei 5,3 % vom Grad 4 festgestellt. In den meisten Fällen war die Tibia betroffen, bei 51 % der Sportler, der Metatarsalknochen war bei 21 % betroffen, die Fibula bei 8 % und bei einem Patienten (0,9 %) der Schenkelhals. Der Rest verteilte sich auf die verschiedenen Fußknochen. Bei 4,5 % der Sportler wurde mehr als eine Verletzung festgestellt.


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TUS: Grad 1–3 selten, Grad 4 nie unentdeckt

Die Autoren verwendeten an der symptomatischen Stelle mit 2 W/cm2 die höchste Energiestufe des TUS-Geräts (Enraf Nonius, Otterdam/Niederlande). Empfand der Sportler Schmerzen, reduzierten sie die Intensität um 0,1 W/cm2. Auf diese Weise blieben 22 der 113 Patienten ohne Befund, d. h. sie gaben während der Untersuchung keine Schmerzen an. Zwei dieser Patienten hatten auch im MRT einen unauffälligen Befund, die anderen verteilten sich auf Grad 1 (n = 8), Grad 2 (n = 8) und Grad 3 (n = 4). Die Stressfraktur des Oberschenkelhalses wurde mit dem TUS nicht entdeckt, dagegen waren 9 von 10 Verletzungen im Bereich des Os naviculare auch im TUS positiv. Insgesamt lag die Sensitivität mit dem MRT als Grundlage bei 81,8 % (95,1 % bei Grad 3 und 4, 44 % bei Grad 1 und 2), die Spezifität lag bei 66,6 % und der positive prädiktive Wert bei 99,0 %. Im McNemar-Test erwies sich die TUS damit als sensitiv für Stressverletzungen des Knochens.


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TUS als Warnsignal

Der TUS könne direkt in den Trainingszentren als schnell verfügbare Erstuntersuchung bei Schmerzen im Bereich der unteren Extremität eingesetzt werden, schreiben die Autoren. Das Sichtbarmachen von frühen Stressverletzungen kann dazu beitragen, die Sportler von der Notwendigkeit einer konsequenten Schonung zu überzeugen.

Fazit

Der therapeutische Ultraschall kann als schnell verfügbare Erstuntersuchung mit ausreichender Sensitivität zum Nachweis von Stressverletzungen des Knochens eingesetzt werden. Verletzungen niedriger Grade blieben zwar teilweise unentdeckt, die Grad-4-Verletzungen wurden jedoch alle auch mit TUS gefunden. Goldstandard bleibt bei dieser Indikation das MRT.

Maria Weiß, Berlin


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Beidseitige Stressverletzung bei einem jugendlichen Laufsportler im MRT. Die STIR-Sequenz zeigt in beiden mittleren Tibiaschäften ein Knochenmarködem, eine eigentliche Frakturlinie ist noch nicht abgrenzbar. Zwar bleibt die MRT der Goldstandard für eine definitive Diagnose einer Stressverletzung, mit einem therapeutischen Ultraschall lassen sich jedoch sehr spezifisch erste Verdachtsmomente bestätigen.(Bild: Geiger J et al. Radiologie up-2date 2010; 10: 35–50)