Sportverletz Sportschaden 2012; 26(02): 61
DOI: 10.1055/s-0032-1315696
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Schwangerschaft – Sport – Was genau sagt der Fetus dazu?

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Publication Date:
12 June 2012 (online)

 

Sport in der Schwangerschaft hat für Mutter und Kind einige Vorteile. Um inaktive Schwangere weiter zu ermutigen, haben Wissenschaftler der Johns Hopkins Universität Maryland/USA aktuell die direkten Reaktionen von Feten untersucht, wenn ihre Mütter Sport trieben. Sie untersuchten sowohl fitte als auch untrainierte Schwangere. Das Ergebnis sollte auch letztere motivieren, sich von der Couch aufzuraffen.
Obstet Gynecol 2012; 119:603–610

Die Autoren Linda M. Szymanski und Andrew J Satin vermissten evidenzbasierte Empfehlungen für die sportliche Aktivität bei Schwangeren. Zudem beobachteten sie, dass Geburtshelfer in den USA zögern, inaktiven Schwangeren zum Sport zu raten. Daher war es ihr Ziel, in einer Studie mit gesunden, sportlich aktiven sowie untrainierten Schwangeren, die Reaktion der Feten auf Sport zu untersuchen.

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Treibt die Mutter regelmäßig und in Maßen Sport, fühlt sich auch der Fetus wohl. Nach dieser Studie können auch bis zur Schwangerschaft inaktive Mütter unbesorgt zu den Sportschuhen greifen.(©iStock; Symbolbild)

An der Studie nahmen 45 Schwangere teil, 15 untrainierte, 15 regelmäßig aktive (3-mal die Woche mehr als 20 Min.) und 15 sehr sportliche Frauen (mehr als 4-mal/Woche intensives Training, meist Läuferinnen). Ausschlusskriterien waren u. a. Mehrlingsschwangerschaften, ein BMI größer 35, Rauchen, erlebte Frühgeburten oder bekannte Schwangerschaftskomplikationen. Die Tests fanden statt zwischen Gestationswoche 28 und 33, jeweils im Rahmen von 2 Wochen. Die Untersuchungen umfassten Power-Doppler-US der Umbilikalarterie (systolische/diastolische Ratio, Resistenzindex, Pulsatilitätsindex), fetale Herzrate und biophysikalisches Profil.

Testaufbau

Bei der ersten Vorstellung absolvierten die Frauen einen progressiven Test auf dem Laufband in Anlehnung an das Balke-Protokoll. Nach dem 2-minütigen Warmup bei 3 mph und 0 % Steigung blieb das Tempo bei 3 mph mit einem kontinuierlichen Steigungsanstieg von 2 % alle 2 Min. Ab 12 % blieb der Anstieg konstant und die Geschwindigkeit steigerte sich um 0,2 mph/2Min. Die Zeit, bis zu der die Frauen erschöpft waren, wurde gestoppt. Die Untersucher schätzten die maximale Sauerstoffaufnahme anhand einer Formel für Schwangere. In der nächsten Sitzung absolvierten die Frauen ein individuelles moderates Training für 30 Min. bei 40–59 % ihrer aeroben Kapazität. Die Herzrate wurde beobachtet und von den Teilnehmerinnen durch Anpassung der Anstrengung für 30 Min. bei dem zuvor ermittelten Zielwert gehalten. Die sportlich aktiven Frauen führten zusätzlich einen intensiven Test durch, bei dem die Herzrate 60–84 % der Herzkapazität betrug. Über die gesamte Testdauer wurden die EKGs der Mütter aufgezeichnet.


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Moderate Belastung

Die Power-Doppler-US der Umbilikalarterie zeigte während der moderaten Belastung keine Auffälligkeiten. In allen Gruppen unterschieden sich die Indizes vor dem Test nicht von den Werten danach. Ferner unterschieden sich die US-Ergebnisse nicht gruppenspezifisch. Die Herzrate der Feten nahm unter Belastung leicht zu, der Unterschied erreichte nur bei den durchschnittlich Trainierten Signifikanz mit einer fetalen Herzrate von 135,4 ± 7,7 vs. 146,5 ± 10,8 bpm. Das biophysikalische Profil der Feten erreichte bei allen Frauen innerhalb von 30 Min. 8 von 8 Punkten.


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Intensive Belastung

Von den trainierten Frauen führten 24 der ursprünglich 30 das intensive Training durch. Die durchschnittliche Intensität betrug 71,8 und 73,8 % in der durchschnittlich und der gut trainierten Gruppe. Hier hatten sich die Power-Doppler-Indices für die Umbilikalarterie direkt nach der Anstrengung verringert (p < 0,05; Blutfluss der Umbilikalarterie Systole/Diastole 2,71 nach 2,46 und 2,51), die Autoren halten das Ausmaß allerdings nicht für klinisch relevant. Die fetale Herzrate war in beiden Gruppen um ca. 20 Schläge/Min. angestiegen (133,5 vs. 153,1 bpm und 137,2 vs. 156,8 bpm) und jeweils innerhalb von 20 Min. wieder auf dem Ruheniveau. Bei allen bis auf einer Teilnehmerin erreichten die Feten beim biophysikalischen Profil 8 von 8 Punkten innerhalb von 30 Min. bei einer Frau dauerte es 34 Min. Bis auf zwei Ausnahmen kamen alle Kinder zum geplanten Zeitpunkt zur Welt, 2 Kinder wurden etwa 3 Wochen zu früh geboren. Eine Mutter in der sehr aktiven Gruppe bekam ein relativ leichtes Kind zum normalen Geburtstermin (2690 g). Alle anderen Kinder waren normal- bis "übergewichtig".

Fazit

Geburtshelfer sollten Schwangere mehr zum Sport ermutigen, so die Autoren. Sie fanden keine Hinweise auf einen schädlichen Einfluss auf den Fetus, weder durch ein moderates Training (bis zu 59 % der Herzkapazität) bei zuvor inaktiven Frauen noch durch ein intensives Training (bis zu 84 %) bei Trainierten. Das unterstütze die derzeitigen US-amerikanischen Leitlinien, die 5 Trainingseinheiten à 30 Min./Woche empfehlen. Experten der deutschen Sporthochschule Köln empfehlen, dass die Herzfrequenz der der Schwangeren 140 Schläge/Min. nicht länger übersteigt (20 Min.) und ein Trainingsmaximum von 7h/Woche.

Hr


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Treibt die Mutter regelmäßig und in Maßen Sport, fühlt sich auch der Fetus wohl. Nach dieser Studie können auch bis zur Schwangerschaft inaktive Mütter unbesorgt zu den Sportschuhen greifen.(©iStock; Symbolbild)