Sportverletz Sportschaden 2012; 26(02): 62
DOI: 10.1055/s-0032-1316390
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Scherzmittelkonsum – Marathonläufer sind beratungsresistent

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Publication Date:
12 June 2012 (online)

 

    Um herauszufinden, wie verbreitet der Schmerzmittelkonsum im Breitensport ist, hatte Dr. Michael Küster, Schmerztherapeut in Bonn, im Jahr 2009 die Teilnehmer des Bonner Marathons befragt. Das Ergebnis sorgte für Schlagzeilen: Jeder 2. Läufer räumte ein, vor dem Start Schmerzmittel zu nehmen, um Schmerzen vorzubeugen. Daran hat sich nach einer Studie, die Küster direkt im Anschluss startete, offensichtlich nichts geändert.

    Im Jahr 2010 legte Küster mit einer zweiten Studie nach, die Ergebnisse hat er im Frühjahr dieses Jahres auf dem Deutschen Schmerz- und Palliativtag in Frankfurt/Main präsentiert: Der Veranstalter des Marathons 2010 warnte die Läufer vor dem Lauf vor dem unkritischen Schmerzmittelkonsum, jeder erhielt Studienergebnisse und weiterführende Literatur per E-Mail. Gleichzeitig lief erneut eine Umfrage, an der sich 4000 Sportler beteiligten. Sie beinhaltete ebenfalls Fragen zu unter dem Schmerzmittelkonsum etwaig aufgetretenen Nebenwirkungen.

    Die nun abgeschlossene erste Auswertung, die demnächst publiziert werden soll, hat die Experten ernüchtert: "Am Einnahmeverhalten hat sich praktisch nichts geändert", stellt Küster fest, "die Warnungen sind quasi verpufft." Das war die eine schlechte Nachricht. Die andere: Mehr als die Hälfte der Sportler, die Schmerzmittel genommen hatten, litt unter Nebenwirkungen. Da meistens nicht-steroidale Antirheumatika eingenommen werden (Ibuprofen, Acetylsalicylsäure etc.) dominieren Nebenwirkungen im Magen-Darm-Bereich und an den Nieren. "Blutiger Urin, blutiger Durchfall, Übelkeit, Erbrechen, Herz-Kreislauf Probleme", resümiert der Schmerztherapeut das Spektrum. Einige Läufer erlitten ein akutes Nierenversagen, einige Sportler, die Acetylsalicylsäure geschluckt hatten, bekamen einen Herzinfarkt oder behandlungsbedürftige blutende Magengeschwüre in den ersten Stunden nach Beendigung des Marathons.

    "Freizeitsportler müssen über diese Risiken weiter aufgeklärt werden", fordert Küster, der folgende Tipps für Freizeitläufer formuliert:

    1. Wer schon vor dem Lauf unter starken Gelenkschmerzen leidet, sollte nicht mitlaufen.

    2. Schmerzmittel, die vor oder während dem Lauf eingenommen werden, schaden mehr als sie nutzen.

    3. Schmerzmittel sollten, wenn überhaupt, erst nach dem Lauf eingenommen werden und auch erst dann, wenn der Kreislauf zur Ruhe gekommen und der Läufer ausreichend Flüssigkeit getrunken hat.

    4. Isotone Lösungen, die 1 g Kochsalz/L enthalten, können Probleme mit Herz, Kreislauf und Nieren vermeiden.

    5. Wichtig ist eine gründliche Vorbereitung und ein guter sportmedizinischer Check. Wer plant, an einem Marathon teilzunehmen, sollte sich darauf ein Jahr lang vorbereiten und nicht einfach drauflos laufen. Regelmäßiges Training lässt außerdem die Schmerzschwelle steigen.

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    Selbst nach einer Warnung vor gesundheitlichen Schäden schrecken viele Freizeitläufer nicht vor dem prophylaktischen Schmerzmittelkonsum vor einem Marathon zurück.(©ccvision)

    Nach einer Pressemitteilung (Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie)


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    Selbst nach einer Warnung vor gesundheitlichen Schäden schrecken viele Freizeitläufer nicht vor dem prophylaktischen Schmerzmittelkonsum vor einem Marathon zurück.(©ccvision)