Sportverletz Sportschaden 2012; 26(02): 63
DOI: 10.1055/s-0032-1316391
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Traumatische Patellaluxation – MPFL-Rekonstruktion nach Erstluxation

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Publication Date:
12 June 2012 (online)

 

Patellaluxationen haben eine relativ hohe Rekurrenzrate. Alexandre C. Bitar et al. sind aktuell der Frage nachgegangen, ob die Resultate einer Rekonstruktion des medialen patellofemoralen Ligaments (MPFL) nach einer primären Patellaluxation diesbezüglich günstiger sind als eine konservative Strategie. Ihre operierten Patienten erlebten im Gegensatz zu den konservativ Behandelten innerhalb von mindestens 2 Jahren keine erneute Luxation im Follow-up.
Am J Sports Med 2012 40: 114–122

An der brasilianischen Studie beteiligten sich 39 Patienten, die innerhalb der letzten 3 Wochen an mindestens einem Knie eine traumatische Patellaluxation erlitten hatten. Insgesamt waren 41 Knie betroffen. Die Teilnehmer waren durchschnittlich 24,2 Jahre alt (Range 12–38 Jahre). Die Teilnehmer der prospektiven Studie wurden in eine konservative und einer operative Gruppe randomisiert und mindestens für 2 Jahre beobachtet.

Die erste Gruppe (18 Patienten, 20 Knie) wurde konservativ mit 3-wöchiger Immobilisierung (Knieschiene) und anschließender Physiotherapie behandelt. Die Physiotherapie legte den Schwerpunkt auf den Bewegungsumfang und die Stärkung des Quadrizeps. Die Patienten der anderen Gruppe (21 Personen, 21 Knie) unterzogen sich einer Rekonstruktion des MPFL unter Verwendung der Patellarsehne. Der Operateur verlegte das mediale Drittel der Patellarsehne und befestigte es zwischen medialer Epikondyle und Tuberculum adductorium. Zur Fixierung verwendete er eine biodegradierbare Interferenzschraube. Ein wichtiger Aspekt dieses Eingriffs war, dass das Transplantat zusätzlich am Rand des M. vastus medialis fixiert wurde, was ihm eine dynamische Komponente verleiht. Ein Lateral-Release nahm der Operateur nicht vor.

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Zur MPFL-Rekonstruktion mithilfe der Patellarsehne trennten Bitar et al. ein Drittel der Sehne ab und verankerten das tibiale Ende posterior/superior zur medialen Epikondyle und anterior/inferior zum Tuberculum adductorium. Das patellare Ende fixierten sie mit nicht-resorbierbaren Nähten (rote Kreuze). Nach den Ergebnissen ihrer Studie verhindert diese Rekonstruktion eine Rekurrenz der Patellaluxation effektiver als die konservative Therapie.
Es ist zu beachten, dass ein Großteil der erneuten Luxationen erfahrungsgemäß erst nach 2 Jahren auftritt, das Follow-up dieser Studie betrug 2–5 Jahre. Stephan Frosch, Göttingen, et al. kommen in einem systematischen Review aus 2011 zu dem Schluss, dass nur Patienten mit physiologischer Prädisposition für eine erneute Luxation operiert werden sollten. Ein weiteres Ergebnis ihrer Literaturanalyse ist, dass die Augmentation des MPFL derzeit die operative Technik mit den geringsten berichteten Rekurrenzraten ist (Z Orthop Unfall 2011; 149: 630–645).(Zeichnung: modifiziert, Wesker K; aus Prometheus – Lernatlas der Anatomie, Hrsg. Schüncke M/Schule E/Schumacher U; Thieme 2005)

Operierte Patienten zufriedener

Die Schmerzbelastung und Lebensqualität der Patienten erfassten die Autoren mithilfe des Kujala-Fragebogens. Der durchschnittliche Wert der konservativen Gruppe lag signifikant unter dem der chirurgischen Patienten (70,8 vs. 88,9; p = 0,001), dies galt für alle Altersklassen. Dabei kam ebenfalls heraus, dass fast 3-mal mehr operierte Patienten das Ergebnis als "gut/ ausgezeichnet" einstuften 71,43 vs. 25,0 % (p = 0,003). Außerdem beurteilten nur 9,5 % der chirurgischen Patienten die Resultate als "schlecht", wohingegen dies auf 35,0 % der konservativen Gruppe zutraf.

Innerhalb des Beobachtungszeitraums von durchschnittlich 3,6 Jahren (Range: 24–61 Monate) kam es bei 35 % der konservativ behandelten Patienten zu Rekurrenzen (n = 4) und Subluxationen (n = 3). Innerhalb der MPFL-Gruppe wurde über keinen Fall berichtet. Als prädisponierenden Faktor sowohl für eine Unzufriedenheit mit der Therapie als auch einer erneuten (Sub-)Luxation konnten die Autoren nur das Crossing-Sign identifizieren. Dies war in der konservativen Gruppe signifikant häufiger (95 vs. 58,3 %), den Grad des Crossing-Signs nannten die Autoren jedoch nicht.

Als Schwäche der Studie sollte sowohl die relativ kleine Studienkohorte in Betracht gezogen werden als auch der Mangel, dass die Autoren nicht über die Sportfähigkeit der Patienten berichten.

Fazit

Betrachtet man die Rekurrenzen und die Ergebnisse des Kujala-Fragebogens, so erzielte die MPFL-Rekonstruktion unter Verwendung der Patellarsehne nach einem Beobachtungszeitraum von mindestens 2 Jahren bessere Behandlungserfolge nach Erstluxation der Patella.

Britta Brudermanns, Köln


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Zur MPFL-Rekonstruktion mithilfe der Patellarsehne trennten Bitar et al. ein Drittel der Sehne ab und verankerten das tibiale Ende posterior/superior zur medialen Epikondyle und anterior/inferior zum Tuberculum adductorium. Das patellare Ende fixierten sie mit nicht-resorbierbaren Nähten (rote Kreuze). Nach den Ergebnissen ihrer Studie verhindert diese Rekonstruktion eine Rekurrenz der Patellaluxation effektiver als die konservative Therapie.
Es ist zu beachten, dass ein Großteil der erneuten Luxationen erfahrungsgemäß erst nach 2 Jahren auftritt, das Follow-up dieser Studie betrug 2–5 Jahre. Stephan Frosch, Göttingen, et al. kommen in einem systematischen Review aus 2011 zu dem Schluss, dass nur Patienten mit physiologischer Prädisposition für eine erneute Luxation operiert werden sollten. Ein weiteres Ergebnis ihrer Literaturanalyse ist, dass die Augmentation des MPFL derzeit die operative Technik mit den geringsten berichteten Rekurrenzraten ist (Z Orthop Unfall 2011; 149: 630–645).(Zeichnung: modifiziert, Wesker K; aus Prometheus – Lernatlas der Anatomie, Hrsg. Schüncke M/Schule E/Schumacher U; Thieme 2005)