Z Gastroenterol 2012; 50(10): 1078
DOI: 10.1055/s-0032-1318984
Forschung aktuell
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Antibiotikatherapie – Tetrazykline und Pankreatitisrisiko

Further Information

Publication History

Publication Date:
12 November 2012 (online)

Zahlreiche Fallberichte sprechen für eine Assoziation zwischen einer Behandlung mit Tetrazyklinen und dem Auftreten akuter Pankreatitiden. Ljung et al. bestätigten dies nun in einer nationalen Fall-Kontroll-Studie.

Gut 2012; 61: 873–876

Die Informationsquellen waren verschiedene Datenbanken: das allgemeine schwedische Bevölkerungsregister, das Patienten- und Verschreibungsregister, die Tumordatenbank, die Todesursachenstatistik und das Bildungsregister. Alle Einwohner zwischen 40 und 84 Jahren wurden erfasst. 6161 Patienten mit einer akuten Pankreatitis wurden mit 61 638 passenden Kontrollen verglichen. Im ersten Schritt wurde das relative Risiko für die Erkrankung bei einer Tetrazyklintherapie für die Patienten und Kontrollen unter Berücksichtigung des Alters und des Geschlechts ermittelt. Gegenwärtige Nutzer von Tetrazyklinen hatten eine um den Faktor 2,3 höhere Erkrankungswahrscheinlichkeit (95%-Konfidenzintervall KI 1,8-3,0). In einem zweiten Schritt erfolgte eine multivariable Analyse. Dabei wurden der Bildungsabschluss, der Familienstand und zahlreiche Erkrankungen berücksichtigt. Dies waren z. B. ein exzessiver Alkoholmissbrauch, chronisch obstruktive Lungenerkrankungen, Gallensteine, Übergewicht und Diabetes mellitus. Die Assoziation zwischen einer Tetrazyklineinnahme und akuten Pankreatitiden blieb weiter bestehen (Odds Ratio OR 2,0; 95%-KI 1,5-2,5). Eine frühere Einnahme des Medikaments steigerte das Risiko nicht. Das zweite multivariable Modell enthielt zusätzlich einen Komorbiditäts-Score, der auf der Einnahme krankheitsspezifischer Medikamente basierte. Zum Ausschluss eines Verzerrungseffektes wurde das Pankreatitisrisiko durch Penicillingaben ermittelt. Phenoxymethylpenicillin sei das in Schweden am häufigsten verordnete Antibiotikum und schädige die Bauchspeicheldrüse nicht. Auch in dieser Analyse ergab sich eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine akute Pankreatitis durch eine Behandlung mit Tetrazyklinen. (OR 1,6; 95%-KI 1,2-2,1), nicht aber mit Penicillin (OR 1,0, 95%-KI 0,8-1,4).

Bei der Bewertung der Studienergebnisse blieben laut den Autoren Fragen offen. Zum einen sei nicht sichergestellt, dass die Patienten das verordnete Tetrazyklin tatsächlich eingenommen hätten. Ein weiterer Punkt sei die Assoziation zwischen den Behandlungsindikationen per se und akuten Bauchspeicheldrüsenentzündungen. So träten diese z. B. bei Infektionen mit Mykoplasma pneumoniae gehäuft auf. In diesen seltenen Fällen sei nicht zu differenzieren, ob der Keim oder das Antibiotikum die Pankreatitis provoziert habe.

Fazit

Nach Einzelfallberichten bestätigte die Studie die Assoziation zwischen Tetrazyklinen und akuten Pankreatitiden nun für die schwedische Bevölkerung und ergab eine Risikoerhöhung um 60%. Dies sei eine wichtige Information, denn Tetrazykline gehörten zu den am häufigsten verwendeten Antibiotika.

Dr. med. Susanne Krome, Melle