Pneumologie 2013; 67(04): 223-227
DOI: 10.1055/s-0032-1326222
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Auswirkungen von Tabakrauch auf Alveolarmakrophagen – ein In-vivo-Kurzzeitrauchmodell zur Mauslunge

The Effects of Tobacco Smoke on Alveolar Macrophages – An In Vivo Mouse Lung Model for Short-Term Smoking
N. T. Veith
1   Institut für Anatomie, Homburg
,
J. Hellberg
2   Innere Medizin V – Pneumologie, Allergologie, Beatmungsmedizin, Homburg
,
C. Beisswenger
2   Innere Medizin V – Pneumologie, Allergologie, Beatmungsmedizin, Homburg
,
M. W. Laschke
3   Institut für Klinisch-Experimentelle Chirurgie, Homburg
,
T. Tschernig
1   Institut für Anatomie, Homburg
› Author Affiliations
Further Information

Korrespondenzadresse

Nils T. Veith
Institut für Anatomie und Zellbiologie
Kirrberger Straße
66421 Homburg/Saar

Publication History

eingereicht 11 December 2012

akzeptiert nach Revision 16 January 2013

Publication Date:
11 March 2013 (online)

 

Zusammenfassung

Hintergrund: Der Einfluss von Tabakrauch auf das Phagozytoseverhalten von Alveolarmakrophagen in vivo wird kontrovers diskutiert. Bisherige Studien konnten diese Fragestellung nur in In-vitro-Modellen beantworten. Das vorgestellte Modell ist das erste In-vivo-Modell zu dieser Fragestellung.

Fragestellung: Verstärkt oder hemmt Tabakrauch die phagozytotische Aktivität von Alveolarmakrophagen bzw. führt Tabakrauch zu einem Anstieg der Alveolarmakrophagen?

Ergebnisse: Tabakrauch führt zu einer tendenziell verstärkten Aktivität von Alveolarmakrophagen.

Methodik: Die Intravitalmikroskopie der Lunge erlaubt die Beobachtung von Alveolarmakrophagen nahe der Lungenoberfläche.

Ergebnisse: Tabakrauch führt tendenziell zu einer vermehrten Phagozytose von Partikeln durch Alveolarmakrophagen und neutrophile Granulozyten.

Schlussfolgerung: Diese Studie unterstützt Untersuchungen, die in vitro keine Hemmung der phagozytotischen Aktivität von Alveolarmakrophagen nach Tabakrauchexposition zeigen konnten.


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Abstract

Background: The effect of cigarette smoke (CS) on the phagocytosis of alveolar macrophages is discussed controversially on the basis of in vitro experiments. In this short report we describe the in vivo observations that we have performed.

Methods: For this purpose mice were exposed to CS for three consecutive days. One day later the fluorescent microspheres were administered intratracheally and the lung surface was investigated using long-distance fluorescence microscopy.

Results: We found that the numbers of neutrophils which engulfed particles was increased in the CS group as compared to controls. The overall phagocytic activity was not significantly different after CS exposure.

Conclusions: In conclusion the phagocytosis of alveolar macrophages and neutrophils after short time CS exposure was not affected. Further investigations will need to look for the effects of long-term CS exposure and the phagocytosis of living bacteria.


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Einleitung

Die chronische obstruktive Lungenerkrankung (COPD) verläuft häufig tödlich. Als Basis für die Entstehung dieser Erkrankung wird hauptsächlich der Konsum von Zigaretten angesehen [1]. Die Prävalenz steigt ständig, sodass Studien für das Jahr 2020 die COPD als dritthäufigste Todesursache weltweit sehen [2]. Verantwortlich hierfür sind der zunehmende Zigarettenkonsum sowie die zunehmende Luftverschmutzung in den Entwicklungsländern [3].

Im Tabakrauch konnten durch bisherige Studien ca. 4800 Stoffe identifiziert werden, von denen eine Vielzahl toxische und kanzerogene Wirkungen auf die Zelle hat [4] [5]. Der Einfluss dieser Substanzen führt zu einer Veränderung der Entzündungsparameter im Organismus. So konnte u. a. ein Anstieg von TNF-α, ΙL-6, IL-8 und CRP (C-reaktives Protein) im Serumspiegel von chronischen Rauchern beobachtet werden [6]. Die Veränderungen dieser Parameter können für den Patienten langfristig fatal sein.

So führt die durch den Tabakrauch getriggerte Expression von TNF-α zu einer verstärkten Einwanderung von Monozyten in die Lunge. Dort angekommen differenzieren sich die Monozyten zu Alveolarmakrophagen [7]. Das Ergebnis ist eine fünf- bis zehnfach größere Anzahl von Makrophagen in der Lunge, in der BAL sowie im Sputum von COPD-Patienten [5] [8] [9] [10]. Eine erhöhte Anzahl der Alveolarmakrophagen kann nicht nur auf eine erhöhte Rekrutierung von Blutmonozyten in das Lungenparenchym zurückgeführt werden. Sondern eine entscheidende Rolle scheinen auch eine längere Überlebenszeit und eine erhöhte Proliferation von Mediatoren in der Lunge zu spielen [11].

Dieser Makrophagenzunahme und den daraus resultierenden Folgen wird eine Schlüsselrolle in der Pathophysiologie der COPD zugeschrieben [11] [12].

Zu den Hauptaufgaben der Alveolarmakrophagen zählen die Freisetzung von Zytokinen, Chemokinen, radikalen Sauerstoffspezies, Elastasen sowie die Phagozytose von pathogenen Erregern [11] [13]. Die durch den Zigarettenrauch in ihrer Anzahl gestiegenen Makrophagen sezernieren vermehrt Elastasen wie MMP und Cathepsine. Der Zytokinanstieg in der Lunge wiederum ist verantwortlich für eine vermehrte Infiltration von neutrophilen Granulozyten in das Lungenparenchym, die ebenfalls Elastasen freisetzen [14] [15]. Als Folge dieser Zellzunahme und der damit verbundenen verstärkten Freisetzung von Elastasen kann sich bei COPD-Patienten ein Lungenemphysem ausbilden.

Ein weiterer Effekt von Tabakrauch ist eine Verringerung der Interleukin-1-Freisetzung. Das Resultat ist eine verringerte Aktivität der Alveolarmakrophagen. Weniger Fremdstoffe werden dann durch die Makrophagen phagozytiert [16] [17] [18]. Die Folge ist eine erhöhte Rate an bakteriellen Lungeninfektionen bei Rauchern [19], die im schlimmsten Fall, durch die Hemmung des angeborenen Immunsystems, zum Tode führen können [20]. Studien zeigen, dass Raucher ein erhöhtes Risiko für Erkrankungen der Atemwege, Bronchitis, Lungenentzündung sowie der Legionärskrankheit haben [19] [21] [22].

Tabakrauch fördert zwar die Rekrutierung von Alveolarmakrophagen, hemmt jedoch aber auch gleichzeitig deren Phagozytose-Aktivität.

Die Änderung der Phagozytose-Aktivität von Alveolarmakrophagen sowie der Anstieg der Alveolarmakrophagen in der Lunge durch den Einfluss von Tabakrauch konnten bisher nur in In-vitro-Modellen untersucht werden. Untersucht wurden u. a. die Phagozytose von bakteriellen und viralen Erregern sowie die Aktivität der Alveolarmakrophagen mittels In-vitro-Techniken [23] [24] [25]. Grundlage für die meisten Modelle sind durch bronchoalveoläre Lavages (BAL) gewonnene Alveolarmakrophagen von Tieren. So nutzt Shea et al. [23] die aus BALs gewonnenen Alveolarmakrophagen von Ratten, die mit Tabakrauch exponiert wurden, zur Untersuchung der Phagozytoseaktivität. Die kolonisierten Makrophagen, die Tabakrauch ausgesetzt waren, zeigten bezüglich ihrer Phagozytose auf angebotene Bakterien vom Stamm Staphylococcus epidermidis eine verringerte Aktivität.

McMaster et al. [24] nutzte die aus BALs gewonnenen Makrophagen von Mäusen, die in einem Medium kolonisiert wurden. In unterschiedlichen Versuchsgruppen wurden die Alveolarmakrophagen mit verschiedenen Bakterienstämmen (u. a. Staphylococcus aureus, escherichia coli, Streptococcus pneumonia, Pseudomonas aeruginosa) inokuliert und mit einer Rauchlösung versetzt. Hier zeigte sich, dass der Einfluss des Tabakrauches zu einer verringerten Freisetzung von Stickstoffmonoxid (NO) aus den Alveolarmakrophagen führte. Die Abwehr der pathogenen Erreger durch die Makrophagen war gehemmt.

In-vivo-Modelle zu dieser Thematik sind nicht bekannt.

Fragestellung Die Phagozytose von Alveolarmakrophagen kann in vivo mit der Intravitalmikroskopie untersucht werden. Hierzu bedient man sich fluoreszenzmarkierter Partikel, im Folgenden auch als Latex-Beads bezeichnet. Latex-Beads erreichen nach erfolgreicher Applikation die Lungenperipherie und werden dort von Alveolarmakrophagen phagozytiert, die dadurch sichtbar für das Fluoreszenzmikroskop werden [26]. Nach der Exposition einer Maus mit Tabakrauch sollte die Frage geklärt werden, ob Tabakrauch zu einer Veränderung der Anzahl sowie der Aktivität der Alveolarmakrophagen führt.


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Material und Methoden

Tiere Die Versuche wurden an 12 Wochen alten C57BL/6-Mäusen durchgeführt mit einem Gewicht zwischen 25 – 30 g und einem Alter von 12 – 16 Wochen.

Zigarettenrauchexposition Die Mäuse wurden an drei aufeinander folgenden Tagen in einer Plexiglasbox Zigarettenrauch ausgesetzt (5 × 20 Minuten je Tag). In die Plexiglasbox wurden 1800 ml frische Luft und 360 ml Rauch je Minute eingeleitet. In einer Berauchungseinheit von 20 Minuten wurden 5 bis 6 Zigaretten (Standard-Forschungszigaretten) verbraucht. Zwischen den Berauchungseinheiten wurden die Tiere für 30 Minuten in ihre Käfige gesetzt. Die Qualität der Luft in der Plexiglasbox wurde überprüft. Folgende Werte wurden nicht überschritten: H2S: 3 ppm; CO: 400 ppm.

Anästhesie und Präparation Nachdem die Versuchstiere durch eine intraperitoneale Injektion von 7,5 mg Ketamin-Hydrochlorid (Parke Davis, Freiburg, Deutschland) und 2,5 mg Xylazinhydrochlorid (Bayer, Leverkusen, Deutschland) pro 100 g Körpergewicht narkotisiert wurden, wurden die Tiere auf der OP-Platte zur Immobilisierung fixiert. Zur Beatmung der Tiere erfolgte eine Intubation über eine Tracheotomie mit einem Trachealtubus d = 1 mm (Hugo Sachs/Harvard Apparatus, March-Hugstetten, Deutschland). Die Beatmung erfolgte mit einem Minivent (Hugo Sachs/Harvard Apparatus, March-Hugstetten, Deutschland) mit einer Frequenz von 150 Hüben/min, einem Hubvolumen von 200 µl und einem positiven endexspiratorischen Druck (PEEP) von 4 cm H2O bei einer FiO2 von 100 %. Um starke Blutungen während der Eröffnung des Brustkorbes zu vermeiden, wurden die Aa. thoracicae ligiert (Prolene 2-0, Ethicon, Livingston, Scotland). Die Eröffnung des Brustkorbes erfolgte über eine mediane Sternotomie, vom Processus xyphoideus ausgehend in Richtung Manubrium sterni. Ab dem 3. Interkostalraum erfolgte die weitere Schnittführung zur rechten Seite der Brustwand. In der mittleren Axillarlinie wurde die Thorakotomie fortgesetzt und anschließend der Thoraxdeckel abgelöst.

Intravitale Multifluoreszenzmikroskopie Die Visualisierung erfolgte mit einem Zeiss Axiotech Mikroskop (Zeiss, Oberkochen, Deutschland) mit einer 100 W-Quecksilber-Lampe. Um das Bild während der Aufnahme weiterhin zu stabilisieren, wurde für einen Zeitraum von 10 – 20 Sekunden die Beatmung der Tiere abgeschaltet und der positive endexspiratorische Druck (PEEP) auf 5 cm H2O eingestellt. Dies ermöglichte für einen relativ kurzen Zeitraum Bilder ohne Bewegungsartefakte. Die Versuchstiere wurden danach sofort wieder mittels Minivent (Hugo Sachs/Harvard Apparatus, March-Hugstetten, Deutschland) beatmet. Das inspiratorische Volumen wurde auf 200 µl eingestellt, die Atemfrequenz auf 150 Atemzüge pro min und der PEEP wieder auf 4 cm H2O. Die mikroskopischen Bilder wurden auf einen Monitor übertragen und mittels einer CCD-Videokamera (FK6990, Pieper, Schwerte, Deutschland) aufgenommen und aufgezeichnet (Panasonic AG-7350-S-VHS, Matsushita, Tokyo, Japan). Die Auswertung der Videoaufzeichnungen erfolgte off-line an einem PC-System unter Verwendung der CapImage Software (Zeintl, Heidelberg, Deutschland) im Institut für Klinisch-Experimentelle Chirurgie der Universität des Saarlandes. Zur Darstellung von Alveolarmakrophagen und phagozytoseaktiven Zellen wurden Latex-Beads (Fluoresbrite Plain YG 1,0 Micron Microspheres, Eppelheim, Polysciences) eingesetzt. Das Exzitationsmaximum liegt bei 441 nm, die Emissionswellenlänge bei 486 nm. Eingesetzt wurden 50 µl 1 µm große Latex-Beads. Die Latex-Beads wurden über den Inspirationsschlauch des Minivent (Hugo Sachs/Harvard Apparatus, March-Hugstetten, Deutschland) verabreicht. Zur besseren Verteilung des Bolus wurde für einen kurzen Moment der Exspirationsschenkel des Beatmungsgerätes abgeklemmt. Das Atemzugvolumen betrug für alle Tiere 200 µl und die Atemfrequenz 150 Atemzüge pro Minute. Um zwischen Makrophagen und Monozyten differenzieren zu können, erfolgte die Auswertung der Bilddaten mit der CapImage-Software (Zeintl, Heidelberg, Deutschland). Zellen mit einem Durchmesser größer als d = 10,5 µm wurden hierbei als Makrophagen definiert, Zellen kleiner als d = 10,5 µm als neutrophile Granulozyten.

Statistik Drei bis fünf randomisiert ausgewählte Bereiche der rechten Lunge wurden quantifiziert. Die Daten sind als Mittelwerte ± Standardfehler des Mittelwertes (SEM) (GraphPad Software, La Jolla, CA, USA) angegeben.


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Ergebnisse

Makrophagen Die Anzahl der phagozytoseaktiven Makrophagen ([Abb. 1 a] und [Abb. 2 a]) der Kontrollgruppe wurde mit einem Mittelwert von 9,7 pro mm2 (SD 4,1 pro mm2; N = 5) bestimmt. Im Vergleich zur Rauchergruppe mit einem Mittelwert von 7,6 pro mm2 (SD 1,51 pro mm2; N = 6) stellte sich dabei im Mann-Whitney-U-Test kein signifikanter Unterschied heraus.

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Abb. 1 a – da zeigt die Dichte der Makrophagen, b der neutrophilen Granulozyten, c der Latex-Beads und d der Konglomerate. Signifikante Unterschiede mit p < 0,05 sind gekennzeichnet mit *.
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Abb. 2 a, b a zeigt eine In-vivo-Aufnahme einer Lunge aus der Kontrollgruppe (Raumluft). Die roten Pfeile zeigen Latex-Beads. Die gelben Pfeile zeigen phagozytoseaktive Makrophagen, die durch die Aufnahme fluoreszenzmarkierter Latex-Beads hell leuchten. Die grünen Pfeile zeigen neutrophile Granulozyten, die ebenfalls durch die Aufnahme von Latex-Beads hell leuchten. b zeigt eine In-vivo-Aufnahme der Lunge aus der berauchten Gruppe. Vergleichend zu a zeigt sich eine kleinere Zahl freier Partikel. Die roten Pfeile zeigen Latex-Beads, die grünen neutrophile Granulozyten sowie die gelben Pfeile Alveolarmakrophagen, die durch Aufnahme fluoreszenzmarkierter Partikel markiert und dadurch beobachtet werden können.

Neutrophile Granulozyten Der Mittelwert der neutrophilen Granulozyten der Kontrollgruppe ([Abb. 1 b]) betrug 9,3 pro mm2 (SD 2,4 pro mm2; N = 5). Der Mittelwert der neutrophilen Granulozyten aus der Rauchergruppe betrug 13 pro mm2 (SD 1,5 pro mm2; N = 6). Vergleichend stellte sich dabei im Mann-Whitney-U-Test ein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Versuchsgruppen heraus.

Latex-Beads Der Mittelwert der freien Latex-Partikel ([Abb. 1 c]) der Kontrollgruppe wurde mit 5,8 pro mm2 (SD 3,9 pro mm2; N = 5) quantifiziert. Der Mittelwert der Latex-Beads aus der Rauchergruppe betrug 1,2 pro mm2 (SD 1,12 pro mm2, N = 6). Es konnte kein signifikanter Unterschied bestimmt werden.

Konglomerate Der Mittelwert der Konglomerate ([Abb. 1 d]) der Kontrollgruppe wurde mit 0,72 pro mm2 (SD 0,81 pro mm2, N = 5) quantifiziert. Der Mittelwert der Konglomerate aus der Rauchergruppe betrug 1,25 pro mm2 (SD 0,88 pro mm2; N = 6).


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Diskussion

Der Einfluss von Tabakrauch auf die Lunge kann zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Verantwortlich hierfür scheinen die in der Literatur bereits beschriebenen Veränderungen von Entzündungsparametern durch den chronischen Einfluss von Tabakrauch auf die Lunge zu sein. So ist bekannt, dass die im Tabakrauch enthaltenen Inhaltsstoffe zu einer Schädigung des angeborenen und erworbenen Immunsystems führen [27] [28]. Ein Anstieg der Alveolarmakrophagen, bedingt durch die veränderten Bedingungen, ist die Folge.

Durch reduzierte Interleukin-1-Freisetzung sind die Alveolarmakrophagen jedoch gehemmt und können weniger pathogene Erreger phagozytieren. Häufige Lungeninfektionen sind die Folge von chronischem Rauchen. Weitere Folgen können die Entstehung einer COPD und ein damit verbundenes Emphysem sein sowie eine veränderte Angiogenese [29].

Die Untersuchung dieser Vorgänge, ausgelöst durch Tabakrauch, konnten bislang nur an In-vitro-Modellen untersucht werden.

Das hier vorgestellte Kurzzeitmodell der Berauchung ist etabliert und ermöglicht durch die Kombination der ebenfalls etablierten Intravitalmikroskopie der Mauslunge die Beobachtung von Alveolarmakrophagen nahe der Lungenoberfläche [30]. Durch eingesetzte fluoreszenzmarkierte Partikel können Alveolarmakrophagen sowie neutrophile Granulozyten markiert und beobachtet werden.

Der akute Einfluss von Tabakrauch führte zu einem signifikanten Anstieg der neutrophilen Granulozyten. Dies ist vergleichbar mit bisherigen Studien [26]. Eine signifikante Veränderung der Alveolarmakrophagenzahl wurde nicht festgestellt. Weiterhin konnte im Gegensatz zur Literatur [16] [17] keine Aktivitätsminderung bezüglich der Phagozytose festgestellt werden. Tendenziell führte der akute Einfluss von Tabakrauch sogar zu einer verstärkten Phagozytose. Dies zeigte eine tendenziell verringerte Anzahl freier Latex-Beads in der Rauchgruppe. Verantwortlich hierfür könnte das im Rauch enthaltene Lipopolysaccharid (LPS) sein, das zu einer Aktivierung der Phagozyten über den Toll-like-Rezeptor-4 führt. Lipopolysaccharid, u. a. Bestandteil von gram-negativen Bakterien und auch im Tabakrauch enthalten, ist ein starker inflammatorischer Reiz. Dieser Reiz aktiviert das körpereigene LPS-bindende Protein (LBP) und bildet einen Komplex mit LPS.

Der neu entstandene Komplex erhöht die Affinität für den CD-14-Rezeptor auf Makrophagen, eine verstärkte Phagozytose ist die Folge [31].

Bisherige Untersuchungen zur Aktivität der Alveolarmakrophagen durch Einfluss von Tabakrauch erfolgten an In-vitro-Modellen.

Maity et al. [25] kolonisierte Peritonealmakrophagen und versetzte diese mit wässrigem Zigarettenrauchextrakt. Die anschließend mit Leishmania donovani inokulierten Makrophagen zeigten in diesem In-vitro-Modell eine Abnahme der Parasitenlast. Verantwortlich hierfür scheint eine Aktivitätserhöhung der Peritonealmakrophagen, ausgelöst durch die im Zigarettenrauchextrakt enthaltenen Substanzen, zu sein.

Harris et al. [32] hingegen nutzte Alveolarmakrophagen aus BALs. Diese wurden kolonisiert und mit Tabakrauchextrakt versetzt sowie mit Bakterien vom Stamm Staphylococcus albus infiziert. Zwischen der dem Tabakrauchextrakt ausgesetzten Versuchsgruppe und der Kontrollgruppe, die keinem Tabakrauch ausgesetzt wurde, konnte kein signifikanter Unterschied bezüglich der Phagozytose festgestellt werden.

Diese In-vitro-Modelle lieferten vergleichbare Ergebnisse bezüglich einer Aktivitätserhöhung der Phagozytose von Alveolarmakrophagen auf angebotene pathogene Erreger.

Eine weitere Möglichkeit, die sich häufiger Anwendung erfreut, ist die PCLS (Precision Cut Lung Slices). Diese In-vitro-Technik hat den Vorteil, dass humanes Lungengewebe zur Untersuchung zur Verfügung steht. Von Nachteil ist sicherlich die fehlende Perfusion bei diesen Modellen, sodass kein physiologischer Zustand untersucht werden kann. Nutzen findet dieses Modell bei der Untersuchung von viralen Infektionen in der humanen Lunge [33] [34].

Das hier vorgestellte Kurzzeitrauchmodell ermöglicht die Untersuchung der Mauslunge bei vorhandener Perfusion. Nicht nur die Kurzzeitberauchung der Lunge, sondern auch Modelle für chronische Exposition mit Rauch, die deutlich schwieriger sind, können unter Verwendung des Modells durchgeführt werden.

Dieses Modell kann in weiteren Versuchen wichtige Hinweise zur Aktivität von Alveolarmakrophagen bei chronischer Tabakrauchexposition liefern und dadurch neue Einblicke in die pneumologische Grundlagenforschung geben.

Weiterhin könnten durch den Einsatz fluoreszenzmarkierter Bakterien Infektionen in vivo untersucht werden.


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Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

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Abb. 1 a – da zeigt die Dichte der Makrophagen, b der neutrophilen Granulozyten, c der Latex-Beads und d der Konglomerate. Signifikante Unterschiede mit p < 0,05 sind gekennzeichnet mit *.
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Abb. 2 a, b a zeigt eine In-vivo-Aufnahme einer Lunge aus der Kontrollgruppe (Raumluft). Die roten Pfeile zeigen Latex-Beads. Die gelben Pfeile zeigen phagozytoseaktive Makrophagen, die durch die Aufnahme fluoreszenzmarkierter Latex-Beads hell leuchten. Die grünen Pfeile zeigen neutrophile Granulozyten, die ebenfalls durch die Aufnahme von Latex-Beads hell leuchten. b zeigt eine In-vivo-Aufnahme der Lunge aus der berauchten Gruppe. Vergleichend zu a zeigt sich eine kleinere Zahl freier Partikel. Die roten Pfeile zeigen Latex-Beads, die grünen neutrophile Granulozyten sowie die gelben Pfeile Alveolarmakrophagen, die durch Aufnahme fluoreszenzmarkierter Partikel markiert und dadurch beobachtet werden können.