Ein standardisierter körperlicher Belastungstest zur Prognoseabschätzung einer geplanten
Lungenteilresektion sollte mit Sauerstoffapplikation erfolgen. Dadurch lassen sich
differenziertere Resultate gewinnen. Dies ist das Ergebnis einer Pilotstudie des US-Forscherteams
um H. M. Womble.
[Lung 2012; 190: 263–269]
Zur Abschätzung des OP-Risikos erfolgt vor der Lungenteilresektion eine Belastungsergometrie.
Entscheidend ist die Sauerstoffaufnahme (VO2max). Bei Werten <10 ml/kg/min gilt der Eingriff als nicht indiziert. Die Autoren
vermuten, dass dieses Kriterium auch von der individuellen Reaktion auf eine Sauerstoffgabe
während der Ergometrie abhängig gemacht werden sollte. Nach Meinung der Forscher führt
die bisherige Testpraxis (Ergometrie ohne zusätzlichen Sauerstoff) dazu, dass bei
einigen Betroffenen die OP-Prognose zu ungünstig eingeschätzt wird.
Im Rahmen einer randomisierten, doppelt verblindeten Crossover-Studie wurde der Effekt
einer Sauerstoffapplikation bei 16 COPD-Patienten geprüft, bei denen eine Lungenresektion
vorgenommen werden sollte. Die Forscher verglichen jeweils eine Testphase bei Raumluft
mit der unter Sauerstoffgabe per Nasenbrille (3 l/min). Zielparameter war der Sauerstoffverbrauch
während des Belastungstests. Außerdem wurden Standardparameter der körperlichen Belastung,
wie z. B. die maximal erreichte Wattzahl, erfasst.
Die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) gibt an, wie viele Milliliter Sauerstoff der Körper im Zustand der Ausbelastung
maximal pro Minute verwerten kann.(Bild: © Sebastian Kaulitzki/Fotolia)
Erhöhte Sauerstoffaufnahme
Durch die Sauerstoffgabe während des Belastungstests konnte die Sauerstoffaufnahme
im Durchschnitt um 11 % gesteigert werden. 4 der 16 Patienten unterschritten ohne
Sauerstoffgabe den Schwellenwert. Mit Sauerstoff überschritten 3 der 4 den Schwellenwert
(VO2max <10 ml/kg/min) wieder und erwiesen sich so als potenziell operabel. Die maximale
Sättigung stiegt durch die Maßnahme an (93 vs. 98 %). Das endtidale CO2 erhöhte sich
ebenfalls (37 vs. 40 mmHg). Auf die physischen Parameter wie Übungszeit (6 min), maximale
Leistung (ca. 90 Watt) aber auch auf das maximal erzielte Atemminutenvolumen (40 l/min)
und das endinspiratorische Lungenvolumen hatte die Sauerstoffgabe keinen Einfluss.
Die Autoren betonen, dass der physiologische Mechanismus, der Zürichdurch die zusätzliche
Sauerstoffgabe eine Erhöhung der Sauerstoffaufnahme induziert bisher ungeklärt ist.
Bei der Risikostratifizierung vor einer Lungenteilresektion bei COPD sollte der körperliche
Belastungstest modifiziert werden, so die Autoren. Eine geringe zusätzliche Sauerstoffgabe
unter Belastung hilft die Patienten zu identifizieren, bei denen eine noch akzeptable
prognostische Situation besteht.
Dr. Horst Gross, Berlin