Einheitliche Therapiekonzepte und begleitende experimentelle Forschung
Einheitliche Therapiekonzepte und begleitende experimentelle Forschung
Die Behandlung bösartiger Tumoren bei Kindern und Jugendlichen hat in den vergangenen
5 Jahrzehnten große Fortschritte gemacht, wie die Daten für das ereignisfreie Überleben
(EFS) 2 Jahre nach Diagnosestellung im Abstand der Dezennien zeigen ([Abb. 1 ]) [10 ]. Diese Fortschritte sind auf unterschiedliche Faktoren zurückzuführen, deren Wertigkeit
für jede Tumorgruppe gesondert zu evaluieren ist. Dies ist im Rahmen der kooperativen
multizentrischen und interdisziplinären Therapieoptimierungsprotokolle bestens möglich,
die auch eine wesentliche Grundlage des therapeutischen Erfolges sind [10 ]. Auf dem Boden einheitlicher Konzepte für Diagnostik und Therapie haben sich die
Kenntnisse zur Biologie der bösartigen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter verbessert
und translationale Begleitforschungen das Grundlagenwissen ergänzt [18 ]. Ein Beispiel für derartige präklinische Forschungen stellen viele der Vorträge
dar, die während der 21. Jahrestagung für Experimentelle Neuroonkologie gehalten wurden
[s. S. 421–426].
Abb. 1 Mellensteine der Pädiatrischen Onkologie: Zwei Jahresüberlebensraten für verschiedene
Diagnosegruppen in Abhängigkeit vom medizinischen Fortschritt [10 ].
Klinische Prüfungen nach der Novellierung des Arzneimittelgesetze im Jahr 2004
Klinische Prüfungen nach der Novellierung des Arzneimittelgesetze im Jahr 2004
Mit der Verordnung über die Anwendung der Guten Klinischen Praxis bei klinischen Prüfungen
neuer Arzneimitteln auf der Grundlage des Zwölften Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes
vom 30. Juli 2004 sind international anerkannte Standards für die klinische Forschung
in Deutschland verbindlich festgelegt worden [38 ]
[40 ]. Dies bedeutet, dass Arzneimittelprüfungen im Rahmen randomisierter Studien durchzuführen
sind. Für die Therapieoptimierungsstudien ist es das Ende als allgemein akzeptiertes
Verfahren der klinischen Forschung, da im nationalen Rahmen bei krebskranken Kindern
und Jugendlichen randomisierte Studien nicht realisierbar sind, gielt es andere Wege
zum Erkenntnisgewinn zu nutzen.
Therapiebegleitende Untersuchungen
Therapiebegleitende Untersuchungen
Die Analyse von HLA-Merkmalen bei Ewing-Sarkomen Patienten, könnte für die Entwicklung
immunologischer Therapieverfahren einen wertvollen Beitrag liefern [s. S. 353–358].
Die Identifizierung neuer Zielstrukturen mithilfe von Verfahren wie der Mikroarraytechnologie
hat bereits frühzeitig die Hoffnung genährt, derartige Zielstrukturen immunologisch
im Sinne von Tumorantigenen auszunutzen [33 ]. Abgesehen von Bystander-Lyse-Phänomenen, bei denen in der Effektorphase auch über
HLA-Grenzen hinweg die Lyse von Tumorzellen durch aktivierte zytotoxische T-Zellen
stattfinden kann [12 ], erfordern derartige Therapien beim Patienten die Anwesenheit von geeigneten HLA-Merkmalen,
welche z. B eine Graft-versus-Tumor- Reaktion auslösen können. Die Identifikation
dieser HLA-Merkmale für einzelne Tumorentitäten ist daher ein wichtiger Schritt, um
festzulegen, für welche HLA-Merkmale die Entwicklung von antigenspezifischen zellulär-immunologischen
Therapieverfahren überhaupt sinnvoll ist. Für die Individualisierung der Therapie
hat in den letzten Jahren deshalb die Identifikation biochemischer und molekularer
Marker an Stellenwert gewonnen [16 ]. Ob bei Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung auftretende HLA-Muster auch für
die Risikostratifikation genutzt werden können, werden zukünftige Studien zeigen müssen.
Die Identifizierung von Parametern, die für derartige Risikostratifikationen verwendet
werden können, ist insbesondere bei Patienten mit hohen Heilungsraten wünschenswert,
da bereits heute bei diesen die Reduktion von Nebenwirkungen der Therapie ein angestrebtes
Primärziel ist. So könnte möglicherweise das C-reaktive Protein die Risikostratifikation
für Patienten mit Hodgkin-Lymphom verbessern [s. S. 377–381]. Andere biologische Marker,
die für die Risikostratifikation beim Hodgkin-Lymphom eingesetzt werden, sind der
lösliche Interleukin 2-Rezeptor [15 ], Interleukin 9 [14 ], Interleukin 10 [1 ], CD68 [34 ] und FoxP3 [17 ], sodass vergleichende Evaluationen naheliegen.
Beispiele für die Translation von Laborforschungen in die klinische Anwendung sind
die molekularbiologischen Untersuchungen bei synchron auftretenden Keimzelltumoren
des Ovars [s. S. 359–365] oder bei myeloischen Leukämien [s. S. 372–376]. Die verbesserte
Risikostratifikation soll nicht nur die Heilungsraten erhöhen, sondern durch Therapiereduktion
akute Nebenwirkungen [23 ] und Spätfolgen [8 ]
[20 ] vermindern sowie zur Erhaltung der Fertilität beitragen, wobei geschlechtsspezifische
Besonderheiten zu berücksichtigen sind [3 ]
[24 ]
[30 ]
[31 ].
Diagnostische Fortschritte verändern das Staging
Diagnostische Fortschritte verändern das Staging
Die großartigen Therapieerfolge dürfen allerdings nicht darüber hinweg täuschen, dass
ein Teil der Zugewinne der allgemein verbesserten Diagnostik und den über die Jahre
präzisierten Einteilungen für die jeweilige Tumorhistologie und die Tumorstadien zu
verdanken sind. So gelten nicht alle Daten für das Überleben in [Abb. 1 ] für eine Tumorgruppe insgesamt, sondern meist nur für die nichtmetastasierten Erkrankungen.
Die heutigen hochauflösenden diagnostischen Möglichkeiten verringern den Anteil der
Patienten im Stadium 1 und erhöhen damit gleichzeitig die Heilungsraten dieser Untergruppe
gegenüber früheren Auswertungen. Darüber hinaus ermöglichen die genaueren Kenntnisse
zur Tumorbiologie und die verbesserte Diagnostik eine frühere Diagnosestellung, sodass
heute insgesamt mehr Kinder und Jugendliche in einem niedrigeren Erkrankungsstadium
behandelt werden können als noch vor 50 Jahren.
Zusätzlich haben neue diagnostische Methoden invasive Maßnahmen aus dem klinischen
Alltag verdrängt. So kann durch den Einsatz der FDG-PET beim Hodgkin-Lymphom auf die
früher häufig eingesetzte Staging-Laparotomie verzichtet werden [20 ]. Da der Nachweis einer Knochenmark/Knochenmetastasierung mit dieser Methode besser
möglich ist, wird in der künftigen europäischen Studie – erstmals weltweit – beim
Hodgkin-Lymphom auf die Knochenmarkbiopsie beim Staging verzichtet [28 ].
Fortgeschrittene Erkrankungen erfordern eine intensivere oder eine andere Therapie
Fortgeschrittene Erkrankungen erfordern eine intensivere oder eine andere Therapie
Metastasierte Tumoren haben generell immer noch eine signifikant ungünstigere Prognose,
wie dies exemplarisch für die Ewing-Tumoren an Hand oder Fuß gezeigt wird [s. S.
348–352]. Dieser Nachteil soll durch eine intensivere Therapie ausgeglichen werden,
wie das beispielhaft für Nebennierenkarzinome dargestellt ist [s. S. 366–371].
Neben einer intensiveren Therapie bieten neue Medikamente eine Option, die jedoch
für Kinder und Jugendliche speziell hinsichtlich Verträglichkeit und Wirkung zu prüfen
sind. Seit der Veränderung der gesetzlichen Regelungen bei der Durchführung von klinischen
Prüfungen mit Arzneimitteln [38 ]
[40 ] werden zunehmend mehr neue Medikamente in Zulassungsstudien und Phase I-Studien
bei Kindern und Jugendlichen mit fortgeschrittenen oder refraktären Krebserkrankungen
erprobt. Hierdurch wird auch Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit eröffnet, an
den in den letzten Jahren hervorragenden Verbesserungen der Krebstherapie bei erwachsenen
Patienten teilzuhaben.
Diese neuen gesetzlichen Regelungen bewirken ein Umdenken innerhalb der Fachgesellschaft
und den Aufbau neuer Strukturen [7 ]. Hierfür ist die Aktivierung der Dosiseskalierungsstudie für Vorinostat bei Kindern
und Jugendlichen mit rezidivierten Tumoren, Leukämien und Lymphomen ein Beispiel,
das allgemeine Anerkennung und Unterstützung verdient, indem jeder in Betracht kommende
Patient über diese Studie sachgerecht informiert wird [s. S. 398–403]. Letzteres ist
von besonderer Wichtigkeit, da aufgrund des geänderten Arzneimittelgesetzes [38 ]
[40 ] bei Phase I Studien nicht mehr flächendeckend gleichzeitig in allen Zentren der
GPOH durchgeführt werden können. Andere derzeit aktive Studien zur Erprobung neuer
Medikamente sind:
Der Einsatz eines CD30-Antikörpers, an den das Medikament Monomethyl-Auristatin gekoppelt
ist. Dieser kombinierte Antikörper hat in Phase I-Studie bei erwachsenen Patienten
mit refraktären CD30-positiven Lymphomen zu einem überraschend hohen Ansprechen bei
86% der Patienten geführt [39 ]. Das inzwischen für erwachsene Patienten zugelassene Medikament wird derzeit in
einer weltweiten Studie, an der auch 4 deutsche Zentren beteiligt sind, bei Kindern
geprüft.
Anti-GD2 wird in Kombination mit subkutan appliziertem Interleukin 2 bei Patienten
mit rezidiviertem Neuroblastom untersucht. Für die Beurteilung der Behandlungsergebnisse
und die Frage, welche Patienten von dieser Therapie künftig profitieren können, mögen
auch Analysen der Immunglobulin-FC-Rezeptor [9 ] und der Killer-Immunoglobulin-like Receptoren (KIR)-ligand-mismatch Bedeutung erlangen,
da diese Strukturen Einfluss auf die Antikörper-abhängige Zytotoxizität haben [11 ].
Basierend auf den erfolgversprechenden Ergebnissen der Zoledron-Säure an Ewing-Sarkom
Linien [27 ], wird derzeit die Wirkung dieses Biphosphonates in der Ewing-Sarkom Studie untersucht.
Neben einer Steigerung der Chemotherapie-induzierten Apoptose wird eine Verminderung
der Metastasierung erwartet.
Bei Patienten mit refraktärer bzw. rezidivierter B-Precursor ALL ist eine Phase I/II
Studie für den Einsatz von Blinatumomab geöffnet. Dieses Medikament stellt einen
bispezifischen CD19-CD3 Antikörper dar, der eine T-zellvermittelte Lyse direkt an
den Tumorzellen vermittelt. In einer kürzlich veröffentlichten Studie waren 16/22
Patienten mit persistierender Minimal Residual Disease (MRD) negativ geworden; das
rückfallfreie Überleben betrug für diese Patienten bei einem medianen Follow-up von
405 Tagen 78% [37 ].
Derartige Studien werden derzeit nicht nur von den größeren GPOH-Zentren getragen,
sondern auch von kleineren und mittleren universitären Einrichtungen initiiert und
durchgeführt. Die Zuweisung von Patienten aus größeren Zentren zu diesen Kliniken
und damit die Teilhabe der gesamten Fachgesellschaft an diesem Innovationsprozess
werden dazu führen, dass der gesamte Sachverstand der Fachgesellschaft genutzt werden
kann und der Zusammenhalt in der Fachgesellschaft gestärkt wird.
Klinische Register immer wichtiger
Klinische Register immer wichtiger
Die Prüfgruppen für neue Medikamente oder Verfahren werden infolge der zunehmenden
Stratifizierungen und der dauerhaften Heilungen immer kleiner, sodass die Rahmenbedingungen
für randomisierte klinische Studien bei krebskranken Kindern und Jugendlichen nur
noch auf supranationaler Ebene erfüllt werden können, was einen erhöhten Aufwand erfordert.
Sofern sich diese Option für bestimmte Erkrankungen nicht stellt, sind andere Vorgehensweisen
zu realisieren. Deshalb ist der Gesetzentwurf der Bundesregierung sehr zu begrüßen,
der den Aufbau bundesweit vernetzter diagnosebezogener Register beinhaltet; diese
betreffen allerdings nur die 4 häufigsten Tumorgruppen bei Erwachsenen [13 ]. Es bleibt zu hoffen, dass diese klinischen Register rasch ihre Arbeit aufnehmen
können und nachfolgend auch Regelungen für seltene Erkrankungen getroffen werden [19 ]. Speziell die Erfolge der von der GPOH getragenen Therapieoptimierungsstudien mit
ihren jeweiligen klinischen Registern haben auch bei seltenen Erkrankungen mit geringen
Fallzahlen erhebliche Erkenntnisgewinne und Heilungserfolge durch gezieltere Therapien
auch ohne randomisierte Studien erbracht [36 ]. Besonders hervorzuheben ist die Initiative EXPeRT (s. S. 415–419) für sehr seltene
Tumoren, zu der sich die Vertreter von 6 europäischen Ländern zusammengeschlossen
haben. Da bei vielen bösartigen Erkrankungen des Kindes- und Jugendalters in den zurückliegenden
Jahren zum Teil erhebliche Therapiereduktionen im Rahmen der stratifizierten Therapie
erreicht wurden, ist für diese Initiative ein Erfolg zu prognostizieren. Die schon
erfolgten Therapiereduktionen sind zudem ein gewichtiges Argument, da die Patienten
und das Gesundheitssystem gleichermaßen entlastet werden.
Derzeit steht die GPOH mit der Einführung von Registern für Erkrankungen mit etablierten
Therapiekonzepten vor unterschiedlichen Problemen. Beispielsweise ist für die Patienten
mit Weichteilsarkomen oder Keimzelltumoren des Gehirns innerhalb des Behandlungsnetzwerks
HIT [5 ]
[21 ] die Behandlung mit Referenzbegutachtung und zentraler Therapieempfehlung nur durch
die finanzielle Unterstützung der Kinderkrebsstiftung möglich, was nicht als generelle
Lösung gelten kann. Etwas anders gestaltet sich die Problematik für Register, mit
denen die nationalen Referenzzentren/Studienleitungen die erreichte Behandlungsqualität
in der Interimszeit zwischen 2 aufeinanderfolgenden europäischen Studiengenerationen
sichern möchten, wie es für Patienten mit Hodgkin- und Non-Hodgkin-Lymphomen der Fall
ist [4 ]
[22 ]; hier besteht die ganz neue Herausforderung in der Abgrenzung zwischen Arzneimittel-
und Registerstudie. Es bedarf einer Klärung und Abstimmung im Arbeitskreis der Ethikkommissionen,
dass alle Ethikkommissionen die Besonderheiten einer Registerstudie zur Qualitätssicherung
in Abgrenzung zur Arzneimittelstudie mit ihrer prospektiven Fragestellung anerkennen.
Die Notwendigkeit für klinische Register auch bei nichtmalignen Erkrankungen wird
vor dem Hintergrund der interdisziplinären Vernetzung durch einige Fallberichte besonders
deutlich. So erfolgte bei einem Jungen mit thrombozytopenischer Thrombozytopathie
und schwerer Anämie bei GATA-1 Transkriptionsdefekt die dringend notwendige Korrektur
eines zyanotischen Herzfehlers erst mit 11 Jahren wegen fehlender Erfahrung und allgemeiner
Unsicherheit unter Aufbietung einer aufwändigen hämostatischen Therapie [s. S. 382–385].
Die prospektive Erfassung derartiger Patienten ist sowohl in den Registern für Herzerkrankungen
[25 ], Thrombozytopathien [32 ]
[35 ] und myeloischen Leukämien [29 ] sinnvoll, um aufgrund einer auf Erfahrung basierenden Medizin rechtzeitig und mit
dem notwendigen Aufwand behandeln und nachbeobachten zu können.
Anders stellt sich die Situation für die unterschiedlichen kongenitalen vaskulären
Erkrankungen dar, für die es einerseits immer mehr konkurrierende Therapieoptionen
gibt und andererseits die genaue Zuordnung einiger dieser Malformationen erhebliche
Schwierigkeiten bereitet [s. S. 390–391, 393–395, 395–397]. Da diese Erkrankungen
im Einzelfall schon pränatal lebensbedrohliche Probleme bereiten können [s. S. 390–391],
sind Empfehlungen für die Diagnostik, die prä- und postnatale Überwachung sowie Behandlung
interdisziplinär zu erarbeiten. Der erste Schritt wäre die prospektive Erfassung
auf der Grundlage einer vereinheitlichten Dokumentation und einer Referenzbegutachtung
aller für die Diagnose relevanten Untersuchungen, um möglichst rasch fundierte Hinweise
zu erhalten, bei welcher Malformation welche der konkurrierenden Maßnahmen als erste
einzusetzen ist.
Der Zugewinn einer gut funktionierenden interdisziplinären Zusammenarbeit lässt sich
an unterschiedlichen Beispielen belegen. Die hohe Wirksamkeit von Propranolol bei
Neugeborenen mit Ductus Botalli apertus führte zu der Zufallserkenntnis, dass sich
Hämangiome der Haut unter dieser Therapie rascher als erwartet zurückbilden und veranlasste
eine vergleichende Evaluation mit Prednison [2 ]. Diese Therapie scheint aber auch bei der infantilen hepatischen Hämangiomatose
effektiv zu sein, sodass sie als Therapie der ersten Wahl eingestuft wird [s. S. 395–397]
und den Verzicht auf operative Eingriffe ermöglicht. Dagegen ist der antiangionetisch
wirkende monoklonale Antikörper Bevacizumab nur vereinzelt in der pädiatrischen Onkologie
eingesetzt worden [6 ]
[16 ]. Nachdem in einer randomisierten Studie die Überlegenheit von intravitrealem Bevacizumab
im Vergleich zur konventionellen Lasertherapie gezeigt worden ist [26 ], gilt diese Therapie mittlerweile als gesicherte Indikation bei Frühgeborenen zur
Vermeidung der retrolentalen Fibroplasie.
Resümee
In einem wissenschaftlichen Review werden die verschiedenen Schritte von monoinstitutionellen
Therapiekonzepten zu einer vereinheitlichten Therapie, hochauflösenden apparativen
und molekularen Diagnostik, risikoadaptierten Therapie und Nachsorge sowie Aufbau
eines klinischen Registers mit humangenetischer Beratung der Familienmitglieder an
dem hereditären bzw. sporadisch auftretenden Retinoblastom dargestellt (s. S. 339–347).
Mittlerweile überleben >95% der betroffenen Kinder in Gesellschaften mit hochentwickeltem
Gesundheitssystem dank der interdisziplinären Diagnostik und Therapie diese seltene
und hochmaligne Erkrankung. Diese Erfolge sind oft ohne randomisierte Studien erzielt
worden und wurden im Rahmen des Großen Krebsprogramm der Bundesregierung bzw. nachfolgend
durch die Deutsche Krebshilfe gefördert. Seit 2004 mit Novellierung des Arzneimittelgesetzes
erfahren die Therapieoptimierungsprotokolle keine Förderung mehr.
Die hohen Heilungsraten einerseits und die Definition von immer neuen Risikogruppen
andererseits führen zu immer kleineren Prüfgruppen und schränken die Möglichkeit für
randomisierte Studien bei krebskranken Kindern und Jugendlichen auf nationaler Ebene
ein. Dies erfordert supranationale Kooperationen, die vor dem Hintergrund der gesetzlichen
Regularien einen erhöhten Planungsaufwand und zusätzliche Ressourcen erfordern. Dies
führt häufig zu Unwägbarkeiten für die Patienten, wenn die entsprechende Studie geschlossen
und die nachfolgende noch nicht geöffnet ist; Referenzbegutachtung und therapeutische
Beratung kann dann nur durch klinische Register als Center of Excellence erfolgen,
für die eine reguläre Finanzierung aussteht. Hier leisten Spendenmittel, wie sie insbesondere
seitens der Deutschen Kinderkrebshilfe, der Deutschen Kinderkrebsstiftung und der
lokalen Fördervereine gesammelt werden, bei zunehmend mehr Diagnosen die entscheidende
Überbrückungshilfe. Der sich hieraus ergebende und größer werdende Widerspruch zwischen
gesetzlichen Vorgaben und der ungeregelten Finanzierung bedarf der Lösung.