Der Klinikarzt 2012; 41(09): 438-439
DOI: 10.1055/s-0032-1328846
Forum der Industrie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Moxifloxacin bei AECB/AECOPD – Signifikant selteneres Therapieversagen bei bakteriell gesicherter Exazerbation

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Publication Date:
27 September 2012 (online)

 
 

Das Chinolon Moxifloxacin ist – so das Ergebnis der MAESTRAL-Studie – bei Patienten mit akuter Exazerbation einer chronischen Bronchitis/chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (AECB/AECOPD) in seiner klinischen Wirksamkeit dem bisherigen "Goldstandard" Amoxicillin/Clavulansäure mindestens ebenbürtig. Bei initial positivem bakteriologischem Befund und damit bestätigter bakterieller Genese führt Moxifloxacin* sogar signifikant seltener zum klinischen Versagen innerhalb von 8 Wochen nach Therapieende als Amoxicillin/Clavulansäure.

Besserung des klinischen Outcomes über den Behandlungszeitraum hinaus?

Antibiotika sind bei der AECOPD bei Verdacht auf einen bakteriell bedingten Infekt indiziert. Hinweisend hierfür ist eine Zunahme der Sputumpurulenz, des Sputumvolumens und/oder der Dyspnoe [ 1 ]. Ob mit der Wahl des Antibiotikums das klinische Outcome bei der AECOPD über die Therapiezeit hinaus zu beeinflussen ist, war eine zentrale Fragestellung der MAESTRAL-Studie (Moxifloxacin in AECBs trial), eine der bislang größten klinisch kontrollierten, prospektiven randomisierten Doppelblindstudien zur Antibiotikabehandlung von Patienten mit AECOPD [ 2 ].

In der multinationalen, multizentrischen Phase-IV-Studie mit Double-Dummy-Design wurden 1492 Patienten mit AECOPD und mittelschwerer bis schwerer Obstruktion der Atemwege randomisiert. Einschlusskriterien waren ein Alter der Patienten von mehr als 60 Jahren, ein FEV1 ≤ 60 % bei Einschluss und in der Anamnese ≥ 2 AECOPD-Episoden in den vorangegangenen 12 Monaten. Damit wurden vor allem Patienten mit schlechter Outcome-Prognose und hohem Risiko für ein negatives klinisches Ergebnis in die MAESTRAL-Studie einbezogen.

Es wurden gezielt Patienten eingeschlossen, deren Exazerbationen dem Anthonisen-Typ 1 entsprachen, also Patienten mit eitrigem Sputum (vom Prüfarzt überprüft), vermehrtem Sputumvolumen und Dyspnoe. Bei diesen Patienten ist eine bakterielle Ursache der Exazerbation besonders wahrscheinlich. Trotzdem ist nicht auszuschließen, dass sich in dem Studienkollektiv auch Patienten befinden, deren Exazerbationen nicht durch bakterielle Infektionen ausgelöst werden und bei denen Antibiotika daher nicht wirksam sind.


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Mit der Akuttherapie möglichst schon Re-Exazerbationen vorbeugen

Die Studienteilnehmer wurden entweder 5 Tage lang einmal täglich mit 400 mg Moxifloxacin (Avalox®) oral behandelt oder 7 Tage lang zweimal täglich mit Amoxicillin/Clavulansäure in einer Dosierung von 875/125 mg, ebenfalls oral. Bei Einschluss in die Studie wurden die Patienten danach stratifiziert, ob sie zusätzlich zur Antibiotikatherapie auch ein systemisches Kortikosteroid benötigten. Primärer Wirksamkeitsendpunkt war klinisches Versagen innerhalb von 8 Wochen nach Therapieende, wobei die Studie auf den Nachweis der Nicht-Unterlegenheit (Non-Inferiority) ausgelegt war.

Die MAESTRAL-Studie knüpft damit an die MOSAIC-Studie an [ 3 ], in dieser waren 730 Patienten mit AECOPD entweder 5 Tage lang mit Moxifloxacin oder 7 Tage lang mit Amoxicillin, Clarithromycin oder Cefuroximaxetil behandelt worden. In der MOSAIC-Studie wurden unter Moxifloxacin gegenüber den Vergleichsantibiotika eine deutlich höhere bakteriologische Erfolgsrate und auch eine höhere klinische Heilungsrate sowie eine längere exazerbationsfreie Zeit nach Abschluss der Behandlung beobachtet.

Als Wirksamkeitsendpunkt wurde daher in der MAESTRAL-Studie die klinische Versagerrate 8 Wochen nach Therapieende gewählt. Definiert war das klinische Versagen als Notwendigkeit einer erneuten Behandlung einer Exazerbation mit respiratorischen Symptomen mit Antibiotika und/oder systemischen Kortikosteroiden. Die Wahl dieses Endpunktes basiert darauf, dass in den klinischen Studien zur AECOPD die im Anschluss an die Akuttherapie auftretenden erneuten Exazerbationen in aller Regel nicht erfasst werden. Eine Häufung solcher Re-Exazerbationen ist zwischen der 4. und 8. Woche nach Therapieende beschrieben [ 3 ] und sollte in der MAESTRAL-Studie miterfasst werden.

Sekundäre Endpunkte waren die klinische Versagerrate zu verschiedenen Zeitpunkten, die klinische Versagerrate per Stratum und die klinische Versagerrate bei Patienten mit positiver Sputumkultur bei Einschluss in die Studie. Das bakteriologische Outcome wurde anhand der bakteriologischen Eradikationsraten bestimmt.

In der MAESTRAL-Studie wurde zudem mit der Stratifizierung berücksichtigt und geprüft, inwieweit zusätzlich für die Behandlung der akuten Exazerbation verabreichte Kortikosteroide möglicherweise die Studienergebnisse beeinflussen.


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Nachweis der Nicht-Unterlegenheit

Moxifloxacin erwies sich in seiner klinischen Wirksamkeit in der Studie der Vergleichsmedikation als eindeutig ebenbürtig und erreichte damit den primären Wirksamkeitsendpunkt. So lag die klinische Versagerrate in der Per-Protokoll (PP)-Population bei 20,6 % unter der Prüfmedikation und bei 22,0 % in der Vergleichsgruppe. Der Unterschied war nicht statistisch signifikant.

Patienten, die zusätzlich zur Antibiotikatherapie ein systemisches Kortikosteroid erhielten, wiesen generell eine höhere Versagerrate auf als die ohne Kortikosteroid, wobei die Versagerrate unter Moxifloxacin deutlich niedriger war als unter Amoxicillin/Clavulansäure.

Eine eindeutige Überlegenheit der klinischen Wirksamkeit von Moxifloxacin zeigte sich in einer zusätzlichen, vorab geplanten Analyse bei Patienten mit bestätigten bakteriell verursachten Exazerbationen. So konnten bei 49 % der Studienteilnehmer bei Studieneinschluss bakterielle Erreger nachgewiesen werden. In 50 % handelte es sich um Gram-negative Erreger, wobei mit 21 % Haemophilus influenzae als Leiterreger der AECB/AECOPD dominierte, gefolgt von 17 % Pseudomonas aeruginosa und 12 % Moraxella catarrhalis. In 30 % der Fälle wurden Enterobacteriaceae nachgewiesen (13 % davon Klebsiella pneumoniae). Bei 20 % der Patienten fanden sich Gram-positive Erreger (davon 13 % Streptococcus pneumoniae).


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Moxifloxacin: Signifikant überlegen bei bakteriell gesicherter Exazerbation

In der Patientengruppe mit bakteriell gesicherter Exazerbation kam es unter Moxifloxacin gegenüber Amoxicillin/Clavulansäure signifikant seltener zum klinischen Versagen der Therapie innerhalb von 8 Wochen nach der Behandlung (Abb. [ 1 ]). Dies traf sowohl auf die PP- wie auch auf die ITT-Population zu: So wurde unter Moxifloxacin bei 19,0 % der Patienten der ITT-Population ein klinisches Versagen beobachtet, jedoch bei 25,3 % unter Amoxicillin/Clavulansäure. Der Unterschied war mit einem p-Wert von 0,016 statistisch signifikant. Vergleichbar war das Ergebnis in der PP-Population mit Erregernachweis, in der unter dem Chinolon in 19,2 % der Fälle ein klinisches Versagen nach 8 Wochen zu registrieren war, jedoch bei 26,1 % in der Vergleichsgruppe. Auch bei dieser Analyse war der Unterschied mit einem p-Wert von 0,030 statistisch eindeutig. Beide Behandlungsoptionen waren dabei gut verträglich.

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Abb. 1 Moxifl oxacin zeigt eine signifi kante Überlegenheit bei der Behandlung von Patienten mit bestätigter bakterieller Exazerbation einer COPD gegenüber der Vergleichstherapie mit Amoxicillin/Clavulansäure [ 2 ].

Der nachhaltige Vorteil einer Behandlung mit Moxifloxacin ergab sich insbesondere bei Patienten mit nachgewiesener Haemophilus influenzae-Infektion. So war der bakteriologische Erfolg der Behandlung zu verschiedenen Zeitpunkten jeweils dem Ergebnis in der Vergleichsgruppe überlegen (Abb. [ 2 ]).

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Abb. 2 Moxifloxacin erzielt eine höhere bakteriologische Erfolgsrate bei Patienten mit H. influenzae-Infektion [ 2 ].

Die MAESTRAL-Studie ist die erste Studie, die eine eindeutige Wechselbeziehung zwischen einer frühen Eradikation der Erreger und einem länger anhaltenden klinischen Erfolg zeigt (Abb. [ 3 ]), wie Studienleiter Dr. Robert Wilson vom Royal Brompton Hospital in London bei der Erstpräsentation der Daten beim Jahreskongress der "European Respiratory Society" (ERS) in Amsterdam darlegte: "Die Studie hat uns sehr interessante Daten geliefert, die zeigen, dass die bakterielle Eradikation zu einem besseren klinischen Erfolg führt. Sie belegt einen klaren Vorteil für Moxifloxacin bei Patienten mit akuter bakteriell verursachter Exazerbation der COPD", so Wilson.

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Abb. 3 Moxifloxacin zeigt einen langanhaltenden Effekt über die eigentliche Therapiezeit hinaus [ 2 ].

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Fazit für die Praxis

Die MAESTRAL-Studie belegt, dass Moxifloxacin bei Patienten mit akuter Exazerbation einer chronischen Bronchitis und mittelschwerer bis schwerer Obstruktion dem bisher als Goldstandard geltenden Therapieregime mit Amoxicillin/Clavulansäure in seiner klinischen Wirksamkeit ebenbürtig ist und bei Patienten mit nachgewiesener bakterieller Infektion sogar eine statistisch eindeutige Überlegenheit aufweist. Überlegen ist das Chinolon zudem in seiner Wirksamkeit bei Infektionen mit Haemophilus influenzae. Es bewirkt bei Patienten mit nachgewiesener bakteriell bedingter AECOPD eine eindeutige Verlängerung der Zeit bis zur nächsten Exazerbation, ein klinisch relevanter Befund, da die Exazerbationsrate wesentlich die Prognose der COPD-Patienten bestimmt.

Christine Vetter, Köln

Der Text entstand mit freundlicher Unterstützung von Bayer Vital GmbH, Leverkusen.


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Abb. 1 Moxifl oxacin zeigt eine signifi kante Überlegenheit bei der Behandlung von Patienten mit bestätigter bakterieller Exazerbation einer COPD gegenüber der Vergleichstherapie mit Amoxicillin/Clavulansäure [ 2 ].
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Abb. 2 Moxifloxacin erzielt eine höhere bakteriologische Erfolgsrate bei Patienten mit H. influenzae-Infektion [ 2 ].
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Abb. 3 Moxifloxacin zeigt einen langanhaltenden Effekt über die eigentliche Therapiezeit hinaus [ 2 ].