Der Klinikarzt 2012; 41(8): 377
DOI: 10.1055/s-0032-1328948
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Frühzeitige Therapie rettet Leben – Galactomannan-Test ermöglicht schnelle Aspergillosediagnostik

Gabriele Henning-Wrobel
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Gabriele Henning-Wrobel
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Publication Date:
27 September 2012 (online)

 

Je früher die Therapie beginnt, desto besser ist die Prognose. Dies gilt insbesondere für Patienten mit invasiven Aspergillosen, die mit einer hohen Morbiditäts- und Letalitätsrate einhergehen und zu den teuersten Komplikationen bei hospitalisierten Patienten zählen. Dass hier jede Stunde zählt, haben die Studien von Kumar et al. hinlänglich gezeigt. Eine gezielte frühe und sichere Diagnostik der Aspergillose ermöglicht der Galactomannan-Test (PlateliaTM Aspergillus EIA und PlateliaTM Aspergillus Ag, Bio-Rad) und verbessert damit die therapeutischen Möglichkeiten dieser lebensbedrohlichen Mykose. Dabei wird nicht nur Zeit, sondern werden auch Kosten gespart und Leben gerettet.

Unverzichtbar: labormedizinische Untersuchung

Die Diagnose einer invasiven Aspergillose (IA) ist komplex und gestaltet sich oftmals schwierig. Unverzichtbar sind labormedizinische oder mikrobiologische Untersuchungen. „Wenn seitens der Klinik ein Verdacht auf eine invasive Aspergillose besteht, ist die mikrobiologische Untersuchung hilfreich, um herauszufinden, ob tatsächlich ein Aspergillus hinter den Beschwerden steckt. Den Beweis für eine Infektion liefert letztlich die histologische Untersuchung. Für den mikrobiologischen Nachweis stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung: Kulturen, die allerdings lange dauern und auch hinsichtlich ihrer Sensitivität nicht optimal sind. Zu den neueren Methoden zählen der Aspergillusantigen-Nachweis und der Nachweis mittels PCR, die schneller und präziser sind“, sagte Frau Prof. Birgit Willinger, Universitätsklinikum Wien, in einem Gespräch am Rande der ISHAM-Tagung (International Society of Human and Animal Mycology) in Juni 2012 in Berlin.

Mit der Einführung des Galactomannan-Tests hat sich die Erkennung einer invasiven Aspergillose verbessert. Bestimmte Voraussetzungen müssen jedoch erfüllt sein, um den Test effektiv einzusetzen und das Ergebnis optimal zu nutzen. Von großer Bedeutung ist, dass das richtige Untersuchungsmaterial des Patienten, der sich in einer Risikophase befindet, eingeschickt wird. Aus Nativblut/Serum oder der bronchoalveolären Lavage kann Galactomannan gut nachgewiesen und das Ergebnis für eine Diagnose herangezogen werden. Das Labor muss entsprechend ausgerüstet sein und kontaminationsfrei arbeiten, da aufgrund der Sensitivität des Tests schon eine Kontamination aus der Luft zu einem nicht korrekten Ergebnis führen könnte.


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Schnelle Diagnostik – frühzeitige Therapie

Eine schnelle Diagnostik begünstigt die erfolgreiche Therapie einer invasiven Aspergillose und kann für den betroffenen Patienten lebensrettend sein. Denn je früher eine antimykotische Therapie mit beispielsweise Voriconazol (Vfend®) – dem derzeitigen Mittel der Wahl – beginnt, desto größer sind die Heilungschancen – und dabei zählt jede Stunde. Auf ein positives Testergebnis folgt die unverzügliche Information an die Klinik, die entsprechende Maßnahmen und Aktivitäten einleitet. „Gleichzeitig fordern wir eine zweite Blutprobe an“, so Willinger. „Erst wenn beide Proben positiv sind, gilt der Verdacht als bestätigt. Weiterhin besprechen wir die klinische Symptomatik, um sicherzugehen, dass keine falsch positiven Befunde vorliegen. Auf einen intensiven Austausch mit den Klinikern legen wir großen Wert.“ Auch im Falle eines negativen Testergebnisses wird die Klinik umgehend informiert, jedoch keine weitere Untersuchung veranlasst. Um sicherzugehen, dass es sich nicht um ein falsch negatives Ergebnis handelt, wird auch hier die Symptomatik besprochen. Wenn der Verdacht auf eine Aspergillose weiterhin besteht, empfiehlt sich eine erneute Untersuchung.

In der täglichen Routine stellt der Galactomannan-Test keine besondere Herausforderung dar. Willinger bezeichnete den Test als „gut und einfach in der Abarbeitung.“ Zudem liefere er reproduzierbare Ergebnisse und sei absolut unkompliziert und zuverlässig. Zu beachten sind jedoch antimykotische Vorbehandlungen einschließlich der Prophylaxe, weil dadurch die Ergebnisse beeinflusst werden könnten.


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Risikoschwerpunkt: Onkologie

„Wesentliche Bereiche, die Untersuchungen anfordern, sind die Onkologie, mit besonderem Schwerpunkt auf der Hämatoonkologie mit einer großen Anzahl von neutropenischen Patienten, die Intensivmedizin, insbesondere die chirurgische Intensivmedizin, und die Transplantationsmedizin“, so die Mikrobiologin, „vereinzelt kommen auch Proben aus anderen Abteilungen bzw. auswärtigen Kliniken. Mykosen sind ein interdisziplinäres Thema, das in fast allen medizinischen Disziplinen Beachtung findet. Die diagnostischen und therapeutischen Vorgehensweisen sind weitestgehend bekannt. Oftmals wird der Galactomannan-Test in Verbindung mit der PCR sogar explizit angefordert.“ Das Konzept der diagnostisch gestützten/präemptiven Therapie bei der invasiven Aspergillose bewertet Willinger als „sehr gut“, weil es eine gezieltere und frühe Therapie ermöglicht, mit deutlich besserer Prognose. Dadurch werden weitaus weniger Patienten behandelt und auch nur diejenigen, die tatsächlich eine antimykotische Therapie benötigen.

10 Jahre Voriconazol – Goldstandard bei invasiven Aspergillosen

Mit der Einführung von Voriconazol (Vfend®) vor 10 Jahren wurde in der antimykotischen Therapie ein Wandel in Bewegung gesetzt. Nicht nur die überlegene Wirksamkeit, sondern auch die gute Verträglichkeit und sein breites Wirkspektrum, das Hefen und Schimmelpilze umfasst, konnten in einer Vergleichsstudie von Herbrecht et al., die 2002 das New England Journal of Medicine veröffentlichte, bestätigt werden. Für Patienten mit schweren Grunderkrankungen, die sich aufwendigen Therapiemaßnahmen unterziehen müssen, stellen opportunistische Infektionen wie Aspergillosen eine lebensbedrohliche Gefahr dar. Mit Voriconazol ist diese Bedrohung beherrschbarer geworden und die Überlebenschancen sind deutlich gestiegen. Die Heilungsrate bei Mykosen beträgt inzwischen rund 71 %. Heute gilt das Azolantimykotikum als Goldstandard und hat in den nationalen und internationalen Therapieleitlinien zur Behandlung von invasiven Aspergillosen und seltenen Pilzinfektionen wie Scedosporiosen und Fusariosen mit A1-Empfehlungen einen festen Platz.


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