Sportverletz Sportschaden 2012; 26(03): 128
DOI: 10.1055/s-0032-1329365
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Tendinopathie der Achillessehne – Hautzellen für die Sehne


J Bone Joint Surg Am 2012;
94: 193-200
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
05. Oktober 2012 (online)

 
 

Englische Ärzte haben in einer doppelblinden Studie Fibroblasten aus der Haut zur Heilung von Tendinopathien der Achillessehne eingesetzt. Die Kurzzeitresultate lassen vermuten, dass die in die pathologisch veränderte Sehne injizierten Fibroblasten tatsächlich die Sehnenstruktur verbessern können.
J Bone Joint Surg Am 2012; 94: 193–200

In den letzten Jahren wurde angedacht, mesenchymale Stammzellen zur Heilung von Achillessehnen mit pathologisch veränderter Struktur einzusetzen. Obwohl Versuche an Tieren vielversprechende Ergebnisse lieferten, bleibt das Risiko, dass die Zellen andere als die gewünschten Gewebeformen bilden. Haron Obaid und Kollegen, Royal National Orthopaedic Hospital, Stanmore/UK, untersuchten daher, wie sicher und effizient eine Injektion von Fibroblasten aus der Haut in betroffene Achillessehnen ist. Diese Zellen haben in Modellversuchen extrazelluläre Proteine produziert, die es Kollagenfasern ermöglichen, sich nach einer mechanischen Spannung zu orientieren. Ferner synthetisierten die Fibroblasten unter Spannung Typ-I- und -III-Kollagenfasern entlang von Tenozyten, dem überwiegenden Zelltyp in Sehnengewebe. Im Rahmen einer Pilotstudie hatten die Autoren Connel et al. bereits von positiven Ergebnissen bei Epicondylitis berichtet.

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Ultraschall der Achillessehne einer Läuferin mit Strukturdefekten (hypoechogener Bereich). Als Ursache einer Tendinopathie werden in erster Linie Mikrorupturen der Kollagenfasern durch Überlastung angenommen. Die Schäden der Sehnenmatrix führen zu einer gestörten Kollagenstruktur. Beschrieben sind Regenerationsprozesse mit einem vermehrten Aufbau von Kollagen Typ III im Gegensatz zum in gesunden Sehnen vorwiegend zu findenden Kollagen Typ I. Einen gesunden Regenerationsprozess wollen u.a. die Autoren dieser Studie mithilfe von autologen Fibroblasten der Haut unterstützen.(Bild: Mayer F et al. Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2011; 6: 479–498)

An der doppelt verblindeten Kontrollstudie nahmen 32 Patienten mit 40 betroffenen Sehnen teil. Ihr Alter rangierte zwischen 22 und 67 Jahren und betrug 45 im Durchschnitt. Die Diagnose Achillestendinopathie wurde radiologisch bestätigt. Die Autoren teilten alle Patienten randomisiert in zwei Gruppen auf:

  • Therapie der Zellgruppe:
    Ultraschall-geführte Injektion mit autologen, speziell kultivierten Hautfi­broblasten, suspendiert in autologem Plasma. Die Injektion erfolgte in die Stellen mit im Ultraschall erkennbaren, degenerativen Veränderungen. Die Patienten erhielten Anweisungen für ein eigenverantwortliches, übliches exzentrisches Training.

  • Therapie der Kontrollgruppe:
    Ultraschall-geführte Injektion mit einem Lokalanästhetikum und anschließende Physiotherapie

Die 8 Patienten mit beidseitiger Tendinopathie wurden separat randomisiert. Den Therapieerfolg beurteilten die Autoren mithilfe von VISA- und VAS-Scores nach 1, 3 und 6 Monaten (VISA: 0 bis 100 erreichbare Punkte mit 100 = beste physiologische Funktion ohne Symptome; VAS: Skala von 0 bis 10 mit 0=kein Schmerz bis 10=schlimmster Schmerz). Eine Ultraschalluntersuchung nahmen die Autoren ebenfalls in regelmäßigen Abständen vor.

Symptome nach Zelltherapie deutlich besser

Unter Verwendung des Mann-Whitney-U-Tests fanden die Autoren signifikante Gruppenunterscheide sowohl im VISA- als auch im VAS-Score bei Patienten die einseitige Symptome hatten. Die Veränderungen der Scores betrugen vor der Behandlung vs. 6 Monate danach:

  • VISA Zellgruppe: 35 vs. 79

  • VISA Kontrollgruppe: 30 vs. 34

  • VAS Zellgruppe: 3,0 vs. 1,0

  • VAS Kontrollgruppe: 5,0 vs. 4,0

Bei den 8 Patienten mit beidseitig betroffenen Sehnen unterschieden sich die Ergebnisse nicht signifikant mit Ausnahme der VAS-Scores nach 6 Monaten.


Ausführliche Bildgebung nicht dokumentiert

Über die Ergebnisse der Ultraschall­untersuchungen berichten die Autoren leider nur unzureichend anhand eines einzigen Beispiels eines 63-jährigen Mannes: Der Ultraschall zeigt eine schwere Tendinose mit Verdickungen und einem Einriss (hypoechogene Zone) im mittleren Bereich der Sehne. Im Ultraschall nach 6 Monaten ist die Sehne dünner und weist eine erkennbar homogenere Echotextur auf, die Einrisse sind verschwunden. Über die Qualität des regenerierten Gewebes, d.h. die Art der Kollagenfasern, könnten nur histologische Präparate Auskunft geben, die hier nicht zur Verfügung standen.

Fazit

In dieser relativ kleinen Studie hat die Injektion von autologen Hautfibroblasten zusammen mit exzentrischem Training die Symptome einer Achillestendinopathie erfolgreicher gelindert als die alleinige Physiotherapie. Zudem bewerteten die Autoren die Therapie als sicher. Sie glauben, dass das "Auffüllen" von Sehnendefekten mit Kollagen-produzierenden Fibroblasten eine vielversprechende Methode ist, um die Struktur der Sehnen zu verbessern – die Beweisführung durch Bildgebung zu diesem Aspekt war in der Publikation allerdings sehr dünn. Ob sich das aufwendige Verfahren tatsächlich lohnt, v.a. aufgrund der Zellkultivierung, müssten größere Studien zeigen.

Hr





 
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Ultraschall der Achillessehne einer Läuferin mit Strukturdefekten (hypoechogener Bereich). Als Ursache einer Tendinopathie werden in erster Linie Mikrorupturen der Kollagenfasern durch Überlastung angenommen. Die Schäden der Sehnenmatrix führen zu einer gestörten Kollagenstruktur. Beschrieben sind Regenerationsprozesse mit einem vermehrten Aufbau von Kollagen Typ III im Gegensatz zum in gesunden Sehnen vorwiegend zu findenden Kollagen Typ I. Einen gesunden Regenerationsprozess wollen u.a. die Autoren dieser Studie mithilfe von autologen Fibroblasten der Haut unterstützen.(Bild: Mayer F et al. Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2011; 6: 479–498)