Sportverletz Sportschaden 2012; 26(03): 132
DOI: 10.1055/s-0032-1329368
Für Sie notiert
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

HTA-Bericht – Knochenersatz oder körpereigener Knochen?

Further Information

Publication History

Publication Date:
05 October 2012 (online)

 
 

Wissenschaftler haben aktuell Knochenersatzmaterialien untersucht, mit denen Brüche der Gliedmaßen behandelt werden. Als Vergleich diente die Standardtherapie mit oder ohne körpereigene Knochentransplantate. Nur für wenige Materialien fanden sie Hinweise auf eine adäquate Wirksamkeit. Die Ergebnisse der Untersuchung zu verschiedenen Knochenersatzmaterialien fasst ein neuer HTA-Bericht zusammen (Health Technology Assessment).

Für ihre Untersuchung identifizierten die Autoren in einer systematischen Literatur­recherche 14 Studien mit einer hohen Evidenzstufe. Auf dieser Basis bewerteten sie v.a. die medizinische Wirksamkeit der unterschiedlichen Knochenersatzmaterialien.

Als Knochenersatz untersucht wurden unter anderem Materialien auf Basis von Calciumphosphat und die sog. Bone Morphogenetic Proteins (BMP). BMP sind Wachstums- und Differenzierungsfaktoren, die langsam über ein Trägermaterial freigesetzt werden. Desweiteren betrachtet der Bericht aus mehreren Stoffen zusammengesetzte Kompositmaterialien, Hydroxyl­apatit-Material und Allograft-Knochenchips (hergestellt aus Knochen von fremden Spendern). Gemessen an der Vielzahl an Materialien und möglichen Brüchen bewerten die Autoren die Datenlage mit nur 14 einzuschließenden Studien insgesamt als schwach. Zu den meisten Materialien lägen nur wenige oder sogar einzelne Studien mit kleiner Patienten­anzahl vor. Alle Studien wiesen mehr oder weniger schwere qualitative Mängel auf. Außerdem seien die Studien sehr heterogen, die Studienergebnisse müssten daher kritisch betrachtet werden.

Schlussfolgerungen

Zu einzelnen Knochenersatzmaterialien ziehen die HTA-Autoren einige allgemeine Schlussfolgerungen:

  • BMP-2 kann bei Patienten mit offenen Schienbeinbrüchen eine Therapieoption sein. Dies gelte insbesondere, wenn ein Knochentransplantat nicht in Frage kommt.

  • BMP-2 verspricht bei Patienten mit hochgradig offenen Brüchen Kosteneinsparungen. Allerdings konnten die gesundheitsökonomischen Bewertungen nur auf geringer Evidenzstufe erfolgen.

  • Calciumphosphat-Zemente sollten bei Frakturen klinisch im jeweiligen Einzelfall erwogen werden. Gegenüber einer Knochentransplantation können sich Vorteile hinsichtlich Schmerzen und Verlust der Reposition ergeben.

  • Gleiches gilt für den Einsatz knochenmarkhaltiger Kompositmaterialien, die bezüglich Infektion und Schmerzen vorteilhaft sein können.

  • Hydroxylapatit-Material und Allograft-Knochenchips: Bei diesen beiden untersuchten Materialien bleibt bei schlechter Studienlage die Knochentransplantation weiterhin die Therapieoption der ersten Wahl.

  • Der aktuelle HTA-Bericht zur Bewertung von Knochenersatzmaterialien ist kostenfrei abrufbar auf den Webseiten des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information "DIMDI".


#

Über das DIMDI

DIMDI stellt über das Internet hochwertige Informationen für alle Bereiche des Gesundheitswesens zur Verfügung. Es entwickelt und betreibt datenbankgestützte Informationssysteme für Arzneimittel und Medizinprodukte und verantwortet ein Programm zur Bewertung gesundheitsrelevanter Verfahren und Technologien (Health Technology Assessment, HTA). Das Institut ist Herausgeber amtlicher medizinischer Klassifikationen wie ICD-10-GM und OPS und pflegt medizinische Terminologien, Thesauri, Nomenklaturen und Kataloge (z. B. MeSH, UMDNS, Alpha-ID, LOINC, OID), die für die Gesundheitstelematik von Bedeutung sind. Das DIMDI ermöglicht den Online-Zugriff auf seine Informationssysteme und rund 60 Datenbanken aus der gesamten Medizin.

Nach einer Pressemitteilung (DIMDI)


#
#