Die Pilates-basierte Physiotherapie zeigte in relativ homogenen Patientenpopulationen günstige Effekte auf unspezifische Rückenschmerzen. Lise R. Stolze et al. wollten genauer wissen, bei welchen Patienten ein solches Training Erfolg verspricht. In einer aktuellen Studie erarbeiteten sie 5 Parameter, anhand derer eine relativ sensitive Vorhersage möglich ist.
J Orthop Sports Phys Ther 2012; 42: 425–436
Ziel der Untersuchung war die Entwicklung eines vorläufigen klinischen Vorhersagewerkzeugs, um die Rückenschmerzpatienten identifizieren zu können, die am meisten von Pilates profitieren. Dazu gewannen die Autoren 96 Patienten mit chronischem unspezifischem Schmerz, von denen 72% bereits mehr als 6 Monate unter den Beschwerden litten. Patienten mit Nervenkompressionssyndrom waren ausgeschlossen.
Zu Beginn wurden 37 Parameter erhoben, deren Einfluss auf den späteren Therapieerfolg in uni- und multivariaten Analysen untersucht wurde. Als Therapieerfolg definierten die Autoren eine mindestens 50%ige Verbesserung der Werte nach dem Oswestry-Disability-Fragebogen.
Das Training selbst fand an dem sog. "Pilates Reformer" statt. In jeder Sitzung führten die Patienten standardisierte Übungssets durch mit 8 bis 10 Wiederholungen pro Übung. Für das Pilates-Training fortgebildete und darin erfahrene Physiotherapeuten leiteten die Übungen an. Sie passten die Übungen entsprechend an, wenn der Patient Schmerzen hatte oder die Übungen nicht adäquat ausführen konnte.
5 einfach zu erhebende Prädiktoren ausreichend
95 der 96 Teilnehmer beendeten die Studie plangemäß. Alle 16 vereinbarten Termine hatten 93,7% der Teilnehmer wahrgenommen, die anderen hatten an mindestens 13 Terminen teilgenommen. Bei 53,7% der Patienten (n=51) war die Therapie nach der oben genannten Definition erfolgreich.
In den Analysen identifizierten die Autoren aus den vor Trainingsbeginn bestimmten Basisparametern 11 Variable, deren Anwesenheit die Wahrscheinlichkeit eines Therapieerfolgs erhöhten (‣ Tab. [
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]). Davon wählten sie 5 Parameter, die ohne größeren zeitlichen Aufwand zu erheben sind und den Patienten möglichst umfassend bewerten:
Tab. 1 Statistische Vorhersagekraft von 11potenziellen klinischen Prädiktoren.
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Eine Flexion des gesamten Rumpfes ≤ 70°,
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eine Dauer der aktuellen Beschwerden ≤ 6 Monate,
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keine Symptome an der unteren Extremität in der vorangegangenen Woche,
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Body Mass Index (BMI) von 25mg/kg² und mehr sowie
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eine rechts- oder linksseitige Hüftrotation von 25° und mehr.
Welcher LWS-Patient von Übungen wie dem hier gezeigten Vierfüßler profitieren kann, lässt sich mithilfe einer Handvoll klinischer Untersuchungen relativ schnell feststellen. – Der "Vorderfuß" dieser Pilates-Anhängerin müsste für eine korrekte Ausführung in der Elle leicht flektiert sein.(©Lothar Bertrams / Thieme)
Eine eingeschränkte Beweglichkeit des Rumpfes war der stärkste Prädiktor (positive Wahrscheinlichkeitsrate [Positive Likelihood Ratio; PLR]=6; Range: 1,45–25). Waren ≥ 4 dieser Parameter erfüllt, senkte das Pilates-Training die Rückenschmerzen bei den entsprechenden Patienten mit einer 96%igen Wahrscheinlichkeit um mindestens 50%. Die entsprechende PLR lag bei ca. 23. Diese Kriterien erfüllten allerdings nur 14% der Teilnehmer, obwohl wesentlich mehr auf Pilates ansprachen. Legten die Autoren den Schwellenwert bei 3 von 5 zutreffenden Faktoren fest, lag die PLR bei über 10 und die Wahrscheinlichkeit für den Trainingserfolg immer noch bei 93%.
Mit 5 relativ einfach zu bestimmenden Parametern scheint sich der Erfolg eines Pilates-Geräte-Trainings bei unspezifischem Rückenschmerz gut vorhersagen zu lassen. Nun müsse die Aussagekraft der identifizierten Prädiktoren in einer randomisierten Studie validiert werden, so die Autoren.