Sportverletz Sportschaden 2012; 26(03): 136-137
DOI: 10.1055/s-0032-1329372
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Doping – Hormonpräparate immer raffinierter

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Publication Date:
05 October 2012 (online)

 
 

Bei den Olympischen Sommerspielen in London mussten sich die Sportler so vielen Dopingtests unterziehen wie nie zuvor. Denn die Vielfalt der heutzutage verwendeten Präparate zwingt Doping-Fahnder zu immer komplexeren Verfahren, um die verbotenen Substanzen nachzuweisen. Allerdings beschränke sich Doping nicht auf den Leistungssport, betont die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). Sie weist aktuell auf die gesundheitlichen Risiken hin, die auch Freizeitsportler in Kauf nehmen.

Steroidhormone gehen auf die Psyche

Viele Hormonpräparate, die Sportler zur Leistungssteigerung einnehmen, bergen gesundheitliche Risiken bis hin zur Lebensgefahr, warnt die DGE. So lassen die anabol-androgenen Steroidhormone, die dem männlichen Sexualhormon Testosteron ähneln, zwar die Muskelmasse wachsen. "Aber gleichzeitig können diese Stoffe auch die Psyche der Konsumenten verändern, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und sogar Krebs verursachen", warnt Dr. Dr. h. c. Helmut Schatz, Mediensprecher der DGE.

Für die mehr als 10000 Teilnehmer der Olympischen Sommerspiele 2012 stand das größte Testlabor aller Zeiten bereit: Über 1000 Mitarbeiter haben Tausende von Urinproben untersucht – mit dem Ziel, möglichst viele Doping-Fälle aufzudecken. Zu den gefragtesten Dopingpräparaten gehören die sogenannten Peptidhormone. Dazu zählt etwa Erythropoietin (EPO). Da EPO das Blut verdickt, steigt die Gefahr lebensbedrohlicher Gefäßverschlüsse durch Blutgerinnsel. Bei Bodybuildern beliebt ist das humane Wachstumshormon (hGH), das Fettgewebe abbaut und Muskelwachstum fördert. "Aber das Hormon steigert unter anderem das Risiko für Diabetes Typ 2 und Herz-Kreislauf-Erkrankungen", so Schatz.


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Nachweis erschwert

Im Leistungssport sollen Dopingkontrollen den Einsatz verbotener Substanzen unterbinden. Doch die Vielfalt der Präparate erschwert den Nachweis. "Einige Mittel ähneln zudem körpereigenen Stoffen, andere bleiben nur kurz im Körper, wieder andere lassen sich nur mit großem Aufwand nachweisen", schildert Prof. Mario Thevis von der Deutschen Sporthochschule Köln das Problem. Während man etwa EPO im Urin gut aufspüren könne, sei der Nachweis des Wachstumshormons hGH im Harn unmöglich [ 1 ]: "Deshalb sind im Leistungssport sowohl Blutproben als auch Urinkontrollen wichtig."

Doping-Fahnder müssen zudem auf die Gruppe der sogenannten GHRPs (Growth Hormone Releasing Peptides) achten. Diese synthetischen Signalstoffe regen die Ausschüttung körpereigener Wachstumshormone an. Hier konzentrieren sich die Tests nicht auf das Wachstumshormon, sondern auf den Nachweis der körperfremden GHRPs.


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Kein Verdacht, keine Chance

Für Aufsehen sorgte im vergangenen Jahr bei der Frauenfußball-Weltmeisterschaft der Ausschluss von 5 Spielerinnen wegen Dopings. Kontrollen hatten ergeben, dass sie einen steroidhaltigen Moschusextrakt eingenommen hatten (‣ [ s.Kasten ] [ 2 ]). Der Nachweis dieses missbräuchlich verwendeten, körperfremden Testosterons gelang allerdings nur mit einem aufwendigen Verfahren: Mit der Kohlenstoff-Isotopensignatur lassen sich tierische von menschlichen Steroiden unterscheiden. "Der Einsatz dieser teuren Technik lohnt sich aber nur bei einem klaren Anfangsverdacht", gibt Thevis zu bedenken. Ein zusätzliches Problem für die Kontrolleure ist die Manipulation von Urinproben. "Zwar lässt sich auch Fremdurin zweifelsfrei nachweisen", sagt der Experte. Aber insgesamt sei es auch bei Olympischen Spielen extrem aufwendig, jede Möglichkeit von Doping auszuschließen.

Nach einer Pressemitteilung (DGE)

Ochsen und die Frauen WM
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(©PhotoDisc)

Die Traditionelle Chinesische Medizin in Form eines Moschusextrakts war bei der Frauenfußball-WM im vergangenen Jahr Spielerinnen der nordkoreanischen Mannschaft zum Verhängnis geworden – 5 Teammitglieder hatten es eingenommen, um die Folgen eines Blitzeinschlags auf den Trainingsplatz zu therapieren. Der Extrakt stammt aus der Duftdrüse, die Moschusochsen vor ihrem Geschlecht tragen, und enthält 9 von der WADA verbotene Androgene.


Auf die Idee gekommen, dass die Frauen verbotene Präparate verwendet hatten, waren die Kontrolleure nur, weil zunächst eine einzige Urinprobe ein ungewöhnliches Steroid­profil aufwies. Damit allein konnten sie allerdings noch nicht viel anfangen. Erst nachdem die Teamverantwortlichen der Einladung nachgegangen waren, Stellung zu der fragwürdigen Probe zu nehmen, wusste man wonach man suchen konnte. Eine hochauflösende Gaschromatografie mit Massenspektrometer deckte schließlich die Hormone des Ochsen auf – in der Massenspektrometrie sehen die Forscher das Verhältnis der Kohlenstoffisotope im isolierten Molekül. Ist dieses anders als beim Menschen, wurde die Substanz von außen zugeführt.


In ihrer aktuellen Studie, im British Journal of Sports Medicine, beschreiben Thevis und Kollegen ihr Vorgehen im Fall der nordkoreanischen Fußballerinnen, deren Mannschaft für die nächste WM disqualifiziert wurde. Die Finger lassen sollten Sportler übrigens auch von den TMC-Präparaten Ma-Huang, Shoseiryu-to und Kakkon-to. Sie enthalten Ephedrakraut, das chinesische Mittel der Wahl bei Lungen- oder Erkältungskrankheiten, und damit das Sympathomimetikum Ephedrin.


(Quelle: Br J Sports Med. 2012, in press. doi:10.1136/bjsports-2012-090988)


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  • Literatur

  • 1 Thevis M et al. Sports Drug Testing: Analytical aspects of selected cases of suspected, purported, and proven urine manipulation. J Pharm Biomed Anal. 2012; 57: 26-32
  • 2 Thevis M et al. Traditional Chinese medicine and sports drug testing: identification of natural steroid administration in doping control urine samples resulting from musk (pod) extracts. Br J Sports Med. 2012; in press. DOI: 10.1136/bjsports-2012-090988.

  • Literatur

  • 1 Thevis M et al. Sports Drug Testing: Analytical aspects of selected cases of suspected, purported, and proven urine manipulation. J Pharm Biomed Anal. 2012; 57: 26-32
  • 2 Thevis M et al. Traditional Chinese medicine and sports drug testing: identification of natural steroid administration in doping control urine samples resulting from musk (pod) extracts. Br J Sports Med. 2012; in press. DOI: 10.1136/bjsports-2012-090988.

 
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