Pneumologie 2012; 66(10): 577
DOI: 10.1055/s-0032-1329464
Pneumo-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Tuberkulose – Ältester Tbc-Nachweis beim Menschen

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Publication Date:
10 October 2012 (online)

 

    Bisher war sich die Wissenschaft einig: Tuberkulose trat erst vor einigen tausend Jahren das erste Mal beim Menschen auf. Ein internationales Forscherteam aus den USA, der Türkei und Deutschland machte im Jahr 2004 einen Fund, der diese Vermutung in Frage stellt. Das Fundobjekt sind Einzelteile des Schädels eines Homo erectus aus der Provinzstadt Denizli in der Türkei. An der Innenseite des ca. 500 000 Jahre alten Schädels weisen Spuren darauf hin, dass dieser Frühmensch an einer Hirnhautentzündung gelitten haben könnte. Ob es sich bei dem Fundobjekt um den frühesten Nachweis von Tuberkulose beim Menschen handelt, will der Paläopathologe Prof. Michael Schultz von der Universitätsmedizin Göttingen herausfinden.

    "Rein morphologisch gesehen, ist es wahrscheinlich, dass es sich bei den ‚Grübchen' und Einkerbungen an der Innenseite des Vorderschädels um Überreste einer durch Tuberkulose ausgelösten Hirnhautentzündung handelt. Wenn diese Annahme stimmt, ist der Fund aus der Türkei weltweit der einzige Nachweis von Hirnhaut-Tuberkulose beim Menschen aus der Fossilzeit", sagt Prof. Schultz. Die Erkenntnisse beziehen sich auf einen naturgetreuen Abguss des Schädelstücks. Das Originalfundstück befindet sich in der Türkei. Dort sollen weitere lichtmikroskopische sowie endoskopische Untersuchungen klären, ob sich die morphologischen Annahmen bestätigen lassen.

    Fest steht: Die 1-2 mm großen Läsionen an der Schädeldecke sind offenbar entstanden, als der Frühmensch noch gelebt hat. Sie sind typische Anzeichen für eine Infektion der Hirnhäute. "Vor allem die exakte Form und die Platzierung der Läsionen am Schädel sind sehr charakteristisch für eine bestimmte Form von Tuberkulose. Sie ist als Leptomeningitis tuberculosa bekannt", berichtet der Anthropolge Prof. John Kappelmann von der Universität Austin in Texas. Die Ergebnisse der bisherigen Untersuchungen wurden im American Journal of Physical Anthropology veröffentlicht.

    Mitteilung der Universitätsmedizin der Georg-August-Universität, Göttingen


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