Stacher E, Graham BB, Hunt JM et al.
Modern age pathology of pulmonary arterial hypertension.
Am J Respir Crit Care Med 2012;
186: 261-272
Hintergrund Die modernen Behandlungsmöglichkeiten der pulmonal-arteriellen Hypertonie (PAH) haben
die Lebensqualität und das Überleben der Betroffenen ohne Frage verbessert. Unklar
ist, inwieweit diese Therapie auch die der Krankheitsprogression zugrunde liegenden
vaskulären und nicht vaskulären Veränderungen beeinflusst.
Methoden Systematisch wurden Remodelling und Entzündung bei im Zuge einer Lungentransplantation
explantierten Lungen von 62 PAH-Patienten, die moderne Therapeutika zur Behandlung
der Erkrankung erhalten hatten, und 28 Kontrollen (nicht erfolgreiche Organspenden)
untersucht. Aus allen Lungen wurden 12 Querschnitte für histologische Untersuchungen
mit Hematoxylin und Eosin gefärbt. Von den Vergleichslungen zeigten 22 keine morphologischen
Veränderungen und wurden als Kontrollen zugrunde gelegt.
Ergebnisse Die Pulmonalarterien der PAH-Lungen wiesen alle Zeichen eines Remodellings auf. Im
Vergleich zu den Kontrollen war die Dicke von Intima und der Fraktion von Intima und
Media zusammen erhöht. Dabei korrelierten diese Veränderungen mit den Werten der pulmonalen
hämodynamischen Messungen vor der Transplantation. Die Dicke der Intima und die der
Media korrelierten dagegen nicht. Insgesamt zeigte die Morphologie der Lungen der
PAH-Patienten eine große Variabilität. Die Untersucher konnten aber distinkte pathologische
Subgruppen ausmachen. In einem Teil der Explantate fehlte die Intima völlig.
Häufiger wurde ein Remodelling der Media beobachtet, das eine ähnliche Zahl von Querschnitten
mit plexiformen Läsionen aufwies wie Lungen mit einem ausgeprägteren Umbau. Bei einer
großen Anzahl der Lungen von PAH-Patienten ließ sich eine deutliche perivaskuläre
Inflammation nachweisen, die mit dem Remodelling von Intima und Media korrelierte.
Schlussfolgerung Die Zahl der Querschnitte mit plexiformen Läsionen war bei Männern deutlich niedriger
als bei Frauen und bei Patienten, die nie eine Behandlung mit Prostazyklinen oder
Analoga erhalten hatten.
Stacher E, Graham BB, Hunt JM et al. Modern age pathology of pulmonary arterial hypertension.
J Respir Crit Care Med 2012; 186: 261–272.
Kommentar
Die Etablierung der verschiedenen pharmakologischen Therapieformen und deren Umsetzung
in eine Langzeittherapie hat die Prognose der Patienten mit pulmonal arterieller Hypertonie
(PAH) in den letzten 20 Jahren maßgeblich verbessert. Inwieweit die medikamentöse
Drucksenkung im kleinen Kreislauf mit spezifischen ultrastrukturellen Veränderungen
der Gefäße einhergeht, bleibt unklar. Um einen spezifischeren Ansatz der Therapie
einer PAH zu etablieren (z.B. durch Analyse des Ausmaßes der interstitiellen bzw.
perivaskulären Inflammation) ist eine weitere Klärung der histomorphologischen Veränderungen
von großem Interesse.
Die bis heute gültigen pathomorphologischen Kriterien wurden bereits vor mehr als
50 Jahren etabliert. In der vorliegenden Arbeit wurde in einem großen Lungentransplantationskollektiv
(62 Fälle und 28 Kontrollen) von PAH der Gruppe 1 die ultrastrukturellen Veränderungen
des Gefäßbettes nach unterschiedlicher PAH Therapie untersucht. Die Arbeit wurInflamde
durch ein Editorial von P. Dorfmüller und M. Humbert begleitet. Trotz der Tatsache,
dass Auswertungen an Transplantationskollektiven vornehmlich Momentaufnahmen bzw.
Endpunktveränderungen zeigen können, finden sich morphologische Spezifika in den aktuellen
Untersuchungen. Die chronische Gabe von Prostazyklin führte zu einer Zunahme von plexiformen
Läsionen, ohne dass die Anzahl der plexiformen Läsionen mit dem Schweregrad der hämodynamischen
Veränderungen einherging. Die Zunahme der Media muscularis korrelierte mit der Hämodynamik
und ergibt somit eine Substrat der pharmakologischen Intervention.
Von besonderer Bedeutung scheint jedoch die Phänotypisierung des inflammatorischen
Musters der verschiedenen Krankheitsentitäten der PH zu sein. Sowohl Ausmaß der perivaskulären
als auch der parenchymatösen entzündlichen Infiltrate demonstrieren die zentrale Rolle
der Inflammation in der Dynamik der Erkrankung.
Die vorliegende Arbeit belegt die Notwendigkeit der Einsicht, dass die therapeutische
Optimierung der Hämodynamik mit einer Vielzahl von inflammatorischen Triggern im Gefäßbett
einhergeht. Die Analyse und Interpretation dieser Trigger stellt eine Grundlage für
das pathogenetische Verständnis der PAH in der Zukunft dar und wird sich, neben der
Verbesserung der Hämodynamik, als weiteres Standbein der Therapie etablieren.
Prof. Christian Grohé, Berlin