Gewal R et al.
Single versus Double-Incision Technique fort he Repair of Acute Distal Biceps Tendon
Ruptures.
J Bone Joint SurgAm. 2012;
94: 1166-74
Diese randomisierte klinische Studie befasst sich mit den Vor- und Nachteilen des
Einfach- oder Doppelzugang für die Versorgung der akuten distalen Bizepssehnenruptur.
Single versus Double-Incision Technique fort he Repair of Acute Distal Biceps Tendon
Ruptures; J Bone Joint SurgAm. 2012; 94: 1166–74
Einleitung
Eine Ruptur der distalen Bizepssehne kommt am häufigsten bei Männern im mittleren
Alter vor, die eine starke exzentrische Kontraktion ausführen. Ohne Operation tritt
regelhaft eine Einschränkung in Ausdauerkraft und bei Supination (40 %) und Flexion
(30 %) auf.
Für die operative Versorgung sind der einfache und der Doppelzugang bekannt. Beide
werden kontrovers, v. a. hinsichtlich der Komplikationsraten, diskutiert und es gibt
keinen klaren Hinweis für die Überlegenheit eines Zuganges.
Der einfache, anteriore Zugang ist aufgrund der Schnittgröße und Nachbarschaft mit
einer erhöhten Gefahr der Nervenverletzung vergesellschaftet. Der Doppelzugang sollte
durch den verkleinerten Zugangsweg dieses Risiko verringern helfen. Jedoch wird dadurch
eher eine radioulnare Synostose befördert, zudem kann der posteriore interossäre Nerv
verletzt werden.
Material und Methoden
Männliche Patienten mit einer distalen Bizepssehnenruptur wurden in 2 Gruppen randomisiert
aufgeteilt: 47 Patienten in die Gruppe mit dem einfachem Zugangsweg im mittleren Alter
von 45,3+-7,4 Jahren; bei 68 % war der dominante Arm beteiligt. 44 Patienten wurden
in die Gruppe mit dem Doppelzugang zugeteilt mit einem durchschnittlichen Alter von
44,9 +- 9.3 Jahren; hier war bei 59 % der Patienten der dominante Arm verletzt. Die
operative Versorgung fand bei beiden Gruppen für ca. 2/3 der Patienten zwischen dem
1. und 13. Tag nach Unfall statt. Das andere Drittel wurde erst zwischen dem 14. und
30. Tag versorgt. Die postoperative Behandlung fand unter Applikation einer Gipsschiene
in 90 ° Flexion statt. Der Einfachzugang wurde mit einer Doppelnahtankertechnik verknüpft,
beim Doppelzugang wurden eine Rinne und Bohrlöcher entsprechend der Originaltechnikbeschreibung
angelegt. Aus der Schiene heraus wurde in den ersten Tagen nach OP aktive Extension,
passive Flexion mit supiniertem Ellenbogen, aktive Pronation und passive Supination
beübt. Die Schiene wurde für insgesamt 6 Wochen getragen. Danach konnte eine aktive
Bewegung frei vollzogen werden. Untersuchungen der Probanden fanden nach 3, 6, 12
und 24 Monaten statt.
Eine Beurteilung des Ergebnisses erfolgte mit dem ASES (American Shoulder and Elbows
Surgeons) -Score und weiterhin mit dem DASH (Disabilities of Arm, Shoulder and Hand)-SCore
und dem PREE-(Patient-Rated Elbow Evaluation)-Score. Der Kraftgrad wurde im Vergleich
mit dem Kontralateralen Arm bestimmt.
Ergebnisse
Von 91 Probanden konnte bei 83 eine klinische u./o. telefonische Beurteilung über
den Beobachtungszeitraum von 24 Monaten erfolgen.
© Schünke M, Schulte E, Schumacher U. Prometheus. LernAtlas der Anatomie. Titel des
Bandes. Illustrationen von M. Voll und K. Wesker. 3. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2011.
Insgesamt erbrachten beide Gruppen beim ASES-Schmerzscore, ASES-Funktionsscore, DASH-Score
und PREE-Score vergleichbare Werte. Beim Vergleich in der isometrischen Testung mit
dem kontralateralen Arm hinsichtlich der Extensionskraft, am Unterarm hinsichtlich
Pronationskraft und Supinationskraft konnten keine signifikanten Unterschiede festgestellt
werden. Bei der isometrischen Flexionskraft zeigte die Gruppe mit dem Doppelzugang
einen um 10 % höheren Kraftgrad als die Vergleichsgruppe. Zwischen beiden Gruppen
bestanden keine Unterschiede in der Zeit bis zum Erreichen der vollen Flexion oder
der Supinationskraft. Der Bewegungsumfang war zu allen Zeitpunkten ohne signifikanten
Unterschied zwischen den Gruppen. Eine minimal bessere Pronation war in der Einzelzugangsgruppe
mit 76,7 ° gegenüber der Doppelzugangsgruppe mit 72,4 ° zu verzeichnen.
Komplikationen
Die Gruppe mit dem Einzelzugang wies eine erhöhte Zahl an Komplikationen auf. Dabei
kam es bei 19 Probanden zu temporären Beeinträchtigungen des Nervus cutaneus antebrachii
lateralis versus 3 Patienten der anderen Gruppe. Von den 19 Patienten mit Beeinträchtigung
zeigten nach 24 Monaten nur noch 3 Patienten eine diskrete nervale Symptomatik. Insgesamt
traten 4 Sehnenrerupturen auf, wobei alle aufgrund Noncompliance entstanden.
Bei 2 Patienten manifestierte sich eine milde heterotope Ossifikation ohne Einschränkung
des Bewegungsumfangs. Einer der beiden hatte Indomethacin erhalten, der andere konnte
aufgrund gastroösophagalen Refluxes keine Prophylaxe bekommen.
Es konnte kein Zusammenhang zwischen dem Zeitpunkt der OP und den spezifischen Komplikationen
gefunden werden.
Zusammenfassung
Laut den Autoren ist die vorliegende Studie der erste prospektive randomisierte Vergleich
der beiden möglichen Zugangswege hinsichtlich Funktionalität und klinischem Ergebnis
nach Ruptur der distalen Bizepssehne.
Das Outcome bei der Einzelzugangstechnik und der Tunneltechnik beim Doppelzugang ist
durchaus vergleichbar. Beim Einfachzugang ist das Risiko einer temporären Neurapraxie
deutlich erhöht. Beide Techniken sind effektiv in der Wiederherstellung der Funktion.
Die Zugangswahl kann also nach den Vorlieben und Erfahrungen des Operateurs im Dialog
mit dem Patienten gewählt werden.
Kommentar
Es handelt sich um eine valide Studie die aufzeigt, dass das Outcome nach distaler
Bizepssehnenruptur und operativer Behandlung eher von der Erfahrung und den Vorlieben
des Operateurs für den jeweiligen Zugang abhängt. Komplikationen treten in einem recht
geringen Maße auf.