Der Klinikarzt 2012; 41(10): 492-493
DOI: 10.1055/s-0032-1329673
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Interview – Inhalative Analgesie: Ideal im Bereich der Pädiatrie und Kinderchirurgie

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Publication Date:
30 October 2012 (online)

 
 

    Die Schmerztherapie mittels Distickstoffmonoxid/Sauerstoff hat sich bei Kindern als wirksames Mittel für die schnell wirksame Schmerztherapie bei kurzen, schmerzhaften Prozeduren erwiesen. LIVOPAN®, ein inhalatives Analgetikum von Linde Gas Therapeutics, wird eingeatmet. Die Analgesie setzt innerhalb von Minuten ein und endet nur wenige Atemzüge nach Absetzen der Therapie. Distickstoffmonoxid wird dabei nicht metabolisiert. Die Wirkung ist somit gut vorhersehbar und steuerbar. Die Behandlungszeiten sinken und der Patient ist schneller wiederhergestellt. Wir sprachen mit Dr. Michael Barthel, Chefarzt der Kinderchirurgie im Evangelischen Krankenhaus in Bielefeld, über seine Erfahrungen mit dem inhalativen Analgetikum.

    ? Herr Dr. Barthel, Sie haben LIVOPAN® in Ihrer Klinik bereits Mitte 2009 eingeführt. Können Sie sich noch an Ihren ersten Einsatz des Lachgas-Sauerstoff-Gemischs erinnern?

    Dr. Michael Barthel: Die Neueinführung einer Methode ist dann erfolgreich, wenn sie "Top-down" vonstattengeht. Daher habe ich die ersten Einsätze selbst durchgeführt. Das war recht spannend, da ich nur eine ungefähre Vorstellung davon hatte, also nicht genau wusste, was passieren wird. Aber es hat alles sehr gut geklappt, sodass auch die anderen Ärzte schnell damit anfangen konnten.

    ? Bei wie vielen Schmerzbehandlungen haben Sie das inhalative Analgetikum seither eingesetzt?

    Barthel: Da wir beim dreihundertsten Eingriff aufgehört haben zu zählen, kann ich die Anzahl der Anwendungen nur schätzen. Ich denke, dass es bisher um die 600 bis 700 Einsätze waren. Das Gas wird bei uns routinemäßig angewendet, sodass wir keine Statistik mehr darüber führen.

    ? Wie viele kleine Patienten behandeln Sie an einem durchschnittlichen Arbeitstag mit LIVOPAN®?

    Barthel: Durchschnittlich sind es am Tag 2 bis 3 Patienten. Heute Morgen haben wir damit zum Beispiel eine ambulante Metallentfernung am Unterarm durchgeführt.

    ? Bei welchen Eingriffen oder Indikationen verwenden Sie diese Art von Analgesie?

    Barthel: Wir verwenden es eigentlich bei allen kurzen, schmerzhaften Eingriffen. Auf der Station sind das am häufigsten Verbandswechsel und in der Ambulanz alle kleinen Eingriffe, wie Wundversorgungen, das Setzen einer Lokalanästhesie (z. B. Oberst‘sche Blockade), aber auch Metallentfernungen und einfache Repositionen. Mit dieser Methode kann man bei kleineren Repositionen natürlich nicht an der verletzten Stelle so herumziehen oder reißen, wie man es unter Vollnarkose tun würde, sondern muss alles vorsichtig zurechtmassieren und modellieren, dann funktioniert es sehr gut. Die Technik und die richtige Indikation spielen hier also eine große Rolle.

    ? Welche Vorteile hat die inhalative Analgesie gegenüber den bisher gängigen Methoden?

    Barthel: Ein wichtiger Punkt ist auf jeden Fall, dass die Kinder im Nachhinein kaum Erinnerung an den Eingriff haben. Und wenn sie sich an etwas erinnern, dann ist das meist nichts Negatives. Außerdem ist das Gas sehr sicher, wir haben hier noch keinerlei schwerwiegende Komplikationen wie Atemdepression oder Erschlaffen der Reflexe beobachtet. Selbst wenn ein Patient erbrach, hatte er noch die nötigen Reflexe, sodass keine Aspiration auftrat.
    LIVOPAN® wird schnell wieder abgeatmet, wodurch die Überwachungsphase nach dem Eingriff sehr kurz bleibt. Das ist ein großer Vorteil, da bei allen Medikationen, die gespritzt werden, danach eine oder besser 2 Halbwertszeiten lang überwacht werden soll. So müsste ein Patient beispielsweise bei Midazolam hinterher 4 Stunden lang überwacht werden.

    ? Wie wurde das fixe Gasgemisch von den Ärzten und dem Pflegepersonal der Kinderchirurgie aufgenommen?

    Barthel: Die Anästhesisten waren zuerst schon etwas skeptisch; sie haben aber schnell gemerkt, dass das fixe Gasgemisch nicht gefährlich ist und wir ihnen dadurch keine Arbeit weg-, sondern vielmehr einige Probleme abnehmen. Die Methode entlastet die Kollegen aus der Anästhesie doch sehr.
    Unser technischer Leiter war anfangs ein wenig irritiert, weil er fälschlicherweise dachte, es würden nun von Assistenzärzten Narkosen in der Ambulanz durchgeführt werden. Nachdem ich ihm aber den tatsächlichen Ablauf erklärt hatte, war das "Problem" aus der Welt.
    Beim Pflegepersonal gab es anfänglich vereinzelt kleinere Widerstände, aber nach kurzer Zeit wurde das Gas von allen Mitarbeitern sehr gut angenommen. Da das äquimolare Gasgemisch für uns eine große Bereicherung darstellt, ist es in die normale Klinik-Routine übergegangen.

    ? Welche Mitarbeiter wenden LIVOPAN® in Ihrer Klinik an?

    Barthel: Die ersten 10 Eingriffe habe ich selbst durchgeführt, danach haben es die Oberärzte angewandt. Inzwischen setzen es alle Assistenten auch auf den Stationen ein, ohne dass jemand von uns dabei ist.

    ? Welche Rückmeldungen erhalten Sie von den Patienten und deren Eltern? Wie sind die Reaktionen auf diese "neue" Analgesie?

    Barthel: In der Regel reagieren die Eltern sehr positiv, da sie so ein ruhiges und schmerzfreies Kind erleben. Viele der Patienten oder Familien haben sich auch schon im Vorfeld informiert oder kennen die Methode bereits und möchten dann ausdrücklich die inhalative Schmerzbehandlung bekommen. Auch die Stifte, die der Maske einen bestimmten Duft verleihen können, sind nach wie vor relevant – unsere Anästhesisten verwenden die Duftstifte mittlerweile auch bei anderen inhalativen Anwendungen. Damit kann man die Kinder einfach etwas ablenken. Erdbeerduft ist dabei der Favorit.

    ? In Ihrem Krankenhaus wurde die Anwendung von LIVOPAN® sogar in dem Film "Kevin im Traumland" festgehalten und online auf youtube veröffentlicht. Wie kam es zu diesem Film und waren Sie selbst an dessen Entstehung beteiligt?

    Barthel: Das war die Idee von meinem Oberarzt Dr. Saalabian, der die Einführung von LIVOPAN® hauptverantwortlich mitbetreute. Er hatte zusammen mit unserer PR-Managerin die Idee, einen solchen Film zu erstellen. Der Hintergedanke dabei war, den Patienten bzw. deren Eltern die Angst vor der Klinik etwas zu nehmen.

    ? Wie schätzen Sie die Zukunft der inhalativen Analgesie in der Pädiatrie ein?

    Barthel: Ich finde, die Pädiatrie ist ein gutes Anwendungsgebiet für LIVOPAN®. Unsere pädiatrische Abteilung zum Beispiel möchte nun auch damit arbeiten. Meiner Meinung nach ist die Methode auch für kinderchirurgische und allgemein für pädiatrische Praxen ideal. Hier könnte es bei Blutabnahmen oder Wundversorgungen verwendet werden. Die Praxis hätte damit als "schmerzfreie Praxis" einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz.
    Auch in der ambulanten Erwachsenenchirurgie könnte die inhalative Analgesie durchaus Anwendung finden, da hier die Schmerzmedikation meines Erachtens noch sehr dürftig ist.
    Ich denke, dass es sich in Deutschland ähnlich stark wie in der Schweiz oder in anderen europäischen Ländern durchsetzen wird. Ich bin froh, dass wir LIVOPAN® haben – es bereichert unsere Palette an Medikationsmöglichkeiten und unseren Klinikalltag sehr.

    Herr Dr. Barthel, wir bedanken uns für das Gespräch.

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    LIVOPAN® für die schnelle und wirksame Schmerztherapie bei kurzen schmerzhaften Eingriffen. Das Fertiggasgemisch aus 50 % Sauerstoff und 50 % Lachgas ist über eine Atemmaske einfach zu verabreichen. Die analgetische Wirkung tritt bereits nach wenigen Minuten ein und lässt nach dem Absetzen der Maske ebenso schnell wieder nach.(© Linde Gas Therapeutics GmbH)

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    LIVOPAN® für die schnelle und wirksame Schmerztherapie bei kurzen schmerzhaften Eingriffen. Das Fertiggasgemisch aus 50 % Sauerstoff und 50 % Lachgas ist über eine Atemmaske einfach zu verabreichen. Die analgetische Wirkung tritt bereits nach wenigen Minuten ein und lässt nach dem Absetzen der Maske ebenso schnell wieder nach.(© Linde Gas Therapeutics GmbH)