Psychiatr Prax 2012; 39(08): 415
DOI: 10.1055/s-0032-1330903
Mitteilungen der BDK
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Tagungsbericht Bundesdirektorenkonferenz, 19.–20.11.2012 – Pressemitteilung

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Publication Date:
08 November 2012 (online)

 
 

Verantwortlich für diese Rubrik: Manfred Wolfersdorf, Bayreuth; Thomas Pollmächer, Ingolstadt

Im Jahr des 100-jährigen Bestehens des Ökumenischen Hainich Klinikums in Mühlhausen trafen und treffen sich hier fast alle wesentlichen berufsständischen Verbände und Organisationen für Nervenheilkunde Deutschlands; in der Regel bezogen sind die Themen auf die Probleme, die sich aus dem neuen Entgeltsystem ergaben oder ergeben werden.

Das wissenschaftliche Thema der "Bundesdirektorenkonferenz, Verband leitender Ärztinnen und Ärzte der deutschen Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie" (BDK) war diesmal "Qualität stationär- psychiatrischer Versorgung – wie viel davon ist messbar?" Der Bezug zum neuen Entgeltsystem ist klar; weil Leistungen im neuen Entgeltsystem gemessen und finanziell bewertet werden sollen, ergeben sich naturgemäß auch Fragen nach deren Qualität. Qualität ist ein vielgebrauchter, ebenso komplexer wie oft missbrauchter Begriff, der nicht nur in der allgemeinen Wirtschaft, sondern auch in der Medizin insgesamt und in der Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik kontrovers und oft subjektiv diskutiert wird.

Zur gezielten Verbesserung des Qualitätsmanagement wird versucht, die Güte ärztlicher Behandlung zu messen. In der körperlichen (somatischen) Medizin geschieht dies z. B. durch den Vergleich von Komplikationsraten bei bestimmten Operationen zwischen verschiedenen Krankenhäusern. Im Bereich der Versorgung psychisch Kranker scheint eine Objektivierung von Qualität ungleich schwieriger. Sie wird aber zunehmend vom Gesetzgeber gefordert und ist Fundament für die Bewertung von Leistung: Welche Qualität einer Leistung wird mit wie viel bezahlt und ist nicht die gleiche Qualität viel billiger "machbar"?

Prof. Dr. Falkai, DGPPN, stellte die von der DGPPN an eine solche Qualitätsbeurteilung zu stellenden Anforderungen dar und berichtete von ersten Ergebnissen nach sehr aufwendigen Abstimmungsprozessen. Die Anforderungen sind gute Messbarkeit der Daten, hohe Aussagekraft, geringer bürokratischer Aufwand und die Möglichkeit, den gesamten Behandlungsprozess qualitativ zu bewerten. Am Beispiel der Schizophreniebehandlung wurden Ergebnisse vorgestellt, die die medikamentöse Dauerbehandlung mit Antipsychotika und die Psychoedukation als gesicherte Qualitätsindikatoren identifizierte.

Herr Stephan Bukies, Qualitätskliniken.de, stellte die Pilotphase für die "Psych"-Fächer dar. Bei "Qualitätskliniken.de" geht es um einen Zusammenschluss führender privat-kommerzieller Klinikträger mit gemeinnützigen Trägern. Ausgegangen wird vom allgemeinen Qualitätsmanagement wie Beschwerde- und Fehlermanagement, Mortalitäts- und Morbiditätskonferenzen, den Hygieneanforderungen, Verlaufskontrollen, Arzneimittelnebenwirkungsmonitoring, psychopharmakologische Visiten und dem 4-Augenprinzip. Bezüglich der Patienten- und Angehörigenbeteiligung werden entsprechende Befragungen angeregt und Psychoedukation abgefragt.

Der Vertreter der Krankenkassen erschien nicht. Der Betroffenenvertreter machte deutlich, dass die historischen Antipsychiatriegedanken keineswegs ausgestorben sind; ein wichtiges Qualitätskriterium sei u. a., dass sich die Psychiatrie selbst abschaffe. Die Angehörigenvertreterin betonte die Notwendigkeit, die Angehörigen in allen Phasen der Behandlung einzubeziehen. Deutlich wurde insgesamt, dass die Frage der messbaren Qualität bisher keineswegs wissenschaftlich zufriedenstellend beantwortet werden kann und v. a. die "weichen Faktoren" näher bestimmt und verstärkt erforscht werden müssen.

Der Bericht des Vorstandes (Prof. Dr. Pollmächer) und die Grußworte der Deutschen Krankenhausgesellschaft (Frau Rümmelin) befassten sich u. a. mit der neuesten Entwicklung bei der Einführung der PEPP. Nachdem alle Fachgesellschaften das von der InEK, Dr. Heimig, vorgelegte Ergebnis als unzureichend, widersprüchlich und versorgungsverfälschend abgelehnt haben, wird mit einer Ersatzvornahme durch das BMG gerechnet. Die BDK schlägt zusammen mit allen anderen psychiatrischen Fachgesellschaften und Fachverbänden sowie den Verbänden der Krankenhausträger beim Bundesministerium vor, in einer Moratoriumsphase von 2 Jahren mit Experten, Betroffenen, Angehörigen, Krankenkassen und Krankenhäuser dem geplanten System eine neue Struktur zu geben, die wirklich der gesetzlich geforderten Verbesserung der Versorgungsqualität dient. Ernste Zweifel an der Machbarkeit des neuen Entgeltsystems, das stringent in Analogie zum DRG-System entwickelt wird, wurden laut. Für den Fall, dass die Bundesregierung gegen allen fachlichen Rat das neue System doch zum 1. Januar 2013 einführen wird, rät die Bundesdirektorenkonferenz den Krankenhäusern, nicht an der freiwilligen Erprobung des Systems ab 1.1.2013 teilzunehmen und auch die Entgeltkalkulation nicht weiter zu unterstützen. Diese Zurückhaltung ist und kann nur eine Empfehlung sein, die zudem nur dann trägt, wenn sich diese Einschätzung bundesweit durchsetzt.

Manfred Wolfersdorf, Lothar Adler

Termine

18./19. April 2013 Frühjahrstagung der Bundesdirektorenkonferenz im ZfP Zwiefalten, Oberschwaben
(Information: Prof. Dr. G. Längle)


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