Der Klinikarzt 2012; 41(11): 559
DOI: 10.1055/s-0032-1331329
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Multiple Antibiotikaresistenzen – Neues Cephalosporin erweitert Therapiearsenal gegen multiresistente Keime

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Publikationsdatum:
29. November 2012 (online)

 
 

Multiple Antibiotikaresistenzen nehmen sowohl in Krankenhäusern und Pflegeheimen als auch bei ambulant erworbenen schweren Infektionen weltweit zu. Der Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA), einer der häufigsten multiresistenten Keime bei komplizierten Haut- und Weichteilgewebeinfektionen, hat in Süd­europa bereits Resistenzraten von über 60 % und stellt auch in Deutschland mit einem derzeit stagnierenden Anteil von etwa 20 % ein gewichtiges Problem dar. Das begrenzte therapeutische Arsenal wird seit Anfang Oktober 2012 durch Ceftarolin (Zinforo®) erweitert, dem ersten EU-weit verfügbaren parenteralen Cephalosporin mit ausgeprägter MRSA-Wirksamkeit bei gleichzeitig Cephalosporin-typischer guter Verträglichkeit.

Multiple Resistenzprobleme

"Nach wie vor ist MRSA der wichtigste ­nosokomiale grampositive Infektions­erreger", betonte Prof. Michael Kresken aus Rheinbach. Ursache der Resistenz gegen bisher verfügbare Betalactame oder Cephalosporine ist die bakterielle Produktion eines veränderten Penicillinbindeproteins (PBP2a), dessen Aktivität durch die Standardtherapie nicht mehr gehemmt wird.

Resistenzprobleme bereiten sowohl nosokomiale als auch zunehmend ambulant erworbene Infektionen mit MRSA und Pneumokokken, so Dr. Béatrice Grabein vom Klinikum der Universität München. Jährlich etwa 130 000 Infektionen in Kliniken gehen allein auf das Konto des, erstmals vor etwa 10 Jahren auch gegen das Reserve-Antibiotikum Vancomycin resistent gewordenen S. aureus. Als eindeutig wirksam haben sich hierbei mit Linezolid, Daptomycin, Tigecyclin und Vancomycin lediglich 4 Antibiotika erwiesen. Allerdings habe "jede dieser Subs­tanzen ihre Ecken und Kanten und man muss damit umgehen können", betonte Grabein. Mit Ceftarolin werde diese Palette erstmals durch ein Cephalosporin der Gruppe 5 mit hoher in-vitro-Wirksamkeit gegen die typischen Erreger von komplizierten Haut- und Weichteilgewebe-Infektionen (cSSTI) sowie von ambulant erworbenen Pneumonien (CAP) ergänzt.


Hohe Affinität für Penicillin-Bindeproteine

Mit einer hohen Affinität zum PBP2x hemmt Ceftarolin unter anderem die Zellwandsynthese von MRSA und Penicillin-unempfindlichen Streptococcus pneumoniae (PNSP). Dank seiner Wirkung sowohl gegen grampositive Erreger wie (methicillinresistente) S. aureus, Streptokokken, Pneumokokken, Hämophilus und Moraxella catarrhalis als auch gegen viele Enterobacteriaceae eignet es sich auch zur kalkulierten Therapie ohne Erregernachweis bei CAP und cSSTI, so Grabein. Lediglich multiresistente gramnegative Enterobakterien, die ESBL (Extended Spectrum Beta Lactamase) oder Carbapenemase bilden, werden nicht erfasst. Es wurden keine Fälle von MRSA verursachter CAP in die Studien eingeschlossen. Daher kann Ceftarolin hierbei nicht eingesetzt werden.

Erfolgsentscheidend für die Behandlung MRSA-bedingter cSSTI ist nach Ansicht des Chirurgen PD Dr. Christian Eckmann vom Klinikum Peine eine möglichst individuelle Therapie. Oft ist die chirurgische Interven­tion entweder gar nicht (Bsp. Phlegmone, Erysipel) oder nicht sofort (Wundinfektionen, Perianalabszesse, diabetischer Fuß) erforderlich. Zudem gelte es, für jeden Patienten die richtige antibiotische Strategie zu finden, da eine Modifikation der Erstlinientherapie bei cSSTI, die in der retrospektiven empirischen Kohortenstudie REACH [ 1 ] bei 62,7 % auftraten, die Klinikverweildauer und die Komplikationsraten deutlich steigerten.


Wirksam gegen komplizierte Haut- und Weichteilinfektionen

Für Ceftarolin belegen die zulassungsrelevanten Studien CANVAS I [ 2 ] und II [ 3 ] zur Behandlung von Patienten mit cSSTI (auch Patienten mit MRSA-Infektionen eingeschlossen) eine vergleichbar gute Wirksamkeit und Verträglichkeit wie für Vancomycin. Die klinische Heilungsrate lag bei über 90 %, die Therapie-Abbruchrate aufgrund von ­Nebenwirkungen nur bei etwa 4 %.

Bei CAP schnitt das neue Cephalosporin der Gruppe 5 in den Zulassungsstudien FOCUS I [ 4 ] und II [ 5 ] mit Heilungsraten von 82,6 % tendenziell sogar besser ab als Ceftriaxon (76,6 %). Sinnvoll scheint diese zusätzliche Option nach Ansicht von Eckmann vor allem bei schweren Infektionen im Haut- und Weichteilgewebe mit erhöhter Wahrscheinlichkeit einer MRSA-Beteiligung wie chronischen Wunden, Dekubitalulzera oder bei Pflegeheimpatienten, auch ergänzend zum chirurgischen Debridement.


Welche Patienten ein hohes MRSA-Risiko haben

Ebenfalls ein Argument für eine kalkulierte Therapie mit Ceftarolin sei eine bekannte Kolonisation mit MRSA, ergänzte Prof. ­Eckhard Müller vom Klinikum Herne. "Wer einmal MRSA hat, bei dem kommt er in der Hälfte der Fälle wieder", so Müller. Ein zwei- bis dreifach erhöhtes MRSA-Risiko trügen auch Dialysepatienten wegen häufigem Kontakt zu künstlichen Oberflächen, meist bestehender Multimorbidität sowie oft rezidivierender Antibiotikatherapie. Ebenfalls besonders gefährdet seien Patienten mit einem Klinikaufenthalt in den vergangenen 12 Monaten.

Auch bei Diabetikern eigne sich – aufgrund ihres allgemeinen Risikoprofils mit oft eingeschränkter Nierenfunktion - das neue Cephalosporin, zumal hier Glykopeptidantibiotika wegen ihrer Nephro­toxizität nicht infrage kommen, so Müller weiter. Vermehrt Staphylokokken-Infek­tionen fänden sich überdies bei Patienten mit frischen Schlaganfällen oder Schädel-Hirn-Traumen, erinnerte der Kliniker. Nicht zuletzt sei Ceftarolin auch immer dann eine gute Wahl, "wenn ich nicht von einem monobakteriellen grampositiven Spektrum ausgehe, sondern gleichzeitig eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür habe, dass gramnegative Erreger mit beteiligt sind", resümierte Müller.

Dr. Andreas Häckel, Frankfurt

Quelle: Launch-Pressekonferenz "Unmet Medical Need in der Antibiotika-Therapie: Neues Cephalosporin Zinforo™ wirksam gegen MRSA", 11. Oktober 2012, im Rahmen der 23. Jahrestagung der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie e. V. (PEG) in Dresden.
Veranstalter: AstraZeneca GmbH, Wedel.
Der Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der AstraZeneca GmbH.