ergopraxis 2013; 6(01): 6-7
DOI: 10.1055/s-0032-1333442
leserforum
© Georg Thieme Verlag Stuttgart - New York

Briefe an die Redaktion


Verantwortlicher Herausgeber dieser Rubrik:
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
11. Januar 2013 (online)

 

Zum Artikel „Handtaping“, ergopraxis 10/12

Abbildung wirft Frage auf

Guten Tag Frau Paries und Herr Zumhasch, ich habe mich sehr über Ihren Beitrag gefreut, jedoch irritiert mich Abbildung 5. So habe ich gelernt und auch in verschiedenen Büchern gelesen, dass die Basis des Lymphtapes zu den nächstgelegenen proximalen Lymphknoten liegt. Daher meine Frage: Wieso legen Sie die Basis distal? ich freue mich über ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen Sonja Ebner aus Zürich

Zoom
(Foto oben: R. Zumhasch, C. Paries)

Antwort der Autoren

Guten Tag Frau Ebner,
schön, dass ihnen der Artikel gefallen hat. ihre Frage beantworte ich natürlich gern: Sie haben vollkommen recht, dass die Basis normalerweise in den Bereich gelegt wird, in den die Lymphe zu transportieren ist, das heißt in Lymphknotennähe. Das Tapen des handrückens bildet dabei aber oft eine Ausnahme. Erfahrungsgemäß haben Tapes an der hand, die ihre Basis distal haben, die beste Wirkung. Ein möglicher Erklärungsansatz ist, dass die Lymphe der hand leichter um die Mittelhandknochen zur palmaren Seite strömt, von wo aus sie zum Unterarm abgeleitet wird. Daher wäre eigentlich auch ein palmar geklebtes Tape die beste Variante, nur lösen sich diese Tapes zu schnell, als dass sie sinnvoll wären. Aber auch wenn man den Verlauf der Lymphgefäße an der hand betrachtet und bedenkt, dass die palmaren Gefäße zwischen den Fingern nach dorsal laufen und von dort Richtung Unterarm, könnte die bessere Wirkung dieser „KlebWeise“ erklärbar werden. Denn: Die Lymphflüssigkeit fließt zur Basis, die palmare Lymphe wird also auch „angesaugt“.

Bewiesen ist das alles leider noch nicht. Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass es sinnvoll ist, an der hand die Richtung umzukehren. Wichtig ist, den Patienten darauf hinzuweisen, dass bei einer Schwellungszunahme das Tape sofort zu entfernen ist, da es natürlich Ausnahmen gibt. In diesem Fall würde man das nächste Mal die Basis proximal aufkleben. Ich hoffe, damit konnte ich Ihnen weiterhelfen.

Freundliche Grüße Cornelia Paries

Zu unserem Aufruf „Schreiben Sie uns“ im Leserforum (ergopraxis 10/12)



Pflege behauptet: Ergotherapeuten sind überflüssig

Liebe ergopraxis-Redaktion,
ich lese gerade die Oktober-Ausgabe der ergopraxis. Nachdem die Worte im Leserforum „Lässt Sie etwas nicht mehr ruhig schlafen?“ in meinem Visier waren, dachte ich sofort: Genau das ist es!

Ich bin seit zwei Jahren Ergotherapeutin und arbeite in einer Senioreneinrichtung, über die ich vor kurzem eine Fortbildung zum Thema Kontrakturenprophylaxe besucht habe. Nach diesem Tag war ich geschockt, und mir fehlen noch immer die Worte!

Die Fortbildung wurde zum größten Teil von examinierten Pflegekräften besucht, und niemand wusste, dass sich auch eine Therapeutin unter das Volk gemischt hatte. Der Einleitungssatz der Dozentin war: „Kontrakturenprophylaxe ist ein wichtiges Thema, zu dem wir Pflegekräfte keine Therapeuten brauchen! Wir können das auch ohne!“ Im weiteren Verlauf der Fortbildung kam es immer wieder zu solchen Äußerungen. Die Dozentin beschrieb eine Spastik nach Apoplex mit Hemiparese und erklärte, dass es schwer sei, herauszukristallisieren, ob es sich bei dem Faustschluss um eine Kontraktur handelt oder diese von der Tonuserhöhung ausgelöst wird. Ich fragte, ob es nicht in einem solchem Fall besser sei, einen Therapeuten hinzuzuziehen, da dieser recht schnell in der Lage wäre, diese Frage zu beantworten. Leider sah die Dozentin das anders und beantwortete meine Frage mit den Worten, das alles könne man auch als Pflegekraft allein herausfinden, man solle einfach kreativ sein! Kreativ sein??? Ich wusste zeitweise nicht mehr, was ich denken soll.

Sie rief die anderen Anwesenden dazu auf, nach Affolter zu arbeiten, und man sah, dass keiner wusste, was das überhaupt bedeutet. Es kamen Fragen auf, was denn überhaupt eine physiologische Bewegung sei. Im Weiteren beschrieb die Dozentin, dass die Pfleger und Pflegerinnen vor der Gelenkmobilisation Schmerzmittel reichen sollen, damit der Bewohner keine Probleme habe, und sagte, die Anwesenden sollen bei der Gelenkmobilisation einfach „rumprobieren“ und „Kreativität zeigen“. Schmerzmittel und dann kreativ sein und rumprobieren??? Ich kann dies überhaupt nicht mit meiner Einstellung vereinbaren! Ich denke, Schmerzmittel sollten nur gereicht werden, wenn es vonnöten ist, aber doch nicht vor einer Gelenkmobilisation, bei der man überhaupt nicht in den Schmerz arbeiten sollte, was uns Therapeuten klar ist.

Doch ich frage mich: Ist das der richtige Umgang mit einer Bewegungseinschränkung und ist das richtiger und fachlicher Umgang mit einem Bewohner? Ich bin mit Herz und Seele Ergotherapeutin und liebe meinen Job. Ich bin außerdem der Meinung, dass es in jeder Einrichtung ein Miteinander und nicht ein Gegeneinander geben sollte. Wir arbeiten in einem interdisziplinären Team, in dem j eder mit seiner Qualifikation wahrgenommen werden sollte. Ich finde es beschämend, wenn eine Altenpflegerin sich darstellt, als wäre die Ergotherapie überflüssig und als wäre eine Pflegefachkraft ein Allroundtalent, das für Pflege, Therapie samt Hilfsmittelversorgung etc. zuständig ist.

Wo bleibt das professionelle Miteinander?

Ich frage mich, ob dies eine Ausnahme war oder ob solche Erfahrungen auch schon andere Kollegen wahrgenommen haben? Ich jedenfalls bin geschockt darüber, dass wir als Therapeuten im Bereich der Geriatrie dargestellt werden, als wären wir nur für die „Bespaßung“ der Bewohner zuständig. Ich würde mich wirklich über andere Meinungen freuen, da ich nicht sicher bin, ob ich dies einfach zu streng sehe.

Liebe Grüße Ines Hirschfeld (ohne Ort)



Zoom
(Foto oben: R. Zumhasch, C. Paries)