ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2013; 122(01/02): 47
DOI: 10.1055/s-0033-1334846
Colloquium
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Vorschau auf die Internationale Dental-Schau 2013 – Digitale Technologien – leistungsstarke Dienstleistung für den Behandlungserfolg

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Publication Date:
19 February 2013 (online)

 

    Was ist die beste Möglichkeit zur umfassenden Information über alle wichtigen Innovationen in der Zahnmedizin? Ein Besuch der Internationalen Dental-Schau, vom 12.–16. März 2013 in Köln – so lautet die einfache Antwort. Näheres zu detaillierten Fragen verrät in unserem Interview Dr. Martin Rickert, Vorsitzender des Verbands der Deutschen Dental-Industrie (VDDI).

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    M. Rickert

    ? Herr Dr. Rickert, vor 2 Jahren haben Sie an dieser Stelle einen Trend sowohl der Messe IDS als auch der Zahnheilkunde ins Digitale ausgemacht. Wie setzt er sich fort?

    Dr. M. Rickert: Das ist richtig, die Besucher verwenden in Köln immer häufiger Smartphone und Apps, um digital durch die Hallen zu navigieren und für sich den besten Weg zu finden. Man darf die Technik aber auch nicht überschätzen! Entscheidend bleibt, was wir ganz real vor Ort an neuen Geräten und innovativen Werkstoffen in den Händen halten, testen und beurteilen können. Im Vorfeld kann es allerdings hilfreich sein, seine Hotelreservierungen, Flug- und Bahnreisen digital vornehmen zu können – am einfachsten über www.ids-cologne.de.
    Analog zu seiner Bedeutung bei der Organisation des Messebesuchs beurteile ich auch den Wert des Digitalen für die Zahnheilkunde. In den Anfängen konnte einen zuweilen ja das Gefühl beschleichen, in Zukunft würden Software-Entwickler Zähne versorgen, Zahnersatz herstellen und Implantate inserieren. Glücklicherweise entwickeln sich die digitalen Technologien in 2 Richtungen: Sie eröffnen immer mehr Möglichkeiten, aber sie werden auch bedienerfreundlicher. Der Zahnarzt und der Zahntechniker können sich heute vielleicht sogar stärker als vor 2, 4 oder 6 Jahren wieder auf ihre ureigenen Fachdisziplinen konzentrieren – und das Digitale als das betrachten, was es sein sollte: ein starker Dienstleister für die konservierende Zahnheilkunde, die Prothetik, die Implantologie etc.

    ? Damit hat sich nicht die Zahnheilkunde digitalisiert, sondern die digitalen Technologien sind in der Zahnheilkunde angekommen. Wie nutzt sie der Zahnarzt effektiv?

    Dr. M. Rickert: Zwei- und 3-dimensionale Röntgenaufnahmen für die Implantatplanung oder die Wurzelkanalbehandlung, Fluoreszenz für Karies- und Parodontaldiagnostik, Intraoralbilder für die Falldokumentation, ganz abgesehen von der gesamten CAD / CAM-Prozesskette für die Prothetik – überall bieten sich digitale Technologien als Unterstützung auf dem Weg zum Behandlungserfolg an. Mein Tipp: medizinisch denken, dann finden sich die geeigneten Hilfsmittel von ganz allein.

    ? In welchen Bereichen findet der IDS-Besucher Innovationen, die zahnärztliche Therapien in neuartiger Weise bereichern?

    Dr. M. Rickert: Die zahn- und immer stärker auch die implantatgetragene Kronenund Brückenprothetik bestimmt nach wie vor einen Großteil des zahnärztlichen Alltags. Neue oder verbesserte Intraoralscanner machen es jetzt für manchen erst so richtig attraktiv, sich in die CAD / CAM-Prozesskette einzuklinken. Zunächst war sie doch vor allen Dingen eine Sache des Labors, nun setzt sie sich häufiger bis in die Zahnarztpraxis fort. In Kombination mit innovativen Werkstoffen, Legierungen wie Keramiken, ergeben sich zusätzliche Optionen. Ich glaube, dass sich die Chairside-Herstellung von Inlays, Onlays, Kronen und kleineren Brücken zu einer attraktiven Fertigungsalternative entwickeln wird. Komplexe und auch ästhetisch besonders anspruchsvolle Arbeiten bleiben nach meiner Einschätzung dem Zahntechniker vorbehalten, und gerade darum ist ein gemeinsamer Messerundgang im Team ideal. Das Labor – auch das Praxislabor! – profitiert darüber hinaus von neuen Nichtedelmetalllegierungen, die einen bisherigen Trend umkehren: Hat man in den letzten Jahren oft darüber nachgedacht, Fräsarbeiten in Zentren oder industrielle Netzwerkfertigungen outzusourcen, so wird jetzt das Insourcing zuvor ausgelagerter Fertigungsschritte zur attraktiven unternehmerischen Option.

    ? Das heißt, dass die Digitaltechnik für den Zahnarzt technisch leistungsfähiger und einfacher bedienbar wird – aber ökonomisch komplexer?

    Dr. M. Rickert: Ganz klar: Hier entstehen neue Geschäftsmodelle. Ob die Fertigung im Praxislabor oder in einem gewerblichen Labor oder bei einem industriellen Dienstleister sinnvoll ist, entscheidet sich im Einzelfall. Und im Werkstoffmix könnten Dank aktueller Fortschritte bei den aufbauenden Rapid-Prototyping-Verfahren – praktisch das Gegenstück zum Materialabtrag durch Fräsen und Schleifen – Hochleistungskunststoffe für so manche Versorgung eine vielversprechende Alternative darstellen. Das beeinflusst jenseits der Ökonomie vor allem die medizinische Entscheidung für ein bestimmtes Restaurationsmaterial im individuellen Patientenfall.

    ? Ich habe den Eindruck, dass sich in jüngster Zeit Übernahmen, Fusionen, Kooperationen und Partnerschaften mehren. Wo steht im internationalen Konzert die deutsche Dentalindustrie?

    Dr. M. Rickert: Die Dentalindustrie muss heute global betrachtet werden. Für Zahnarzt und Zahntechniker bietet es Vorteile, wenn z. B. ein hierzulande entwickeltes CAD / CAM-System sich zukünftig mit Scan- und Frästechnik aus Skandinavien kombinieren lässt. Die IDS ist eine internationale Messe, daher kann der Besucher sich dort Technologien aus aller Herren Länder ansehen und für seine Praxis und sein Labor das Beste auswählen, um dem Patienten vor Ort die bestmögliche Therapie zukommen zu lassen. Ich bin persönlich davon überzeugt, dass häufig ein Angebot eines VDDI-Mitgliedsunternehmens die Nase vorn haben wird.

    ! Das Interview führte Dr. Ehrensberger, Frankfurt/Main.


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    M. Rickert