Transfusionsmedizin 2013; 03(01): 2-5
DOI: 10.1055/s-0033-1341548
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kongressbericht – Neuigkeiten vom ASH-Meeting 2012: Gene, Gene, Gene … und Thrombozyten.

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Publication Date:
28 March 2013 (online)

 

Der 54. Jahreskongress der American Society of Hematology (ASH) fand vom 08.–11.Dezember 2012 in Atlanta statt. Erneut war es ein Treffen mit mehr als 20 000 Teilnehmern aus der ganzen Welt – das jährliche Ereignis der Hämatologen.

Herausragendes Thema waren die neuen Erkenntnisse zur Pathogenese hämatologischer Neoplasien durch Sequenzierung des gesamten Genoms oder des gesamten Exoms. In der E. Donnall Thomas Lecture wurden von Timothy Ley, Washington University School of Medicine, St. Louis, die neuesten Erkenntnisse zu genetischen Veränderungen bei akuter myeloischer Leukämie (AML) zusammengefasst. Lange Zeit waren der Nachweis zytogenetischer Veränderungen und in den letzten Jahren zunehmend auch der Nachweis einzelner Mutationen ein wichtiges Werkzeug für die prognostische Klassifikation und die Risikostratifizierung der AML. Seit 2008 wurden die AML-Genome und -Exome von mehreren 100 Patienten sequenziert. Durch den Vergleich des Genoms in AML-Blasten mit dem Genom in anderen Zellen (z. B. Haut) wurden schon bekannte Mutationen (z. B. im Nucleophosmin-1 (NPM1) oder der FMS-related tyrosine kinase-3 (FLT3) bestätigt, jedoch wurden durch das "Next Generation Sequencing" auch zahlreiche neue Mutationen nachgewiesen (z. B. im Gen der Isocitratdehydrogenase (IDH1) oder der DNA-Methyltransferase (DNMT3A). In einer hämatopoietischen Stammzelle werden etwa 14 Mutationen pro Jahr neu akquiriert, so dass im Laufe des Lebens viele genetische Veränderungen in diesen Zellen akkumulieren. Die meisten dieser Mutationen sind für die AML-Pathogenese irrelevant ("silent passenger mutationen"). Bei den meisten dieser Mutationen handelt es sich um zufällige genetische Ereignisse und sie waren als "passenger"-Mutationen schon vorhanden, als die zur Transformation führenden Mutationen auftraten. Einige der Mutationen sind jedoch die krankheitsauslösenden Mutationen ("driver mutations"). Es war eine lange Debatte, wie viele genetische Veränderungen für die Auslösung einer akuten Leukämie nötig sind. Die neuen Erkenntnisse aus der Gesamtgenom-Sequenzierung sprechen dafür, dass in den meisten Fällen lediglich eine initiierende Mutation und 1 bis 2 kooperierende Mutationen für die maligne Transformation ausreichend sind.

AML: Klonale Zusammensetzung

Die Gesamtgenom-Sequenzierung erlaubt durch den Nachweis der klonspezifischen Signaturen auch eine genaue Untersuchung der klonalen Zusammensetzung der AML bei Diagnose und der klonalen Evolution unter Therapie und beim Rezidiv. Hier führten die neuen Methoden zur Erkenntnis, dass es unterschiedliche Muster gibt. In manchen Fällen entsteht das Rezidiv aus dem ursprünglichen Klon, in welchem weitere genetische Veränderungen akkumuliert sind. In anderen Fällen wiederum entsteht das Rezidiv aus einem Subklon des ursprünglichen Klons.


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MDS: häufig Mutationen in Genen, die für das Spliceosom kodieren

Aber auch bei anderen Erkrankungen wurde über eindrucksvolle Erkenntnis durch die Gesamtgenom- oder Exon-Sequenzierung berichtet: E. Papaemmanuil, Welcome Trust Sanger Institute, Cambridge, berichtete über die Sequenzierung von 111 Genen bei 738 MDS-Patienten (MDS: Myelodysplastische Syndrome). Onkogene Mutationen wurden in 41 Genen nachgewiesen. Nur 4 dieser Gene waren jedoch bei mehr als 10 % der Patienten betroffen (SF3B1, TET2, SRSF2 und ASXL1)

15 Gene waren bei 1 bis 10 % der Patienten und 22 Gene bei <1 % der Patienten mutiert. Zwischen den genetischen Veränderungen gibt es komplexe Zusammenhänge. Einige der Mutationen treten typischerweise paarweise auf, während sich andere gegenseitig ausschließen. Mehr als die Hälfte der MDS-Patienten hat Mutationen in Genen, welche das Spliceosom betreffen (speziell den U2-Spliceosom-Apparat) und signifikant mit Mutationen assoziiert sind, die in der DNA-Methylierung eine Rolle spielen. Die Anzahl der onkogenen Mutationen scheint ein unabhängiger Biomarker für die Prognose zu sein. Insgesamt zeigten diese Untersuchungen eine komplexe Konstellation von Mutationen. Die Tatsache, dass mit diesem Ansatz bei 22 % der MDS-Patienten keine onkogenen Mutationen nachgewiesen werden konnten, ist ein Hinweis, dass es bei MDS weitere, bisher nicht identifizierte genetische Veränderungen gibt, welche für die Pathogenese relevant sind.


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Evolution von CLL-Klonen unter Chemotherapie

In einer Studie von D-A. Landau und Kollegen, Yale University, New Haven, wurden das Genom von 149 CLL-Patienten (CLL: Chronische Lymphatische Leukämie) mit Exom-Sequenzierung und "Single-Nucleotide-Polymorphismus Arrays" charakterisiert. Es gelang "driver"-Mutationen, welche in einem hohen Anteil der CLL-Patienten gefunden wurden und wahrscheinlich früh in der Krankheitsentstehung aufgetreten sind (z. B. MYD88-Mutationen) zu identifizieren. Bei 146 Patienten (von 149 Patienten) wurden Subklone nachgewiesen, welche im Laufe der CLL-Entwicklung aufgetreten waren. Die Anzahl der Subklon-Mutationen war mit der Anzahl der vorangegangenen Chemotherapien assoziiert. Die genetische Evolution in Subklonen führt zu Subklonen, welche einen Vorteil haben und expandieren. Die Arbeitsgruppe berichtete, dass Subklone, welche eine "driver mutation" (zusätzlich zur "driver mutation" im ursprünglichen Klon) hatten, einen unabhängigen Risikofaktor für die Notwendigkeit einer erneuten Behandlung darstellen. Diese Daten zur klonalen Evolution lassen verstehen, wie sich CLL-Klone unter Chemotherapie entwickeln und identifizieren einen neuen genetischen prognostischen Marker für die Progression der Erkrankung. Daraus könnten neue Therapiestrategien entstehen.

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Kongresszentrum in Atlanta – Veranstaltungsort des diesjährigen ASH-Meetings (Quelle: H. Schrezenmeier).

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Mutation im SETBP1-Gen bei MDS

Die genetischen Untersuchungen machten zunehmend deutlich, dass mehrere genetische Veränderungen für die Entwicklung einer AML aus einem myelodysplastischem Syndrom (MDS) erforderlich sind. Mit einer Gesamtgenom-Sequenzierung hatte eine internationale Arbeitsgruppe um Dr. Makishima vom Taussig Cancer Institut an der Cleveland Clinic gezeigt, dass bei 7 % der MDS-Patienten eine somatische Mutation im SETBP1 auftritt, welche bei den meisten Patienten identisch mit der Keimbahn-SETBP1-Mutation bei Patienten mit Schinzel-Giedion-Syndrom ist. Dies ist eine sehr seltene, kongenitale Erkrankung mit zahlreichen konstitutionellen Fehlbildungen, genereller Entwicklungsverzögerung und mentaler Retardierung. SETBP1-Mutationen bei MDS führen zu leukämischer Transformation.

Das SETBP1-Gen ist bei den MDS-Patienten mit dieser Mutation überexprimiert.

Das Auftreten dieser Mutation ist mit schlechter Prognose assoziiert, insbesondere bei jüngeren Patienten. Transfektion normaler myeloischer Vorläuferzellen mit murinem SETBP1-Gen mit den bei MDS häufigen somatischen Mutationen führt zu Immortalisierung und hoher Proliferation der Zellen sowie zu Veränderung der Expression von Hoxa9 und Hoxa10 und Runx1, d. h. von anderen Genen, die in die Leukämogenese involoviert sind. Diese Untersuchungen zu SETBP1 stellen ein weiteres Beispiel dafür dar, wie durch Next-Generation-Sequenzierung neue, krankheitsverursachende Mutationen entdeckt werden können. Die Rolle des Schinzel-Giedion-Syndrom-Gens SETBP1 bei MDS verdeutlicht, dass Gene, welche für die normale Entwicklung essentiell sind, auch eine Rolle bei maligner Transformation spielen.


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Next-Generation-Sequencing:
weitere Ergebnisse

H. Maramatsu aus Nagoya konnte zeigen, dass etwa 90 % der Patienten mit juveniler myelomonozytärer Leukämie Mutationen im RAS-Signalweg aufweisen. I. Ambaglio aus Pavia berichtete, dass bei Patienten mit Refraktärer Anämie mit Ringsideroblasten (RARS) mit Thrombozytose offensichtlich das Zusammenwirken des SF3B1-Gens mit JAK2- und MPL-Mutationen für das Entstehen dieses besonderen klinischen Phänotyps verantwortlich ist.

Bei einem oberflächlichen Blick könnte diese Datenflut durch die Next-Generation-Sequenzierung den Eindruck erwecken, dass alle Fragen zu genetischen Veränderungen bei hämatologischen Neoplasien beantwortet sind. Hierzu machte jedoch Timothy Ley deutlich: "This is not the end, but the beginning of AML genetics". Es ist für die Zukunft wichtig, die funktionelle Bedeutung der Vielzahl von Mutationen, vor allem auch deren Zusammenspiel, und die Veränderungen im Laufe der Therapie zu verstehen und auch epigenetische Faktoren zu berücksichtigen.


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Identifikation neuer Pathogene

Auf dem Kongress wurde aber auch noch eine ganz andere, erfolgreiche Anwendung der neuen Sequenziertechnologien jenseits der Aufklärung der hämatologischer Erkrankungen dargestellt. Die Technik eignet sich auch dazu neue Pathogene zu identifizieren.

A. S. Bhatt, Dana Farber Institute, Boston, untersuchte Proben von Patienten mit 3"Cord Colitis Syndrome" (CCS), einer Antibiotika-responsiven Colitis, welche nach Nabelschnurbluttransplantation auftritt. Es wurde aufgrund klinischer und histopathologischer Merkmale postuliert, dass es sich bei dem CCS um eine eigenständige Entität handelt. Eine infektiöse Genese wurde vermutet. Ein Pathogen war bisher nicht bekannt. Durch Sequenzierung aus Kolonbiopsien von CCS-Patienten und Auswertung der nicht-humanen Sequenzen wurde ein neues Bakterium, Bradyrhizobium enterica, als wahrscheinlicher Auslöser des CCS identifiziert.

B. Xu, NIH, Bethesda, untersuchte mit Next-Generation-Sequenzierung Plasmaproben von 92 Patienten mit seronegativer Hepatitis (non-A, non-B, non-C, non-E) und konnte ein neues, Virus mit dem vorläufigen Namen NIH-CQV identifizieren. Aufgrund von Sequenzhomologien wurde es als neue Subfamilie der Parvoviren klassifiziert. Weitere Untersuchungen bestätigten die hohe Prävalenz dieses neuen Parvovirus bei seronegativer Hepatitis.

Dies sind nur einige Beispiele aus dem umfangreichen Portfolio an Next-Generation-Sequenzier-Projekten, welche beim ASH-Meeting präsentiert wurden. Diese zeigen das große Erkenntnispotential durch die Methode, aber auch die Herausforderungen, die dabei generierten riesigen Datenmengen richtig zu interpretieren und in einen sinnvollen pathophysiologischen, klinisch-prognostischen und therapeutischen Kontext zu bringen.

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Blick ins Foyer des Kongress-Zentrums. Die "Fight-4-Hematology"-Poster im Hintergrund zeigen eine ASH-Aktivität jenseits des wissenschaftlichen Programms. In einer beispielhaften Kampagne, welche viel Echo in den Medien und der Politik fand, hat sich die American Society of Hematology dafür eingesetzt, dass durch das zum Jahresende 2012 drohende "Fiscal Cliff" die ansonsten eintretenden massiven Konsequenzen auch für alle durch das National Institute of Health geförderten Projekte möglichst vermieden oder gemildert werden (Quelle: H. Schrezenmeier).

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Jenseits der Genetik

Eine kleine Auswahl von Spannendem, Neuem und auch für die Transfusionsmedizin sehr Relevantem: Bei der Polyzythämia vera (PV) sind trotz der neuen Erkenntnisse zur Pathogenese und neuen Therapie-Ansätzen mit JAK2-Inhibitoren die traditionellen Therapien mit Aderlass oder Hydroxurea immer noch von Bedeutung. Obwohl es lange geübte Praxis war, den Hämatokrit der Patienten möglichst unter 45 % zu halten, war diese therapeutische Strategie nie durch eine randomiserte Studie belegt worden. T. Barbui aus Bergamo stellte eine prospektive, randomiserte Studie vor, in welcher 365 erwachsene Patienten mit JAK2-positiver PV mit Aderlass, Hydroxyurea oder beidem behandelt wurden und entweder ein Ziel-HK >45 % oder ein HK von 45–50 % angestrebt wurde. Klinische Endpunkte waren Tod durch kardiovaskuläre Ereignisse oder schwerwiegende thromboembolische Komplikationen. Nach einer medianen Verlaufsbeobachtung von 31 Monaten war die Inzidenz dieser Ereignisse in der Gruppe mit Ziel-HK <45 % signifikant niedriger als in der weniger streng eingestellten Patientengruppe (2,7 vs. 9,8 % Ereignisrate; Hazard-Ratio 3,91; p = 0,007).

TOPPS-Studie

Im "Presidential Symposium" wurden durch Simon J. Stanworth, Oxford, erstmals auch die Daten der TOPPS-Studie aus Großbritannien und Australien zur prophylaktischen Thrombozytentransfusion vorgestellt ("The effect of a no-prophylactic versus prophylactic platelet transfusion strategy on bleeding in patients with hematologic malignancies and severe thrombocytopenia (TOPPS trial). A randomized controlled, non-inferiority trial").

In dieser randomisierten kontrollierten Studie, welche als Nicht-Unterlegenheitsstudie angelegt war, sollte die Hypothese getestet werden, dass der Verzicht auf prophylaktische Thrombozytentransfusion ebenso sicher und effektiv ist wie eine prophylaktische Transfusionsstrategie. Es wurden 600 Patienten mit hämatologischen Neoplasien randomisiert, die mit Chemotherapie oder Stammzelltransplantation (SZT) behandelt wurden (299 im Prophylaxe-Arm, 301 ohne Prophylaxe-Arm). Ein hoher Anteil der Patienten erhielt eine autologe SZT (ASZT) (ca. 70 % in beiden Gruppen). Primärer Endpunkt war die Inzidenz von Blutungen WHOGrad ≥ 2 innerhalb von 30 Tagen nach Randomisation. Die prophylaktische Behandlungsgruppe erhielten eine Thrombozytentransfusion bei Thrombozytenwerten unter 10x109/l unabhängig von Blutungszeichen. Die andere Gruppe erhielt keine Prophylaxe und wurde nur bei Blutungen transfundiert. Im Prophylaxe-Arm wurde ein höherer Anteil der Patienten mit Thrombozyten transfundiert als im Nicht-Prophylaxe-Arm (89 vs. 59 %). Die Patienten im Prophylaxe-Arm erhielten auch mehr Transfusionen (3,0 vs. 1,7). Die Häufigkeit von WHO-Blutungen > Grad 2 war in der prophylaktischen Gruppe niedriger (43 vs. 50 %); ebenso wie die WHO-Grad 3- und Grad 4-Blutungen: eine Blutung bei 298 Patienten im Prophylaxe-Arm und 6 Blutungen bei 300 Patienten im therapeutischen Arm. Die einzige intrakranielle Blutung trat ebenfalls im therapeutischen Arm auf. Die Zeit bis zum Auftreten der ersten Blutung WHO ≥ Grad 2 war im Nicht-Prophylaxe-Arm signifikant kürzer als im Prophylaxe-Arm. Aufgrund des hohen Anteils an Patienten nach autologer Stammzelltransplantation, wurde eine separate Analyse der Patienten durchgeführt, welche keine autologe Transplantation erhielten. In dieser Subgruppe war der Unterschied noch deutlicher: 58 % der Patienten im therapeutischen Arm erlitten WHO ≥ Grad 2-Blutungen im Vergleich zu nur 38 % im prophylaktischen Arm. Die Anzahl von Tagen mit Thrombozytenwerten unter 10x109/l war im prophylaktischen Arm signifikant niedriger als im therapeutischen Arm (1,8 vs. 4,6 Tage; p = 0,001). Die Zeit bis zur Erholung der Thrombozytenzahlen, die Dauer der Hospitalisierung und die Häufigkeit schwerer unerwünschter Ereignisse waren in den Behandlungsarmen nicht unterschiedlich. Diese Studie ist ein wichtiger Beitrag zur Diskussion über die optimale Thrombozytentransfusionsstrategie. Die Wertigkeit der Studie ist durch den hohen Anteil an Patienten nach ASZT eingeschränkt. Es ist bekannt, dass gerade in dieser Gruppe das Blutungsrisiko vergleichsweise niedrig ist. Umso mehr ist bemerkenswert, dass selbst mit diesem hohen Anteil an Patienten nach ASZT die Studienhypothese nicht bestätigt wurde. Es konnte nicht gezeigt werden, dass der Verzicht auf prophylaktische Transfusion einer prophylaktischen Transfusionsstrategie nicht unterlegen ist. Die Patienten im Arm ohne Prophylaxe hatten eine höhere Zahl von Tagen mit WHO ≥ Grad 2-Blutungen und ein kürzeres Intervall bis zum Auftreten der ersten Blutung.


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Lagerung von Blutprodukten und deren Wirkung

Eine Sitzung des "Scientific Committee on Transfusion Medicine" beschäftigte sich mit den Auswirkungen der Lagerung von Blutprodukten und den damit möglicherweise assoziierten unerwünschten Wirkungen. E. Hod, Columbia University Medical Center, New York, ging insbesondere auf die rasche Freisetzung von Eisen nach Transfusion gelagerter Erythrozyten ein und zeigte, dass dabei die Bindungskapazität der pyhsiologischen Eisentransporter überschritten werden kann und Nicht-Transferrin-gebundenes Eisen zirkuliert. In Tiermodellen zeigte er, dass dies zu einer proinflammatorischen Zytokin-Antwort und nachteiligem Einfluss auf den Verlauf bakterieller Infektionen führt.

N. Mangalmurti, Universität von Pennsylvania, Philadelphia, fasste die bisherigen Daten zu verstärkten Expression von "advanced glycation end products" (AGEs) auf Erythozyten, z. B. Nε-Carboxymethyl-lysine (Nε-CML) zusammen . Die Wirkung von AGEs wird durch den spezifischen Rezeptor, RAGE, vermittelt. Sie können in Endothelzellen zu verstärkter Produktion von reaktiven Sauerstoffmolekülen führen. Dieser Effekt ist von der Lagerungsdauer der Erythrozyten abhängig. In neuen Tiermodellen zeigte die Arbeitsgruppe, dass es durch Transfusion von Erythrozyten zu einer verstärkten RAGE-Expression in Lungenendothel kam und eine verstärkte Endothelaktivierung auftrat. Die Bedeutung der Expression von RAGE-Liganden auf Erythrozyten und die Bindung an RAGE wird dadurch belegt, dass RAGE-Knockout-Mäuse diesen Effekt nicht zeigen.

Intensiv diskutiert, aber unklar blieb die klinische Relevanz dieser Befunde für die Erythrozytentransfusion beim Menschen. Dies macht die Bedeutung der derzeit in USA und Kanada laufenden prospektiven randomisierten Studien deutlich, welche den Einfluss der Erythrozytenlagerungsdauer auf klinische Endpunkte untersuchen. Vielleicht wird es zu dieser wichtigen Frage bei ASH-2013 in New Orleans schon weitere, wichtige Neuigkeiten geben.

Prof. Dr. med. Hubert Schrezenmeier, Ulm


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Kongresszentrum in Atlanta – Veranstaltungsort des diesjährigen ASH-Meetings (Quelle: H. Schrezenmeier).
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Blick ins Foyer des Kongress-Zentrums. Die "Fight-4-Hematology"-Poster im Hintergrund zeigen eine ASH-Aktivität jenseits des wissenschaftlichen Programms. In einer beispielhaften Kampagne, welche viel Echo in den Medien und der Politik fand, hat sich die American Society of Hematology dafür eingesetzt, dass durch das zum Jahresende 2012 drohende "Fiscal Cliff" die ansonsten eintretenden massiven Konsequenzen auch für alle durch das National Institute of Health geförderten Projekte möglichst vermieden oder gemildert werden (Quelle: H. Schrezenmeier).