Dtsch Med Wochenschr 2013; 138(17): 895-901
DOI: 10.1055/s-0033-1343122
Übersicht | Review article
Rehabilitation, Onkologie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Innovative individualisierte Rehabilitationskonzepte in der Onkologie

Innovative individualized rehabilitation concepts in oncology
M. A. Reuss-Borst
1   Klinik Am Kurpark, Rehazentren Baden-Württemberg, Bad Kissingen
,
S. Wentrock
1   Klinik Am Kurpark, Rehazentren Baden-Württemberg, Bad Kissingen
› Author Affiliations
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Korrespondenz

Prof. Dr. Monika Reuss-Borst
Klinik Am Kurpark, Rehazentren Baden-Württemberg
Kurhausstr. 9
97688 Bad Kissingen
Phone: 0971/919113   
Fax: 0971/919120   

Publication History

01 March 2013

21 March 2013

Publication Date:
16 April 2013 (online)

 

Zusammenfassung

Die onkologische Rehabilitation zielt auf die Verbesserung der körperlichen, psychischen und sozialen Fähigkeiten und Unterstützung bei der Bewältigung der Krankheit („Coping“) ab. Ein wichtiges Ziel ist dabei neben der psycho-onkologischen Therapie die Steigerung der körperlichen Aktivität zur Prävention und Therapie chronischer Krankheiten, insbesondere auch der mit steigender Überlebensrate an Bedeutung zunehmenden Folge- und Begleiterkrankungen. Immer mehr Beobachtungsstudien weisen außerdem darauf, dass körperliche Aktivität auch die Prognose der Krebserkrankung günstig beeinflussen kann. Die beste Evidenz besteht dabei bislang für das (Hormonrezeptor-positive) postmenopausale Mamma-Karzinom. Eine nachhaltige Lebensstilmodifikation ist bislang oft nur schwer erreichbar. Langfristig angelegte, interdisziplinäre Rehabilitationskonzepte, deren Ziel eine intensive und nachhaltige Steigerung der körperlichen Aktivität ist, scheinen bei Brustkrebspatientinnen ein erfolgversprechender Ansatz zu sein und werden durch das hier vorgestellte Studienkonzept exemplarisch erläutert.


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Abstract

The prime objective of oncological rehabilitation is the improvement of physical, psychological and social abilities and of coping strategies. Besides psycho-oncological treatment one important goal of rehabilitation is the increase of physical activity for prevention and treatment of chronic diseases, in particular since with rising survival rates of cancer patients concomitant diseases get more important. In addition, there is growing evidence from several cohort studies that physical activity has a positive impact on the individual prognosis of disease. The best evidence exists so far for the (hormone-receptor positive) postmenopausal breast cancer patient. However, sustainable life style modifications are hard to achieve in daily life. Interdisciplinary rehabilitation concepts oriented towards the long term that aim at intensively and sustainably increasing physical activities in cancer patients seem to be a promising concept. Exemplary experiences in breast cancer patients are presented in this article.


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Aktuelles bio-psycho-soziales Modell der Rehabilitation

Alle modernen Definitionen der Rehabilitation basieren auf der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) der WHO (2001). Derzufolge ist die funktionale Gesundheit das zentrale Ziel aller therapeutischen Bestrebungen [40]. Durch den Begriff der „funktionalen Gesundheit“ erweitert sich der Begriff von einer rein bio-medizinischen Betrachtungsweise von Gesundheit mit einem ausschließlichen Fokus auf Körperstrukturen und -funktionen (entsprechend der Klassifikation nach der ICD) auf die Ebene des Patienten/Rehabilitanden als handelndes Subjekt (Aktivitäten), das in Gesellschaft und Umwelt aktiv eingebunden ist (Teilhabe). Inwieweit Aktivitäten und Teilhabe in der Realität umsetzbar sind, hängt auch entscheidend von persönlichen, psychischen und sozialen sowie umweltbedingten Kontextfaktoren ab (Abb.  [ 1 ]).

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Abb. 1 Theoriemodell der onkologischen Rehabilitation.

Rehabilitation sollte daher immer den gesamten individuellen Lebenshintergrund einbeziehen. Kontextfaktoren können sich positiv (Förderfaktoren: z. B. Motivation, soziale Unterstützung, „gebraucht werden“) oder negativ (Barrieren: z. B. hohe Arbeitslosenrate, „soziale Hängematte“) auf den Erfolg einer Rehabilitation auswirken und sind nur teilweise zu beeinflussen.


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Aktuelle Entwicklungen in der Onkologie – Konsequenzen für die Rehabilitation

Die Zahl jährlich neu auftretender Krebserkrankungen in Deutschland hat von 1980 bis 2006 um 35 %, bei Männern um mehr als 80 % zugenommen. Dies ist in erster Linie auf die demographische Entwicklung und die bevorzugte Manifestation von Krebserkrankungen in höherem Alter zurückzuführen. Fast jeder zweite Mann und jede dritte Frau muss damit rechnen, im Laufe des Lebens an einem Tumor zu erkranken.

Erhebliche Fortschritte in der Tumortherapie und intensivierte Früherkennungsmaßnahmen führten zu einer deutlichen Abnahme der altersadjustierten Mortalität und damit zu steigenden relativen Überlebensraten. So hat sich in den letzten Jahren bei einer Reihe von Krebserkrankungen die 5-Jahres-Überlebensrate deutlich verbessert: z. B. Mamma-Karzinom, Lymphome, Hoden-Karzinome. Manche, früher rasch tödlich verlaufende Erkrankung (wie z. B. die chronische myeloische Leukämie) ist in den letzten Jahren zu einer chronischen Erkrankung geworden, mit der der Patient über viele Jahre leben kann. Die Konsequenzen dieser positiven Entwicklung werden im folgenden näher ausgeführt. Sie werden in den nächsten Jahren zunehmend Beachtung finden müssen.

kurzgefasst

Die Zahl der Krebsneuerkrankungen steigt. Dies ist vor allem auf die erhöhte Lebenserwartung zurück zu führen. Fortschritte in der Früherkennung und Therapie von Tumor- erkrankungen führen dazu, dass sich die Überlebensraten stark verbessert haben.

Psychosoziale Langzeitfolgen von Krebs werden an Bedeutung weiter zunehmen

Die Zahl der sogenannten Krebs-Langzeitüberlebenden („Cancer Survivors“) nimmt auch in Deutschland kontinuierlich zu. Insgesamt leben heute über 50 % aller Krebspatienten noch 5 Jahre nach Diagnose. Das Robert Koch-Institut geht derzeit von ca. 3 Millionen Menschen in Deutschland aus, bei denen die Diagnose schon mehr als 10 Jahre zurückliegt [15].

In den USA leben derzeit mehr als 12 Millionen Krebs-Langzeitüberlebende. Etwa 20 % von ihnen hatten Brustkrebs, von den weiblichen Betroffenen ist es fast jede Zweite, die an Brustkrebs erkrankt war (41 % [38]). Fast alle Krebs-Langzeitüberlebenden leiden über Jahre bis teilweise Jahrzehnte an psychischen und physischen Symptomen als Folge der Grunderkrankung und/oder Nebenwirkungen der Therapie [35]. So berichten bis zu 60 % der Krebsüberlebenden über depressive Symptome im Vergleich zu 7 % der Normalbevölkerung [27]. Andere psychische Co-Morbiditäten, Fatigue sowie Einschränkungen der gesundheitsbezogenen Lebensqualität werden auch Jahre nach der Erkrankung noch von bis zu 50 % der Patienten berichtet [19] [25] [37].

Bei einer steigenden Überlebensrate wird zwangsläufig auch die berufliche Re-Integration von Tumorpatienten in den nächsten Jahren stärker in den Fokus rücken. Schon heute erkranken 45 % der Männer und 57 % der Frauen in Deutschland im erwerbsfähigen Alter. Aber bislang kehren beispielsweise nur 59 % der Mamma-Karzinom-Patientinnen in Deutschland in ihren Beruf zurück, während dies in den USA ca. 80 % sind. Dies ist letztlich durch umweltbedingte Kontextfaktoren zu erklären (unterschiedliche soziale Sicherungssysteme in den verschiedenen Staaten) [32]. Tumorpatienten, die in den Beruf zurückkehren möchten, sind oft mit einer Reihe von Problemen konfrontiert. So haben kurativ therapierte Krebspatienten ein um 37 % höheres Risiko, arbeitslos zu werden als gesunde Personen [6]. Einer kürzlich von Mehnert et al. publizierten Metaanalyse zufolge kehren zwar 63,5 % aller Patienten wieder in ihren Beruf zurück, müssen teilweise aber erhebliche finanzielle Einbußen sowie Arbeitsplatzwechsel etc. in Kauf nehmen [26].

kurzgefasst

Die Zahl der Krebs-Langzeitüberlebenden nimmt zu. Sie leiden oft an psychischen und physischen Folgen der Krebserkrankung, die die Lebensqualität der Betroffenen erheblich einschränken. Die Re-Integration in den Beruf ist schwierig.


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Nebenwirkungen und Langzeitfolgen der Therapie müssen stärker berücksichtigt werden

Neben den psychosozialen Folgen der Krebserkrankung werden in den nächsten Jahren auch die durch Krankheit- und/oder aggressive Therapie-Schemata bedingten Folgeschäden größere Beachtung finden müssen. Dies sind beim Mamma-Karzinom zum Beispiel:

  • durch Medikamente wie Taxane induzierte Parästhesien (Neurotoxizität),

  • Kardiomyopathien durch Herceptin und Anthrazykline (Kardiotoxizität) sowie

  • funktionelle Einschränkungen z. B. der Kognition.

Erkrankungen wie z. B. die Osteoporose beim Mamma-Karzinom als Folge der zytoreduktiven Therapie und auch Therapienebenwirkung z. B. der Aromatasehemmer werden bei Krebs-Überlebenden häufiger werden und letztlich auch zu einer Zunahme von Frakturen führen [31].

Vor allem kardiovaskuläre Erkrankungen treten nach Krebsdiagnose – auch therapiebedingt – deutlich häufiger als bei Normalpersonen auf. In einer großen Kohortenstudie von Brustkrebspatientinnen über 12 Jahre nach Diagnose waren kardiovaskuläre Erkrankungen häufiger die Todesursache (15,9 %) als die Krebserkrankung (15,1 %). Kardiovaskuläre Erkrankungen erhöhten in dieser Untersuchung die Gesamtmortalität (RR 1,87) und die Brustkrebs-spezifische Mortalität (RR 1,24). Bei nur 25,5 % der Frauen, die an einer kardiovaskulären Erkrankung starben, war diese zum Zeitpunkt der Mamma-Karzinom-Diagnose als Komorbidität bekannt. Neumanifestation von kardiovaskulären Erkrankungen als Folge der adiuvanten Chemotherapie und Bestrahlung und die „Unter-Diagnose“ von kardiovaskulären Begleiterkrankungen bei Krebs-Patienten, bei denen durch die vermeintlich tödliche Diagnose Krebs die Diagnose und Therapie von Begleiterkrankungen vernachlässigt wird, könnten erklären, dass Komorbiditäten gerade bei Krebspatienten oft noch zu wenig berücksichtigt werden [28]. Dies gilt auch für andere Begleiterkrankungen. So ist ein vorbestehender Diabetes mellitus bei Brustkrebs-Patientinnen beispielsweise mit einer erhöhten Therapietoxizität, aber auch reduzierter Überlebensrate assoziiert [29].

Brustkrebs-Patientinnen mit 3 oder mehr Komorbiditäten haben ein 20-fach höheres Risiko, an einer anderen Ursache als Brustkrebs zu sterben als Patientinnen ohne Begleiterkrankungen [34]. Ein Großteil der Patientinnen mit Brustkrebs ist übergewichtig [30] und nimmt oft auch therapiebedingt sowie durch Abnahme der körperlichen Aktivität nach Diagnose an Gewicht zu. Gewichtszunahme während und nach Therapie ist mit einer höheren Rezidivrate sowie verminderter Überlebensrate assoziiert [22].

Viele dieser Begleiterkrankungen sind sehr gut therapierbar und vor allem durch Steigerung der körperlichen Aktivität prognostisch und therapeutisch gut zu beeinflussen (Tab.  [ 1 ]).

Tab. 1

Langzeit-Folgen einer (Brust)Krebserkrankung.

1. Psychische Folgen

  • Angst und Depression

  • Schlafstörungen

  • Gesteigerte Selbstbeobachtung

  • Verlust des Selbstwertgefühls

  • Rezidivangst

  • Fatigue

2. Soziale Folgen

  • Soziale Isolation und Vereinsamung

  • Berufliche/finanzielle Nachteile

  • Arbeitslosigkeit

3. (Funktionelle) Einschränkungen durch Krankheit/Therapie

  • Schmerzen

  • Parästhesien

  • Kognitive Funktionseinschränkungen

  • Sexuelle Funktionsstörungen/Infertilität

  • Lymphödeme

  • Arthralgien

  • Verminderung der körperlichen Fitness

4. Folgeerkrankungen

  • Osteoporose

  • Metabolisches Syndrom

  • Diabetes mellitus

  • Kardiovaskuläre Erkrankungen (KHK, CMP)

  • Sekundärtumoren

kurzgefasst

Bei Krebspatienten werden Ko-Morbiditäten häufig noch zu wenig berücksichtigt. Ko-Morbiditäten – ob therapiebedingt oder bereits vor der Krebsdiagnose bestehend – erhöhen das Mortalitätsrisiko der Patienten.


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Steigerung der körperlichen Aktivität als zentrales Rehabilitations-Ziel

Die onkologische Rehabilitation zielt auf die Verbesserung der körperlichen, psychischen und sozialen Funktionsfähigkeit und Unterstützung bei der Bewältigung der Krankheit („Coping“) ab. Ein wichtiges Ziel ist dabei, die Steigerung der körperlichen Aktivität zur Prävention und Therapie chronischer Krankheiten, insbesondere auch der mit steigender Überlebensrate an Bedeutung zunehmenden Folge- und Begleiterkrankungen.

Darüber hinaus wissen wir heute, dass Lebensstilfaktoren wie z. B. körperliche Inaktivität ein Risikofaktor für Mamma-Karzinome [10] [11] oder kolorektale Karzinome und Pankreaskarzinome [33] sind. Epigenetischen Einflüssen auf die Krebsentwicklung (z. B. durch körperliche Aktivität) kommt somit eine wichtige, lange Zeit (zu) wenig beachtete Bedeutung zu.

Immer mehr Beobachtungsstudien weisen jedoch darauf hin, dass körperliche Aktivität nicht nur primärpräventiv wirkt, sondern auch die Prognose der Krebserkrankung günstig beeinflussen kann. Die beste Evidenz besteht dabei bislang für das (Hormonrezeptor-positive) postmenopausale Mamma-Karzinom und für kolorektale Karzinome.

Holmes et al. [14] beobachten in einer prospektiven Kohortenstudie mit 2987 Mamma-Karzinom-Patientinnen, dass durch 9–14 MET-h/Woche körperlicher Aktivität im Vergleich zur Inaktivität (< 3 MET-h/Woche) die Gesamtmortalität um 50 % reduziert werden konnte. Dieser Effekt war Dosis-abhängig, d. h. bei aktiveren Frauen ausgeprägter als bei weniger aktiven. Den größten Nutzen hatten Patienten mit mindestens 3–5 Stunden körperlicher Aktivität (z. B. zügiges Walking) in der Woche, was einem Gesamtenergieumsatz von mind. 9 MET-h/Wo entspricht.

Ein metabolisches Äquivalent (MET = Metabolic Equivalent of Task) entspricht dabei einem Energieumsatz von 1 kcal (4,2 kJ) pro kg Körpergewicht/h und damit dem Ruheumsatz. Der Energieverbrauch unterschiedlicher Aktivitäten kann durch Angabe von MET miteinander verglichen werden. Die Angabe als MET-Stunde gibt den Energieverbauch pro Stunde während körperlicher Aktivitäten als ein Vielfaches des Ruheenergieumsatzes an (z. B. Gehen à 3 km/h entsprechen 2 MET, Walken mit 6 km/h entsprechen 5 MET, Joggen 8 MET über jeweils 60 min).

Irwin et al. [18] berichten gar über ein um 67 % reduziertes Mortalitätsrisiko bei körperlich aktiven (mind. 9 MET-h/Wo) Frauen nach Diagnose und auch Holick et al. [13] konnten zeigen, dass durch körperliche Aktivität das Risiko, an einem Mamma-Karzinom zu sterben um ca. 45 % reduziert wird. Auch in dieser Studie nahm mit zunehmender körperlicher Aktivität (gemessen in MET) die krebsspezifische sowie die Gesamt-Mortalität ab. In der Mehrheit der Studien zum Mamma-Karzinom war der beobachtete Effekt Dosis-abhängig und vor allem für das postmenopausale Hormonrezeptor-positive Karzinom nachweisbar.

Eine Vielzahl von Studien und Meta-Analysen haben in den letzten Jahren zudem die positiven Effekte einer moderaten körperlichen Aktivität bei Brustkrebsüberlebenden auf Lebensqualität, Fatigue, Depression, kardiovaskuläre Fitness, Körperzusammensetzung, Muskelkraft, aber z. B. auch kognitive Defizite eindeutig belegt [3] [4] [5] [8] [9] [12] [17] [20] [21] [39] (Tab.  [ 2 ]).

Tab. 2

Positive Effekte von körperlicher Aktivität/Sport.

1. Körperliche Effekte

  • Steigerung der kardiopulmonalen Fitness

  • Zunahme der muskulären Leistungsfähigkeit

  • Besserung der Fatigue-Symptomatik

  • Gewichtsreduktion

2. Psycho-soziale Auswirkungen

  • Steigerung der mentalen Fitness/kognitiven Fähigkeiten

  • Abnahme von Angst und Depression

  • Zunahme der Lebensqualität

  • Abnahme von Isolation und Einsamkeit

  • Bessere Krankheitsbewältigung („Coping“)

  • Informationsaustausch

  • Zunahme der Selbstständigkeit, Selbstachtung, Körpergefühl

3. Biologische Effekte

  • Anti-inflammatorische Wirkungen (Il-6, TNF-alpha)

  • Vermehrte Produktion von Wachstumsfaktoren (IGF-1, VEGF)

  • Veränderungen der Adipozytokine (Leptin, Adiponektin)

  • Veränderung der Konzentration von Hormonen (Östrogene, Cortisol)

  • Verbesserte Funktion des Immunsystems (NK-Zell Aktivierung)

  • Reduzierte Zellalterung (Telomerase-Aktivität)

Aufgrund der Vielzahl vorliegender Studien hervorragender Qualität kann Sport bei Tumorpatienten als sicher und effektiv erachtet werden; die beste Evidenz besteht derzeit aufgrund der umfangreichen Datenlage für das Mamma-Karzinom [36].

kurzgefasst

Sport bei Tumorpatienten ist sicher und effektiv. Er hilft, die Krankheit zu bewältigen, steigert die körperliche Fitness und lindert Depressionen. Auch auf die Prognose der Krebserkrankung wirkt sich körperlich Aktivität positiv aus.


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Individualisierung statt Standardisierung – der Schlüssel zum Erfolg?

Der Sport- und Bewegungstherapie kommt daher in der multimodalen Rehabilitation von Tumorpatienten neben der psychoonkologischen Therapie seit Jahren eine entscheidende Bedeutung zu [1]. Allerdings muss kritisch hinterfragt werden, ob und wie es gelingen kann, langfristig Patienten zu einem aktiveren Lebensstil zu motivieren. Durch die Erkrankung und Therapie nimmt die körperliche Aktivität zunächst deutlich ab, wie kürzlich in einer Untersuchung bei 1067 deutschen postmenopausalen Brustkrebspatientinnen gezeigt wurde [16].

Eine Rehabilitation nach Krebserkrankung ist daher grundsätzlich eine geeignete Maßnahme, eine Lebensstilmodifikation einzuleiten, bietet die Krebserkrankung doch eine „zweite Chance“ für viele Betroffene, ihr Leben neu zu justieren [7]. Allerdings scheinen herkömmliche Rehabilitationsverfahren von fixer 3-wöchiger Dauer mit vorgegebenen Therapiestandards (meist Gruppentherapien) eher weniger geeignet, eine langfristige Änderung des Verhaltens unter besonderer Berücksichtigung der individuellen Ko-Morbiditäten, persönlichen Vorerfahrungen und individueller Ziele zu erreichen.

Am Beispiel eines in unserer Klinik in Zusammenarbeit mit der Deutschen Sporthochschule Köln erarbeiteten Studienkonzeptes mit Brustkrebspatientinnen möchten wir exemplarisch darlegen, wie eine langfristige Steigerung der körperlichen Aktivität u. E. am ehesten zu erreichen ist.

Die Behandlung von Brustkrebs-Patientinnen erfolgt in den Reha-Kliniken in der Regel nach dem DRV-Therapie-Standard Brustkrebs (ETM KTL 2007). Schwierig gestaltet sich dabei die langfristige Umsetzung von Reha-Aktivitäten in den Patienten-Alltag. Eine Individualisierung der Therapien unter Klinikbedingungen sollte es erleichtern – so unsere Hypothese – neue Gewohnheiten im Alltag nachhaltig zu implementieren. Diese Individualisierung kann im Bewegungsbereich sehr gut umgesetzt werden (Sport-, Trainings- und Physiotherapie). Es gilt, die Motivation zu günstigem Alltagsverhalten zu erarbeiten oder wieder zu beleben.

Somit müssen die Patientinnen zuerst nach ihren häuslichen und persönlichen Gepflogenheiten, Vorlieben, nach sportlichen Vorerfahrungen und Aktivitätsmöglichkeiten am Heimatort gefragt werden. Dazu werden Fragebögen zur Lebensqualität, Fatigue und zur körperlicher Aktivität sowie ein spezieller klinikeigener Eingangsfragebogen zu aktuellem Allgemeinzustand, körperlichen Betätigungen in der Vorgeschichte, einzelnen Belastungsnormativa (Dauer, Häufigkeit, Intensität) und Möglichkeiten des zeitlichen Aufwands nach der Rehabilitation im Alltagsverlauf („mögliche Termine“) angewendet. Zusätzlich werden Angaben zur persönlichen Interessenlage an unterschiedlichen körperlichen Aktivitäten und einem denkbaren Wochenrhythmus sowie zur Einschätzung der momentanen allgemeinen Belastbarkeit mittels Borg-Skala [2] für die Planung erhoben.

Mit einem anschließenden „Kardio-Eingangstest“ (submaximaler Fahrradergometer-Belastungstest nach WHO-Schema IPN /Köln 2004) werden die aktuelle Leistungskennziffer Watt/kg Körpergewicht und empfohlene momentane Trainings-/Übungs-Herzfrequenzen für gezielte ausdauernde Betätigung ermittelt.

Diese recht umfangreichen Erhebungen zum Zeitpunkt des Reha-Beginns dienen der individuellen Zieldefinition, Erarbeitung von Trainingsplänen und Verlaufskontrollen. Sie werden zum Abschluss der drei Reha-Wochen sowie nach 4 und 8 Monaten wiederholt. Ein sogenanntes MET-Armband (Sense Wear Pro) dient zur Ermittlung des persönlichen Energieumsatzes als metabolische Einheiten (MET). Dabei wird auf Körper- (u. a. Temperatur- und Impedanzmessungen) sowie Bewegungsdaten per biaxialem Akzelerometer zurückgegriffen. Diese Messwerte werden zu jedem Messzeitpunkt mit den Probandinnen besprochen und dienen der Belastungssteuerung bei unterschiedlichen Aktivitäten.

Im eher kardial orientierten und weit umspannenden Ausdauerbereich (je nach Präferenz Spazierengehen, Wandern, Walken, Nordic Walken, Joggen, Schwimmen etc.) wird zunächst die Erreichung von grundlegenden Belastungskennziffern von mindesten 30 Minuten leichter Anstrengung angestrebt [13]. Endziel ist das Erreichen einer mindestens 60-minütigen Belastungsdauer, um damit MET-Stunden besser abschätzen zu können und dann leichter eine individuelle Wochensumme MET/h zu bestimmen. Hier gelten nach derzeitiger Datenlage 15–25 MET-h/Woche als erstrebenswert und ein Mindestmaß von mehr als 9 MET-h/Woche als notwendig. Als Zielbereich wird deshalb entsprechend individueller Belastungsverträglichkeit ein energetischer Umsatz von mindestens 15 MET-h pro Woche angestrebt.

Das sich zur Thematik „Kraft“ anbietende Ziel der Belastungsdauer wurde ähnlich definiert und auf 30 bis 60 Minuten fixiert. In der Klinik wird seit Jahren mit der Methode der Lastbestimmung durch eine erste Serie mit versuchten 20 Wiederholungen trainiert, die dann im weiteren Training bis zu 20mal in bis zu 3 Serien pro Übungseinheit bewältigt werden sollen. Trainiert wird an 3–6 Stationen 2–4 mal wöchentlich. Das geschieht tagesformabhängig ebenso für Mamma-Karzinom-Patientinnen. Auf die Möglichkeit, die Serie wegen aktueller Überlastung abzubrechen, werden die Patientinnen hingewiesen. Zur Bewertung des subjektiven Belastungsempfindens wird die sogenannte Borg-Skala der RPE-Werte (Received Perception of Exertion) herangezogen. Bei der Skalierung von Intensitätsbereichen zu subjektiven Einschätzungen der Kraftbelastung wird dem Wort „anstrengend“ eine Stufe bis 70 % Maximalkraft mittels einer modifizierten RPE-Skala zugeordnet. Wir gehen heute beim Kraftausdauertraining von „anstrengend“ = Borg 14–15 als Pausen- bzw. Abbruchkriterium aus. Diese Herangehensweise ähnelt den sportmedizinischen Trainingsempfehlungen, die gutes Anstrengungsempfindungen mit 11–13 RPE und den Grenz-Wert 14 explizit beim Ausdauertraining als nicht zu überschreiten nennen [23]. Im anderen Fall sind auch die Erhöhung der Zahlen auf bis 25 Wh (Wh = Wiederholungen) pro Serie und der Serien auf bis 4 in einer Einheit bei entsprechende aktueller Einschätzung im Klinikbetrieb gut handhabbar. Borg-Skalenwerte als Hilfsmittel zur einfachsten Belastungseinschätzung durch die Patienten und deren guten Aktivitätssteuerung gleich welchen Niveaus haben sich zwischenzeitlich etabliert [24].

Zusätzlich zu den KTL-orientierten Rehabilitationsinhalten (KTL = Katalog therapeutischer Leistungen) wird der abgesprochene individuelle Trainingsplan (ITP) mit Angaben zu Aktivität, Zeitpunkt, Dauer und Intensität von den Patientinnen variabel umgesetzt. Diese Variabilität bezieht sich auf den konkreten zeitlichen Einsatz ihres Trainings innerhalb des Reha-Tagesplanes und die Steuerung der Belastung entsprechend ihres aktuellen Befindens. Als zusätzliches Hilfsmittel wird gebeten, ein Bewegungstagebuch in einfachster Form zu führen (Datum, Uhrzeit Aktivitätsart, Dauer, Einschätzung zur Anstrengungsempfinden, evtl. km-Angaben).

In der kombinierten Anwendung standardisierter und individueller Therapieelemente liegt ein pädagogisches Lernfeld zur Bewältigung von Unwägbarkeiten nach der stationären Reha für die Patientinnen, das Selfmanagement forderte. Sie werden angehalten, eigenverantwortlich über Aktivitäten in ihrem Tagerhythmus zu entscheiden.

Nach 10 Tagen werden individuelles Befinden, Stand der Umsetzung der geplanten Aktivitäten, Schwierigkeiten und Anpassungsmöglichkeiten sowie Sicherheit bei der Einschätzung von Intensitäten/Anstrengung evaluiert. Meist stellen die Patientinnen dabei auch methodische Fragen.

Am Ende des Reha-Aufenthaltes wiederholt sich das Procedere mit Fragebögen und allen Tests; die Ergebnisse werden während der Abschlussberatung in den individuellen Trainingsplan (Vorschläge zu Aktivitäten, Häufigkeiten pro Woche, Dauer, Anstrengungsempfinden) eingearbeitet. Dieser Rahmenplan für zu Hause ist für 4 Monate methodisch so aufbereitet, dass stufenweise Belastungsprogressionen mit den o. a. avisierten Zielen realisierbar scheinen. Auch dieser Plan wird mit einem Trainingstagebuch kombiniert, wie er schon aus der Klinik bekannt ist. Abschließend wird ein telefonischer Kontakt vereinbart.

Nach ca. 4 Wochen in häuslicher Umgebung erfolgt ein Telefoncoaching, dessen Inhalte sich zum einen standardisieren lassen (Abfrage zu Befinden, Wochenverlauf, Arbeit und anderen Aufgaben, Umsetzung von Trainingsvorhaben) und zum anderen individuelle Themen und Beratung beinhalten. Dieser Kontakt wird gern angenommen und von den Patientinnen oft als einer der entscheidenden Punkte bei der Etablierung ihrer häuslichen Bewältigungsstrategie bezeichnet.

In den sogenannten Etappenwochen nach 4 und 8 Monaten erfolgt nochmals die gleiche Diagnostik wie zu Beginn der Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik. Die Ergebnisse werden mit den Patientinnen besprochen, ihre Tagebücher analysiert und ein aktueller Klinik-Wochentrainingsplan gemeinsam erarbeitet. Jeweils nach dem Aufenthalt erstellen wir weitere längerfristige Trainingspläne.

Die Systematik des Aufbaus einer individuellen Belastungsverträglichkeit, beginnend mit dem ersten stationären Reha-Tag und der weiteren Betreuung aus der Ferne hat sich als gut praktikabel erwiesen. Folgende Faktoren scheinen dabei für die intrinsische Motivation und Therapieadhärenz von entscheidender Bedeutung: die Auswahl eigener Aktivitäten mit einem verstandenem Mindestmaß an Energieaufwand, die einfache Belastungssteuerung über den Anstrengungsgrad, Dauer und Häufigkeit, gemeinsame erste Erfolgserlebnisse der Probanden in der Klinik.

Die Umsetzung eines solchen Konzeptes in der Klinik erfordert ein höheres Maß zeitlicher Ressourcen und somit letztendlich auch finanzieller Aufwendungen, um Nachhaltigkeit zu sichern. Erste Ergebnisse belegen allerdings, dass es durch ein individualisiertes Vorgehen gelingt, die körperliche (sportliche) Aktivtäten über einen Verlauf von 8 Monaten deutlich zu steigern (Abb.  [ 2 ]).

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Abb. 2 Körperliche Aktivität bei Brustkrebspatientinnen (n=50) zum Zeitpunkt t0 (Rehabeginn), t1 (nach 4 Monaten), t2 (nach 8 Monaten).

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Nachhaltigkeit – Umsetzung in den Alltag

Der Transfer rehabilitativer Erfolge in den Alltag bleibt weiterhin eine Herausforderung für alle Akteure des Systems. Ein entscheidender Erfolgsfaktor ist aus unserer Sicht die zunehmende Individualisierung und Flexibilisierung der Rehabilitation. Das betrifft nicht nur die bewilligte Reha-Dauer, sondern auch die Kombination von ambulant-stationären, stationär-ambulanten Verfahren und Nutzung von poststationären Angeboten (ASP, Irena) oder auch sogenannte Etappenwochen.

Ob auch moderne Medien wie Internetforen oder intensives „Telefon-Coaching“ zum nachhaltigen Therapieerfolg einen positiven Beitrag leisten können, wird derzeit in mehreren Studien untersucht. Erste Ergebnisse weisen jedoch darauf hin.

Aber auch die flächendeckende Etablierung von Krebssportgruppen kann die Umsetzung eines aktiveren Lebensstils in den Alltag unterstützen. Zwischenzeitlich gibt es eine Reihe weiterer Initiativen wie z. B. das „Rezept für Bewegung“ oder Kooperationen in verschiedenen Bundesländern mit Landessportverbänden und medizinischen Fachgesellschaften, um Betroffene zu informieren und bestehende Netzwerke zu nutzen bzw. zu intensivieren.

kurzgefasst

Die Integration der in der Reha erzielten Erfolge in den Alltag bleibt eine Herausforderung. Je individueller und flexibler Rehabilitation gestaltet wird, umso höher sind die Erfolgsaussichten.


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Die zentrale Rolle des Hausarztes für eine erfolgreiche Lebensstilmodifikation nach Krebs

Bis in die 1980er Jahre wurde Tumorpatienten während der Akuttherapie und im weiteren Verlauf körperliche Schonung empfohlen. Körperliche Aktivität und Sport wurden vielfach als schädlich für die Patienten erachtet. Heute ist diese Meinung obsolet; den Betroffenen wird idealerweise bereits während der onkologischen Therapie ausreichende körperliche Aktivität/Sport empfohlen [36]. Daher ist es entscheidend, dass der Hausarzt, der den Patienten häufig über Jahrzehnte kennt und ihn auch während und nach der onkologischen Therapie begleitet, über die aktuellen Entwicklungen und neuesten Forschungsergebnisse informiert ist, die oftmals noch nicht ausreichend kommuniziert sind.

Der Hausarzt nimmt im Nachsorgekonzept onkologischer Patienten in vieler Hinsicht eine wichtige Lotsenfunktion wahr. Er ist für die meisten Patienten die erste Anlaufstelle. Frühzeitige Information über die Möglichkeit einer Rehabilitation bei Krebsdiagnose und über die Bedeutung von körperlicher Aktivität zur Prävention/Therapie von Begleit- und Folgeerkrankungen sowie auch z. B. beim postmenopausalen Mamma-Karzinom individueller Prognose sind dabei entscheidend, um Veränderungen im Verhalten des Patienten anzustoßen. Dabei scheint der Zeitpunkt nach Diagnose einer Krebserkrankung ein günstiger Moment zu sein, um auch nachhaltige Veränderungen zu initiieren. Koninuierliche Motivation des Patienten, die während der Rehabilitation angeschobenen Veränderungen von Verhaltensmuster auch langfristig in den Alltag umzusetzen sind u. E. letztlich unabdingbar für den langfristigen Erfolg aller Rehabilitationskonzepte. Da der Hausarzt Kontextfaktoren (Sportangebote am Wohnort, berufliche Hemmnisse etc.) am besten kennt, sollte er idealerweise in das langfristige Umsetzungskonzept eingebunden werden.

Wie bei vielen anderen „chronischen Therapien“ ist die Therapieadhärenz die entscheidende Determinante für den Erfolg. Allein das Interesse an den sportlichen Aktivitäten des Patienten, an individuellen Erfolgserlebnissen – objektiv (z. B. Gewichtsreduktion, geringerer Medikamentenverbrauch) oder subjektiv (z. B. bessere Stimmung, erfolgreiche Teilnahme an einem Sportwettbewerb etc.) – sind für den langfristigen Erfolg entscheidend. Dabei erfordert die einfache Abfrage nach energierelevanten (sportlichen) Aktivitäten des Patienten (Wie oft? Wie lange? Wie anstrengend?) nur wenig Zeit und gibt dem Arzt einen raschen Überblick über die tatsächliche körperliche Aktivität bzw. Energieumsatz.

kurzgefasst

Der Hausarzt hat in der Nachsorge der Patienten mit Krebserkrankungen eine entscheidende Rolle. Er ist die erste Anlaufstelle für Fragen und er kann sich immer rasch und ohne viel Aufwand einen Überblick über die körperliche Aktivität der Patienten verschaffen.


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Schlussfolgerung

Mit einer steigenden Zahl von Krebs-Langzeitüberlebenden gewinnt die Prävention und Therapie von Folgeerkrankungen sowie psychosozialen Folgen der Erkrankung an Bedeutung.

Zum richtigen Zeitpunkt initiiert, richtig dosiert und individuell an den jeweiligen Trainingszustand adaptiert sind die Effekte von körperlicher Aktivität zur Prävention und Therapie einer Vielzahl von chronischen Krankheiten zwischenzeitlich vielfach belegt. Dies gilt auch und insbesondere für Krebserkrankungen und deren Begleit-/Folgeerkrankungen, wie eine Reihe auch qualitativ hochwertiger Studien in den letzten Jahren zeigen konnten.

Dabei sind die Effekte körperlicher Aktivität in vielen Studien Dosis-abhängig. Dies bedeutet für den individuellen (oft weitgehend inaktiven) Patienten, dass er mittels eines individuellen Trainingsplans idealerweise „trainiert“ werden muss, um seine Belastungskapazität deutlich und langfristig zu steigern. Die Rehabilitation nach Krebserkrankung stellt dabei einen geeigneten Zeitpunkt dar, ein solches Training zu beginnen.

Um einen langfristigen Therapieerfolg zu sichern, sind innovative Rehabilitationskonzepte notwendig, die individuelle Belange stärker berücksichtigen, einen nachhaltigen Ansatz (über 3 Wochen Reha) hinaus verfolgen und möglichst Sektoren-übergreifend wirksam sind. Dem Hausarzt kommt dabei als demjenigen, der Krebs-Langzeitüberlebende letztlich auch langfristig begleiten wird, eine wichtige Rolle im Therapie-Setting zu.

Konsequenz für Klinik und Praxis
  1. Die Zahl der Krebs-Langzeitüberlebenden wird in den nächsten Jahren kontinuierlich zunehmen.

  2. Neben den psychosozialen Langzeit-Folgen werden (vor allem kardiovaskuläre) Begleit- und (therapiebedingte) Folgeerkrankungen verstärkt im therapeutischen Fokus stehen.

  3. Durch Steigerung der körperlichen Aktivität können viele chronische Krankheiten verhindert bzw. therapiert, aber die individuelle Tumorprognose günstig beeinflusst werden.

  4. Individualisierte, langfristig ausgerichtete Rehabilitationskonzepte können Krebs-Patienten bei der Umsetzung eines aktiveren Lebensstil, insbesondere trainingsbasierte Steigerung der körperlichen Aktivität unterstützen wie hier beispielhaft für Mamma-Karzinom-Patientinnen gezeigt.

Danksagung: Die Autoren bedanken sich bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg für die Unterstützung bei der Umsetzung dieses Konzeptes.


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Autorenerklärung: Die Autoren erklären, dass sie keine finanzielle Verbindung mit einer Firma haben, deren Produkt in diesem Beitrag eine Rolle spielt (oder mit einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt).

  • Literatur

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  • 3 Brown JC, Huedo-Medina TB, Pescatello LS et al. Efficacy of exercise interventions in modulating cancer-related fatigue among adult cancer survivors: A meta-analysis. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 2011; 20: 123-133
  • 4 Brown JC, Huedo-Medina TB, Pascatello LS et al. The Efficacy of Exercise in Reducing Depressive Symptoms among Cancer Survivors: A Meta-Analysis. PLOS One e30955.doi: 7 DOI: 10.1371/journal.pone.0030955.
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Korrespondenz

Prof. Dr. Monika Reuss-Borst
Klinik Am Kurpark, Rehazentren Baden-Württemberg
Kurhausstr. 9
97688 Bad Kissingen
Phone: 0971/919113   
Fax: 0971/919120   

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Abb. 1 Theoriemodell der onkologischen Rehabilitation.
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Abb. 2 Körperliche Aktivität bei Brustkrebspatientinnen (n=50) zum Zeitpunkt t0 (Rehabeginn), t1 (nach 4 Monaten), t2 (nach 8 Monaten).