Mit „Tarmed“ und den „Swiss-DRGs“ existieren Systeme zur Erfassung und Abrechnung
ambulanter und stationärer Leistungen, die der GOÄ und den DRGs in Deutschland vergleichbar
sind. Jedoch subventioniert der Kanton Genf speziell den stationären Bereich stark
(derzeit Übernahme von ca. 40 % der Kosten).
Abb. 1 Eingangsbereich des Hauptgebäudes des Genfer Universitätsklinikums.
Innerhalb des Genfer Universitätsklinikums ist die Dermatologie Teil der Abteilung
der internistischen Fachdisziplinen und als solche eigentlich eine „Sektion“, wie
z. B. die Kardiologie, Rheumatologie etc. Die Struktur jeder Sektion wird dadurch
verkompliziert, dass die stationären Bereiche sämtlicher Sektionen zu einer Bettenabteilung
zusammengefasst wurden, die organisatorisch und wirtschaftlich eigenständig ist; die
medizinische Zuständigkeit liegt jedoch bei den Fachdisziplinen.
Derzeit verfügt die Dermatologie über 20 vollstationäre Betten, eine Tagesklinik und
eine große Poliklinik. Jährlich werden ca. 10 000 Patienten versorgt, davon ca. 600
stationär. Dafür stehen 16 Planstellen zur Verfügung, davon 5 Oberarzt- und 3 Facharztstellen.
Mehrere Stellen werden derzeit von Kollegen in Teilzeit wahrgenommen, sodass erfahrene
Kräfte für die Leitung von Poliklinik, stationärem Bereich, Dermato-Onkologie, Dermato-Chirurgie,
Dermato-Pathologie und dermatologische Infektiologie zur Verfügung stehen. Diese Fachkompetenz
wird noch verstärkt durch 5 assoziierte Fachärzte mit Verträgen über 10 – 12,5 Arbeitsstunden
pro Woche. Zwei dieser Kollegen verstärken das dermato-chirurgische Team. Je ein Kollege
vertritt die Allergologie, die gynäkologische und die pädiatrische Dermatologie.
Die Konsiliartätigkeit auf dem Campus des Hauptstandortes nimmt einen breiten Raum
ein, ergänzt durch feste Sprechstunden in den beiden weiteren Standorten des Klinikums.
Die beiden Fotopherese-Einheiten der Sektion sind die einzigen der Westschweiz, die
auch von der Dermatologie genutzte Überdruck-Kammer ist sogar ein Alleinstellungsmerkmal
innerhalb des gesamten Landes. Die Überdruck-Kammer in Basel wird privat betrieben
und steht nicht für die allgemeine Patientenversorgung zur Verfügung ([Abb. 2]).
Abb. 2 Anlieferung der Überdruck-Kammer.
Die Genfer Dermatologie führt weiterhin die Venerologie offiziell in ihrem Titel und
vertritt diese wichtige Facette des Faches aktiv auf nationaler Ebene. Erwähnenswert
ist auch die gut etablierte Dermatohistopathologie, vertreten von drei dermatologischen
Kollegen auf Oberarzt- bzw. Facharztniveau.
Von herausragender Bedeutung für die Versorgung der Region ist die gute Zusammenarbeit
mit den niedergelassenen Fachkollegen. Zwar gibt es im Kanton Genf ca. 60 niedergelassene
Dermatologen, allerdings ist nur eine Minderheit medizinisch ausgerichtet. Diese haben
sich offiziell zur „Gruppe Genfer Dermatologen“ zusammengeschlossen, mit der bereits
ein guter Kontakt und reger Austausch besteht.
Die experimentell forschenden Mitarbeiter sind zugleich Angehörige der Abteilung für
Pathologie und Immunologie der medizinischen Fakultät. Im Fakultätskomplex befinden
sich auch die Forschungslabors, was die Kooperation mit den „echten“ Grundlagenforschern
der Fakultät sehr fördert.
Abschließend sind die Bemühungen von Klinikum und Fakultät hinsichtlich einer qualitativ
hochwertigen Weiterbildung hervorzuheben: Assistenten haben das Recht auf je 5 Stunden
strukturierte und nicht-strukturierte Weiterbildung pro Woche, wobei ein Katalog die
Formate für eine strukturierte Weiterbildung streng (und äußerst anspruchsvoll) definiert.
Zusätzlich sind 5 Tage Kongressteilnahmen pro Jahr fester Bestandteil ihrer Verträge.
Aktuelle Entwicklungen
Die Zuschüsse des Kantons sind angenehm, machen aber auch abhängig. Vor dem Hintergrund
angekündigter Subventionskürzungen in den nächsten Jahren hat die Boston Consulting
Group im Auftrag des Klinikums mit „per4mance“ ein Konzept entwickelt, welches neben
Einsparungen auch die gezielte Investition in zukunftstaugliche Konzepte vorsieht.
Kernstück ist die Verlagerung medizinischer Aktivitäten in den ambulanten Bereich
(„ambularisation“). Bei der Implementierung gehört die Dermatologie zu den am stärksten
involvierten Bereichen. Beschlossen ist die Halbierung der Bettenzahl, verbunden mit
dem Verlust mehrerer Stellen im pflegerischen Bereich. Die Direktion des Klinikums
hat sich jedoch offen für Hinweise auf das große Potenzial der Dermatologie im ambulanten
Bereich gezeigt, sodass auf Basis eines von mir zusammen mit dem administrativen Leiter
der Abteilung erstellten Dossiers die Beibehaltung aller Arztstellen trotz Implementierung
von „per4mance“ im Laufe dieses Jahres beschlossen wurde. Zusammen mit der „Vision
2015“, welche neben einem neuen Bettenhaus und Laborkomplex auch die Schaffung zusätzlicher
Forschungsflächen sowie strategische Forschungsschwerpunkte vorsieht, ergeben sich
daraus positive Perspektiven für die Zukunft der Genfer Dermatologie.
Perspektiven
Personell ist die Genfer Dermatologie derzeit gut aufgestellt ([Abb. 3]). Aufgrund der Altersstruktur ist mittelfristig eine gesunde Dynamik absehbar: Jährlich
können 1 – 2 Weiterbildungsassistenten eingestellt werden, dazu sind perspektivisch
aus Altersgründen mehrere Oberarztpositionen neu zu besetzen. Die bekannt guten Arbeitsbedingungen
und Perspektiven führen zu zahlreichen Initiativbewerbungen, ganz überwiegend von
gut bis sehr gut qualifizierten Bewerbern auch aus nicht frankophonen Ländern (erleichtert
durch die flexible Haltung der Klinikumsverwaltung insbesondere im Hinblick auf die
Besetzung wichtiger Funktionen). Oberarztpositionen sind zusätzlich attraktiv, weil
Entfristungen möglich sind und im Fall der Habilitation auch ein Privatliquidationsrecht
besteht. Daneben bieten Klinikum und Fakultät wissenschaftlich ambitionierten Nachwuchskräften
die Möglichkeit, als „wissenschaftlicher Facharzt“ mehrere Jahre schwerpunktmäßig
entsprechend tätig zu sein, ohne die Weiterbildung zu unterbrechen oder die klinische
Tätigkeit vollständig aufgeben zu müssen.
Abb. 3 Das Personal der Genfer Universitäts-Hautklinik.
Als Folge von „per4mance“ gehen zwar stationäre Betten, nicht aber Arztstellen verloren.
Die so frei werdenden Kapazitäten stehen für die ambulante und teil- bis kurzstationäre
Versorgung von Patienten zur Verfügung.
In der Poliklinik werden zukünftig mehr Weiterbildungsärzte arbeiten, unterstützt
von einem zusätzlichen Facharzt für die Supervision. Seit Anfang des Jahres gibt es
eine offene Sprechstunde für Patienten ohne Termin ganztags an jedem Mittwoch, an
der sich bis zu 10 Ärzte beteiligen. Auf diese Weise werden die anderen Wochentage
für Patienten mit Terminen und für Spezialsprechstunden weitestgehend „geschützt“.
Weil an diesen Tagen nur noch maximal zwei Ärzte für die Betreuung nicht geplanter
Patienten (Notfälle, Konsile etc.) gebunden sind, vergrößern sich die Kapazitäten
zur Vergabe regulärer Termine. Schon jetzt konnte so die Wartezeit auf entsprechende
Termine von über zwei auf unter einen Monat reduziert werden (So entfällt auch der
Hauptgrund für das Erscheinen vieler Patienten ohne Termin.).
Um Patienten zu versorgen, welche wegen der Bettenreduzierung nicht mehr stationär
aufgenommen werden können, werden derzeit die Kapazitäten der Tagesklinik deutlich
ausgebaut. Zusätzlich werden verschiedene Varianten einer kurzstationären Therapie
geprüft. Am wahrscheinlichsten ist, dass eine derzeit in der Erprobungsphase befindliche
und positiv evaluierte Einheit zu diesem Zweck ausgebaut wird.
Durch die Wiederbesetzung der Leitungsposition für die Dermato-Chirurgie sind die
Voraussetzung für einen deutlichen Ausbau der operativen Aktivitäten gegeben. Als
Teil von „per4mance“ wird außerdem die Schaffung eines dritten Operationssaals für
die Dermatologie als Maßnahme zur Förderung ambulanter Aktivitäten vorangetrieben.
Gleichzeitig werden histopathologische Laborkapazitäten in unmittelbarer Nähe vom
OP-Bereich etabliert, um die Ausweitung der zur Zeit noch eingeschränkt praktizierten
mikroskopisch kontrollierten Chirurgie (Mohs Chirurgie) zu unterstützen.
Die bisher stark in die Dermato-Chirurgie involvierte Dermato-Onkologin gewinnt durch
den Aufbau der separaten dermato-chirurgischen Einheit eigene Kapazitäten zurück und
kann sich so wieder dem Ausbau ihres Bereiches widmen. Dieser wird mittelfristig ein
wesentlicher Bestandteil des in Aufbau begriffenen interdisziplinären onkologischen
Zentrums des Klinikums werden. Die besondere klinische Kompetenz der Genfer Dermatologie
auf dem Gebiet kutaner Lymphome wird durch die entsprechende Ausrichtung einer jungen
Fachärztin verstärkt.
Zukünftig werden sich die Rahmenbedingungen der dermatologischen Forschung deutlich
verbessern. Schon jetzt sind die einschlägig tätigen Kollegen auch Angehörige der
Abteilung für Pathologie und Immunologie der medizinischen Fakultät (siehe oben).
Von den i. R. der „Vision 2015“ neu entstehenden Forschungsflächen sind 200 Quadratmeter
a priori für die Dermatologie vorgesehen. Die Nutzung zusätzlicher Flächen ist an
das erfolgreiche Einwerben evaluierter Drittmittel geknüpft.
Durch die Assoziation mit der Pathologie/Immunlogie können auch die technologischen
Plattformen sowie die „core facilities“ der medizinischen Fakultät genutzt werden.
Mittelfristig werden zusätzliche Kapazitäten in der Tierhaltung verfügbar, sodass
auch ambitionierte Projekte im Zusammenhang mit Tiermodellen (wieder) möglich sind.
Thematisch wird die Entzündungsforschung ein Schwerpunkt sein. Hier bestehen Berührungspunkte
mit aktuellen Aktivitäten zweier bereits in der Sektion Dermatologie etablierter Arbeitsgruppen
sowie mehrerer Gruppen der Abteilung Pathologie/Immunologie sowie einiger klinischer
Sektionen, darunter der Rheumatologie, der klinischen Immunologie, der Kardiologie
und der Endokrinologie. Die Projekte werden translationelle Fragestellungen bearbeiten
und an diverse derzeit laufende sowie geplante klinische Studien, insbesondere zur
Psoriasis und Psoriasis-Arthritis, anknüpfen.
Fazit
Schon jetzt ist die Dermatologie am Genfer Universitätsklinikum gut aufgestellt. Mit
„per4mance“ und „Vision 2015“ liegen Konzepte vor, welche nicht nur auf Sparen, sondern
auch auf gezielte Investitionen und die Förderung strategisch wichtiger Initiativen
ausgerichtet sind. Nicht zuletzt die rege Bautätigkeit rund um das Klinikum belegt,
dass seitens des Klinikums und der Fakultät alles getan wird, diese Konzepte umzusetzen.
Die personellen und räumlichen Rahmenbedingungen werden sich absehbar z. T. deutlich
verbessern, und ich schaue mit großer Zuversicht in die Zukunft.