Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2013; 20(02): 59
DOI: 10.1055/s-0033-1345224
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Humane Infektionen mit Vogelgrippe – H7N9-Ausbruch in Ostchina

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Publication Date:
30 April 2013 (online)

 

Am 1. April 2013 informierte die WHO über in China aufgetretene humane Infektionen mit einem Influenza-A(H7N9)-Stamm, der normalerweise bei Vögeln vorkommt. Mittlerweile (Stand: 11.04.2013) sind 33 humane Infektionen aus den Provinzen Shanghai, Jiangsu, Anhui und Zhejiang mit bisher 9 Todesfällen bekannt geworden [ 1 ].

Bisherige Entwicklung

Bereits in der Vergangenheit waren humane Krankheitsfälle mit anderen H7-Influenzaviren aufgetreten. So wurden Infektionen mit den Varianten H7N2, H7N3 oder H7N7 in der Regel in Zusammenhang mit Ausbrüchen in Vögeln aus Italien, Kanada, den USA, Mexiko und Großbritannien berichtet. Bis auf einen tödlichen Verlauf in Holland waren H7-Infektionen aber bislang eher mit milden Symptomen wie Konjunktivitis und leichten oberen Atemwegsentzündungen assoziiert. Die jetzt in China zirkulierende H7N9-Variante ist bisher nicht beim Menschen isoliert worden.

Offenbar ist es zu einer genetischen Reassortierung von Erbgutsegmenten aus Influenzaviren aus südostasiatischen Wildvögeln einerseits sowie aus ostchinesischen Hühnern/Enten andererseits gekommen, wie ein chinesisches Forschungslabor kürzlich veröffentlichte. Gensegmente aus üblicherweise in Schweinen vorkommenden Influenzaviren wurden nicht isoliert, sodass in diesem Fall das Schwein nicht als "mixing vessel" und Brücke zum Menschen fungierte. Vermutlich aber erfolgte die Reassortierung dieser neuen H7N9-Variante im Gebiet des Jangtsekiang-Deltas.

Die Transmission erfolgte wahrscheinlich über Kontakte mit Vögeln, Hinweise für eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung gibt es bisher nicht. Im Vordergrund der klinischen Symptomatik standen schwere Pneumonien. Bezüglich der antiinfektiven Behandlung verweist die WHO auf chinesische Untersuchungen, nach denen gängige Neuraminidasehemmer (Oseltamivir, Zanamivir) wirksam seien [ 2 ].

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Aktuelle Reiseberatung

Reisenden nach (Ost-)China sollte geraten werden, Kontakt zu lebenden Vögeln sowie entsprechenden Märkten zu meiden. Die Centers of Disease Control and Prevention (CDC) der USA empfehlen zudem, tierische Nahrungsmittel nur gut gekocht zu verzehren. Dabei wird explizit auch das hart gekochte Ei erwähnt [ 3 ]. Weder WHO, die CDC noch das Robert Koch-Institut (RKI) oder das Auswärtige Amt raten von Reisen nach China ab [ 2 ]–[ 4 ]. Keiner der verfügbaren Influenzaimpfstoffe schützt gegen diese Variante.


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Erkrankungen von Rückkehrern

Sollten sich Reisende innerhalb von 10 Tagen nach Rückkehr aus (Ost-)China mit hohem Fieber und schweren Grippesymptomen vorstellen, ist differenzialdiagnostisch an eine H7N9-Influenza zu denken [ 4 ]. Die üblicherweise zur Diagnostik eingesetzten RT-PCR-Verfahren dürften das Virus als Influenza-A-Variante detektieren – allerdings ohne eine weitere Subtypisierung zu ermöglichen [ 3 ], [ 4 ]. Zur weiteren Charakterisierung sollte Probenmaterial ans Nationale Referenzzentrum für Influenza am RKI gesandt werden. Verdachtsfälle sind ferner an die zuständigen Gesundheitsbehörden zu melden.

Jakob P. Cramer, Hamburg


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