Ultraschall Med 2013; 34(6): 607
DOI: 10.1055/s-0033-1346845
DEGUM-Mitteilungen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Verletzungen im Sport – Ultraschall liefert erste Diagnose

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Publication Date:
11 December 2013 (online)

 

    Wenn die Mannschaft des VfB Stuttgart in dieser Bundesligasaison auf das Spielfeld kommt, hoffen sowohl Trainer als auch Fans auf fitte Spieler und viele Tore. Doch Profifußballer verletzen sich überdurchschnittlich häufig: Ein Fußballteam aus 25 Spielern hat pro Saison rund 5 Verletzungen zu verkraften. Am häufigsten ist der Oberschenkel betroffen. Mobile Ultraschallgeräte ermöglichen jetzt schon im Stadion eine schnelle Diagnose. Warum das Verfahren für die Sportmedizin so wichtig ist, war eines der Themen des diesjährigen 37. Dreiländertreffens der Deutschen, Österreichischen, Schweizer und Europäischen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM, ÖGUM, SGUM, EFSUMB).

    Die Sonografie ist etabliert und ein unverzichtbares Hilfsmittel bei häufigen sportmedizinischen Krankheitsbildern, um eine exakte Diagnosestellung zu ermöglichen, wenn auch in manchen Fällen auf ein Röntgenbild zum Ausschluss knöcherner Begleitverletzungen oder MRT nicht verzichtet werden kann. Wichtige Indikationen zur Ultraschalldiagnostik sind vor allem Weichteilverletzungen, bei denen eine knöcherne Beteiligung unwahrscheinlich ist wie zum Beispiel Achillessehnenverletzungen, Rotatorenmanschettenverletzungen, Knieinnentrauma, chronische Knieschäden (Baker Zyste), muskuläre Verletzungen, unklare Weichteilverletzungen, aber auch periphere Nervenprobleme wie Engpasssyndrome. In der neueren Literatur wird auch die Wertigkeit von Ultraschalluntersuchungen in der Diagnostik von Rückenproblemen diskutiert (Muskelfunktionsuntersuchungen, Muskeldicke bei Kontraktion/Entspannung, Dopplerfunktionsuntersuchung der Gefäße in Anspannung und Entspannung).

    Die Muskelverletzung stellt eine der häufigsten Verletzungen im Sport dar. 90% aller Muskelverletzungen betreffen im Fußball die 4 großen Muskelgruppen Hamstring, Adduktoren, Quadriceps, Gastrocnemicus. Fußball zählt zu den Sportarten mit dem höchsten Verletzungsrisiko. Fällt ein Spieler plötzlich verletzt auf den Rasen, ist schnelles Handeln angesagt: Sportmediziner müssen vor Ort so rasch wie möglich feststellen, wo genau die Verletzung vorliegt und ob Bänder, Sehnen oder sogar Knochen betroffen sind. „90% aller Muskelverletzungen im Fußball betreffen die 4 großen Muskelgruppen Hamstring, Adduktoren, Quadriceps, Gastrocnemicus“, erklärte Professorin Dr. med. Andrea Klauser, Leitende Oberärztin der Universitätsklinik für Radiologie, Medizinische Universität Innsbruck. „Bei einem Team aus 25 Spielern bedeutet dies 5 Verletzungen pro Saison mit einer Ausfallzeit im Durchschnitt von 80 Tagen“, so Klauser. Die Hamstring-Verletzung auf der Rückseite des Oberschenkels sei dabei die häufigste im Profifußball. Der Arzt steht hier in einem Spannungsfeld zwischen „Return to competition“ und der Gefahr einer Rezidivverletzung. Die Ziele der Diagnostik müssen deshalb sein: Richtige Einschätzung und Klassifizierung der Verletzung, anatomische Zuordnung, Einschätzung der Therapie und Prognose, sportartspezifische Belastung und Training. Die erste Schädigung scheint auf Höhe der Myofilamente durch zu großen Zug oder zu große Kontraktion zu entstehen. Insbesondere die exzentrische Kontraktion scheint hier von Bedeutung zu sein. Es kommt zu einem Verlust der Überlappung der Aktinmyosin-Filamente mit Überdehnung des benachbarten Sarkomers. Der Übergang von physiologischer Anpassung und Schädigung ist hier wohl fließend. Hochauflösende MRT-Diagnostik kann das Ödem bei einer Zerrung darstellen. Ab der Schädigung im Sinne einer Muskelfaserverletzung (Verletzung der Sekundärbündel) wird die Verletzung klinisch und visuell durch Bildgebung gut erfassbar. Bei Muskelverletzung ist die Sonografie für die schnelle Abgrenzung zwischen Minor- und Majorverletzung unverzichtbar, hat aber in manchen Regionen (Soleus, proximaler Gastrocnemius und proximale Hamstringgruppe) ihre Grenzen, wo dann ergänzend eine MRT weitere Info liefern kann.

    Ab dem Muskelfaserriss (Verletzung der Sekundärbündel) spricht man von einer strukturellen Muskelverletzung. Über 2/3 der Verletzungen (70%) sind Grad 0- und Grad 1-Verletzungen. In 27% der Fälle findet sich eine Grad 2-Verletzung und nur in 3% der Fälle eine komplette Ruptur (Grad 3). Interessanterweise korrelieren die Ausfallzeiten bei den Profifußballern in der Studie von Ekstrand mit der Verletzungsschwere in der MRT-Diagnostik. Die mittlere Ausfallzeit bei einer Grad 0-Verletzung betrug 8 Tage, bei Grad 1 17 und bei Grad 3-Verletzungen 22 Tage. Die höchsten Ausfallzeiten fanden sich mit 73 Tagen bei Grad 3-Verletzungen. Das Hämatom (Signalanhebung im T2-Bild) wird allerdings häufig überinterpretiert und darf nicht mit der eigentlichen Faserunterbrechung gleichgesetzt werden.

    In der Sportmedizin wird der Einsatz tragbarer Ultraschall-Systeme nicht nur im Fußball, sondern auch bei anderen Sportarten immer wichtiger: Das bildgebende Verfahren kommt unter anderem auch bei Radrennen oder Lauf-Wettkämpfen zur ersten Notfalldiagnostik zum Einsatz. „Vorteile tragbarer Ultraschallgeräte sind ihre flexiblen Einsatzmöglichkeiten, ihre Mobilität sowie ihre immer kompaktere Größe: Sie sind neuerdings kaum größer als ein Tablet-PC “, sagte DLT-Kongresspräsident Professor Dr. med. Andreas Schuler, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Medizinischen Klinik an der Helfenstein Klinik Geislingen. So können Sportler schon während des Rennens zügig untersucht und bei Bedarf vor Ort umgehend sporttherapeutisch behandelt werden, ohne dass der Sportler in eine Praxis oder Klinik transportiert werden muss.

    Pressestelle


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