Dialyse aktuell 2013; 17(05): 274-275
DOI: 10.1055/s-0033-1348119
Forum der Industrie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Therapie der Hyperphosphatämie mit Colestilan im CKD-Stadium 5 – Effektive Phosphatbindung mit Zusatzeffekten

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Publication Date:
07 June 2013 (online)

 
 

Bei Patienten mit einer chronischen Nierenerkrankung (CKD) ist die Hyperphosphatämie ein wichtiger Marker für den fortschreitenden Verlust der Nierenfunktion, für die Entwicklung eines sekundären Hyperparathyreoidismus (sHPT) sowie für eine erhöhte kardiovaskuläre Mortalität. Deshalb nimmt die Korrektur des Phosphathaushalts bei der Therapie dieser Patientengruppe eine zentrale Stellung ein. Neben den bisher verfügbaren Phosphatbindern konnte auch der neu in Deutschland zur Therapie von erwachsenen CKD-Patienten im Stadium 5D eingeführte kalzium- und metallfreie Phosphatbinder Colestilan (BindRen®) in kontrollierten Studien seine Effektivität bei der Senkung des Phosphatspiegels unter Beweis stellen (Abb. [ 1 ]). Zusätzlich besitzt er signifikante positive Effekte auf den LDL-Cholesterin-Spiegel (Abb. [ 2 ]), den HbA1c- sowie den Harnsäurewert.

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Abb. 1 Mittlere Veränderung der Serum-Phosphat-Werte (mg/dl) von Woche 0–12.
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Abb. 2 Mittlere Veränderung des Prozentsatzes der LDL-Cholesterin-Werte von Woche 0–12.

Für die Effektivität von Colestilan liegen bereits jahrelange Erfahrungen vor, betonte Prof. Christoph Wanner, Würzburg. Das Polymer wird seit 1999 in Japan zur Bindung von Gallensäuren eingesetzt. Bisher sind über 1,6 Millionen Patienten mit Colestilan behandelt worden.

Das Polymer wird nicht systemisch aufgenommen, sondern es verbleibt im Gastrointestinaltrakt und wird darüber ausgeschieden. Weitere Vorteile sind laut Wanner die Anionen-Austauscher-Eigenschaften, mit denen Phosphat gebunden und dessen Konzentration im Serum gesenkt wird. Dabei ist die Phosphat-Bindungs-Kapazität über ein breites pH-Spektrum (pH 3–11) wirksam.

Colestilan ist in 2 Galeniken verfügbar: zum einen in Tablettenform und zum anderen in geschmacksneutraler und geruchsfreier Granulatform. Dazu Wanner: "Das am besten mit einer kleinen Menge Wasser einzunehmende beschichtete Granulat kann gegenüber Tabletten Vorteile für die Patienten haben, denn es erleichtert das Schlucken des Medikaments."

Optimale Behandlungsstrategie

Eine regelmäßige Einnahme ist für den Therapieerfolg wichtig, denn Phosphatbinder haben derzeit eine zentrale Bedeutung beim Phosphatmanagement niereninsuffizienter Patienten, betonte Prof. Markus Ketteler, Coburg. Generell stellt sich hinsichtlich der Therapie die Frage, wie eine optimale Behandlungsstrategie bzw. wie der "ideale" Phosphatbinder sein sollte. Ein solcher sollte effektiv intestinal Phosphat binden, keine wesentliche systemische Absorption zeigen und keine beeinträchtigenden Nebenwirkungen aufweisen.

Zwar erfüllen kalziumhaltige Phosphatbinder einige dieser Charakteristika, höhere Dosen sind laut Ketteler jedoch potenziell mit einem Gefäßverkalkungsrisiko assoziiert. Die Alternativen Sevelamer-HCl bzw. -karbonat und Lanthankarbonat waren bisher die einzigen verfügbaren kalziumfreien Phosphatbinder, die zu einer Verlangsamung bzw. einem Stopp der Progression der Gefäßverkalkung beitragen können. Den Nutzen einer Therapie mit Phosphatbindern zeigten mehrere kürzlich publizierte Beobachtungsstudien. Diese weisen einheitlich darauf hin, dass sich bei frühzeitig behandelten Dialysepatienten ein signifikanter Überlebensvorteil beobachten lässt [ 1 ].


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Kontrollierte Studien belegen die Effektivität

Sechs kontrollierte Phase-III-Studien mit circa 1600 Patienten belegen, dass mit Colestilan Serum-Phosphat-Werte erreicht werden, wie sie in den KDIGO-Leitlinien empfohlen werden – nämlich Konzentrationen anzustreben, welche dem Normbereich möglichst nahe kommen. So prüfte unter anderem eine doppelblinde, randomisierte und placebokontrollierte Studie [ 2 ] die Wirksamkeit von Colestilan. 120 Patienten mit CKD im Stadium 5 wurden mit 3 fixen Dosierungen des Phosphatbinders behandelt. Sie wiesen initial einen Serum-Phosphat-Spiegel von mehr als 2,1 mmol/l auf und nahmen 3, 6 bzw. 9 g Colestilan oder Placebo täglich ein.

Im Ergebnis verringerte sich das Serumphosphat in allen 3 Behandlungsarmen um 0,038, 0,268 und 0,257 mmol/l bei 3, 6, und 9 g/d. Der Unterschied zwischen den Therapiearmen und den Placebogruppen erwies sich bei den Gruppen mit 6 und 9 g/d als signifikant (jeweils p < 0,05). Auch das Kalzium-Phosphat-Produkt (Ca x P) wurde in den Gruppen mit 6 und 9 g Colestilan signifikant reduziert (p < 0,05).

In der Studie zeigten sich weitere positive Effekte der Therapie mit Colestilan. Sowohl das Gesamt- als auch das LDL-Cholesterin (LDL: Low Density Lipoprotein) im Serum nahm signifikant in allen Therapiearmen gegenüber Placebo ab (um 0,71–1,05 mmol/l beim Gesamtcholesterin und um 0,68–0,94 mmol/l beim LDL-Cholesterin, p < 0,001 in allen Fällen). Auch verringerte die Therapie mit Colestilan in allen Dosierungen signifikant die Harnsäurespiegel im Serum im Vergleich zu Placebo (p < 0,005 in allen Fällen).

Wie Colestilan angewendet wird

Colestilan ist indiziert zur Therapie der Hyperphosphatämie bei erwachsenen Patienten mit chronischer Nierenerkrankung im Stadium 5, die eine Hämodialyse oder Peritonealdialyse erhalten. Die empfohlene Anfangsdosierung von Colestilan beträgt 6–9 g täglich (2–3 g 3-mal täglich). In Abhängigkeit vom Serum-Phosphat-Spiegel sollte die Dosierung individuell auf bis zu 15 g/d angepasst werden. Die Aufteilung der Tagesdosis kann unter Berücksichtigung der täglichen Phosphataufnahme über die Mahlzeiten erfolgen.

Colestilan ist als Filmtablette oder als beschichtetes Granulat in Portionsbeuteln verfügbar und sollte mit einer kleinen Menge Wasser eingenommen werden. Das Granulat kann bei einer Einnahme auch in kleineren Teilmengen unmittelbar hintereinander eingenommen werden, solange der gesamte Inhalt eines Beutels verbraucht wird. Colestilan sollte immer gemeinsam mit den Mahlzeiten eingenommen werden.


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Ergebnisse der Langzeittherapie

Eine multizentrische, randomisierte Parallelgruppenstudie [ 3 ] mit 336 Patienten mit CKD im Stadium 5D konnte diese Ergebnisse auch langfristig bestätigen. In dieser Studie folgte auf eine Phosphatbinder-Auswasch-Phase eine 12-wöchige offene, randomisierte Titrationsphase, in der Colestilan mit Sevelamer in flexiblen Dosierungen verglichen wurde. Anschließend sicherten die Autoren in einer 4-wöchigen, doppelblinden und placebokontrollierten Absetzungsperiode, in der Colestilan mit Placebo verglichen wurde, den Therapieeffekt ab. Die darauf folgende Verlängerungsstudie bewertete die Therapie mit Colestilan und Sevelamer bis zu 12 Monaten Dauer. Eine Titration der Dosierung war erlaubt, um den Serum-Phosphat-Spiegel unter 1,78 mmol/l (5,5 mg/dl) zu halten.

Am Ende der Absetzungsperiode betrug der Unterschied zwischen Placebo und Colestilan bei der Senkung des Phosphatspiegels 1,32 mg/dl (p < 0,001). Das Kalzium-Phosphat-Produkt wurde ebenfalls gegenüber Placebo signifikant um 0,9 mmol2/l2 (p < 0,001) reduziert, ebenso das Gesamt- und LDL-Cholesterin.

Am Ende der Langzeitbehandlung kam es unter Colestilan und Sevelamer zu einer signifikanten Verringerung des Serumphosphats, wobei die Ansprechrate der Patienten, die den Zielbereich (≤ 6 mg/dl bezogen auf elementaren Phosphor) erreichten, in beiden Behandlungsgruppen vergleichbar war. Mit beiden Substanzen wurden auch vergleichbare signifikante Verringerungen des LDL-Cholesterins erreicht. Der Anteil der Patienten, die Serum-LDL-Spiegel von weniger als 2,59 mmol/l (100 mg/dl) und weniger als 1,83 mmol/l (70 mg/dl) erzielten, war ebenfalls vergleichbar. Darüber hinaus senkten beide Medikamente signifikant die HbA1c-Werte, wobei dieser Effekt besonders bei Patienten mit einem initialen Wert von mindestens 7 % ausgeprägt war.

Wie die Studie weiter zeigte, erwies sich die 12-monatige Therapie mit Colestilan als sicher, gut verträglich und insgesamt mit Sevelamer vergleichbar. Unerwünschte Nebenwirkungen traten unter beiden Phosphatbindern vor allem im Gastrointestinaltrakt auf.

Auch in anderen kontrollierten Studien konnte eine effektive Reduktion des LDL-Cholesterins [ 4 ], [ 5 ], [ 6 ], [ 7 ], [ 8 ] und des HbA1c [ 5 ], [ 6 ] unter Colestilan nachgewiesen werden. Eine weitere Vergleichsstudie [ 7 ] verglich Colestilan mit dem Lipidsenker Simvastatin in flexibler Dosierung zur Therapie der Dyslipidämie bei 260 Patienten im CKD-Stadium 5D. Beide untersuchten Therapeutika, Colestilan und Simvastatin, führten zu vergleichbar reduzierten LDL-Cholesterin-Spiegeln. Der in der Studie gewählte Dosisbereich von Simvastatin entspricht den üblichen Dosierungsempfehlungen. Beide Medikamente verringerten das LDL-Cholesterin gegenüber Placebo signifikant um 30,7 mg/dl (Colestilan) bzw. 36,1 mg/dl (Simvastatin).

Wie Ketteler zum Stellenwert des neuen Phosphatbinders ausführte, müssten letztendlich die Patienten selbst darüber entscheiden, welches Präparat sie auch hinsichtlich einer erleichterten Einnahme wählen würden.

Dr. Ralph Hausmann, Frankfurt am Main

Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Mitsubishi Pharma Deutschland GmbH, Düsseldorf.

Die Beitragsinhalte stammen von der Launch-Pressekonferenz "BindRen®: Der mundgerechte Phosphatbinder bei chronischer Nierenerkrankung (CKD)", Frankfurt am Main, veranstaltet von der Mitsubishi Pharma Deutschland GmbH, Düsseldorf.

Der Autor ist freier Journalist.


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  • Literatur

  • 1 Ketteler M. Der Nephrologe 2013; 8: 43-49
  • 2 Locatelli F et al. Nephrol Dial Transplant 2010; 25: 574-581
  • 3 Delanna F et al. Poster, Kongress für Nephrologie: 4. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie, Hamburg.
  • 4 Dimkovic N. 49. Kongress ERA-EDTA, Abstract, Paris (Frankreich).
  • 5 Senatore F et al. 49. Kongress ERA-EDTA, Abstract, Paris (Frankreich).
  • 6 Hertel JE et al. American Society of Nephrology (ASN) 2010, Abstract, Denver (USA).
  • 7 Wanner C et al. ASN Kidney Week 2012. Abstract FR-OR028
  • 8 Locatelli F et al. J Am Soc Nephrol 2012; 22 Abstract FR-OR185

  • Literatur

  • 1 Ketteler M. Der Nephrologe 2013; 8: 43-49
  • 2 Locatelli F et al. Nephrol Dial Transplant 2010; 25: 574-581
  • 3 Delanna F et al. Poster, Kongress für Nephrologie: 4. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie, Hamburg.
  • 4 Dimkovic N. 49. Kongress ERA-EDTA, Abstract, Paris (Frankreich).
  • 5 Senatore F et al. 49. Kongress ERA-EDTA, Abstract, Paris (Frankreich).
  • 6 Hertel JE et al. American Society of Nephrology (ASN) 2010, Abstract, Denver (USA).
  • 7 Wanner C et al. ASN Kidney Week 2012. Abstract FR-OR028
  • 8 Locatelli F et al. J Am Soc Nephrol 2012; 22 Abstract FR-OR185

 
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Abb. 1 Mittlere Veränderung der Serum-Phosphat-Werte (mg/dl) von Woche 0–12.
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Abb. 2 Mittlere Veränderung des Prozentsatzes der LDL-Cholesterin-Werte von Woche 0–12.