Orthopädie und Unfallchirurgie - Mitteilungen und Nachrichten 2012; 01(06): 720
DOI: 10.1055/s-0033-1348279
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

In Memoriam Prof. Dr. Erwin Georg Hipp

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Publication Date:
18 June 2013 (online)

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Erwin Hipp, *29. August 1928, † 2. Oktober 2012

Am 2. Oktober 2012 ist Prof. Hipp nach einem erfüllten Leben im Kreise seiner Familie verstorben.

Erwin Hipp wurde am 29. August 1928 in Zell bei Füssen geboren. Er war der Sohn des weit über die regionalen Grenzen hinaus bekannten Zimmermeisters Joseph Hipp und seiner Ehefrau Barbara. Er wuchs in einem von der katholischen Kirche geprägten Umfeld auf. Er war leidenschaftlicher alpiner Sportler und fand in diesem Kreis viele Freunde, die ihn sein ganzes Leben begleiteten. Als Bergsteiger war er weltweit sehr aktiv und galt als herausragender Kletterer, der alle möglichen Schwierigkeitsgrade, einschließlich einer Erstbesteigung, gemeistert hat. Er war deshalb in der Bergsteigerszene hoch geachtet. Am Ende des Zweiten Weltkrieges gelang ihm die Flucht vor einer SS-Streife von Innsbruck über die Berge bis in seine Heimat, was ihm im damaligen harten Winter nur durch eine äußerst starke Physis und Psyche gelingen konnte. Diese Erlebnisse waren für ihn lebensprägend – wie er mir selbst persönlich schilderte.

Nach dem Studium der Medizin in Freiburg und München begann er seine medizinische Ausbildung zunächst in der Anatomie der LMU bei Prof. Ritter Titus von Lanz. Seine Doktorarbeit über die „Embryonale Entwicklung des Kniegelenkes“ schloss er 1953 mit summa cum laude ab. Der Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Tätigkeit lag auf dem Gebiet der „Vaskularisation des menschlichen Skelettes“, insbesondere des Hüft-kopfes. Die damals von ihm und Kollegen entwickelte Methode der Gefäßdarstellung im Bereich des Hüftkopfes war wegweisend.

Sehr früh (1954/1955) war er als Resident in den USA und hat dort die neuesten Entwicklungen in der medizinischen Aus- und Weiterbildung erfahren und das Potential erkannt. Dies hat er stets versucht, auch in Deutschland umzusetzen.

1957 begann er seine Facharztausbildung für Orthopädie bei Prof. Max Lange, der eine Autorität auf dem Gebiet der Orthopädie der damaligen Zeit war. Die Untersuchungen zu Knochennekrosen wurden fortgesetzt und vertieft, wobei er neben den angiographischen Darstellungen histologischer Untersuchungen mit neuentwickelten Techniken weitere Fortschritte auf diesem Gebiet brachte.

Von 1966 bis 1970 war er Chefarzt der Orthopädischen Klinik in Dortmund, die zu den ganz großen orthopädischen Kliniken der damaligen Zeit gehörte.

Am 2. April 1970 nahm er seine Arbeit als Ordinarius für Orthopädie am Klinikum rechts der Isar auf. Er gehörte somit der Gründergeneration der Medizinischen Fakultät der Technischen Universität München an. Früh hat er die Problematik von Gelenkersatz und Infektionen erkannt und daraus die Konsequenz eines sogenannten „hochreinen OP-Bereichs“ in seiner Klinik umgesetzt. Er startete bei Null (Büro) und entwickelte die Klinik mit drei Stationen, eigener Operationseinheit, eigener Intensiveinheit und einer Forschungseinheit, die zunächst biomechanisch ausgerichtet war. Sein persönliches wissenschaftliches Kernthema blieben die Knochennekrosen und speziell die Hüftkopfnekrose. Für Letztere führte er die operative Therapie mit elektromagnetischer Feldbehandlung ein, welche im weltweiten Vergleich Erfolge feiern konnte. Ein weiterer Schwerpunkt lag auf dem Gebiet der Tumororthopädie, die Schritt für Schritt, sowohl organisatorisch (Tumorboard) wie auch thematisch (Tumorendoprothetik) weiter entwickelt wurde.

Da er selbst ein sehr sportlicher Mensch war und unter anderem mit der Betreuung der Eishockey-Nationalmannschaft betraut war, lag ihm die Sportorthopädie am Herzen. Daraus entwickelte sich letztendlich eine Abteilung für Sportorthopädie in der Klinik für Orthopädie. Dies hat zu weiterem nationalem Ansehen geführt. Prof. Dr. Erwin Georg Hipp hat aus der kleinsten orthopädischen Klinik Deutschlands eine weltweit anerkannte Institution gemacht. Ich selbst bin dankbar, dass ich an vielen Lehrbüchern von ihm mitwirken konnte und ihm letztendlich auf den Lehrstuhl für Orthopädie und Sportorthopädie nachfolgen durfte.

Die Taten bleiben, die Ideen werden weiterleben.

Univ.-Prof. Dr. Reiner Gradinger