Neuropediatrics 2013; 44(04): 180-181
DOI: 10.1055/s-0033-1349789
Laudatio
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Laudatio für Prof. Dr. Dieter Karch anlässlich der Ernennung als Ehrenmitglied der GNP auf der 39. Jahrestagung der Gesellschaft für Neuropädiatrie in Innsbruck

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Publication Date:
17 July 2013 (online)

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Prof. Dr. Dieter Karch wurde am 15.8.42 in Kalisch, dem heutigen Kalisz / Polen, geboren, wuchs in der Pfalz auf. Nach dem Abitur in 1961 und Ableistung seines Grundwehrdienstes führte ihn das Studium nach Mainz, Heidelberg, Wien und München, wo er 1968 das Medizinische Staatsexamen ablegte.

In München traf er auf Prof. G. Biermann, damals Leiter der psychosomatischen Beratungsstelle für Kinder und Jugendliche an der Universitäts-Kinderpoliklinik München, der eine große Rolle in der Entwicklung der Kinderpsychoanalyse in Deutschlang spielte, noch mit Anna Freud zusammengearbeitet hatte. Aus dieser Begegnung resultierte Prof. Karch́s Promotion „Einige Milieufaktoren der frühesten Kindheit verhaltensgestörter Kinder und ihre Beziehungen zur Symptomatik“ – die ersten sozialpädiatrischen Wurzeln.

Zur Ausbildung zum Kinderarzt wechselte Prof. Karch an die Universitätskinderklinik Düsseldorf, wobei die positive Einstellung von Prof. v. Harnack zur Sozialpädiatrie wesentlicher Beweggrund war

In Düsseldorf traf Prof. Karch auf Prof. v. Bernuth, dem er seine EEG-Ausbildung und Ausbildung in der Epileptologie verdankte, und natürlich auf Prof. Mortier, der – ausgebildet in den USA – in Düsseldorf die Abteilung für Neuropädiatrie leitete und der – ganz ungewöhnlich für die damalige Zeit – sich sehr für die neurophysiologischen Methoden und somit für die neuromuskulären Erkrankungen und die periphere Neurologie interessierte.

Prof. Karch übernahm dann sehr früh die Leitung des wissenschaftlichen Polygraphielabors und habilitierte sich 1978 mit dem Thema „Erfassung zentralnervöser Funktionsstörungen bei Früh- und Neugeborenen unter Intensivtherapie. Die diagnostische Bedeutung polygraphischer Untersuchungen“.

Nach dem Weggang von Prof. Mortier übernahm Prof. Karch 1983 als C3-Professor die Leitung der Neuropädiatrischen Abteilung an der Universitätskinderklinik Düsseldorf.

Zum 1.1.1985 wechselte Prof. Karch dann in den Kraichgau, nach Maulbronn, um die Leitung der „Klinik für Kinderneurologie und Sozialpädiatrie / Kinderzentrum Maulbronn“ zu übernehmen, die er entscheidend ausbaute.

Wissenschaftlich nutzte Prof. Karch neurophysiologische Methoden und die Polygraphie auf den neonatologischen Intensivstationen, um Daten über ZNS-Funktion von Neugeborenen und Frühgeborenen zu generieren, um so möglichst früh Aussagen zu Langzeitschäden, aber auch Aussagen zur aktuellen Therapien der Kinder zu machen. Aus dieser Zeit gingen zahlreiche Arbeiten in internationalen Journals wie Brit Med J, in Neuropädiatrie (der heutigen Neuropediatrics), in Dev Med Child Neurology, in Muscle and Nerve hervor. Eng verknüpft mit den neurophysiologischen Messmethoden dann auch sein zweiter Schwerpunkt der Neuromuskulären Erkrankungen und der Polyneuropathien, den er zusammen mit Prof. Mortier beackerte, woraus Arbeiten zur juvenilen Myasthenie und den angeborenen Polyneuropathien entstanden.

Der dritte Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Arbeiten hat Prof. Karch in der Gesellschaft für Neuropädiatrie besonders bekannt gemacht. Mit dem Wechsel nach Maulbronn widmete er sich der Frage nach den theoretischen Grundlagen der verschiedenen Behandlungsweisen bei der Entwicklungsrehabilitation und wie man Effekte messen könnten. Er packte dabei auch sehr heiße Eisen an, als unter seiner Federführung Stellungnahmen unserer Gesellschaft zu verschiedenen Therapieverfahren entstanden, wie zur Behandlung nach Doman-Delacato, zur konduktiven Förderung nach Petö, zur manuellen Therapie nach Kozijavkin, zum Hörtraining nach Tomatis, zur Craniosacral-Therapie, zum Kiss-Syndrom, zum ….

Federführung bedeutet jedoch eine euphemistische Umschreibung dafür, dass er meist den Löwenanteil all dieser Arbeiten selbst schrieb bzw. unermüdlich seinen Ko-Autoren im Nacken saß. Ohne seine aber stets unaufgeregte Hartnäckigkeit wären vielleicht mache Stellungnahmen nicht entstanden.

Prof. Karch legte mehr als 100 Originalartikel und Buchbeiträge in deutsch- und englischsprachigen Journals und Fachbüchern vor, er hielt zahlreiche Vorträge auf nationalen und internationalen Kongressen.

Prof. Karch richtete 1982 als Tagungssekretär mit Prof. Mortier die Jahrestagung der Gesellschaft in Neuropädiatrie in Düsseldorf aus; er war unser Präsident, als die Jahrestagung 2006 erstmalig im Rahmen der Neurowoche in Mannheim abgehalten wurde.

Prof. Karch verband in seiner Person im besten Sinne und in Leidenschaft die Neuropädiatrie mit der Sozialpädiatrie. Die Patienten haben es ihm gedankt.

Im Oktober 2007 verabschiedete Prof. Karch sich in den Unruhestand – seine Publikationstätigkeit erlosch damit jedoch nicht; die letzten Arbeiten von ihm als Erst-Autor erschienen gerade erst in 2012. A never ending story…