Liebe Leserinnen, liebe Leser,
in den Industrieländern sind die Herz-Kreislauf-Erkrankungen für 30–50 % aller
Todesfälle verantwortlich und zählen damit zu den bedeutendsten Todesursachen. In
Frankreich sind bei einem mittleren Cholesterinspiegel der Bevölkerung von 208 mg/dl
etwa 30 % der Todesfälle kardiovaskulär bedingt, in Kroatien sind es bei einem
Cholesterinspiegel von 196 mg/dl aber 50 %. Die mechanistische Vorstellung vom
„schlechten Cholesterin“ als Ursache der Arteriosklerose und daraus resultierender
kardiovaskulärer Erkrankungen ist bis heute nicht klar belegt und vor dem
Hintergrund der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse auch nicht mehr haltbar.
Der historische Rückblick auf die Entstehung der Cholesterin-Hypothese wirft
zahlreiche Fragen auf und lässt Zweifel an der eigentlichen Motivation für die
bedingungslose Verteidigung dieser Hypothese und die vehemente Vermarktung der
Statine aufkommen. Diese Substanzgruppe wurde ohne eindeutigen Nachweis ihrer
Wirksamkeit in Bezug auf die postulierte Prävention von kardiovaskulären
Erkrankungen zugelassen und bis heute fehlen diese eindeutigen Beweise. Das
Cholesterin-Statin-Konzept verliert auch dadurch an Glaubwürdigkeit, dass die
Herstellerfirmen den ganz überwiegenden Teil der Statinstudien direkt oder indirekt
finanzieren und die entsprechenden Fachgesellschaften wie die American Heart
Association mit großen Summen sponsern. Häufig sind Studienautoren mit den
beauftragenden Firmen wirtschaftlich verbunden oder haben gar eigenes finanzielles
Interesse an der Studie, z. B. bei der JUPITER-Studie von 2008, die ebenfalls keinen
Vorteil für die Statine zeigen konnte.
Unbeeindruckt davon werden die Zielwerte für LDL-Cholesterin immer weiter gesenkt,
obwohl es eine inverse Korrelation zwischen LDL-Spiegel und Tumorerkrankungen sowie
Gesamtmortalität gibt. In diesem Heft wird die aktuelle Datenlage kritisch
beleuchtet.
Wir brauchen eine andere Sicht auf die pathogenetischen Vorgänge sowie die Prävention
kardiovaskulärer Erkrankungen. Oxidativer Stress und Entzündungsprozesse in den
Gefäßen, endotheliale Stickstoffmonoxidsynthese, mitochondrialer Energiestoffwechsel
im Herzmuskel oder die Optimierung der Gefäßelastizität sind vielversprechende neue
Ansätze. Dies zeigen auch die Beiträge zu Arginin und Magnesium in diesem Heft.
Ihr Dr. H.-P. Friedrichsen