Pneumologie 2013; 67(08): 432
DOI: 10.1055/s-0033-1353780
Pneumo-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Pharmakotherapie – Compliance abhängig von Farbe und Form der Tabletten?

Contributor(s):
Elke Ruchalla
Kesselheim AS et al.
JAMA Intern Med 2013;
173: 202-208
Further Information

Publication History

Publication Date:
13 August 2013 (online)

 

    Läuft das Patent für ein Originalmedikament aus, kommen i. d. R. entsprechende Generika in den Handel. Mit dem Druck zur Kosteneinsparung im Gesundheitswesen nimmt der Anteil an Generika immer mehr zu. Generika müssen zwar in Bioäquivalenzstudien nachweisen, dass ihre Freisetzungskinetik und Bioverfügbarkeit denen der Originalpräparate entsprechen. Aber genügt das? Mit dieser Frage haben sich A. S. Kesselheim et al. beschäftigt.
    JAMA Intern Med 2013; 173: 202–208

    Veränderungen der Tablettenfarbe erhöhen das Risiko einer Nicht-Einnahme – so die Ergebnisse der Fall-Kontroll-Studie aus den USA, in der Daten von mehr als 60 000 Patienten ausgewertet wurden. Als Beispiel wurde die Einnahme von Antiepileptika überprüft, da hier eine exakte Einnahme von besonderer Bedeutung ist. Schon kurze Überschreitungen des Einnahmeintervalls können zu erheblichen medizischen, finanziellen und sozialen Konsequenzen führen.

    In die Auswertung aufgenommen wurden 11 472 Patienten mit regelmäßiger Einnahme von Antikonvulsiva (wegen einer Epilepsie, aber auch chronischer Schmerzsyndrome, affektiver und anderer psychischer Störungen), die ihr Rezept nicht einlösten, nachdem eine Packung (rein rechnerisch) aufgebraucht war. 50 050 Patienten ohne eine solche Unterbrechung dienten als Kontrollgruppe. Die Forscher bestimmten anschließend, ob vor diesem Nicht-Einlösen des Rezepts ein Wechsel des Präparats mit Veränderungen von Form und/oder Farbe der Tabletten vorgekommen war und berechneten das Risiko für eine Nicht-Einnahme in Abhängigkeit davon.

    Zoom Image
    Verändert sich das gewohnte Medikament in Farbe und Form, kann dies die Einnahmeroutine beeinflussen. (Bild: PhotoDisc)

    Es zeigte sich, dass eine Veränderung der Tablettenfarbe bei 136 Fällen (1,2 %) dem Nicht-Einlösen des Rezepts vorangegangen war. In der Kontrollgruppe fand sich eine derartige Veränderung bei 480 Teilnehmern (0,97 %; adjustierte Odds Ratio [OR] 1,27; 95 %-Konfidenzintervall [KI] 1,04–1,55). Eine Veränderung der Tablettenform war weniger häufig: Sie ging bei 18 Patienten einem Nicht-Einlösen voraus (0,16%), gegenüber 54 Kontrollpatienten (0,11%; OR 1,47; 95 %-KI 0,85–2,54). Auch in der Subgruppe der Patienten mit tatsächlicher Epilepsiediagnose waren die Verhältnisse ähnlich: Die OR für eine Nicht-Einnahme lag bei 1,53 (95 %-KI 1,07–2,18) nach veränderter Tablettenfarbe.

    Fazit

    Die Non-Compliance bei Patienten, die Antikonvulsiva einnehmen, könnte durch eine neue Tablettenfarbe steigen, so die Autoren. Einschränkend fügen sie hinzu, dass die Parameter, mit denen die Compliance beurteilt wurde, mit Fehlern behaftet sein könnten – möglicherweise wurde das Einnahmeschema vom Arzt geändert. Ebenso gewährleistet eine Rezepteinlösung nicht die tatsächliche Einnahme der Tabletten. Dennoch könnte ein Überdenken der Zulassungsvoraussetzungen für Generika im Hinblick auf das Aussehen sinnvoll sein.


    #


    Zoom Image
    Verändert sich das gewohnte Medikament in Farbe und Form, kann dies die Einnahmeroutine beeinflussen. (Bild: PhotoDisc)