Z Orthop Unfall 2013; 151(04): 332
DOI: 10.1055/s-0033-1354782
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hüfttotalendoprothese – Draht statt Kabel!

Contributor(s):
Stephanie Simon
Berton C et al.
Comparison of the outcome following the fixation of osteotomies or fractures associated with total hip replacement using cables or wires.

J Bone Joint Surg Br 2012;
94: 1475-1481
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Publication Date:
27 August 2013 (online)

 

Bei der Implantation von Hüfttotalendoprothesen (HTEP) können Komplikationen wie Implantatbruch, Lockerung, Migration des trochantären Fragmentes oder Pseudarthrosen auftreten, die mit Cerclagen assoziiert sind. C. Berton et al. zeigt 5-Jahres- Resultate, die Draht- und Kabelcerclagen klinisch und radiologisch vergleicht.
Berton C et al. Comparison of the outcome following the fixation of osteotomies or fractures associated with total hip replacement using cables or wires. J Bone Joint Surg Br 2012; 94: 1475–1481

Methodik

In der prospektiven Studie wurden alle Patienten aufgenommen, die zwischen 1996 und 2005 bei einer Primär- oder Revisions- Operation eine HTEP erhalten hatten und bei denen Draht- bzw. Kabelcerclagen für die Fixation von Osteotomien oder Frakturen verwendet wurden. Eingesetzt wurden monofilamentäre Drahtcerclagen mit unterschiedlichen Durchmessern nach Wahl des jeweiligen Operateurs sowie ab 2001 geflochtene multifilamentäre 2,0 mm dicke Dall-Miles Kabelcerclagen, die unter standardisierter Technik gespannt und befestigt wurden. Kabelcerclagen wurden bei 51 und Drahtcerclagen bei 126 Operationen verwendet.

Folgende Parameterwurden erfasst:

  1. radiologische Charakteristika wie lineare oder fokale Osteolysen um Kabel bzw. Drähte im Bereich von Azetabulum oder Femur, Pseudarthrosen des Trochanter major, Kabel- oder Drahtbruch und Metallabrieb,

  2. Komplikationen wie Fremdkörpergranulome, Protheseninfektion und Revisionen

  3. klinische Ergebnisse wie funktionelle Resultate, Restbeschwerden, Aktivität und Zufriedenheit der Patienten

Radiologisch wurden die Beckenübersicht sowie die lateralen Projektionen der Hüftgelenke ausgewertet. Die klinischen Resultate wurden anhand Harris Hip Score (HHS), UCLA Activity Score und visueller Analogscala (VSA) evaluiert.


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Ergebnisse

Verfügbar für die Studie waren nach einer durchschnittlichen postoperativen Nachbeobachtung über 61 Monate 36 von 51 HTEP (70,6 %) in der Kabelcerclage-Gruppe und 101 von 126 (80,1 %) in der Drahtcerclage- Gruppe. Die radiologische Auswertung von 33 Kabelcerclagen- und 91 Drahtcerclagen-HTEP ergab nach 5 Jahren einen Bruch der Cerclage bei 12 von 33 (36 %) bzw. 42 von 91 (46 %). Bei den mit Kabelcerclage versorgten HTEP zeigte sich ein signifikant höheres Risiko eines Metallabriebs (68 % vs. 9 %, adjustiertes relatives Risiko (RR) 6,6), einer Pseudarthrose des Trochanter major (36 % vs. 21 %, RR 2,0) und einer Osteloyse rund um das eingebrachte Material (61 % vs. 19 %), RR 3,9), wobei der Kabelcerclagenbruch das Risiko für Osteolysen auf 83 % erhöhte. Ein Trend ergab sich auch hinsichtlich der Fremdkörperreaktionen und einer erhöhten Infektrate in der Kabelcerclagen-Gruppe 11,8 % vs. 2,4 %, RR 4,9). Die klinischen Resultate bezüglich des HHS, UCLA Activity Score oder VAS wiesen keine grundlegenden Unterschiede auf. Die beiden Gruppen waren zudem vergleichbar im Hinblick auf Restbeschwerden und Hinken.


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Kommentar

Die meisten Studien, die Kabel- und Drahtcerclagen miteinander vergleichenden liegen mindestens 20 Jahre zurück und waren retrospektiver Natur. Bisher wurden keine Unterschiede zwischen Kabel- und Drahtcerclagen in Bezug auf die Komplikationsraten im mittel- und längerfristigem Verlauf bei perioperativen Calcarfrakturen oder bei Refixation nach transfemoralem Zugang beschrieben, während beim Zugang mit Trochanterosteotomie Drahtcerclagen günstiger abschnitten. Die Studie verdeutlicht, dass sich signifikante Unterschiede bereits nach 5 Jahren finden lassen und die Ergebnisse klar für den Einsatz von Drahtcerclagen sprechen.

Weiterer Klärungsbedarf besteht hinsichtlich der beobachteten erhöhten Infektrate bei der Verwendung von Kabelcerclagen, wobei die Autoren auf die Studie von Kelley et al. verweisen, die einem erhöhten Kabelabrieb eine leichtere bakterielle Besiedlung zuschrieben. In diesem Zusammenhang könnte der hohe Gehalt an Cobalt-Ionen in der Legierung der verwendeten Kabelcerclagen eine reduzierte Phagyzytoseeaktivität und somit eine potenziell höhere Infektrate bedingen. Positiv ist der prospektive Charakter der Studie anzumerken. Der Nachuntersuchungszeitraum erscheint in Bezug auf die Unterschiede bei Metallabrieb, Pseudarthrosenrate und Osteolysen ausreichend lang. Hinsichtlich der Infektquoten nach Kabelapplikation dürfte allerdings nur eine größer angelegte Studie Aufschluss geben. Die Erkenntnisse lassen zumindest eine sorgfältige Abwägung der Indikationen der Kabelcerclagen ratsam erscheinen.

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(© ADMEDES Schuessler GmbH, Martin Glauner)

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