Psychiatr Prax 2013; 40(08): 457
DOI: 10.1055/s-0033-1359880
Mitteilungen der BDK
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Mitteilungen aus der Bundesdirektorenkonferenz (BDK) Deutscher Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie

Gerhard Längle
1   Tübingen/Bad Schussenried
,
Thomas Pollmächer
2   Ingolstadt
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Publication History

Publication Date:
05 November 2013 (online)

 

Bericht aus der Herbsttagung der Bundesdirektorenkonferenz (BDK) im Inn-Salzach-Klinikum in Wasserburg am Inn vom 24. – 25.10.2013

Die Herbsttagung war wie immer aufgeteilt in einen wissenschaftlichen Teil am Donnerstag und eher verbandsorientierte Themen am Freitag. Der ärztliche Direktor des gastgebenden Inn-Salzach-Klinikums Prof. Dr. Laux nahm letztmalig an der Bundesdirektorenkonferenz teil, da er in Kürze in den wohlverdienten Ruhestand geht. Als Leiter des Arbeitskreises Forschung und Wissenschaft war er viele Jahre maßgeblich in den Gremien der BDK tätig und wurde mit großem Dank und hoher Anerkennung aus dieser Runde verabschiedet.


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Der wissenschaftliche Teil stand unter der Überschrift „Grundlagen evidenzbasierter Medizin in der stationären Psychiatrie“. Ziel war es, die relevanten Säulen der Behandlung in unserem Fachgebiet auf ihre Fundierung in der evidenzbasierten Medizin zu prüfen und zugleich diese Methode selbst in ihrer Aussagefähigkeit für die in der Psychiatrie durchgeführten Behandlungskonzepte kritisch zu hinterfragen.

Für die psychosozialen Therapien übernahm diese Aufgabe Prof. Dr. Thomas Becker aus Günzburg, zentraler Autor der S3-Leitlinien psychosoziale Therapien der DGPPN. Er wies darauf hin, dass es in diesem Feld wenig positive Ergebnisse gibt. Der Nachweis von spezifischen Effekten einer psychosozialen Maßnahme ist aus methodischen Gründen sehr schwierig. Hinzu kommt die nur eingeschränkte Übertragbarkeit von Ergebnissen aus unterschiedlichen Ländern und Kulturregionen angesichts der Abhängigkeit vom Versorgungssystem.

Prof. Dr. Schnyder aus Zürich nahm den Ball auf für die Psychotherapieverfahren und verwies auch hier auf die Probleme einer spezifischen Forschungsmethodik, die der einzelnen Maßnahme gerecht wird. Erschwerend kommt hinzu, dass die gut beschriebenen Verfahren und Manuale in der Praxis nur selten in dieser Form angewandt werden. Wichtig war ihm der Hinweis, dass Evidence-based medicine grundsätzlich vergangenheitsorientiert ist, nur aus der Erfahrung lebt und nichts Neues hervorbringen kann. Innovative Ansätze müssten immer parallel entwickelt werden. Konkret gefordert wurde von ihm die Untersuchung von Kurzzeittherapien im deutschen Versorgungssystem.

Prof. Dr. Gründer aus Aachen widmete sich der Evidenzbasierung der Pharmakotherapie, verband dies mit einer ausführlichen kritischen Würdigung der Thematik von Interessenkonflikten zwischen Wissenschaft und Pharmaindustrie, um dann auf die Vorläufigkeit von Erkenntnissen im Bereich der Pharmakotherapie anhand verschiedener Beispiele einzugehen.

In der Podiumsdiskussion, auch gefördert durch die ergänzenden Beiträge der Vertreter der Angehörigen- und Betroffenenorganisationen, ging es vor allem um das Spannungsfeld zwischen evidenzbasierter Medizin und dem Konzept des Shared decision making. Einigkeit bestand, dass evidenzbasierte Medizin mit ihren Erkenntnissen als Wissenshintergrund beim Therapeuten von großer Bedeutung ist, der mit dem Patienten ausgehandelte Therapieplan davon jedoch im Einzelfall auch deutlich abweichen kann.

Der Verbandsteil war geprägt von den beiden Themen PEPP und MWBO: Es besteht gespannte Erwartung, inwieweit durch Einflussnahme auf die Koalitionsvereinbarungen noch Korrekturen am PEPP-System möglich sind. Sehr intensiv und z. T. kontrovers wurde die Musterweiterbildungsordnung diskutiert. Deutlich wurde der starke Wunsch der klinisch Verantwortlichen nach einer neuen Weiterbildungsstruktur im Sinne eines Common-trunk-Modells, das im Einzelnen noch durchzudeklinieren wäre. Gewünscht wird in diesem Zusammenhang dringend die Einbindung des Facharztes für Psychosomatik und Psychotherapie in eine gemeinsame „Psycho-Facharztstruktur“. Falls dies nicht gelingen sollte, wird nahezu einstimmig eine Verlängerung des jetzigen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie um ein Jahr (mit der vorgesehenen massiven Vermehrung der zu vermittelnden Inhalte und der dahinter liegenden Stundenzahl) sehr kritisch bewertet. Das Thema wird bei der Frühjahrstagung wieder aufgegriffen.

Dargestellt wurden Ergebnisse von Umfragen, insbesondere für den Bereich Psychotherapie. Diese können auf der Website der BDK nachgelesen werden. Neu gegründet wurde die Arbeitsgruppe Psychotherapie unter Leitung von Priv.-Doz. Dr. Schuld, Ingolstadt. Ziel ist die Bündelung und Zusammenstellung von psychotherapeutischen Maßnahmen für den klinischen Alltag in der Versorgungspsychiatrie. Details sind der Website der Arbeitsgruppe zu entnehmen.

Mit großer Anerkennung und Dank für die langjährige, hervorragende Zusammenarbeit wurde Herr Joachim Hübner, scheidender Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der Träger psychiatrischer Krankenhäuser aus der Runde der BDK verabschiedet. Herr Hübner hat über acht Jahre maßgeblich zu der guten Zusammenarbeit und dem gemeinsamen Wirken in die politischen Gremien beigetragen. Hervorgehoben wurde seine stets besonnene und doch sehr klare Haltung zu Fragen der psychiatrischen Versorgung. Begrüßt wurde seine Nachfolgerin Frau Dr. Borrmann-Hassenbach.

Die aktuellen Informationen zu den Arbeitsgruppen sind der Website der BDK zu entnehmen.

Prof. Dr. Gerhard Längle, Tübingen/Bad Schussenried

Termine

Jahrestagung Arbeitskreis Sucht der BDK 23./24. Januar 2014 in Regensburg

Frühjahrstagung der BDK 3./4. April 2014 in Neuss.


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