Pneumologie 2013; 67(11): 593
DOI: 10.1055/s-0033-1360761
Pneumo-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Maschinelle Beatmung – Frühzeitige Tracheotomie ohne Vorteil

Contributor(s):
Johannes Weiß
Young D et al.
JAMA 2013;
309: 2121-2129
Further Information

Publication History

Publication Date:
07 November 2013 (online)

 

    Ist bei Intensivpatienten absehbar, dass sie längerfristig maschinell beatmet werden müssen, wird bei den meisten eine Tracheotomie vorgenommen. Unklar ist jedoch, wann der optimale Zeitpunkt hierfür ist. D. Young et al. haben nun versucht, diese Frage zu klären.
    JAMA 2013; 309; 2121–2129

    Eingang in die Multicenterstudie, die an 13 universitären und 59 nicht universitären Kliniken in Großbritannien durchgeführt wurde, fanden Intensivpatienten, die seit weniger als 4 Tagen maschinell beatmet wurden und bei denen eine Beatmungsdauer von mindesten 7 weiteren Tagen erwartet wurde.

    Die Patienten wurden randomisiert auf 2 Gruppen verteilt und erhielten entweder eine frühzeitige oder eine späte Tracheotomie. Diese erfolgte in der frühzeitigen Gruppe innerhalb der ersten 4 Tage des Aufenthaltes auf der Intensivstation und in der späten Gruppe an Tag 10 oder später, wenn der behandelnde Arzt diese Maßnahme dann noch für erforderlich hielt. Primärer Endpunkt war die 30-Tages-Mortalität, sekundäre Endpunkte waren unter anderem die Mortalität auf der Intensivstation, nach 1 und 2 Jahren sowie die Verweildauer. In die Analyse gingen insgesamt 909 erwachsene Patienten im Durchschnittsalter von 63,9 Jahren ein, davon 527 Männer (58,6 %). Von den 455 Patienten der frühen Gruppe erhielten 91,4 % eine Tracheotomie, von den 454 in der späten Gruppe 44,9 %.

    Die Gesamtmortalität nach 30 Tagen betrug 30,8 % (n=139) in der frühen und 31,5 % (n=141) in der späten Gruppe, was einer nicht signifikanten absoluten Risikoreduktion von 0,7 % entsprach. Die 2-Jahresmortalität lag entsprechend bei 51 und 53,7 %. Die mediane Verweildauer auf der Intensivstation betrug bei den überlebenden Patienten (315 bzw. 312) 13 Tage (frühe Tracheotomie) bzw. 13,1 Tage (späte Tracheotomie), die gesamte mediane Liegezeit im Krankenhaus 33 bzw. 34 Tage. Durch den Eingriff bedingte Komplikationen traten bei insgesamt 6,3 % der Patienten auf, wobei die Anteile in den beiden Gruppen bei 5,5 % (frühe Tracheotomie) bzw. 7,8 % (späte Tracheotomie) lagen.

    Zoom Image
    Der Luftröhrenschnitt (Tracheotomie) ist ein chirurgischer Eingriff, bei dem durch die Halsweichteile ein Zugang zur Luftröhre geschaffen wird. Zu welchem Zeitpunkt eine Tracheotomie durchgeführt wird, hat laut Studie keine Auswirkungen auf die Mortalitätsrate. (Bild: Studio Blofield/Thieme Verlagsgruppe)
    Fazit

    Bei maschinell beatmeten Patienten führte eine Tracheotomie innerhalb der ersten 4 Tagen weder zu einer niedrigeren 30-Tages-Mortalität noch zu einer höheren 2-Jahresüberlebensrate oder einer Verkürzung der Liegezeit. Auch die Möglichkeit der behandelnden Ärzte einzuschätzen, welche Patienten eine längere maschinelle Beatmung benötigen, erwies sich nach Angaben der Autoren als begrenzt.


    #


    Zoom Image
    Der Luftröhrenschnitt (Tracheotomie) ist ein chirurgischer Eingriff, bei dem durch die Halsweichteile ein Zugang zur Luftröhre geschaffen wird. Zu welchem Zeitpunkt eine Tracheotomie durchgeführt wird, hat laut Studie keine Auswirkungen auf die Mortalitätsrate. (Bild: Studio Blofield/Thieme Verlagsgruppe)