Der Klinikarzt 2013; 42(11): 531
DOI: 10.1055/s-0033-1361893
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Erfahrungen aus der klinischen Praxis – Candida-Infektionen auf der Intensivstation

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Publication Date:
09 December 2013 (online)

 
 
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    Dr. Matthias Kochanek

    Insbesondere bei Patienten auf Intensivstationen steigt die Inzidenz von Candida-Infektionen. Der zunehmende Einsatz immunsupprimierender Substanzen begünstigt diese Tendenz. Patienten, bei denen die Immunabwehr in hohem Maße eingeschränkt ist, haben ein erhöhtes Risiko nach einer invasiven Candida-Infektion zu versterben. Umso entscheidender sind hier eine frühzeitige Prophylaxe sowie effektive Medikamente. Wir sprachen mit Dr. Matthias Kochanek, Internist und Infektiologe an der Uniklinik Köln, über den Einsatz von Echinocandinen wie Micafungin (Mycamine®) zur Prophylaxe und Therapie von Candida-Infektionen.

    ? Herr Dr. Kochanek, welche besondere Herausforderung stellt eine Candida-Infektion bei Intensiv-Patienten dar, bei denen Nierenersatzverfahren zum Einsatz kommen?

    Dr. Matthias Kochanek: Bei Nierenersatzverfahren ist es extrem wichtig, dass hier Medikamente zum Einsatz kommen, die die Nierenfunktion nicht beeinträchtigen, eine hohe Wirksamkeit und Bioverfügbarkeit aufweisen und nicht herausdialysiert werden. Patienten, die vor einer allogenen Transplantation stehen, bekommen viele Medikamente und sind katecholaminpflichtig. Bei diesen Patienten liegt häufig ein präterminales Nierenversagen vor. Sofern sie aber noch Urin ausscheiden, ist es unser oberstes Ziel auf nierentoxische Präparate zu verzichten.

    ? Was ist in diesen Fällen bei der Dosierung des Antimykotikums zu beachten?

    Kochanek: Für das Echinocandin Micafungin (Mycamine®) gilt eine einheitliche Dosierung, die nahezu unabhängig von der Leber- und Nierenfunktion ist. Seit Anfang des Jahres führen wir hierzu eine Studie durch, bei der die Bioverfügbarkeit von Micafungin bei Dialysepatienten erfasst wird. Das Medikament wird vor der Dialyse gegeben und der Plasmaspiegel dann über mehrere Stunden hinweg gemessen, um einen potentiellen dialysebedingten Wirkverlust zu erfassen. Die bisher erhobenen Daten von derzeit 6 Patienten zeigen, dass die Bioverfügbarkeit so gut ist wie ohne Dialyse. Insgesamt sollen 10 bis 15 Patienten in diese Studie eingeschlossen werden. Wir arbeiten hier eng mit unseren Kollegen aus dem Herzzentrum zusammen und rechnen Anfang des kommenden Jahres mit einer Publikation der Ergebnisse.

    ? Welche weiteren Aspekte müssen beim Einsatz eines Antimykotikums in der Intensivmedizin berücksichtigt werden?

    Kochanek: Die Aspekte Interaktionspotential, Verträglichkeit und Dosierung – z. B. bei Leberinsuffizienzen – sind für uns generell von Bedeutung. Auch die Applikationsform des Antimykotikums ist für uns von großem Interesse. So sind einige Pilzpräparate nur per os verfügbar, diese finden bei unseren Intensivpatienten allerdings keine Anwendung, da in diesen Fällen die Resorptionsrate gegen Null geht. Für uns sind daher nur Präparate, die parenteral, also per Infusion, verabreicht werden können, interessant.

    ? In welchen Fällen setzen Sie Echinocandine ein? Und wann Micafungin?

    Kochanek: Bei den nicht neutropenischen Patienten empfehlen die Leitlinien vornehmlich den Einsatz von Anidulafungin. Bei den immunsupprimierten, neutropenischen Stammzelltransplantierten sowie organtransplantierten Patienten steht der Einsatz von Micafungin an oberster Stelle. In der Therapie von invasiven Candidosen bei organtransplantierten Patienten hat Micafungin im Gegensatz zu Caspofungin sogar eine A-I-Empfehlung erhalten. Hinsichtlich der prophylaktischen Anwendung hat es zwar keine derart hohe Empfehlung bekommen, wird von uns auf der Intensivstation aber häufig zur Prophylaxe eingesetzt.

    ? Welche Erfahrungen haben Sie persönlich mit dem Einsatz von Micafungin bei Intensiv-Patienten im Allgemeinen und bei Patienten mit Nierenersatzverfahren im Besonderen gemacht?

    Kochanek: Patienten, bei denen wir sehr gute Erfahrungen gemacht haben, sind die allogen Transplantierten, bei denen wir uns häufig in dem Graubereich zwischen Prophylaxe und empirischer Therapie befinden. Hier kommt es unter der Prophylaxe mit Micafungin nur extrem selten zu Durchbruchsinfektionen. Micafungin ist meiner Erfahrung nach außerdem sehr gut verträglich. Wir haben z. B. nie eine Erhöhung der Leberwerte, auf die in der Fachinformation noch hingewiesen wird, beobachtet. Dies gilt auch für Patienten mit Nierenersatzverfahren, wie unsere bisherigen Studienergebnisse belegen.

    Herr Dr. Kochanek, vielen Dank für das Gespräch!

    Das Interview führte Monika Funck, Köln.

    ESCMID-Empfehlungen zum Einsatz von Micafungin
    • ICU-Patienten: A-I

    • Prophylaxe einer Candidose nach allogener hämatopoetischer Stammzelltransplantation (HSZT) bei pädiatrischen Patienten: A-I

    • Reduzierung der Morbidität nach allogener hämatopoetischer Stammzelltransplantation (HSZT): A-I

    • zielgerichtete Therapie invasiver Candidiasis/Candidose bei neutropenischen Patienten: A-II


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    Dr. Matthias Kochanek