Z Gastroenterol 2014; 52(10): 1214-1215
DOI: 10.1055/s-0033-1362825
Mitteilungen des BVGD
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Ambulante Weiterbildung in der Gastroenterologie: Pflicht oder Kür?

B. Kallinowski
,
D. Schilling
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Publication Date:
20 October 2014 (online)

Aktuelle Fakten im Fach Gastroenterologie

Die Rahmenbedingungen für die ärztliche Weiterbildung haben sich in der jüngeren Zeit aufgrund der Arbeitsverdichtung, verkürzter Liegezeiten, ökonomischen Drucks, Zentrenbildung und Verlagerung von ärztlichen Leistungen in den ambulanten Bereich verändert. Dieses wirkt sich zunehmend auf die ärztliche Weiterbildung aus, die auch verstärkt im ambulanten Bereich stattfinden sollte.

Die Gastroenterologie zählt zu den großen internistischen Schwerpunkten. Die gegenwärtige ökonomisch orientierte Entwicklung des Gesundheitssystems in Deutschland führt u. a. dazu, dass in gastroenterologischen bettenführenden Krankenhaus-Abteilungen Betten abgebaut werden, zumal 80 % der gastroenterologischen Krankheitsbilder inklusive der dafür notwendigen Prozeduren der Endoskopie, des Ultraschall, der Behandlung von Patienten mit chronischen Hepatitiden und chronisch entzündlichen Darmerkrankungen oder bösartigen Tumoren (gastroenterologische Onkologie) ambulant erfolgen kann. Somit stehen Lehrkrankenhäuser aber auch universitäre Institutionen vor dem großen Problem, das komplette Spektrum der Gastroenterologie inklusive der gastroenterologischen Onkologie in ausreichendem Maße anbieten zu können.

Zudem wird es immer schwieriger, Bewerber / innen für vakante Weiterbildungsstellen zu akquirieren aufgrund gestiegener Lebensqualitätsansprüche der auszubildenden Gastroenterologen / innen (bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, besseres Gehalt). Die Folge ist: Oberarztstellen in Krankenhäuser bleiben vakant, Nachfolger für prosperierende gastroenterologische Schwerpunktpraxen fehlen – Praxen werden ggf. unverkäuflich.

In Deutschland arbeiten derzeit ca. 3800 Schwerpunktgastroenterologen, wovon ca. 30 % (n = 1154) in eigener Praxis niedergelassen sind. Frauen sind mit einem Anteil von nur 11 % deutlich unterrepräsentiert. Im Gegensatz dazu sind mehr als 60 % der heutigen Medizinstudienanfänger und approbierten Ärzte weiblich. Pro Jahr gewinnen wir ca. 150 neue Gastroenterologen / Innen mit erfolgreich abgelegten Facharztprüfungen (Abbildung 1- Zahlen von der BÄK).

Die neue Musterweiterbildungsordnung (wahrscheinlich ab 2016 in Krafttretend) für die Gastroenterologie sieht nach einer 3 jährigen Basisausbildung zum Facharzt / ärztin für Innere Medizin (common trunk), eine 3 jährige Ausbildung im Schwerpunkt Gastroenterologie vor. Die ambulante Weiterbildungsmöglichkeit im Verbund, sei es in gastroenterologischen Schwerpunktpraxen oder onkologischen Tageskliniken soll den Weiterbildungsinhalten der Hepatologie, Versorgung von Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen und Patienten mit gastroenterologischen Tumoren Rechnung tragen. Oft verfügen nämlich weiterbildungsberechtige Krankenhäuser weder über Ambulanzen, in denen Patienten mit Leber- oder chronischen Darmerkrankungen versorgt werden, noch über onkologische Tageskliniken, in denen Chemo- und Immuntherapien verabreicht werden. Ungeachtet dessen entstehen den ausbildenden Institutionen erhebliche Personalkosten, so dass bereits auf dem 117. Deutschen Ärztetag 2014 ein Finanzausgleich für ausbildende Abteilungen (Krankenhausabteilungen / niedergelassene Schwerpunktpraxen) gefordert wurde (Quelle: Deutsches Ärzteblatt, Jg. 111, Heft 23-24,09. Juni 2014, A 1081–1082). Bisher unterstützen nur Niedersachsen und Hessen die ambulante Schwerpunktweiterbildung mit bis zu 1500 €/Monat für maximal 12 Monate. Um eine Verbundweiterbildung zu ermöglichen (hier werden die meisten Krankenhäuser darauf angewiesen sein), sollte u. a. eine Lockerung der Mengenbegrenzungsregelung für Weiterbildungspraxen erfolgen und eine finanzielle Förderung erfolgen. Derzeit besitzen nur 30 % der niedergelassenen Gastroenterologen eine Weiterbildungsermächtigung von 6 bis maximal 18 Monate. Aufgrund o. g. finanzieller Benachteiligung bilden jedoch weniger als 10 % der gastroenterologischen Schwerpunktpraxen aus. Hinzu kommt, dass man als Facharzt gegenüber seinen zuweisenden Kollegen / innen verpflichtet ist, einen fachärztlichen Standard anzubieten bzw. seinen ggf. überdurchschnittlichen Ruf als Referenzgastroenterologe / in zu halten.