Diabetologie und Stoffwechsel 2014; 9(5): 338
DOI: 10.1055/s-0033-1362869
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Referat – Einfluss von Lebensstilintervention auf Depressivität und Lebensqualität

Bernhard Kulzer
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Publication Date:
30 October 2014 (online)

Hintergrund: Look AHEAD (Action For Health in Diabetes) war eine randomisiert-kontrollierte Multisite-Studie mit 5145 übergewichtigen / adipösen Typ-2-Diabetes-Patienten, die entweder Lebensstilinterventionen (intensive lifestyle intervention, ILI) oder Kontrollinterventionen über Diabetes-Schulungen (diabetes support and education, DSE) zugeordnet waren. Das Follow-Up dauerte bis zum Abbruch der Studie 9,6 Jahre, da die erhoffte protektive Wirkung für kardiovaskuläre Erkrankungen als primärer Endpunkt ausblieb. Die Autoren untersuchten nun als sekundäres Studienziel den Effekt von ILI und DSE auf depressive Symptome und gesundheitsbezogene Lebensqualität.

Methoden: Studienteilnehmer waren 5145 übergewichtige / adipöse Typ-2-Diabetes-Patienten (ILI = 2570; DSE = 2575), die in 16 amerikanischen klinischen Zentren rekrutiert wurden (45–76 Jahre alt, verifizierter Typ-2-Diabetes, unter Diabetes-Therapie oder mit kontrolliertem Blutzuckerspiegel). Weitere Kriterien waren:

  • Body-Mass-Index (BMI) ≥25 kg / m2 (≥ 27 kg / m2 bei Insulineinnahme)

  • Hämoglobin A1c (HbA1c)-Level < 11 % (< 97mmol / mol)

  • Blutdruck < 160:110 mmHg

  • Triglyzeride < 600 mg / dL

Patienten mit Psychosen oder Borderline-Syndrom sowie einer stationären Behandlung wegen einer klinischer Depression innerhalb der letzten 6 Monate wurden ausgeschlossen. Für das Follow-Up wurde zu Beginn der Studie („Baseline“), und anschließend jährlich in den Jahren 1–4 sowie nach 8 Jahren das Beck-Depressions-Inventar (BDI) angewendet. Es wurden jeweils alle Patienten untersucht, BDI-Cut-off-Werte ≥ 10 wurden als Indikator für eine erhöhte Depressivität und Anzeichen einer milden oder stärkeren Depression gewertet. Zum Zeitpunkt der Baseline nahmen 17,1 % der Patienten Antidepressiva ein, 18,2 % hatten einen BDI-Wert von ≥ 10; in der ILI-Gruppe hatten 22,1 % und in der DSE-Gruppe 19,2 % in der Vergangenheit eine Depression (p < 0,0088). Während des Follow-Up machten die Patienten außerdem jährliche Angaben zur Einnahme von Antidepressiva und füllten den Gesundheitsfragebogen SF-36 aus.

Ergebnisse: ILI reduzierte die Inzidenz milder bis stärkerer depressiver Symptome (BDI-Wert ≥ 10) verglichen zu DSE signifikant (Hazard Ratio [HR]=0,85; 95-Konfidenzintervall [KI] 0,75-0,97; p = 0,0145). Obwohl sich die SF-36-Werte im Laufe der Untersuchung in beiden Gruppen allgemein verschlechterten, gaben die Patienten aus der ILI-Gruppe in den erste 8 Jahren des Follow-Up eine bessere physische Verfassung an (p für alle < 0,01). Es gab keine signifikanten Anzeichen darauf, dass die Einnahme von Antidepressiva die SF-36-Werte oder andere Parameter beeinflussten.

Folgerung: Lebensstil-Interventionen (ILI) bei übergewichtigen / adipösen Typ-2-Diabetes-Patienten könnten das Ausmaß depressiver Symptome signifikant verringern, so die Autoren.“ Ebenso verbesserten sie im Vergleich zu DSE das Befinden bezüglich der körperlichen Lebensqualität.

Dr. Marion Rukavina, Berlin