Pneumologie 2013; 67(12): 652-653
DOI: 10.1055/s-0033-1363061
Pneumo-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Evaluation eines humanisierten Mausmodells der allergischen Atemwegsentzündung
Dr. Helen Meyer-Martin

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Publikationsdatum:
09. Dezember 2013 (online)

 

    Aus der zunehmenden Prävalenz allergischer Erkrankungen ergibt sich ein erhöhter Bedarf an Grundlagenforschung im Bereich von Allergie und Asthma sowie der Entwicklung innovativer Therapiestrategien. In dieser Dissertation wurden die immundefizienten Mausstämme NOD-Scid und NOD-Scid-γc als vielversprechender translationaler Schritt zwischen dem reinen Tiermodell und der Erprobung neuer Therapieansätze in klinischen Studien beleuchtet. Im experimentellen Verlauf der Arbeit wurde ein humanisiertes Mausmodell der allergischen Atemwegsentzündung zunächst in immundefizienten NODScid- und darauffolgend in NOD-Scid-γc-Mäusen etabliert. Diese Mausstämme zeichnen sich durch das Fehlen von B- und T-Zellen aus. Im NOD-Scid-γc-Stamm resultiert aus einer zusätzlichen Mutation des Gens für die γ-Kette des IL-2 Rezeptors der Verlust muriner NK-Zellen, was die Immunität in diesem Stamm weiter herabsetzt und eine Humanisierung erleichtert. Die Humanisierung der Mäuse erfolgte durch die intraperitoneale Injektion von mononukleären Zellen des peripheren Blutes (PBMCs), die unter Anwendung der Ficoll-Dichtezentrifugation aus dem Probandenblut isoliert wurden. Für die Gewinnung der PBMCs wurden Asthma-Patienten mit einer hochgradigen Sensibilisierung gegen Birkenpollen herangezogen. Während sich für den NOD-Scid-Stamm 80-mal 106 PBMCs als angemessene Transferzahl erwiesen, reichten für die Rekonstitution des NOD-Scid-γc-Stammes 5-mal 106 PBMCs aus. Eine Analyse der Tiere erfolgte 24 Tage nach Injektion der humanen Zellen im Anschluss an eine nasale Provokation der Atemwege mit Birkenallergen an den Tagen 20–22. Der Transfer der PBMCs allergischer Asthmatiker führte besonders nach additiver Applikation des Birkenallergens sowie des humanen rekombinanten Zytokins IL-4 und darauffolgender nasaler Provokation mit Allergenen zu einer starken pulmonalen Entzündung.

    Die nasale Provokation mit Birkenallergen nach PBMC-Transfer erwies sich für das Aufkommen der Entzündung als unbedingt erforderlich. Eine Provokation mit PBS (Phosphate buffered Saline) mündete in einer herabgesetzten Inflammation ohne Atemwegsüberempfindlichkeit (AHR), reduzierten Zellzahlen in der bronchoalveolären Lavage (BAL) sowie verminderten Frequenzen humaner Zellen in den Lungen von Versuchstieren, die mit PBMCs von Birkenpollenallergikern rekonstituiert wurden. Die Allergenabhängigkeit des etablierten Modells wurde anhand von Experimenten untermauert, die verdeutlichten, dass ein Transfer von PBMCs nichtallergischer Probanden trotz Zugabe des Allergens und humanem IL-4 keine Atemwegsinflammation auslöste. Bei den humanen Zellen, die an Tag 24 nach Rekonstitution in den Mäusen detektiert werden konnten, handelte es sich hauptsächlich um T-Zellen. Depletionsexperimente, in denen nach Gewinnung der PBMCs aus dem Blut der Probanden verschiedene TZellsubpopulationen (CD3+, CD4+, CD8+) eliminiert wurden, führten zu dem Befund, dass die allergische Atemwegsentzündung in dem System von humanen CD4+-T-Zellen ausgelöst wurde.

    Nach der Etablierung des humanisierten Mausmodells der allergischen Atemwegsentzündung wurde das System zur Analyse des suppressionsfördernden Potenzials des HIV-1-Hüllproteins gp120 genutzt. Die Hypothese, dass gp120 regulatorische TZellen (Tregs) aktivieren und somit der Atemwegsinflammation entgegenwirken könnte, basierte auf einer 2009 veröffentlichten Studie (Becker et al. 2009; Blood 114: 1263–1269), in der die von humanen Treg vermittelten antiinflammatorischen Effekte des gp120 bereits nachgewiesen werden konnten. Die Applikation von gp120 führte in dem etablierten Testsystem zu einer Reduktion der Atemwegsinflammation. Dies äußerte sich in einer Aufhebung der AHR, verminderten Zellzahlen in der BAL sowie dem reduzierten Einstrom humaner T-Zellen in die Lungen der mit PBMCs von Birkenpollenallergikern rekonstituierten Tiere. Die antiinflammatorische Wirkung des gp120 war strikt von der Anwesenheit regulatorischer T-Zellen innerhalb der für die Humanisierung genutzten PBMCs abhängig. Eine Depletion der Tregs vor Transfer in die Mäuse führte zum Verlust der antiinflammatorischen Effekte des Proteins. Diese Ergebnisse sprechen für die Modulation regulatorischer TZellen als vielversprechende Maßnahme in der Therapie allergischer Erkrankungen. Die im Rahmen dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnisse eröffnen innovative Ansätze zur Analyse neuer Therapiestrategien in einem Testsystem, das die Erforschung humaner Zellinteraktionen sowie die Wirkung potenzieller Arzneistoffe auf humane Zellen unter In-vivo-Bedingungen erlaubt.


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