Diabetes aktuell 2013; 11(08): 338
DOI: 10.1055/s-0033-1363646
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Gesunde Dicke, kranke Dicke – Ist das menschliche Fettgewebe verantwortlich für Diabetes?

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Publication Date:
10 January 2014 (online)

 

    Starkes Übergewicht erhöht das Risiko beträchtlich, an Diabetes zu erkranken. Dennoch haben rund 15 % der adipösen Frauen und Männer trotz überschüssiger Kilos einen gesunden Stoffwechsel. Wissenschaftler haben erkannt, dass die Funktion und Verteilung des Fettgewebes stark mitentscheidet, wer Diabetes bekommt. Das Integrierte Forschungs- und Behandlungszentrum (IFB) Adipositas Erkrankungen an der Leipziger Universitätsmedizin untersucht die noch wenig bekannten Prozesse im Fettgewebe.

    Krankmachende Prozesse im Fettgewebe

    "Vor allem die bauchbetonte Adipositas ist mit einem erhöhten Risiko für Diabetes und Herzkreislauferkrankungen verbunden", erläutert IFB-Wissenschaftler Prof. Matthias Blüher. Neben dem Bauch- oder viszeralen Fett, kommt es auch zu Fettablagerungen in Leber, Muskeln und der Bauchspeicheldrüse. Diese Fettverteilung geht meist einher mit einer nachlassenden Wirkung von Insulin in den Körperzellen. So entwickelt sich eine Insulinresistenz und in der Folge ein Typ-2-Diabetes.

    "Gerade im Fettgewebe des Bauchraums kommt es zu verschiedenen Fehlfunktionen der Fettzellen und der zellulären Zusammensetzung, die letztlich krank machen", so Blüher. Forscher konnten im Fettgewebe adipöser Menschen mit Diabetes vergrößerte Fettzellen, entzündliche Prozesse sowie eine gestörte Ausschüttung von Fettgewebshormonen nachweisen. Auslöser für diese Fehlfunktionen des Fettgewebes bei Adipositas könnte in der mangelhaften Versorgung des Fettgewebes mit Blut und Sauerstoff liegen. Die entzündlichen Prozesse vor allem im viszeralen Fettgewebe begünstigen die Entwicklung einer Insulinresistenz, Arteriosklerose und Fettleber. Sie führen zu einer Überschwemmung mit Makrophagen. IFB-Wissenschaftler konnten zeigen, dass hohe Spiegel des Hormons Progranulin auf diese ansonsten schwer nachweisbaren Entzündungszeichen hinweist. Durch eine Progranulinmessung im Blut könnten Risikopatienten also früher erkannt und behandelt werden.


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    Hormone aus dem Fettgewebe

    Das Fettgewebe produziert verschiedene Adipokine, die in Immunabwehr und Stoffwechsel aktiv sind. Adipokine spielen eine wichtige Rolle bei der Regulation der Insulinempfindlichkeit, des Appetits und der Sättigung, des Energiestoffwechsels, aber auch von Entzündungsreaktionen im Körper. So beeinflusst etwa das Adipokin Leptin den Stoffwechsel und Energieverbrauch und senkt das Hungergefühl; Adiponektin wirkt positiv auf den Zuckerstoffwechsel und ist wahrscheinlich antientzündlich. Bei Adipositas kann die Ausschüttung solcher Hormone gestört sein.


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    Diabetestherapie aus dem Fettgewebe?

    Fettgewebsforscher sehen im Adipokin Vaspin einen möglichen Ansatzpunkt für ein neues Medikament, da sich in Tiermodellen zeigte, dass es erhöhte Blutzuckerspiegel senkt. Dr. John Heiker vom Institut für Biochemie, einem Kooperationspartner des IFB, entschlüsselte den Wirkmechanismus von Vaspin: Es verbessert den Zuckerstoffwechsel bei einer Insulinresistenz, indem es u. a. ein Enzym (Protease) hemmt, das Insulin abbaut.

    Pressemitteilung Universität Leipzig, 13.11.2013


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