Diabetes aktuell 2013; 11(08): 380-381
DOI: 10.1055/s-0033-1363789
Forum der Industrie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Neues Basalinsulin – Langwirksames Insulin – aktuelle Studienübersicht

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Publication Date:
10 January 2014 (online)

 

Insulin degludec ist ein neues Basalinsulin mit einem stabilen Zeit-Wirkungsprofil, einer niedrigen intraindividuellen Variabilität und einem langen blutzuckersenkenden Effekt, der über 42 Stunden anhält [ 1 ]-[ 3 ]. In klinischen Studien zeigte Insulin degludec (Tresiba®) im Vergleich zu Insulin glargin ein geringeres Hypoglykämierisiko bei effektiver glykämischer Kontrolle [ 4 ].

Leichte Hypoglykämien bei Menschen mit Typ-2-Diabetes sind häufig: Insgesamt etwa 80 % der Patienten haben diese Situation bereits erlebt – so die Ergebnisse von GAPP2™, einer großen Online-Erhebung, die Menschen mit Typ-2-Diabetes, die ein modernes Basalinsulin verwenden, befragte [ 5 ]. GAPP2™ zeigt darüber hinaus, dass auch leichte Hypoglykämien das Leben beeinträchtigen.

Am häufigsten nannten die Patienten folgende Aktivitäten, die durch die Unterzuckerung beeinträchtigt werden: Konzentrationsfähigkeit, Teilnahme an Sport und Bewegung, Leistungsfähigkeit bei der Arbeit und Spontaneität [ 6 ]. Besondere Vorteile könnte daher ein neues modernes Basalinsulin wie Insulin degludec haben, mit dem es wahrscheinlicher ist, eine gute glykämische Kontrolle ohne erhöhtes Hypoglykämierisiko zu erreichen [ 4 ].

Metaanalyse: Niedrigeres Hypoglykämierisiko unter Insulin degludec

Das vergleichsweise niedrigere Hypoglykämierisiko unter Insulin degludec wird durch eine Reihe klinischer Studien gezeigt. So verglich eine Metaanalyse die Anzahl an Hypoglykämien unter Insulin degludec und Insulin glargin bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und einer mittelmäßigen Ausgangs-Blutzuckereinstellung (HbA1c 7,5–8,5 %). In die Analyse wurden 5 offene, randomisierte Studien mit einer Dauer von 26 bzw. 52 Wochen eingeschlossen. Ergebnis: Unter Insulin degludec (n = 930) traten insgesamt 20 % weniger Hypoglykämien auf als unter Insulin glargin (n = 466; p = 0,02), die nächtlichen Unterzuckerungen waren im Vergleich zu Insulin glargin um 31 % reduziert (p = 0,01). Die Reduktion des HbA1c-Wertes war in beiden Gruppen vergleichbar gut, der Nüchternblutzucker (NBZ) konnte unter Insulin degludec signifikant stärker gesenkt werden als unter Insulin glargin (p < 0,01) [ 7 ].


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Weniger nächtliche Unterzuckerungen unter Insulin degludec bei Älteren

Das günstige Hypoglykämie-Profil von Insulin degludec konnte auch für die besonders vulnerable Gruppe geriatrischer Patienten bestätigt werden: Diese ebenfalls zuvor geplante Metaanalyse schloss 2 Studien zu Typ-1-Diabetes und 5 Studien zu Typ-2-Diabetes mit 910 Patienten im Alter von ≥ 65 Jahren ein. Es zeigte sich, dass die Gesamtrate bestätigter Hypoglykämien in diesem Patientenkollektiv unter Insulin degludec numerisch geringer war als unter Insulin glargin (Risikoverhältnis (RR) 0,82 %, 95 %-Konfidenzintervall 0,66–1,00). Die Raten nächtlicher Hypoglykämien lagen unter Insulin degludec sogar signifikant niedriger (–35 %) als unter Insulin glargin (RR 0,65 %, 95 %-KI: 0,46–0,93) [ 8 ].

Sicherheit und Verträglichkeit von Insulin degludec

Nierenfunktion: Eine offene Parallelgruppenstudie (n = 30) zeigt, dass unterschiedlich starke Nierenfunktionsstörungen die pharmakokinetischen Eigenschaften von Insulin degludec nicht signifikant verändern. Auch eine Hämodialyse hatte keinen Einfluss auf die pharmakokinetischen Profile von Insulin degludec [ 12 ].

Leberfunktion: Eine weitere offene Parallelgruppenstudie (n = 24) macht deutlich, dass es auch keine Unterschiede in den pharmakokinetischen Eigenschaften von Insulin degludec zwischen Patienten mit Leberfunktionsstörung verschiedenen Ausmaßes bzw. ohne diese Einschränkung gibt [ 13 ].

Lokale Verträglichkeit: Eine Metaanalyse von 6 randomisierten, offenen, kontrollierten Phase-3a-Studien, unterstreicht, dass lokale Reaktionen an der Injektionsstelle unter Insulin degludec nicht häufiger als unter Insulin glargin auftreten (3,6 % bzw. 3,5 %) [ 14 ].


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Insulin degludec vs. Insulin glargin: Kombinierter Endpunkt häufiger erreicht

Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit Daten, die beim Europäischen Diabeteskongress (EASD) 2013 vorgestellt wurden: In einer gepoolten, retrospektiven Analyse aus 4 randomisierten, offenen, klinischen Treat-to-Target-Studien über 26 und 52 Wochen bei Patienten mit Typ-2-Diabetes konnten Zinman et al. zeigen, dass es unter einer BOT mit Insulin degludec um 82 % wahrscheinlicher ist, einen NBZ < 90 mg/dl (5 mmol/l) ohne bestätigte nächtliche Hypoglykämien zu erreichen als mit Insulin glargin (OR = 1,82; 95 %-KI: 1,49–2,22; p < 0,05; Abb. [ 1 ]) [ 9 ].

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Abb. 1 Signifikant mehr Patienten unter Insulin degludec als unter Insulin glargin erreichten den NBZ-Zielwert ohne nächtliche Hypoglykämien – so das Ergebnis einer gepoolten Analyse von 4 Treat-to-Target-Studien [mod. nach [ 9 ]].

Eine große Metaanalyse aus 7 klinischen Studien mit Insulin degludec und Insulin glargin behandelten Menschen mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes zeigte außerdem, dass bei Insulin degludec und Insulin glargin eine größere intraindividuelle und Von-Tag-zu-Tag-Variabilität des NBZ mit einer höheren Rate an bestätigten Hypoglykämien bei BOT-Patienten assoziiert ist. Eine Reduktion dieser Variabilität könnte die Hypoglykämierate der Patienten senken, so die Autoren der Studie [ 10 ].


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Hypoglykämien bei Typ-2-Diabetes massiv unterschätzt

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Dr. Marcel Kaiser

Unterzuckerungen belasten Menschen mit Diabetes. Dr. Marcel Kaiser, niedergelassener Diabetologe in Frankfurt, warnt deshalb davor, die Konsequenzen von Hypoglykämien zu unterschätzen und empfiehlt bei der Auswahl einer bestimmten Therapieoption das Hypoglykämierisiko zu berücksichtigen.

? Welche Relevanz haben Hypoglykämien in der Diabetes-Therapie?

Kaiser: Hypoglykämien sind klinisch höchst relevant. In den letzten Jahren haben wir gelernt, dass Hypoglykämien die Patienten nicht nur akut gefährden können, sondern langfristig eine Menge unerwünschter Begleiterscheinungen haben können – beispielsweise erhöhtes kardiovaskuläres Risiko, EKG-Veränderungen oder Assoziationen mit Demenzen.

? Welche Bedeutung haben Hypoglykämien bei Menschen mit Typ-2-Diabetes?

Kaiser: Diese werden massiv unterschätzt unter anderem deshalb, weil viele der Patienten ihren BZ nicht so regelmäßig messen wie Menschen mit Typ-1-Diabetes und weil sie Hypoglykämien, die nachts auftreten, häufig nicht wahrnehmen. Viele Patienten erhöhen jedoch vorab die Nahrungsmenge um kritische Zeiten abzupuffern, ohne sich bewusst zu machen, dass sie dies wegen des Hypoglykämierisikos tun.

? Welche Konsequenzen hat dies für die Therapie?

Kaiser: Grundsätzlich sollten in der Diabetestherapie Hypoglykämien soweit wie möglich vermieden und Behandlungsoptionen mit geringem Hypoglykämierisiko bevorzugt werden. Substanzen mit einem per se hohen Hypoglykämierisiko wie z. B. Sulfonylharnstoffe sind für eine zeitgemäße Diabetestherapie im Sinne der Hypoglykämievermeidung nicht geeignet.

? Gibt es auch bei modernen Basalinsulinen Potenzial für Verbesserungen?

Kaiser: Moderne Basalinsuline haben ein deutlich niedrigeres Risiko für nächtliche Hypoglykämien als NPH-Insulin. Ich halte NPH-Insulin deshalb bei einer basal geführten Insulintherapie bei Typ-2-Diabetes heute nicht mehr für zeitgemäß, da moderne Insuline mit dem flacheren Wirkverlauf in Bezug auf nächtliche Hypoglykämien viel vorteilhafter sind. Wünschenswert wäre jedoch die Verfügbarkeit moderner Basalinsuline mit einem noch niedrigeren Unterzuckerungspotenzial.

! Vielen Dank für das Gespräch!


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Verbesserter körperlicher Gesundheitszustand

Dass Menschen mit Diabetes von Insulin degludec auch mit einem verbesserten körperlichen Zustand profitieren können, zeigen Daten von Rodbard et al.: In die randomisierte, offene Treat-to-Target-Studie wurden insulinnaive Patienten mit Typ-2-Diabetes mit Insulin degludec oder Insulin glargin in Kombination mit oralen Antidiabetika behandelt. Nach 2 Jahren lagen bei vergleichbarem HbA1c-Wert die klinischen Hauptunterschiede zwischen beiden Basalinsulinen in der signifikant effektiveren Reduktion des NBZ und der geringeren Anzahl bestätigter nächtlicher Hypoglykämien (p = 0,02 bzw. p < 0,01) unter Insulin degludec. Darüber hinaus verbesserten sich unter Insulin degludec im Vergleich zu Insulin glargin sowohl der Gesamtscore für körperlichen Gesundheitsstatus als auch die Scores für physische Funktion und Körperschmerz signifikant. Die Autoren weisen auf die Möglichkeit hin, dass die Verringerung bestätigter nächtlicher Hypoglykämien zu den beobachteten Unterschieden des körperlichen Gesundheitszustands beigetragen haben könnte [ 11 ].

Dieser Text entstand mit freundlicher Unterstützung durch Novo Nordisk Pharma GmbH, Mainz


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Tresiba® 100 Einheiten/ml Injektionslösung in einem Fertigpen (FlexTouch®). Tresiba® 200 Einheiten/ml Injektionslösung in einem Fertigpen (FlexTouch®). Tresiba® 100 Einheiten/ ml Injektionslösung in einer Patrone (Penfill®). Wirkstoff: Insulin degludec. Zusammensetzung: Arzneilich wirksamer Bestandteil: 100/200 E/ml Insulin degludec, gentechnisch hergestellt in Saccharomyces cerevisiae mit Hilfe von rekombinanter DNS. Sonstige Bestandteile: Glycerol, Metacresol, Phenol, Zinkacetat, Salzsäure (zur Einstellung des pH-Werts), Natriumhydroxid (zur Einstellung des pH-Werts), Wasser für Injektionszwecke. Anwendungsgebiete: Diabetes mellitus bei Erwachsenen. Auch in Kombination mit oralen Antidiabetika und schnell wirkenden Insulinen. Art der Anwendung: Nur zur s. c. Injektion. Tresiba® steht in 2 Stärken zur Verfügung, die Dosisanzeige zeigt stets die Anzahl der Einheiten, daher darf keine Dosisumrechnung bei Umstellung der Stärke vorgenommen werden. Bei Tresiba® 200 Einheiten/ml darf nicht mit einer Insulinspritze Insulin aus dem Fertigpen entnommen werden. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen Insulin degludec oder einen der sonstigen Bestandteile. Vorsicht bei der Kombination mit Pioglitazon (Spontanmeldungen von Herzinsuffizienz). Es liegen keine Daten über die Anwendung von Tresiba® in der Schwangerschaft oder Stillzeit sowie bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren vor. Es ist nicht bekannt, ob Insulin degludec in die Muttermilch übergeht. Nebenwirkungen: Hypoglykämien. Ödeme zu Beginn der Behandlung. Reaktionen an der Injektionsstelle (Rötung, Schwellung, Entzündungen, Juckreiz und Blutergüsse). Lipodystrophien an der Injektionsstelle. Allergische Reaktionen, potenziell allergische Reaktionen, Urtikaria und Ausschläge; sehr selten generalisierte Überempfindlichkeitsreaktionen, die lebensbedrohlich sein können. Bei schneller Verbesserung der Blutzuckereinstellung vorübergehende Verschlechterung der diabet. Retinopathie. Verschreibungspflichtig. Novo Nordisk A/S, Novo Allé, 2880 Bagsvaerd, Dänemark. Stand: Mai 2013


  • Literatur

  • 1 Heise T et al. Diabetes, Obesity and Metabolism 2012; 14: 859-864
  • 2 Heise T et al. Diabetes, Obesity and Metabolism 2012; 14: 944-950
  • 3 Kurtzhals P et al. Diabetes 2011; 60 (Suppl. 01) LB12
  • 4 Ratner RE et al. Diabetes, Obesity and Metabolism 2013; 13: 175-184
  • 5 Tahrani A et al. Diabetologia 2012; 55 (Suppl. 01) 98-99
  • 6 Brod M et al. Curr Med Res Opin 2012; 28: 1947-1958
  • 7 Schumm-Draeger PM et al. Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8: S55
  • 8 Zeyfang A et al. Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8: S17
  • 9 Zinman B et al. Diabetologica 2013; 56 (Suppl. 01) S423
  • 10 Rodbard HW et al. Diabetes 2013; 62 (Suppl. 01) S423
  • 11 Rodbard HW et al. Diabetes 2013; 62 (Suppl. 01) A237-238
  • 12 Merker L et al. Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8: S56
  • 13 Jaeckel E et al. Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8: S55
  • 14 Schmeisl GW et al. Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8: S5

  • Literatur

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  • 2 Heise T et al. Diabetes, Obesity and Metabolism 2012; 14: 944-950
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  • 5 Tahrani A et al. Diabetologia 2012; 55 (Suppl. 01) 98-99
  • 6 Brod M et al. Curr Med Res Opin 2012; 28: 1947-1958
  • 7 Schumm-Draeger PM et al. Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8: S55
  • 8 Zeyfang A et al. Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8: S17
  • 9 Zinman B et al. Diabetologica 2013; 56 (Suppl. 01) S423
  • 10 Rodbard HW et al. Diabetes 2013; 62 (Suppl. 01) S423
  • 11 Rodbard HW et al. Diabetes 2013; 62 (Suppl. 01) A237-238
  • 12 Merker L et al. Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8: S56
  • 13 Jaeckel E et al. Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8: S55
  • 14 Schmeisl GW et al. Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8: S5

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Abb. 1 Signifikant mehr Patienten unter Insulin degludec als unter Insulin glargin erreichten den NBZ-Zielwert ohne nächtliche Hypoglykämien – so das Ergebnis einer gepoolten Analyse von 4 Treat-to-Target-Studien [mod. nach [ 9 ]].
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Dr. Marcel Kaiser