Dialyse aktuell 2013; 17(10): 578-579
DOI: 10.1055/s-0033-1363874
Forum der Industrie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Der Prophylaxe verpflichtet – Therapeutische Ansätze rund um die Transplantationsmedizin

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Publication Date:
20 January 2014 (online)

 
 

Einen umfassenden Überblick über therapeutische Ansätze rund um die Transplantationsmedizin gab ein Symposium im Rahmen der 22. Jahrestagung der Deutschen Transplantationsgesellschaft vom 24.–26.10.2013 in Frankfurt. PD Nils Heyne, Tübingen, betonte, dass der interdisziplinäre Ansatz immer mehr in den Fokus rücke, da nur so eine optimale Patientenversorgung und ein Langzeitüberleben des Transplantats sichergestellt werden könne.

Langzeitergebnisse einer deutschen Studie zum frühen Einsatz von Sirolimus nach Nierentransplantation

In der SMART[ 1 ]-Studie [ 1 ] wurde untersucht, ob eine schon im Rahmen der frühen, noch als klinisch zu bezeichnende Phase (Tag 10–24) eingeleitete sirolimusbasierte Immunsuppression das Langzeitergebnis positiv beeinflussen kann. In der Langzeitbetrachtung über 3 Jahre bestätigte sich der schon zum Monat 12 nachweisbare positive Einfluss von Sirolimus auf die Nierenfunktion. Dieses Ergebnis war trotz vermehrter, durch das typische Nebenwirkungsprofil verursachter früher Therapieabbrüche in der Sirolimusgruppe, in der ITT-Population signifikant (Abb. [ 1 ]). Kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen bestand in Bezug auf die Abstoßungsrate sowie das Patienten- und Transplantatüberleben.

Trotz der geringen Fallzahl war der Unterschied hinsichtlich des Auftretens von Tumoren signifikant zugunsten der Sirolimustherapie. Bei der Analyse, welche Patienten besonders von diesem Therapiekonzept profitieren, zeigte sich ein Vorteil für Patienten mit guter Nierenfunktion, mit Organen jüngerer Spender und hohem Risiko für CMV-Infektionen. "Eine sorgfältige Selektion und Überzeugung der Patienten ist eine zentrale Herausforderung und ein kritischer Faktor für den Erfolg einer sirolimusbasierten Therapie" resümierte PD Manfred Stangl, München.

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Abb. 1 Langzeitbetrachtung über 3 Jahre: Der schon zum Monat 12 nachweisbare positive Einfluss von Sirolimus (SRL) gegenüber CsA auf die Nierenfunktion bestätigte sich.
nach [ 1 ]

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Sirolimus leistet einen wirksamen Beitrag zur Hauttumorprophylaxe nach Transplantation

Die Unterdrückung des Immunsystems bei nierentransplantierten Patienten ist generell mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von Malignomen verbunden. "Bei Transplantationspatienten ist das Risiko um bis zu 250-mal größer, Plattenepithelkarzinome der Haut zu bekommen", erklärte Prof. Ralf Gutzmer, Hannover. Anhand von Fallbeispielen zeigte Gutzmer, dass unter Immunsuppression schon junge Patienten Hauttumoren entwickeln können, welche oftmals ein ungewöhnliches klinisches Bild zeigen und auffällig aggressiv verlaufen.

Er zeigte Daten aus der eigenen Forschung, die eine Proliferationsblockade durch Sirolimus in vitro sowohl von normalen humanen Keratinozyten, als auch von Plattenepithelkarzinom-Zelllinien zeigen. Ausführlich ging er auf die inzwischen umfangreiche Studienlage zur Sekundärprophylaxe von nicht melanozytärem Hautkrebs (NMSC) durch eine sirolimusbasierte Immunsuppression ein [ 2 ]. Die Daten zeigen übereinstimmend, dass der Einsatz von Sirolimus umso effektiver ist, je weniger die Patienten mit Hauttumoren vorbelastet sind (Abb. [ 2 ]) [ 3 ]. "Ein Einsatz sollte bei entsprechendem Risikoprofil daher möglichst früh nach Transplantation erfolgen" sagte Gutzmer, verwies aber auch auf die Nebenwirkungen unter Sirolimus, die zu hohen Abbruchraten in den Studien führten.

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Abb. 2 Der Einsatz von Sirolimus ist umso effektiver, je weniger die Patienten mit Hauttumoren vorbelastet sind.
nach [ 3 ]

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De-novo-Amyloidose nach Domino-LTx – Märchen oder Wirklichkeit?

Die familiäre Transthyretin-Amyloidpolyneuropathie (TTR-FAP) ist eine seltene, tödlich verlaufende Erbkrankheit, die eine Indikation zur Lebertransplantation darstellt. Ausgelöst wird die Erkrankung durch eine Mutation im Plasmatransportprotein Transthyretin (TTR), die zu einer Destabilisierung und Fehlfaltung des Proteins mit anschließender Ablagerung als Amyloidfibrillen führt. Das klinische Bild ist geprägt von einer aufsteigenden sensomotorischen Polyneuropathie und einer autonomen Symptomatik mit Wechsel zwischen Diarrhö und Obstipation, orthostatischer Hypotension, erektiler Dysfunktion und Gewichtsverlust bis hin zu Kachexie. Unbehandelt führt die TTR-FAP nach durchschnittlich 10 Jahren zum Tod. Da das defekte TTR-Protein zu 95 % in der Leber gebildet wird, stellt die Lebertransplantation eine im Ansatz kurative Therapieoption für Patienten mit TTR-FAP dar. Bis auf die Produktion des veränderten TTR-Proteins ist die Leber von TTR-FAP-Patienten jedoch völlig intakt und gesund. Dies bildet die Grundlage für das Konzept der Domino-Lebertransplantation (DLTx), bei der TTR-FAP-Patienten eine Spenderleber eines Hirntoten erhalten und ihre Leber an einen Dritten weitergeben.

PD Ana Paula Barreiros, Regensburg, führte in Ihrem Vortrag eindrucksvoll aus, dass die Selektion der Patienten für eine TTR-FAP-Leber gut durchdacht sein sollte. Die ursprüngliche Annahme, dass Empfänger einer Dominoleber ebenso wie TTR-FAP-Patienten erst nach 20–30 Jahren Symptome einer TTR-FAP entwickeln, kann nach Sichtung der aktuellen Daten und eigenen Erfahrungen [ 4 ] nicht mehr gehalten werden. Seit der erstmaligen Anwendung der Methode 1995 mehren sich in den letzten Jahren die Berichte zu De-novo-Amyloidosen bei Empfängern von TTR-FAP-Lebern bereits 7–10 Jahre nach Transplantation. Trotz der Vorteile des Dominoverfahrens, wie die Erweiterung des Spenderpools und die bessere Chance von Patienten mit dringender Indikation auf eine Transplantation, sind die Transplantatempfänger sorgfältig aus-zuwählen und umfassend aufzuklären. Ein Nachsorgeprogramm zur Detektion einer De-novo-Amyloidose sollte unbedingt ein Bestandteil der Routine für Patienten nach DLTx werden.


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Infektionsrisiko und Immunsuppression – wie sieht eine effektive Prophylaxe aus?

Prof. Oliver Witzke, Essen, wies zuerst auf die Relevanz der Nierenfunktion als kritischen Faktor für die Häufigkeit von Infektionen und insbesondere auf die Mortalitätsraten von Pneumonien bei Patienten mit Nierenerkrankungen hin. Witzke betonte weiterhin die Notwendigkeit von Präventionsmaßnahmen bei diesem Patientengut. Basierend auf einer Hochrechnung aus dem CAPNETZ (Community-Acquired-Pneumonia-Netz) sind die beiden häufigsten Erreger bei ambulant erworbener Pneumonie Influenza-A-Viren und Streptococcus pneumoniae. Wenn auch die saisonale Grippeschutzimpfung etabliert sei, so mangele es doch an der Umsetzung weiterer Schutzimpfungen. Er verwies auf die Empfehlungen der KDIGO-Gruppe (KDIGO: Kidney Disease: Improving Global Outcomes) sowie auf die Empfehlung aus dem Epidemiologischen Bulletin des Robert Koch-Instituts (RKI), in denen Nierenpa-tienten und Patienten unter Immunsuppression als Risikopatienten eingestuft werden.

Nach neuen Erkenntnissen bzgl. des 13-valenten Pneumokokken-Konjugatimpfstoffs (PCV-13) lassen sich entgegen bestehender Meinungen eine vergleichbare Immunogenität von PCV-13 bei Patienten mit renaler Grunderkrankung im Vergleich zu Immunkompetenten ableiten [5]. Bei der Impfung von Transplantierten wäre daher ein Schema, wie es schon von der DGHO (Deutsche Gesellschaft für Hämatoonkologie) in ihrer Leitlinie zur Prävention von Infektionen und Thrombosen nach Splenektomie oder funktioneller Asplenie vorgestellt wurde (Tab. [ 1 ]) [ 6 ], empfehlenswert. Bei diesem Schema wird primär PCV-13 eingesetzt, gefolgt von Auffrischungsimpfungen entweder erneut mit PCV-13 oder mit PSV-23. Um in den relevanten Risikogruppen eine effektive Prävention von Infektionen zu erreichen, forderte Witzke entsprechende Aufklärungskampagnen.

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Tab. 1 Impfung von Transplantierten: Schema nach der DGHO-Leitlinie zur Prävention von Infektionen und Thrombosen nach Splenektomie oder funktioneller Asplenie.

Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Pfizer Pharma GmbH, Berlin.
Die Beitragsinhalte stammen vom Symposium "Der Prophylaxe verpflichtet – Therapeutische Ansätze rund um die Transplantationsmedizin", 25.10.2013, veranstaltet von der Pfizer Pharma GmbH, Berlin, auf der 22. Jahrestagung der DTG 2013, Frankfurt.
Die Autorin ist freie Journalistin.


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1 Sirolimus and MMF After Renal Transplantation


  • Literatur

  • 1 Guba M, Pratschke J, Hugo C et al.; SMART-Study Group. Early conversion to a sirolimus-based, calcineurin-inhibitor-free immunosuppression in the SMART trial: observational results at 24 and 36 months after transplantation. Transpl Int 2012; 25: 416-423
  • 2 Carroll RP, Chapman JR. Can the risk of skin cancer after transplantation be reduced by mTOR inhibitors?. Am J Kidney Dis 2013; 61: 698-700
  • 3 Euvrard S, Morelon E, Rostaing L et al.; TUMORAPA Study Group. Sirolimus and secondary skin-cancer prevention in kidney transplantation. N Engl J Med 2012; 367: 329-339
  • 4 Bolte FJ, Schmidt HH, Becker T et al. Evaluation of domino liver transplantations in Germany. Transpl Int 2013; 26: 715-723
  • 5 Schmoele-Thoma et al. IDSA 2012; P514
  • 6 DGHO-Leitlinie: Prävention von Infektionen und Thrombosen nach Splenektomie oder funktioneller Asplenie. Im Internet: http://www.dgho-onkopedia.de/de/onkopedia/leitlinien/praevention-von-infektionen-undthrombosen-nach Stand: 04.11.2013

  • Literatur

  • 1 Guba M, Pratschke J, Hugo C et al.; SMART-Study Group. Early conversion to a sirolimus-based, calcineurin-inhibitor-free immunosuppression in the SMART trial: observational results at 24 and 36 months after transplantation. Transpl Int 2012; 25: 416-423
  • 2 Carroll RP, Chapman JR. Can the risk of skin cancer after transplantation be reduced by mTOR inhibitors?. Am J Kidney Dis 2013; 61: 698-700
  • 3 Euvrard S, Morelon E, Rostaing L et al.; TUMORAPA Study Group. Sirolimus and secondary skin-cancer prevention in kidney transplantation. N Engl J Med 2012; 367: 329-339
  • 4 Bolte FJ, Schmidt HH, Becker T et al. Evaluation of domino liver transplantations in Germany. Transpl Int 2013; 26: 715-723
  • 5 Schmoele-Thoma et al. IDSA 2012; P514
  • 6 DGHO-Leitlinie: Prävention von Infektionen und Thrombosen nach Splenektomie oder funktioneller Asplenie. Im Internet: http://www.dgho-onkopedia.de/de/onkopedia/leitlinien/praevention-von-infektionen-undthrombosen-nach Stand: 04.11.2013

 
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Abb. 1 Langzeitbetrachtung über 3 Jahre: Der schon zum Monat 12 nachweisbare positive Einfluss von Sirolimus (SRL) gegenüber CsA auf die Nierenfunktion bestätigte sich.
nach [ 1 ]
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Abb. 2 Der Einsatz von Sirolimus ist umso effektiver, je weniger die Patienten mit Hauttumoren vorbelastet sind.
nach [ 3 ]
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Tab. 1 Impfung von Transplantierten: Schema nach der DGHO-Leitlinie zur Prävention von Infektionen und Thrombosen nach Splenektomie oder funktioneller Asplenie.