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DOI: 10.1055/s-0034-1366961
Pflegekammer – Heilmittel oder Placebo für die Pflege?
Zum Stand der Implementierung von KammernPublication History
Publication Date:
11 February 2014 (online)
Seit mehr als 20 Jahren sind in Deutschland Bestrebungen zu erkennen, Pflegekammern zu implementieren. In letzter Zeit gewann die Entwicklung in mehreren Bundesländern zunehmend an Dynamik. Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz sind besonders hervorzuheben, da hier die Aktivitäten für die Errichtung einer Pflegekammer besonders weit vorangeschritten sind. Die Befürworter von Pflegekammern stellen als Argument zusammenfassend heraus, dass sich dadurch die Situation der Pflege in entscheidendem Ausmaß verbessern würde, wie z. B. in der unten beschriebenen Regelung der Weiterbildungspflicht, worauf ein besonderer Schwerpunkt in diesem Artikel liegt. Gegner halten eine Kammer für bürokratisch, sinnlos und schlichtweg überflüssig. Unabhängig von der teils sehr emotional geführten Diskussion soll möglichst neutral über unterschiedliche Positionen berichtet sowie der aktuelle Stand aufgezeigt werden.
Pflegekammern können durch die Bundesländer eingesetzt werden, da diese die Verantwortung zur Gründung von Kammern besitzen.
Pflegekammer – Definition und Notwendigkeit
Kammern sind „Körperschaften des öffentlichen Rechts, die ihre berufsständische Selbstverwaltung und die Interessen der Gesellschaft bzw. der Bevölkerung zu deren Wohl stellvertretend für den Staat wahrnimmt“ [ 1 ]. Kammern können eingerichtet werden, wenn sie legitime öffentliche Aufgaben wahrnehmen. Dies wird in den unterschiedlichen Bundesländern durchaus so gesehen und bedeutet, dass in erster Linie der Zweck einer Pflegekammer die Sicherstellung der Pflege und die Qualität der Pflege ist. Alle anderen Aufgaben ergeben sich durch den Auftrag an die Kammer.
Für eine Einrichtung von Kammern in der Pflege kann vor dem Hintergrund der älter werdenden Bevölkerung und des zunehmenden Fachkräftemangels argumentiert werden. Die Zahl der Aufgaben der Berufsgruppe der Pflegenden werden weiter ansteigen. Schon heute prognostizieren Studien eine erhebliche Lücke zwischen dem Bedarf an professioneller Pflege und dem verringerten Angebot, bedingt durch die geringere Zahl jüngerer Menschen. Ein Beispiel dafür ist die Veröffentlichung von pwc in Kooperation mit dem Wirtschaftsforschungsinstitut WifOR. Bleibt alles so wie bisher, so werden im Jahr 2030 über 400 000 Pflegekräfte fehlen [ 2 ]. Als ein Aspekt zur Lösung des drohenden Mangels schlagen die Autoren u. a. vor, die Wertschätzung von pflegerischen Leistungen zu verbessern. Selbstverständlich wird auch die nephrologische Pflege von diesen Entwicklungen betroffen sein.
In einer AfnP-Befragung im Jahr 2010 wurden Daten zur Qualifikation, Tätigkeitsfeld, Beschäftigungszeitraum und Altersstruktur in der Nephrologie erhoben [ 3 ]. Dabei zeichnete sich ab, dass in den nächsten 5–10 Jahren viele Fachkräfte mit langjähriger Berufserfahrung und Zusatzqualifikation ausscheiden werden. Der Anteil der jungen neuen Kräfte kann diesen Anteil nicht einmal zur Hälfte ausgleichen. Auch die nephrologische Pflege steht vor einem enormen Fachkräftemangel. Damit verbunden ist eine Gefährdung der Patientensicherheit. Die Verantwortlichen in diesem Bereich stehen vor den komplexen Aufgaben der Nachwuchsförderung und Weiterqualifizierung der in der Nephrologie beschäftigten Pflegekräfte.
Pflegekammern erscheinen prädestiniert, die Fragestellungen und Herausforderungen für alle pflegerischen Bereiche zu bearbeiten, weil sie es eben sind, die die Versorgung der Gesellschaft mit Pflege sicherstellen sollen. Mit der Einrichtung von Kammern sind also große Hoffnungen verbunden.
Wie wird eine Kammer eingerichtet?
Der Staat kann Aufgaben, die eigentlich in seiner Verantwortung liegen, auf eine berufliche Selbstverwaltung übertragen. Damit geht man von dem Gedanken aus, dass die Vertreter einer Berufsgruppe selbst am besten deren Belange regeln können. Um die staatlichen Aufgaben zu übernehmen, werden die Grundlagen dazu in Gesetzen geschaffen. In Bayern nennt sich dieses Gesetz beispielsweise „Heilberufekammergesetz“. In diesem werden bisher Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker sowie psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten geführt.
Sollte auch für die Pflege eine Kammer eingerichtet werden, müsste das Gesetz an dieser Stelle um die Berufsgruppe der Pflegenden ergänzt werden. Regelungen, die in dieser gesetzlichen Grundlagen beschrieben werden (müssen), sind z. B. die Mitgliedschaft welcher Berufe (Gesundheits- und Krankenpflege, Altenpflege, aber auch von Hilfsberufen?), die Mitgliedschaft unter welchen Bedingungen (Berufstätigkeit oder nur Führen der Berufsbezeichnung? Dann müssten auch alle „ausgestiegenen“ Kollegen Mitglied sein) oder auch Bedingungen zur Wahl der Kammer.
Wird eine Kammer implementiert, so wird sich daraus eine Pflichtmitgliedschaft mit Pflichtbeiträgen ergeben. Die Höhe der Beiträge, die von den Pflegenden bezahlt werden, steht nicht fest. Möglich wäre hier auch eine einkommensabhängige Variante, sodass Pflegende mit höherem Einkommen auch höhere Beiträge zahlen.
Aus juristischer Sicht ist es durchaus zulässig, Pflegekammern einzurichten [ 1 ]. Nicht immer wird jedoch von Juristen die Sinnhaftigkeit bestätigt [ 4 ], weil damit Hoffnungen verbunden seien, die eine Kammer nicht erfüllen könne. Als große Hoffnung steht dabei die Aufwertung der Pflegeberufe im Raum. Pflegekammern sollen helfen, dem Beruf eine höhere Attraktivität zu geben und mehr junge Menschen für die Ausbildung zu gewinnen. Zudem soll der Pflege eine einheitliche Stimme gegeben werden, um die Interessen in politischen Fragen durchzusetzen. Doch welche Aufgaben soll die Kammer konkret übernehmen, um diese Ziele zu erreichen?
Aufgaben der Pflegekammer
Neben der oben genannten wichtigsten Aufgabe der Kammer, der Sicherstellung der pflegerischen Versorgung der Gesellschaft, ergeben sich vielfältige Aufgabenbereiche. Diese sind laut dem (vormals) Ministerium für Umwelt und Gesundheit in Bayern [ 5 ], ähnlich für andere Ministerien:
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Berufs- und Interessenvertretung der Pflege: Die Kammer vertritt die Interessen der beruflich Pflegenden gegenüber der Öffentlichkeit, der Politik und den verschiedenen Akteuren im Gesundheitswesen. Sie setzt sich ein für eine gesellschaftliche Aufwertung und Stärkung der Position der Pflege.
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Regelung der Weiterbildung: Die Pflegekammer erlässt eine Weiterbildungsordnung für die Pflegeberufe, in der Standards und Qualitätskriterien für die berufliche Weiterbildung definiert sind.
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Regelung der Berufsausübung: Die Kammer erlässt eine Berufsordnung für ihre Mitglieder und ist für die Berufsaufsicht zuständig. Ferner entwickelt sie ethische Leitlinien, auf die die Berufsangehörigen verpflichtet werden.
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Sicherung der Qualität der pflegerischen Versorgung: Die Kammer setzt sich für den Schutz der Bevölkerung ein, indem sie auf verpflichtende Fortbildung der Berufsangehörigen achtet, Qualitätsniveaus pflegerischer Dienstleistungen festlegt und Fehlverhalten sanktioniert.
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Mitwirkung bei der Gesetzgebung: Die Pflegekammer wirkt bei der Gesetzgebung mit, indem sie den Gesetzgeber und Behörden berät sowie Stellungnahmen und Gutachten anfertigt.
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Beratung der beruflich Pflegenden: Die Pflegekammer berät ihre Mitglieder in juristischen, ethischen, fachlichen und berufspolitischen Fragen.“
Die Regelung der Weiterbildung wird unter Pflegekammern ein erhebliches Gewicht erhalten. Es gibt in den einzelnen Bundesländern erhebliche Unterschiede, ob zu einer bestimmten Qualifikation im Bereich der Weiterbildungen eine gesetzliche Grundlage vorliegt – und wenn ja, welche. Während z. B. die Weiterbildung in der nephrologischen Pflege in Baden-Württemberg staatlich geregelt ist, greifen in den anderen Bundesländern die Empfehlungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) [ 6 ]. Aufgabe der Kammern wird es sein, Weiterbildungsordnungen zu erlassen, die für das Bundesland Gültigkeit besitzen. Es erfordert zusätzlich zwingend eine übergeordnete Instanz wie eine Bundespflegekammer, um die zahlreichen Angebote im Bereich der Bildung zu harmonisieren.
Eine Kammer trägt somit nur für das jeweilige Bundesland dazu bei, die Weiterbildung zu regeln. Damit verbunden ist aber auch die Auflage, dass sich Mitglieder von Pflegekammern fortbilden müssen. Dies ist nicht zwingend einhergehend mit der Bezahlung durch den Arbeitgeber. Im Bereich der Ärzte sind beispielsweise Fortbildungspunkte zu sammeln. Werden die Punkte im niedergelassenen Bereich nicht nachgewiesen, droht ein Abzug an Honoraren. Inwieweit Sanktionen bei den Pflegenden greifen sollen, die sich nicht fortbilden, muss durch die Kammer definiert werden. Eine Voraussetzung für dieses Verfahren ist die Registrierung der Pflegenden. Dies ist bisher in Deutschland ausschließlich auf freiwilliger Basis möglich.
Andere Länder – um Längen voraus
Die Registrierung ist in den USA und in fast jedem europäischen Land schon lange üblich und verpflichtend, um seinen Beruf ausüben zu können (Tab. [ 1 ]). Lediglich in 2 Ländern außer Deutschland darf der Pflegeberuf ohne Registrierung ausgeübt werden – und zwar in Serbien und Montenegro sowie der Schweiz. Bereits im Jahr 1922 wurde die Registrierung beruflich Pflegender beispielsweise in Irland eingeführt. Zuletzt zogen 2004 und 2005 Tschechien und Slowenien nach. Die Kosten für die Registrierung tragen in diesen Ländern überwiegend die Pflegekräfte selbst [ 7 ].




Eine kontinuierliche und verpflichtende Fort- und Weiterbildung trägt zur Qualitätsverbesserung und ständigen Kompetenzerweiterung der beruflich Pflegenden bei [ 8 ]. Dies ist bei den zu erwartenden demografischen Veränderungen in den nächsten Jahren unabdingbar.
Im englischsprachigen Raum wird die „Nurse“ mit Ablegen der Prüfung (weibliche/männliche Pflegekraft) der zuständigen Kammer gemeldet. Die Kammer überprüft in regelmäßigen Abständen den Nachweis der Pflichtfortbildungen. Wer keinen fristgerechten Nachweis liefert, erhält die Bezahlung einer Hilfskraft [ 9 ]. Die zuständigen Pflegekammern überwachen dies. In Großbritannien dürfen zum Beispiel nur Pflegekräfte mit gültiger Registrierung bei der Pflegekammer „Nursing and Midwifery Council“ (NMC) den Beruf ausüben [ 10 ]. Über ein entsprechendes Landesregister, das von der Pflegekammer geführt wird, kann man sich damit gleichzeitig einen Überblick über die Anzahl der im Pflegeberuf Beschäftigten und deren Qualifikation verschaffen.
Ein solches Register und damit ein Überblick über die tatsächliche Zahl der Pflegenden und ihrer Qualifikationen ist bisher in Deutschland nicht vorhanden. Bestrebungen zum Aufbau gibt es jedoch seit einigen Jahren: Seit 2003 können sich alle professionell Pflegenden bei der unabhängigen Registrierungsstelle erfassen lassen. Im April 2006 hat der Deutsche Pflegerat (DPR) bundesweit die Trägerschaft der freiwilligen Registrierung übernommen.
Ziel ist es, die pflegerischen Kompetenzen und Qualitätsanforderungen an Pflegekräfte auch nach der Ausbildung klar zu definieren. Seit Anbeginn unterstützt die AfnP e. V. die freiwillige Registrierung. Alle AfnP-Veranstaltungen, ob Seminar, Fortbildung oder Symposium, sind registrierte Veranstaltungen. Das Symposium in Fulda und die Nephro Fachtagung Ulm am 28.-29.03.2014 beinhalten zusätzlich CME-Punkte für ärztliche Teilnehmer. Mit dem Besuch des Symposiums oder der Nephro Fachtagung Ulm und der Mitgliedschaft in der AfnP erreichen Sie bereits 36 der 40 nötigen Punkte, um 2 Jahre nach der Erstregistrierung die Folgeregistrierung bekommen zu können. Das kontinuierliche Lernen über zertifizierte Angebote sichert hierbei die Qualität der Pflege.
Die Gesellschaft nennt sich „Registrierung beruflich Pflegender GmbH“ (RbP). Alle professionell Pflegenden wie Altenpfleger, Kinderkrankenpfleger und Gesundheitspfleger können sich auf freiwilliger Basis registrieren lassen. Aktuell sind 15 000 Pflegende in Deutschland bundesweit registriert. Das sind circa 1,3 % von geschätzten 1,2 Millionen Pflegenden bundesweit [ 11 ]. Im November 2008 wurde die RbP GmbH gegründet.
Kontinuierliches Lernen sichert Qualität
In Deutschland gilt die Regel: Wer einmal eine Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung erhalten hat und sich nichts hat zuschulden kommen lassen (§ 2 neues und altes Krankenpflegegesetz), darf seinen Beruf ausüben. Mit der Einführung von Qualitätsmanagementsystemen gemäß § 135a–137d SGB V, des Pflegequalitätssicherungsgesetzes § 112–120 SGB XI, des aktuellen Gesundheitsstrukturveränderungsgesetzes und der neuen Ausbildungsgesetze kann es jedoch nur im Interesse von Arbeitgeber und Arbeitnehmer sein, sich verpflichtend fort- und weiterzubilden. Im „Dialysestandard 2006“ der DAKN [ 12 ] unter Anforderungen an die Qualifikation des Pflegepersonals heißt es (A.5.2): „Bei allen Behandlungsformen ist für die unmittelbare Patientenbehandlung speziell ausgebildetes, qualifiziertes Personal einzusetzen.“
Ziel ist es, die pflegerischen Kompetenzen und Qualitätsanforderungen an Pflegekräfte nicht nur durch die Ausbildungsverordnung klar zu beschreiben. Denn nach der Ausbildung gehen Pflegekräfte in die verschiedenen Fachweiterbildungen. Sie werden zu kontinuierlichen Fort- und Weiterbildungen angehalten, um auch langfristig immer auf dem aktuellen fachlichen Wissensstand zu sein. Unter einer Aufsicht einer Kammer kann man nicht mehr seine Ausbildung machen und dann nie wieder eine Fort- oder Weiterbildungsmaßnahme besuchen. Dies ist ein wichtiger Schritt zum Nachweis der beruflichen Fachkompetenz und der Professionalisierung der Pflege, besonders heute im Hinblick auf die Übernahme von ärztlichen Aufgaben.
Die (noch) freiwillige Registrierung soll die interne Qualitätsentwicklung in Pflegeeinrichtungen absichern [ 13 ]. Vielerorts hat die verminderte Erstattungspauschale zu Einsparungen beim Personal geführt. Heute übernehmen die Pflegekräfte für eine steigende Zahl an Patienten nicht nur die Versorgung mit einer Nierenersatztherapie, sondern infolge der Multimorbidität auch eine Reihe von weiteren Versorgungsaufgaben. Vorrangiges Ziel muss hierbei sein, im Interesse der uns anvertrauten Patienten drohende weitere Kürzungen der Pflege- und Personalressourcen entgegen zu wirken. Eine fachliche fortlaufende Fort- und Weiterbildung trägt dazu bei, Komplikationen und deren Folgekosten zu vermeiden. Qualifiziertes Personal ist meist motivierter, übernimmt eigenverantwortlich Aufgaben und trägt damit zu einem effizienten Arbeitsablauf bei. Sonja Haas beschreibt dies in dem Buch „Arbeitsfeld Dialyse“ [ 14 ], einer Auftragsarbeit der AfnP, eindrücklich.
Rund 450 Einrichtungen weisen inzwischen bereits Fortbildungspunkte aus. Wie Sie auch heute schon Punkte erwerben können, ist in Tabelle 2 aufgeführt [ 15 ]. Seit Oktober 2009 ist in den Bundesländern Hamburg, Bremen und dem Saarland eine Berufsordnung für Pflegekräfte in Kraft getreten [ 16 ]. Diese beschreibt das Berufsprofil der Pflegekräfte und Altenpflegekräfte klar und definiert berufliche Ziele und Aufgaben sowie Verantwortungsbereiche. In Hamburg besteht nun auch die Verpflichtung, jährlich 20 Fortbildungspunkte nachzuweisen. Damit nähert man sich schon ersten Aufgaben einer Kammer an.
Aufgaben, die eine Kammer nicht übernimmt
Neben den oben beschriebenen Aufgaben, die die Kammer übernimmt, soll aber auch beschrieben werden, was eine Kammer nicht erfüllen kann. Als wesentlich und – von den Befürworten teils fälschlich ins Feld geführt – kann dazu gesagt werden, dass eine Kammer nicht für die tariflichen Fragen verantwortlich ist. Die Frage des Gehalts wird von den Tarifpartnern verhandelt. Zwar kann und muss sich die Kammer äußern und Empfehlungen zur Vergütung aussprechen, aber letztlich werden Entscheidungen unabhängig von ihr getroffen. Ihre Aufgabe ist es nicht, Löhne und Arbeitsbedingungen mit den Parteien auszuhandeln. Sie grenzt sich damit von den Gewerkschaften ab. Aus diesem Grund werden auch die Gewerkschaften weiterhin Bestand haben, weil sie Arbeitnehmerpolitik betreiben [ 5 ].
Auch sind die Kammern nicht dafür verantwortlich, eine eigene Altersvorsorge für die Mitglieder aufzubauen (anders bei den Ärzten). Weiterhin werden die Kammern der Bundesländer auch dort im Einfluss beschnitten, wo Regelungen auf Bundesebene definiert werden. Dies betrifft z. B. das Krankenpflegesetz und damit verbunden die Fragen zur Ausbildung. Grundsätzlich können einer Kammer nur die Aufgaben übertragen werden, die nicht durch bundesrechtliche Regelungen abgedeckt werden.
Pflichten der Mitglieder einer Kammer
Die wesentliche Pflicht wird darin bestehen, dass ein Angehöriger der Berufsgruppe Pflege Mitglied der Kammer sein und dementsprechend einen Pflichtbeitrag zahlen muss. Dazu ist es zwingend notwendig, sich bei der Kammer an- oder abzumelden.
Unklar ist, ob sich dies auf alle Pflegenden bezieht, die jemals die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung erworben haben, oder nur diejenigen, die tatsächlich in der Pflege arbeiten. Pflegende sind unter der Aufsicht einer Kammer sicherlich verpflichtet, die vorgeschriebenen Fort- und Weiterbildungen nachzuweisen. Wie jedoch Sanktionen aussehen könnten, kann hier nicht abschließend beurteilt werden.
Andrea Westerfellhaus
Alt-Moabit 91, 10559 Berlin
Tel.: 030/39063883, Fax: 030/39480113
E-Mail: info@registrierung-beruflich-pflegender.de
Internet: www.regbp.de
Folgende Berufsgruppen können sich registrieren lassen [ 13 ]:
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Altenpflegerin/-pfleger
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Kinderkrankenschwester/-pfleger (jetzt Gesundheits- und Kinderkran-kenpfleger/-in)
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Krankenschwester/-pfleger (jetzt Gesundheits- und Krankenpfleger/-in)
Für die Erstregistrierung füllen Sie das Anmeldeformular aus und senden es zusammen mit den erforderlichen Kopien (Ausbildungsabschluss, Fortbildungsnachweis etc.) an die Registrierungsstelle. Die Kosten betragen für die Erstregistrierung 15 Euro. Die Erstregistrierung hat eine Gültigkeit von 2 Jahren. Sie finden auf der Homepage www.afnp.de einen Link dazu.
Innerhalb von 2 Jahren müssen Sie mindestens 40 Registrierungspunkte sammeln. Die Kosten für die Folgeregistrierung sind 60 Euro. Dabei sollen Sie Fortbildungen besuchen, die verschiedene Kompetenzbereiche abdecken:
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Fachkompetenz: fachbezogen (z. B. nephrologische Fortbildungen) und fachübergreifend (z. B. Qualitätsentwicklung, Pflegetheorien, Berufsrecht)
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Sozialkompetenz (z. B. Rhetorik, Kommunikation, Konfliktbewältigung)
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Methodenkompetenz (z. B. Gestaltung des Pflegeprozesses, Praxisanleitung)
Befürworter und Gegner
Die Frage, ob Pflegekammern eingerichtet werden sollen, wird teils sehr emotional geführt. So wurde die Anhörung von Gegnern und Befürwortern der Pflegekammer in Bayern als „Expertenduell“ bezeichnet. Die Lager sind klar: Auf der einen Seite stehen Berufsverbände und Hochschulen mit Pflegestudiengängen, auf der anderen Seite Träger von Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbänden und Pflegeeinrichtungen, die den Sinn einer Kammer bestreiten [ 17 ].
Die wichtigsten Gegenargumente beziehen sich auf den Zwang, in eine Kammer eintreten zu müssen. Daneben wird der Kammer ein unnötiger bürokratischer Aufwand vorgeworfen. Alle Gegenargumente lassen aber darüber hinaus auch vermuten, dass es sich unterhalb der Sachebene auch um das Thema der Macht handelt: Will man tatsächlich einer Berufsgruppe die Gelegenheit geben, sich stärker zu positionieren und für sich bessere Bedingungen und mehr Autonomie einfordern?
Stand der Bundesländer
Der Stand zur Implementierung von Pflegekammern ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich. Da neue Nachrichten zu diesem Thema relativ schnell veröffentlicht werden, kann an dieser Stelle zur Information nur allgemein auf die Internetseiten der zuständigen Ministerien verwiesen werden.
Hier zeigen wir einige ausgewählte Entwicklungen auf: Im Februar 2012 teilte Sozialministerin Malu Dreyer (SPD) in Rheinland-Pfalz mit, dass sie die Einrichtung einer Pflege- und Therapiekammer plant. Die CDU hatte dafür vorab schon ihre Unterstützung signalisiert. Inzwischen liegt eine Zeitschiene vor, nach der in Rheinland-Pfalz im Sommer 2015 die Pflegekammer ihre Arbeit aufnehmen wird. Eine Gründungskonferenz beschäftigt sich derzeit mit zentralen (auch gesetzlichen) Fragen.
In Schleswig-Holstein wurde bereits im Dezember 2012 im Landtag beschlossen, die rechtlichen Voraussetzungen für die Errichtung einer Pflegekammer zu schaffen. Erst nach dieser Entscheidung wurde eine Befragung bei den Pflegenden durchgeführt. Die Zustimmung betrug 51 %. Inzwischen sieht die weitere Planung der Gesundheitsministerin vor, eine Pflegekammerkonferenz zu gründen, um alle Beteiligten einzubeziehen. Ein Pflegekammergesetz soll innerhalb des nächsten Jahres in Kraft treten.
In Bayern unternahm der damalige Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) bereits einen Vorstoß und scheiterte am Widerstand der FDP. Unter Huber führte das Ministerium eine Umfrage unter Pflegenden durch. Inzwischen wurde das Ministerium neu aufgeteilt und Frau Ministerin Huml leitet den Bereich Gesundheit und Pflege. Erst im Dezember 2013 wurden die Ergebnisse der Umfrage veröffentlicht. Demnach sprechen sich 50 % der Pflegenden in Bayern für eine Einrichtung einer Pflegekammer aus, 34 % lehnen diese ab und 16 % der Befragten sind unentschlossen. Huml erklärte, dass der Weg in Richtung Pflegekammer zeige. Sie plane nun, alle Beteiligten einzuladen und den Weg zur Kammer gemeinsam zu beschreiten.
Niedersachsen führte bereits eine Befragung durch und veröffentlichte die Ergebnisse im März 2013. Die Zustimmung zur Pflegekammer betrug 67 %, wobei die Umfrage weitere zahlreiche, interessante Details lieferte. Für Anfang 2014 soll hier ein Referentenentwurf für die Pflegekammer vorliegen.
Der Förderverein Pflegekammer NRW e. V. stellt auf seiner Homepage umfangreiche Materialien zur Verfügung, u. a. Vorschläge für ein Gesetz oder ein Positionspapier. Die politischen Entwicklungen erscheinen jedoch momentan eher verzögert bzw. es lassen sich keine konkreten Angaben finden. Berlin und Hamburg planen derzeit eine Umfrage bzw. führen sie bereits durch.
Fazit
Die Einrichtung von Pflegekammern wird in unterschiedlicher zeitlicher Abfolge in den Bundesländern vorangetrieben. Sind teils noch Anfragen und Initiativen notwendig, so sind andere Bundesländer bereits mit konkreten Umsetzungsfragen beschäftigt. Mit den Pflegekammern sind große Erwartungen und Hoffnungen verbunden. Andere Berufsgruppen zeigen die Vorteile der Verkammerung auf, rücken aber auch die damit verbundenen Konsequenzen in das Blickfeld.
Wenn auch Kammern heute nicht mehr als besonders „modern“ angesehen werden, würden sie für die Pflege endlich die Möglichkeiten bieten, die Berufsgruppe einheitlich zu bündeln, Interessen darzustellen und letztlich auf den Wert der Pflege bedeutend stärker aufmerksam machen. Die AfnP unterstützt ausdrücklich die Initiativen, in jedem Bundesland eine Pflegekammer zu implementieren. Von unrealistischen Erwartungen sollte jedoch Abstand genommen werden – ein Allheilmittel wird die Pflegekammer nicht sein. Die Lösung der Probleme innerhalb der Pflege muss mehreren Ansätzen folgen. Die Pflegekammer ist ein Baustein davon.
Stefanie Schlieben, München
Marion Bundschu, Ulm
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Literatur
- 1 Pflegekammer Schleswig Holstein. Begründungen für eine Pflegekammer in Schleswig-Holstein – Eine Zusammenstellung des Pflegerates Schleswig-Holstein (15.10.12). Im Internet: http://pflegekammer-jetzt.de/uploads/sh_argumentationspapiepflegekammer.pdf Stand 14.11.2013
- 2 Burkhardt M, Oswald DA, Ehrhardt T. 112 – und niemand hilft. PricewaterhouseCoopers AG/Wirtschaftsforschungsinstitut WifOR 2012;
- 3 Schlieben S. Bedingungen in der nephrologischen Pflege – Eine explorative Studie zum Berufsfeld in Deutschland. Dialyse aktuell 2010; 14: 332-339
- 4 Martini M. Pflegekammer – eher ein Placebo als eine Wunderpille zur Erstarkung der Pflege. Im Internet: http://www.bpa.de/fileadmin/user_upload/MAIN-dateien/BUND/bpa_Magazin/bpaMagazin_Ausgabe79.pdf Stand 14.11.2013
- 5 Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege Im Internet: http://www.stmgp.bayern.de/pflege/pflegekammer/index.htm Stand 14.11.2013
- 6 Deutsche Krankenhausgesellschaft. DKG-Empfehlung zur Weiterbildung von Gesundheits- und (Kinder-)Krankenpflegekräften für die pflegerischen Fachgebiete Intensivpflege, Funktionsdienste, Pflege in der Onkologie, Nephrologie und Psychiatrie. Im Internet: http://www.dkgev.de/media/file/14143.DKG-Fachempfehlungen_2011.pdf Stand 14.11.2013
- 7 Bundschu M. Registrierung beruflich Pflegender – Ein gutes Marktinstrument zur Beurteilung der Personalqualität. Dialyse aktuell 2012; 16: 322-324
- 8 Fernsebner T, Bundschu M, Küntzle W, Reichardt M, Schlieben S. Nephrologische Fachweiterbildung: Kompetenzbasierter Rahmenlehrplan. Dialyse aktuell 2012; 16 (5, Sonderdruck BANP): 4-51
- 9 Bauer M. Freiwillige Registrierung – ein weiterer Baustein. PflegeBulletin 2006; 2
- 10 DBfK Aktuell: Welchen Beitrag können Freiwillige Registrierung und Pflegekammer leisten?. Die Schwester Der Pfleger 2012; 4: 51
- 11 Westerfellhaus A. RbP Freiwillig beruflich Pflegende GmbH.
- 12 Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Klinische Nephrologie e. V., Verband Deutscher Nierenzentren der DD nÄ e. V., Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Nephrologie. Dialysestandard 2006.
- 13 Unterlagen der RbP Registrierung beruflich Pflegender GmbH
- 14 Haas S. Arbeitsfeld Dialyse – Aus-, fort- und weiterbildungsspezifische Zuordnung der Tätigkeiten für Arzthelferinnen und Pflegekräfte. Bielefeld: Roter Faden; 2005
- 15 RbP - Registrierung beruflich Pflegender GmbH. Punktetabelle ab 2013. Im Internet: http://www.regbp.de/images/stories/dokumente/RbP_Punktetabelle__2013.pdf Stand: 14.11.2013
- 16 Smerdka-Arhelger I. Berufliches Selbstverständnis: Neue Berufsordnung in Hamburg. Die Schwester Der Pfleger 2010; 2
- 17 Station 24 Expertenduell zur Pflegekammer im Landtag vom 22.10.2012. Im Internet: https://www.station24.de/management-aktuell/-/content/detail/782080 Stand: 14.11.2013
- 18 darüber hinaus die Seiten der zuständigen Ministerien; hier nicht mehr aufgeführt
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Literatur
- 1 Pflegekammer Schleswig Holstein. Begründungen für eine Pflegekammer in Schleswig-Holstein – Eine Zusammenstellung des Pflegerates Schleswig-Holstein (15.10.12). Im Internet: http://pflegekammer-jetzt.de/uploads/sh_argumentationspapiepflegekammer.pdf Stand 14.11.2013
- 2 Burkhardt M, Oswald DA, Ehrhardt T. 112 – und niemand hilft. PricewaterhouseCoopers AG/Wirtschaftsforschungsinstitut WifOR 2012;
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- 7 Bundschu M. Registrierung beruflich Pflegender – Ein gutes Marktinstrument zur Beurteilung der Personalqualität. Dialyse aktuell 2012; 16: 322-324
- 8 Fernsebner T, Bundschu M, Küntzle W, Reichardt M, Schlieben S. Nephrologische Fachweiterbildung: Kompetenzbasierter Rahmenlehrplan. Dialyse aktuell 2012; 16 (5, Sonderdruck BANP): 4-51
- 9 Bauer M. Freiwillige Registrierung – ein weiterer Baustein. PflegeBulletin 2006; 2
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- 11 Westerfellhaus A. RbP Freiwillig beruflich Pflegende GmbH.
- 12 Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Klinische Nephrologie e. V., Verband Deutscher Nierenzentren der DD nÄ e. V., Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Nephrologie. Dialysestandard 2006.
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- 14 Haas S. Arbeitsfeld Dialyse – Aus-, fort- und weiterbildungsspezifische Zuordnung der Tätigkeiten für Arzthelferinnen und Pflegekräfte. Bielefeld: Roter Faden; 2005
- 15 RbP - Registrierung beruflich Pflegender GmbH. Punktetabelle ab 2013. Im Internet: http://www.regbp.de/images/stories/dokumente/RbP_Punktetabelle__2013.pdf Stand: 14.11.2013
- 16 Smerdka-Arhelger I. Berufliches Selbstverständnis: Neue Berufsordnung in Hamburg. Die Schwester Der Pfleger 2010; 2
- 17 Station 24 Expertenduell zur Pflegekammer im Landtag vom 22.10.2012. Im Internet: https://www.station24.de/management-aktuell/-/content/detail/782080 Stand: 14.11.2013
- 18 darüber hinaus die Seiten der zuständigen Ministerien; hier nicht mehr aufgeführt



