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DOI: 10.1055/s-0034-1366969
Entwicklung von neuen Phosphatbindern – Das Ziel: effektive Therapie bei niedriger Tablettenlast
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
11. Februar 2014 (online)
Die Therapie mit Phosphatbindern ist bei den meisten Patienten mit chronischer Nierenerkrankung (CKD) und Hyperphosphatämie wirksam und unverzichtbar, weist aber immer noch Probleme auf. So ist die Effektivität der Behandlung wegen der oft schlechten Compliance, vor allem aufgrund der hohen Tablettenmenge pro Tag, eingeschränkt. Deshalb besteht ein Bedarf an neuen Therapieoptionen, die bei optimaler Wirksamkeit die Einnahme erleichtern. Neue eisenhaltige Phosphatbinder könnten diese Probleme lösen helfen, weil mit ihnen die Tablettenlast reduziert werden kann. „Phosphatbinder stellen mit 49 % den Hauptanteil der Medikamentenlast bei Hämodialysepatienten dar“, betonte Prof. Jürgen Floege, Uniklinik RWTH Aachen. Die tägliche Medikamentenmenge ist bei dieser Patientengruppe mit durchschnittlich 19 Tabletten pro Tag eine der höchsten unter allen chronischen Erkrankungen [ 1 ]. Einer Umfrage [ 2 ] zufolge scheint die mangelnde Compliance der hauptsächliche Grund für die Probleme bei der Phosphatkontrolle zu sein. Denn Nephrologen vermuten, dass Dialysepatienten nur etwa 61 % ihrer verschriebenen Phosphatbindermengen einnehmen.
Dies hat Auswirkungen auf die von den Fachgesellschaften empfohlenen Werte. Wie die aktuelle prospektive europäische Beobachtungsstudie [ 3 ] COSMOS[ 1 ] zeigte, wurden 86,4 % der sich überwiegend im Stadium CKD 5 befindlichen 4500 Patienten Phosphatbinder verschrieben. Trotz dieses hohen Prozentsatzes hatten 70,5 % der Studienteilnehmer Serum-Phosphat-Werte, die über den von der KDIGO (Kidney Disease: Improving Global Outcomes) empfohlenen Zielwerten lagen. Nur 26,7 % der Patienten wiesen Werte innerhalb des Normbereichs von 3,0–4,5 mg/dl auf. Dagegen lagen 77 % der Patienten mit ihren Serum-Kalzium-Werten im Normbereich von 8,5–10,2 mg/dl und 6,5 % darüber. Erhöhte Kalziumspiegel werden mit einer erhöhten Mortalitätsrate in Verbindung gebracht. Wie eine aktuelle Metaanalyse [ 4 ] zu den Effekten von kalziumbasierten und kalziumfreien Phosphatbindern bei Patienten mit CKD ergab, war in den ausgewerteten randomisierten und nicht randomisierten Studien die Einnahme von kalziumfreien Phosphatbindern mit einem verringerten Risiko für die Gesamtmortalität assoziiert. Die Analyse zeigte eine 22-prozentige Reduktion gegenüber der Einnahme von kalziumbasierten Medikamenten.
PA21 bindet Phosphat im Gastrointestinaltrakt
„Mit neu entwickelten, beispielsweise eisenhaltigen Phosphatbindern besteht potenziell die Möglichkeit, dass wir mehr Breite und Variabilität bei der Therapie der Hyperphosphatämie bekommen“, so Floege. Dies könnte möglicherweise dabei helfen, die Phosphatkontrolle zu verbessern und dazu führen, dass bestimmte Risiken verringert werden.
Unter den Kandidaten befindet sich die Substanz PA21, ein eisenbasierter Phosphatbinder in der Darreichungsform einer Kautablette, der aus polynuklearem Eisen(III)-Oxyhydroxid besteht. Jede Tablette enthält das Äquivalent von 500 mg Eisen. Bei der Einnahme zu einer Mahlzeit bindet PA21 im Gastrointestinaltrakt das aufgenommene Phosphat durch das Ersetzen von Hydroxygruppen. Das gebundene Phosphat wird anschließend mit dem Stuhl ausgeschieden.
In einer randomisierten Multicenterstudie der Phase II [ 5 ] wurden 151 Patienten mit verschiedenen Dosierungen von PA21 oder mit Sevelamer über 6 Wochen behandelt. Wie sich zeigte, waren die Dosierungen von 5 g/d und 7,5 g/d bei der Senkung des Serumphosphats ähnlich effektiv wie Sevelamer in einer Dosierung von 4,8 g täglich. Die Eisenparameter veränderten sich während der Behandlung nicht, was gegen eine wesentliche Eisenabsorption aus PA21 spricht.
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Ergebnisse der Phase-III-Studie
Die Resultate konnten im Wesentlichen in der nachfolgenden multizentrischen Phase-III-Studie [ 6 ] PA-CL-05 bestätigt werden. Darin wurden insgesamt 1059 mit Phosphatbindern vorbehandelte Patienten in 174 Zentren nach einer Auswaschphase im Verhältnis 2:1 zu PA21 und Sevelamer randomisiert. In der ersten Gruppe wurden 91,9 % mit Hämodialyse und 8,1 % mit Peritonealdialyse behandelt, in der zweiten 91,6 % und 8,4 %. Zu Studienbeginn wiesen die Patienten einen durchschnittlichen Serum-Phosphat-Wert von 7,7 mg/dl (PA21-Gruppe) und 7,5 mg/dl (Sevelamergruppe) auf.
Wie Floege weiter sagte, wurde der primäre Effektivitätsendpunkt als Überlegenheit der Erhaltungsdosis von PA21 (5–15 g/d) in Woche 27 gegenüber einer niedrigen Dosierung (1,25 g/d) definiert. Der sekundäre Endpunkt bestand in der Nichtunterlegenheit gegenüber Sevelamer in Woche 12.
Im Ergebnis erwies sich die Erhaltungsdosis effektiver als die geringe Dosierung. Die durchschnittliche Veränderung im Serumphosphat betrug bei der höheren Dosierung 0,2 mg/dl gegenüber circa 1,8 mg/dl bei der geringeren Dosis in Woche 27. Die Nichtunterlegenheit gegenüber Sevelamer nach 12 Wochen konnte nachgewiesen werden (Abb. [ 1 ]). Die Reduktion des Phosphatspiegels über 52 Wochen fiel in beiden Therapiegruppen ähnlich aus und betrug circa 2 mg/dl (Abb. [ 2 ]).


werden. nach [ 6 ]
KDOQI = Kidney Disease Outcomes Quality Initiative


KDOQI = Kidney Disease Outcomes Quality Initiative
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Tablettenmenge um 60 % geringer
Die Anzahl der eingenommenen Tabletten war bei PA21 im Vergleich zu Sevelamer deutlicher geringer. Die mittlere Tablettenzahl pro Tag lag in Woche 24 bei 4,4 in der PA21-Gruppe und bei 11,4 in der Sevelamergruppe. In Woche 52 betrugen die Zahlen 4,6 gegenüber 12,3 (Tab. [ 1 ]). Die Compliance war in der ersten Kohorte mit über 80 % und in der zweiten mit über 75 % hoch. Floege fasste die Effektivität der Behandlung in der Studie wie folgt zusammen:
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Die Erhaltungsdosis von PA21 war signifikant effektiver als die niedrigere Dosierung.
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Die Therapie mit PA21 erwies der Behandlung mit Sevelamer in Woche 12 als nicht unterlegen.
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Die Effektivität beider Phosphatbinder war über 52 Wochen vergleichbar.
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Die zur Kontrolle des Phosphatspiegels benötigte Tablettenmenge von PA21 fiel über 52 Wochen um circa 60 % geringer aus als unter der Behandlung mit Sevelamer.
Parameter mittlere (SD) Expositionsdauer (Tage) mittlere Tablettenzahl/Tag (Woche 24) mittlere Tablettenzahl/Tag (Woche 52) |
PA21 (N = 707) 243 + 131 4,4 4,6 |
Sevelamer (N = 348) 294 + 113 11,4 12,3 |
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Zu den Nebenwirkungen führte Floege aus, dass zwischen den Therapiegruppen keine Unterschiede in Todesfällen, schweren oder ernsten durch die Behandlung bedingten Nebenwirkungen bestanden. Unter PA21 traten mehr gastrointestinale Nebenwirkungen vor allem bis Woche 24 auf als unter Sevelamer. Dabei überwogen die Diarrhöen und Stuhlverfärbungen unter dem eisenhaltigen Phosphatbinder; die Diarrhöen waren überwiegend mild und vorübergehend. Nur 3 % der Patienten brachen deswegen die Studie ab. Insgesamt lagen die Nebenwirkungs- und Studienausschlussraten in der PA21-Gruppe höher. Aufgrund der Resultate der Phase-III-Studie wurde für den eisenbasierten Phosphatbinder PA21 die Marktzulassung in der EU und den USA beantragt.
Dr. Ralph Hausmann, Frankfurt am Main
Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Fresenius Medical Care GmbH, Bad Homburg.
Die Beitragsinhalte stammen vom Symposium „Neue Therapieansätze im Phosphatmanagement – Eisenhaltige Phosphatbinder“, 07.10.2013, veranstaltet von der Fresenius Medical Care GmbH, Bad Homburg, auf der 5. Jahrestagung der DGfN, Berlin.
Der Autor ist freier Journalist.
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1 Current management Of Secondary hyperparathyroidism – a Multicenter Observational Study
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Literatur
- 1 Chiu YW, Teitelbaum I, Misra M et al. Pill burden, adherence, hyperphosphatemia, and quality of life in maintenance dialysis patients. Clin J Am Soc Nephrol 2009; 4: 1089-1096
- 2 Biotrends Treatment Trends Q3/2010
- 3 Fernández-Martín JL, Carrero JJ, Benedik M et al. COSMOS: the dialysis scenario of CKD-MBD in Europe. Nephrol Dial Transplant 2013; 28: 1922-1935
- 4 Jamal SA, Vandermeer B, Raggi P et al. Effect of calcium-based versus non-calcium-based phosphate binders on mortality in patients with chronic kidney disease: an updated systematic review and meta-analysis. Lancet 2013; 382: 1268-1277
- 5 Wüthrich RP, Chonchol M, Covic A et al. Randomized clinical trial of the iron-based phosphate binder PA21 in hemodialysis patients. Clin J Am Soc Nephrol 2013; 8: 280-289
- 6 Floege J et al. ASN-Kongress 2012
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Literatur
- 1 Chiu YW, Teitelbaum I, Misra M et al. Pill burden, adherence, hyperphosphatemia, and quality of life in maintenance dialysis patients. Clin J Am Soc Nephrol 2009; 4: 1089-1096
- 2 Biotrends Treatment Trends Q3/2010
- 3 Fernández-Martín JL, Carrero JJ, Benedik M et al. COSMOS: the dialysis scenario of CKD-MBD in Europe. Nephrol Dial Transplant 2013; 28: 1922-1935
- 4 Jamal SA, Vandermeer B, Raggi P et al. Effect of calcium-based versus non-calcium-based phosphate binders on mortality in patients with chronic kidney disease: an updated systematic review and meta-analysis. Lancet 2013; 382: 1268-1277
- 5 Wüthrich RP, Chonchol M, Covic A et al. Randomized clinical trial of the iron-based phosphate binder PA21 in hemodialysis patients. Clin J Am Soc Nephrol 2013; 8: 280-289
- 6 Floege J et al. ASN-Kongress 2012


werden. nach [ 6 ]
KDOQI = Kidney Disease Outcomes Quality Initiative


KDOQI = Kidney Disease Outcomes Quality Initiative