Schlüsselwörter
BMP - Behandlung - Pseudarthrosen - TGF-beta - Smad
Key words
BMP - treatment - pseudarthroses - TGF-beta - Smad
Probleme in der Behandlung von meta- und diaphysären Tibiafrakturen
Probleme in der Behandlung von meta- und diaphysären Tibiafrakturen
Trotz der stetigen Verbesserungen der operativen Versorgung von Frakturen kommt es
im Bereich der langen
Röhrenknochen nach wie vor zu Komplikationen, wie beispielsweise einer verzögerten
Frakturheilung,
Pseudarthrosen sowie Implantatversagen oder Infektionen. Insbesondere die verzögerte
Frakturheilung
stellt ein immanentes chirurgisches und aber auch volkswirtschaftliches Problem dar.
Die
Therapieoptionen aus der Sicht des Chirurgen sind limitiert, und die Heilungstendenz
lässt sich nur
schwer beeinflussen oder vorhersagen. Für den Patienten stellen sich eine verzögerte
Rekonvaleszenz und
Mehrfach-OPs ein. Volkswirtschaftlich ist die Wiedereingliederung in das Berufsleben
und das Erlangen
der Vollbeschäftigung weder zeitlich noch in Bezug auf den Umfang abzusehen. Die in
der Literatur
beschriebene Prävalenz von Tibiafrakturen mit verzögerter Frakturheilung variiert
in Abhängigkeit des
Weichteilschadens. Für die Gustilo-Anderson-Grade I, II und IIIA [1] ist eine
verzögerte Frakturheilung in 16 bis 60 % der Fälle beschrieben, wohingegen die Grade
IIIB und IIIC in 43
bis 100 % verzögert heilen [2]. Knochen unterliegen einem kontinuierlichen
Auf- und Abbau. Während dieser kontinuierlichen Modulierung sorgen die Osteoblasten
und Osteozyten für
den Gewebeaufbau und dessen Stabilität und die Osteoklasten für die Knochenresorption
[3], [4]. Nach einer Fraktur kann dadurch die
Knochenmatrix wieder funktionsfähig hergestellt werden und verheilen. Störungen in
diesem
ausbalancierten System können zu schwerwiegenden Komplikationen führen, beispielsweise
zu Osteopenie,
Osteoporose oder im Falle der verzögerten Frakturheilung zu Pseudarthrosen [5], [6], [7].
Eine Möglichkeit der Pseudarthrosenbehandlung ist der Einsatz der Bone morphogenetic
Proteins (BMPs). Die
Behandlung wird nicht als Ersttherapie von den Krankenkassen bezahlt. Ziel dieser
Übersichtsarbeit ist
es, unter Zuhilfenahme klinischer Studien aus der Literatur diesen Punkt kritisch
zu hinterfragen und zu
beleuchten, ob ein frühzeitiger Einsatz der BMPs einen sozioökonomischen Vorteil bietet.
Dazu wurden in dieser Übersichtsarbeit folgende Studientypen berücksichtigt: (i) randomisiert
kontrollierte Studien, (ii) Kosten-Effizienz-Analysen oder (iii) reine Kostenanalysen.
Es wurden Studien
unter Verwendung von BMP2 und BMP7 eingeschlossen. Als Interventionsarten wurden sowohl
die Applikation
von BMPs im Vergleich zur Osteosynthese mit und ohne Knochentransplantation als auch
die Applikation von
BMPs in Kombination mit Knochentransplantation im Vergleich zur alleinigen Knochentransplantation
untersucht. Zum Patientenkollektiv zählten nur Personen mit akuten Knochenbrüchen
oder Pseudarthrosen,
die ein adultes Skelett und ein Mindestalter von 16 Jahren aufwiesen. Zum Ausschluss
von Studien führte:
(i) der Einschluss von Probanden mit ernsthaften Begleiterkrankungen oder (ii) eine
Probandenzahl von
unter 10. Aufgrund dieser Ein- bzw. Ausschlusskriterien fokussiert sich diese Übersichtsarbeit
auf 15
Artikel, die zwischen 1999 und 2010 in den Datenbanken PubMed und Cochrane Library
veröffentlicht
wurden.
Als primäres „Outcome“ wurden die Zeit bis zur vollständigen Knochenheilung sowie
die Knochenheilungsrate
gezählt. Als sekundäres „Outcome“ wurde vor allem die Infektionsrate, aber auch die
Anzahl der
sekundären Interventionen, Implantatkomplikationen oder ungewollter Nebenwirkungen
der BMPs
berücksichtigt.
Für die Darstellung der Tierstudien sowie der BMP-Signaltransduktion und deren Regulierung
wurde eine
gesonderte Datenbanksuche durchgeführt.
Frakturremodelling mit humanen rekombinanten BMPs
Frakturremodelling mit humanen rekombinanten BMPs
Die Bone morphogenetic Proteins (BMPs) gehören zur Transforming-Growth-Factor-beta-(TGF-β-)Superfamilie
[8]. BMPs sind wichtige regulierende Faktoren im Zuge der Regeneration und
Neubildung von Knochen [4]. Sie üben Einfluss auf die Menge neugebildeter
Knochenmasse und die Geschwindigkeit ihrer Entstehung aus, sowohl während der Knochenheilung
als auch
während der normalen physiologischen Modulierung von Knochen [9]. BMPs sind
daher immer mehr in den Mittelpunkt des Forschungsinteresses gerückt, um chirurgische
Maßnahmen und
Eingriffe zu verbessern.
Erfolgreicher Einsatz von BMPs in Tierversuchen
In ersten Tierversuchen wurde die biologische Aktivität der BMPs durch Überexpression
mit viralen
Konstrukten nachgewiesen. Dabei zeigten besonders BMP-2, -4, -6, -7 und -9 eine osteoinduktive
Wirkung [4], [10]. Daraufhin wurden erste BMPs
rekombinant durch biotechnologische Methoden hergestellt (BMP-2, -4 und -7). Deren
biologische
Aktivität wurde in einer Vielzahl von Tiermodellen untersucht. Beispielsweise konnte
durch das
Aufbringen der rhBMPs auf Implantaten deren Einwachsen stark verbessert werden; so
z. B. in den
Studien von Fukunaga et al. [11] und Sumner et al. [12], die in einem Kaninchenmodell das Einwachsen von porösen Implantaten durch
Beschichtung mit rh-BMP-2 dosisabhängig verbessern konnten. Ähnliche Ergebnisse erzielten
Thorey et
al. [13], [14], Schmidmaier et al. [15] und Itoh et al. [16] mit Titanimplantaten
in Kaninchen und Ratte. Darüber hinaus konnte nach Gabe von rhBMPs die Bildung neuen
Knochens an
verschiedenen Stellen des Skeletts angeregt und so Knochendefekte kritischer Größe
behandelt werden.
Dies zeigt sich bereits früh in der Kaninchen-Studie von Woo et al. [17].
Diese Daten wurden durch weitere Studien an Ratten, Kaninchen oder Schafen bestätigt
[18], [19], [20], [21], [22], [23]. Aufgrund der Verwendung monogenetischer Tierlinien, einer oft streng
definierten Altersgruppe (und Geschlecht) der Tiere sowie dem Fehlen von Nebenerkrankungen
konnte in
diesen Studien ein Schwerpunkt auf die geeignete Applikationsweise der rhBMPs gelegt
werden, um eine
mögliche klinische Anwendung voranzutreiben. So konnte durch Modifikationen z. B.
gezielt Einfluss
auf die Fibrinlöslichkeit des rhBMP [24] oder auf seine kontrollierte
Freisetzung [25], [26], [27] genommen werden.
Zulassungen humaner rekombinanter BMPs für den klinischen Einsatz
Aus der Familie der BMPs werden seit einigen Jahren bereits das BMP-2 und das BMP-7
klinisch zur
Anwendung gebracht. Einsatz finden jeweils die rekombinanten humanen Proteine der
BMPs. Erfolgreich
den Weg zur Zulassung durchlaufen hat das rekombinante humane Protein BMP-2 (rhBMP-2).
Das unter dem
Arzneimittelnamen Dibotermin alfa vertriebene InductOs® der Firma Wyeth ist ein Kit,
bestehend aus
dem Proteinpulver, einem Lösungsmittel und einer bioabbaubaren Matrix aus Rinderkollagen.
Das Lösen
des Pulvers und Beträufeln der Matrix erfolgt während des chirurgischen Eingriffs
und wird auf die
frakturierte Region gelegt. InductOs findet Anwendung als Ergänzung nach Versagen
der
Standardtherapie zur Behandlung akuter Tibiafrakturen. Bei verzögerter Knochenbruchheilung
bzw. nach
Ausbildung einer Pseudarthrose wird in vielen Fällen zusätzlich zur Anlagerung von
autologer
Spongiosa oder Tricalciumphosphat BMP zur Unterstützung angewendet [28].
Ebenfalls zugelassen ist das rhBMP-7. Es wird als Eptotermin alfa unter dem Namen
Osigraft® der
Firma Stryker vertrieben. Das Protein liegt, an eine Kollagenmatrix gebunden, in Pulverform
vor und
ergibt nach Zugabe isotonischer Natriumchloridlösung zur Injektion eine Suspension,
welche direkt in
den Frakturbereich appliziert wird. Zugelassen ist Osigraft zur Behandlung von Tibiafrakturen,
die
eine Pseudarthrosenbildung aufweisen, über einen Zeitraum von mindestens 9 Monaten
bestehen und bei
denen Vorbehandlungen mittels autologer Transplantation fehlschlugen oder kontraindiziert
sind [29].
Klinische Studien mit humanen rekombinanten BMPs
Trotz immer neuer Erkenntnisse und der erfolgreichen Anwendung von rhBMPs an Menschen
(Übersicht über
klinische Studien siehe [Tab. 1]) ist in der klinischen Praxis
hinsichtlich des Ansprechens auf die Behandlung eine hohe Spendervariabilität zu erkennen.
Tab. 1 Übersicht ausgewählter klinischer Studien mit BMPs.
Studie
|
Patientenkollektiv
|
Frakturart
|
Intervention
|
Heilungsrate
|
Infektionsrate
|
mit BMP
|
ohne BMP
|
mit BMP
|
ohne BMP
|
* sek. Intervention notwendig zur Heilung; k. A. – keine Angabe
|
Cook 1999 [55]
|
30
|
Pseudarthrose der Tibia
|
intramedulläre Nagelung mit rhBMP-7 oder autologem Transplantat
|
85,7 %
|
93,8 %
|
–
|
6,3 %
|
Geesink 1999 [56]
|
24
|
Fibulafraktur kritischer Größe
|
mit/ohne Osteotomie mit 2,5 mg rhBMP-7 (mit 1 g Rinderkollagen), 2 ml
demineralisierter Knochen oder 1 g Rinderkollagen
|
83,3 %
|
66,7 %
|
k. A.
|
k. A.
|
Chen 2000 [57]
|
80
|
Pseudarthrose der Tibia
|
Intervention (nicht beschrieben) mit natürlichem nichtorganischem Knochen/BMP
oder Autograft-Knochen oder andere operative Maßnahme (nicht beschrieben)
|
100 %
|
100 %
|
k. A.
|
k. A.
|
Friedlaender 2001 [30]
|
122
|
Pseudarthrose der Tibia
|
intramedulläre Nagelung mit rhBMP-7 oder Autograft-Knochen
|
61,9 % 4,8 %*
|
73,8 % 9,8 %*
|
22,2 %
|
19,7 %
|
Govender 2002 [58]
|
450
|
akute offene Fraktur hauptsächlich der Diaphyse
|
intramedulläre Nagelung mit/ohne 0,75 mg/ml rhBMP-2
|
37 %*
|
46 %*
|
15 % (GA I + II); 29 % (GA IIIA + IIIB)
|
15 % (GA I + II); 44 % (GA IIIA + IIIB)
|
intramedulläre Nagelung mit/ohne 1,5 mg/ml rhBMP-2
|
26 %*
|
21 % (GA I + II); 24 % (GA IIIA + IIIB)
|
Maniscalco 2002 [59]
|
14
|
geschlossene Tibiafraktur
|
externe Fixierung mit oder ohne rhBMP-7
|
k. A.
|
k. A.
|
k. A.
|
k. A.
|
McKee 2002 [31]
|
124
|
offene Tibiafraktur
|
intramedulläre Nagelung mit oder ohne rhBMP-7
|
12,9 %*
|
27,4 %*
|
k. A.
|
k. A.
|
Jones 2006 [32]
|
30
|
Frakturen der Tibiadiaphyse
|
Rekonstruktion der Tibia mit 1,5 mg/ml rhBMP-2 (12 mg total) oder autogenem
Knochentransplantat
|
13,3 %*
|
33,3 %*
|
20 %
|
6,7 %
|
Calori 2006 [33]
|
29
|
Pseudarthrose oder Fraktur kritischer Größe von langen Röhrenknochen
|
intramedulläre Nagelung, Platte oder externe Fixierung mit 3,5 g/7 g rhBMP-7 oder
10 ml/20 ml thrombozytenreiches Plasma (PRP)
|
93,8 % 6,3 %*
|
61,5 % 23,1 %*
|
k. A.
|
k. A.
|
Alt 2006 [40]
|
291
|
akute Fraktur Tibiaschaft
|
intramedulläre Nagelung mit/ohne 1,5 mg/ml rhBMP-2
|
nur Kostenanalyse
|
16,6 %
|
16,4 %
|
Ekrol 2008 [34]
|
30
|
korrigierende Osteotomie nach Fehlheilung
|
externe o. interne Fixierung mit rhBMP-7 oder autogenem Transplantat
|
71,4 %
|
93,8 %
|
25 %
|
50 %
|
Die wohl größte klinische Studie über den Einsatz von rhBMP-2 ist die sogenannte BESTT-Studie
(BMP-2
Evaluation in Surgery for Tibial Trauma). In dieser prospektiven kontrollierten und
randomisierten
Studie mit 450 Patienten wurde der Einsatz von rhBMP-2 zur Behandlung von offenen
Tibiafrakturen
untersucht. Patienten mit offenen Tibiafrakturen wurden in der Studie zusätzlich zur
intramedullären
Stabilisierung mit 1,5 mg/ml rhBMP-2 behandelt [2]. Die Studie ergab, dass
die Anwendung von rhBMP-2 die Anzahl von Folgeoperationen signifikant, um 44 % (p = 0,0005),
reduzierte. Dies wird durch die Studien von Friedlaender et al. [30],
McKee et al. [31], Jones et al. [32] und
Calori et al. [33] mit einem deutlich kleineren Patientenkollektiv
bestätigt, obwohl bei den Studien von Friedlaender et al. und Jones et al. die Infektionsrate
durch
Anwendung von rhBMPs stieg. In der BESTT-Studie konnte das Auftreten von Infektionen
unter
Verwendung von rhBMP-2 im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant verringert werden
[2]. Dadurch konnte die durchschnittliche Heilungsdauer der Tibiafrakturen
in der mit rhBMP-2-behandelten Gruppe im Durchschnitt um 39 auf 145 Tage reduziert
werden. Es wurde
der Schluss gezogen, dass der zu erwartende Erfolg einer rhBMP-2-Therapie mit dem
Schweregrad der
Fraktur bzw. des Weichteilschadens (Gustilo-Anderson-Klassifikation) zunimmt. Im Gegensatz
zur
BESTT-Studie reduzierte sich jedoch in der Studie von Ekrol et al. der Heilungserfolg
durch den
Einsatz von rhBMP-7 [34]. In weiteren Studien konnten darüber hinaus
unvorhersehbare Sicherheitsrisiken der Therapie, wie z. B. Osteolysen an der Wirbelsäule,
ektopische
Knochenbildung, Radikulitis oder zervikale Weichteilschwellungen, beobachtet werden
[35], [36]. In 36 % der kombinierten Therapie
mit BMP kam es dennoch zu keiner signifikanten Steigerung der sekundär knöchernen
Durchbauung [37]. Die Ursachen für diese hohe Zahl an Non- oder Lowrespondern ist
bisher nicht bekannt. Welche Rolle das Alter der Patienten, mögliche Nebenerkrankungen,
deren
Medikation und der hochvariable genetische Hintergrund dabei spielen, wurde bisher
wenig untersucht.
Auch werden rhBMPs entsprechend ihrer klinischen Zulassung erst nach strenger Indikationsstellung
eingesetzt – meist erst, wenn bisherige Standardtherapien versagen und eine Transplantation
autologen Knochens bereits ohne Erfolg durchgeführt wurde oder kontraindiziert ist.
Möglicherweise
sind zu diesem Zeitpunkt die Zielzellen der Therapie bereits zu geschädigt, um an
die Erfolge der
Tierversuche nahtlos anzuschließen. Dies zeigt deutlich, dass weitere prospektive,
randomisierte
Studien nötig sind, um den ggf. früheren Einsatz und die damit verbundene Effizienz
der rhBMPs im
klinischen Alltag aufzuzeigen und damit die Standardtherapie weiter zu optimieren
[2].
Kosten und Nutzen der Therapie mit rhBMPs
Die verzögerte Frakturheilung verursacht Schmerzen und eine Einschränkung der Funktion.
Neben einer
Verminderung der Lebensqualität kommt es zur Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit [2]. Die verzögerte Frakturheilung ist somit ein sozioökonomisches Problem.
Eine Kosten-Nutzen-Analyse, welche die indirekten Kosten mit einschließt, könnte somit
die
Verwendung von rhBMPs in ein pharmakoökonomisch besseres Licht rücken. Die momentane
Datenlage ist
bisher sehr spärlich, und es steht nur eine vollständige Kosten-Nutzen-Analyse aus
Großbritannien
zur Verfügung [38]. Diese kommt, in Übereinstimmung mit der BESTT-Studie,
zu dem Ergebnis, dass eine frühzeitige Anwendung von rhBMP-2 ökonomisch von Vorteil
ist und in
Abhängigkeit des Schweregrads der Fraktur steht (Gustilo-Anderson-Grad IIIB und IIIC)
[39]. Um eine weitgehende Kostenvereinheitlichung, und damit eine
Kostenminimierung, zu erzielen, wurde in Deutschland im Rahmen der Kostenerstattung
durch die
Krankenkassen im Jahr 2003 das System der Diagnosis related Group (DRG) eingeführt.
In diesen
Festbeträgen ist zum jetzigen Zeitpunkt die Erstattung einer Therapie mit rhBMP-2
nicht vorgesehen.
Im Krankheitsfall sind die Krankenversicherungen verpflichtet, 12 Monate lang Krankengeld
zu
leisten, nachdem die ersten 6 Wochen über den Arbeitgeber und dessen jeweilige Versicherung
beglichen wurden [40]. Die durchschnittliche Heilungsdauer von
Tibiafrakturen im Rahmen der BESTT-Studie dauerte sowohl in der Kontrollgruppe (184
Tage) als auch
in der mit 1,5 mg/ml rhBMP-2 behandelten Gruppe (145 Tage) länger als 6 Wochen. Die
in dieser Studie
beobachtete Differenz von 39 Tagen wird somit zu den indirekten Kosten gezählt, welche
durch die
Krankenversicherung bezahlt werden müssen. Allerdings ergab die Studie auch, dass
durch den Einsatz
von rhBMP-2 nicht nur die Heilungsdauer der Fraktur, sondern auch die Menge an notwendigen
sekundären Interventionen sowie die Infektionsrate signifikant reduziert wurden [2]. Da vor allem diese sekundären Interventionen, wie z. B. die Re-Osteosynthesen oder
die autologe Knochentransplantation, mit hohen direkten und indirekten Kosten verbunden
sind, würde
deren vermindertes Auftreten die Folgekosten signifikant reduzieren. Bisherige Untersuchungen
hinsichtlich der Frakturheilung ergaben, dass der Einsatz der rhBMPs keinen zusätzlichen
therapeutischen Erfolg bringt und somit als gleichwertig anzusehen ist. Der Vorteil
liegt jedoch in
der Vermeidung des operativen Eingriffs zur Entnahme autologen Knochens und erspart
dem Patienten
alle damit verbundenen Komplikationen und notwendigen sekundären Interventionen [30], [38].
Molekularbiologische Betrachtung des Therapieversagens
Molekularbiologische Betrachtung des Therapieversagens
Als Zytokine sind die BMPs in der Lage, das Wachstum und die Differenzierung von Zellen
zu regulieren
[41], wobei die jeweilige Funktion von der Isoform des Zytokins definiert
wird. So ist beispielsweise BMP-3 bekannt dafür, das Wachstum von Osteoblasten zu
fördern, während
BMP-2, -4, -6, -7 und -9 deren Differenzierung fördern. Von entscheidender Bedeutung
ist dabei die
Aktivierung von Signalkaskaden und die Weiterleitung der jeweiligen Signale ins Zellinnere,
um dort den
regulierenden Einfluss auf die Transkription von Zielgenen und damit einhergehend
die Zellfunktionen
ausüben zu können. Jeder dieser Schritte kann durch körpereigene Faktoren unterstützt
oder verhindert
werden (Übersicht siehe [Tab. 2]), was wiederum einen Einfluss auf die
Osteogenese hat. Im Einzelnen sind dies:
Tab. 2 Übersicht weiterer Regulatoren der BMP-Signalkaskade.
Regulator
|
Effekt auf die BMP-vermittelte Osteogenese
|
Wirkungsweise
|
Noggin
|
Inhibition
|
Noggin wird von Osteoblasten exprimiert und durch BMPs induziert (negativer
Feedback-Mechanismus). Noggin bindet extrazellulär BMP-2, -4 und -7, sodass deren
Rezeptorbindung verhindert wird.
|
Chordin
|
Inhibition
|
Chordin erkennt und bindet BMP-2, -4 und -7, sodass deren Rezeptorbindung verhindert
wird.
|
Gremlin
|
Inhibition
|
Gremlin erkennt und bindet BMP-2, -4 und -7, sodass deren Rezeptorbindung verhindert
wird.
|
Follistatin
|
Inhibition
|
Follistatin antagonisiert BMP durch Komplexbindung mit BMP und BMP-Rezepor.
|
BAMBI
|
Inhibition
|
BAMBI, ein sogenannter Lockvogel-Rezeptor, ist ein Pseudo-Typ-I-Rezeptor, dem die
Serin-Threonin-Kinase-Domäne fehlt, und der somit nach Bindung von BMPs die
Aktivierungskaskade nicht weiterleiten kann (negativer Feedback-Mechanismus) [37].
|
Endofin
|
Verstärkung
|
Endofin reguliert die Phosphorylierung von Alks. Es bindet Smad1 und fördert so
dessen Phosphorylierung. Endofin bindet auch Smad4 und präsentiert es Smad1 und -2
[60].
|
I-Smads (Smad6 und -7)
|
Inhibition
|
Zur Gruppe der I-Smads (Inhibitory Smads) gehören Smad6 und -7. Sie können die
Aktivierung der R-Smads durch Bindung an den Typ-I-Rezeptor verhindern. Darüber
hinaus können I-Smads durch direkte Bindung an aktivierte R-Smads deren
Komplexbindung mit Smad4 verhindern. Die I-Smads werden durch
Typ-I-Rezeptor-Phosphorylierung rekrutiert und stehen somit im Zusammenhang mit
einem negativen Feedback-Mechanismus. Während sich die inhibierende Funktion von
Smad6 eher auf die BMP-Signaltransduktion auswirkt, hemmt Smad7 den TGF-β-, Activin-
und BMP-Signalweg.
|
BMP-3
|
Inhibition
|
BMP-3 fördert die Proliferation von mesenchymalen Zellen, verhindert aber deren
Differenzierung (negativer Feedback-Mechanismus) [4], [61].
|
Smurf-1 und -2
|
Inhibition
|
Smad Ubiquitination regulatory Factors-1 und -2 (Smurf-1 und -2) erkennen Smad7 im
Zellkern und bewirken dessen Efflux in das Zytoplasma [45], [47]. Dadurch wird der Abbau (durch
Ubiquitinierung) von phosphorylierten und nicht phosphorylierten R-Smads gefördert
[3], um die Menge an verfügbaren Signalproteinen im
Grundzustand der Zelle niedrig zu halten [48].
|
Verstärkung
|
Smurf-Proteine sind auch in der Lage, Komplexe mit sich im Zellkern befindenden
R-Smads zu bilden und dann transkriptionelle Repressoren zu erkennen und deren
negativen Einfluss auf die Gentranskription zu unterbinden [49].
|
SKI-Oncogen
|
Inhibition
|
transkriptionelle Repression der BMP-induzierten Genexpression
|
SnoN
|
Inhibition
|
transkriptionelle Repression der BMP-induzierten Genexpression
|
kanonische Wnt-Signalkaskade
|
Verstärkung
|
fördert die Translokation von R-Smads in den Zellkern
|
Sclerostin
|
Inhibition
|
Sclerostin hemmt die Osteoblastenaktivität und -differenzierung. Sclerostin
begünstigt die Apoptose von Osteoblasten. Sclerostin fungiert als indirekter
Antagonist der BMP-Aktivität durch Inhibieren des Wnt-Signalwegs.
|
Dickkopf (DKK) 1 und 2
|
Inhibition
|
DKK1 und DKK2 hemmen die Osteoblastenaktivität und -differenzierung. Sie fungieren
als indirekte Antagonisten der BMP-Aktivität durch Inhibieren des
Wnt-Signalwegs.
|
BMP-Rezeptorbindung
Hierzu binden die BMP-Moleküle an einen in der Zellmembran verankerten Rezeptor. Für
die Bindung und
Signalweiterleitung der Signalproteine aus der TGF-β-Superfamilie stehen 2 Typen von
Rezeptoren zur
Verfügung, welche zur Klasse der Serin-Threonin-Kinasen gehören [4]. Zum
einen handelt es sich um die Typ-I-Rezeptoren, bestehend aus 7 verschiedenen Rezeptoren
namens
Activin-Receptor-like Kinase (Alk) 1–7 [41] und zum anderen um die 4
Typ-II-Rezeptoren: TGFR-II, BMPR-II, ActR-II und ActR-II b. Die BMPs vermitteln ihre
Signale
lediglich über Alk1, Alk2, Alk3 und Alk6 der Typ-I-Rezeptoren sowie über BMPR-II,
ActR-II und
ActR-II b der Typ-II-Rezeptoren. Nach der Bindung des BMP-Liganden an einen Typ-I-Rezeptor
wird ein
intrazellulärer Zusammenschluss mit dem entsprechenden Typ-II-Rezeptor ausgelöst.
Die konstitutiv
phosphorylierten Typ-II-Rezeptoren sind nun in der Lage, den Typ-I-Rezeptor durch
die Übertragung
des Phosphatrests zu aktivieren (phosphorylieren) [3], [42], [43] ([Abb. 1 a]). Bereits dieser Schritt kann durch Bindung des BMP-Liganden an extrazelluläre
Inhibitoren, wie z. B. Noggin, Chordin, Gremlin und Follistatin oder an das membrangebundene
BMP and
Activin Receptor Membrane bound Inhibitor (BAMBI), einem sogenannten Lockvogel-Rezeptor,
unterbrochen werden, was die Inhibierung der Osteogenese zur Folge hat.
Abb. 1 a bis c Schematische Darstellung der BMP-Signalweiterleitung:
a BMP-Rezeptorbindung und folgende b Smad-abhängige und c Smad-unabhängige
Signalweiterleitung in den Zellkern. Regulatoren des Signalwegs sind kursiv eingezeichnet.
Smad-abhängige Signalweiterleitung in der Zelle
Der durch Phosphorylierung aktivierte Typ-I-Rezeptor erkennt die zytoplasmatischen
rezeptorregulierten Smad-Proteine (R-Smads). Nach derzeitigem Wissensstand werden
von den 5
vorkommenden R-Smads (1, 2, 3, 5 und 8) R-Smad1, -5 oder -8 durch die BMPs phosphoryliert
[42]. Das Common-Mediator-Smad-Protein (co-Smad, Smad4) erkennt die
aktivierten R-Smads und bildet mit ihnen einen heterodimeren oder -trimeren Komplex.
Durch diese
Assoziation ist die Translokation in den Nukleus möglich [44]. Die
R-Smad-Smad-4-Komplexe akkumulieren daraufhin im Nukleus, erkennen für die Expression
bestimmter
Zielgene verantwortliche Strukturen (Promotoren) und regulieren somit die Transkription
dieser Gene,
sowohl positiv als auch negativ [45], [46], [47] ([Abb. 1 b]). Die wohl
wichtigste Erkennungssequenz für die BMP-Signaltransduktion stellt das Smad binding
Element (SBE)
dar [44]. Der Schritt der Signalweiterleitung wird durch verschiedene
zelleigene Regulationsmechanismen beeinflusst. Eine Verstärkung der Signalweiterleitung
wird z. B.
durch Endofin erlangt. Durch dessen Bindung an Smad1 wird dieses vermehrt phosphoryliert
und seine
Komplexbildung mit Smad4 gefördert. Ein gegenteiliger Effekt wird durch die I-Smads
(Inhibitory
Smads), bestehend aus Smad6 und -7, erzielt. Dabei wirkt insbesondere Smad6 inhibitorisch
auf die
BMP-Signalweiterleitung. Der aktive Abbau von sich im Zytoplasma befindenden phosphorylierten
und
nicht phosphorylierten R-Smads wird von den Smad Ubiquitination regulatory Factors-1
und -2 (Smurf-1
und -2) durch Ubiquitinierung induziert [3], [48]. Allerdings sind die Smurf-Proteine auch dazu in der Lage, Komplexe mit nukleären
(sich im Zellkern befindlichen) R-Smads zu bilden und dann transkriptionelle Repressoren,
wie z. B.
das SKI-Oncogen und SnoN (ski like oncogen), zu erkennen und deren negativen Einfluss
auf die
Gentranskription zu unterbinden [49]. Darüber hinaus lassen bisherige
Untersuchungen vermuten, dass β-Catenin, ein Signalprotein in der Wnt-Signalkaskade,
die
Translokation aktivierter R-Smads in den Zellkern reguliert [50]. Auf
diesem Wege können Inhibitoren wie Sclerostin (SOST) und Dickkopf-1 und -2 (DKK1/2),
als direkte
Inhibitoren des Wnt-Signalwegs nachgeordnet die BMP-Signaltransduktion verhindern.
Ähnlich dem
Wnt-Signalweg werden der Fibroblast Growth Factor (FGF) Signaltransduktion und der
Notch-Signalkaskade synergistische Effekte auf die BMP-vermittelte Osteogenese zugeschrieben
[3].
Smad-unabhängige Signalweiterleitung in der Zelle
Neben der direkten Aktivierung der Smad-Signalkaskade existieren auch Smad-unabhängige
Wege der
Signalweiterleitung nach Bindung der BMPs an die jeweiligen Rezeptoren. Dabei sind
die mitogen
aktivierten Proteinkinasen (MAPK) von entscheidender Bedeutung. Im Rahmen der Smad-unabhängigen
BMP-Signaltransduktion spielen die MAPK Extracellular Signal-related Kinases 1/2 (ERK1/2)
und p38
die größte Rolle. Die MAPK werden durch extrazelluläre Stimuli, beispielsweise auch
durch Bindung
von BMPs an deren Rezeptoren, aktiviert. Hierzu wird erst eine Kaskade bestehend aus
vorgeschalteter
MAP-Kinase-Kinase-Kinase (MAPKKK) und MAP-Kinase-Kinase (MAPKK) durchlaufen, bevor
die MAPK dann in
der Lage sind, die Genexpression mit zu regulieren und in verschiedene zelluläre Vorgänge,
wie z. B.
Wachstum, Differenzierung und Apoptose, einzugreifen [51] ([Abb. 1 c]). Die genaue Funktion und der Mechanismus, den die MAPK im
Rahmen der osteogenen Differenzierung und Knochenentstehung ausführen, sind bisher
noch nicht
bekannt. Es wird vermutet, dass die unterschiedlichen MAPK verschiedenartige Effekte
auf die
BMP-vermittelte Osteogenese ausüben [52]. Erst kürzlich veröffentlichte
eine chinesische Forschergruppe, dass die Inhibierung von p38 zu einem signifikanten
Rückgang der
BMP-induzierten osteogenen Differenzierung mesenchymaler Vorläuferzellen führt, wohingegen
die
Hemmung von ERK1/2 zu einer gesteigerten Osteogenese führt [52].
Übersetzung der BMP-Signale
Die BMP-assoziierten Signale, sowohl Smad-abhängig als auch Smad-unabhängig vermittelt,
laufen im
Zellkern zusammen und regulieren dort die Transkription verschiedener Zielgene. Eine
entscheidende
Rolle für die richtige Interpretation der BMP-assoziierten Signale spielt dabei das
korrekte
Zusammenspiel zwischen lokaler Aktivität und Bindungsaffinität von spezifischen Kofaktoren.
Diese
können die Transkription der Zielgene sowohl fördern als auch hemmen. Runt-related
Transcription
Factor 2 (Runx2) ist einer der wichtigsten, die Osteogenese regulierenden Transkriptionsfaktoren.
Runx2 kann direkt mit den BMP-aktivierten Smad-Proteinen interagieren und so die Expression
osteoblastenspezifischer Gene induzieren. Ein weiterer, für die Reifung von Osteoblasten
und
Knochenbildung essenzieller Transkriptionsfaktor ist Osterix. Entgegen älterer Berichte,
wo Osterix
dem Runx2 nachgeschaltet ist, geben neueste Erkenntnisse Hinweis darauf, dass die
Expression von
Osterix, zumindest im Rahmen der BMP-2-Signaltransduktion, hauptsächlich über Dlx5
mediiert wird,
und nicht über Runx2 [3].
Klinischer Ausblick
Dies zeigt, dass die BMP-Signaltransduktion auf molekularer Ebene durch eine Vielzahl
von direkten und
indirekten Inhibitoren unterbrochen werden kann. Aufgrund der interindividuellen Unterschiede
der
Patienten ist es schwer, einen einzigen Regulator für das Versagen der Therapie verantwortlich
zu
machen. Den wahrscheinlich maßgeblichsten Anteil hinsichtlich des Eingriffs in die
BMP-Signaltransduktion stellen potenziell Veränderungen auf Transkriptionsebene dar.
Welche Rolle das
Alter der Patienten oder mögliche Nebenerkrankungen dabei spielen, wurde bisher vernachlässigt,
obwohl
diese Faktoren neben dem variablen genetischen Hintergrund die entscheidenden Unterschiede
zum
Tiermodell darstellen [18], [19], [20], [21], [22], [23]. So existieren Hinweise, dass einige BMP-Inhibitoren durch chronische
Entzündungsreaktionen vermehrt exprimiert werden. So konnten bei Patienten mit chronischen
Erkrankungen,
wie z. B. einer Leberfibrose und -zirrhose oder einem Diabetes mellitus, vermehrt
aktives
TGF-β1 im Serum nachgewiesen werden. In ausgereiften Osteozyten wird durch TGF-β die
Expression von Sclerostin angeregt, um eine überschüssige Differenzierung von Osteoblasten
zu verhindern
[53]. Wir selbst konnten zeigen, dass die chronische Exposition mit
diesem Zytokin die Aktivität und Differenzierung von Osteoblasten-Vorläuferzellen,
durch Inhibierung des
BMP-Signalwegs, verhindert [5]. Dies geschah durch die vermehrte Expression
des transkriptionellen Regulators SnoN. Durch SnoN wurden vermehrt Histon-Deacetylasen
(HDACs)
rekrutiert und aktiviert, welche die Expression für die Signaltransduktion notwendiger
Faktoren, wie
z. B. Smad1 und Alk1, beeinträchtigten [37]. So könnte die lokale Applikation
von HDAC-Inhibitoren die BMP-Signalweiterleitung möglicherweise fördern und auf diesem
Weg die
Frakturheilung fördern. Unter Betrachtung der unterschiedlichen BMP-Signaltransduktionskaskaden
gibt es
jedoch weitere potenzielle Strukturen und Prozesse, welche die Signalweiterleitung
unterbinden und somit
zu einem ausbleibenden Therapieerfolg führen können.
Bereits die Bindung der BMPs an die Rezeptoren kann durch verschiedene Inhibitoren
oder konkurrierende
Zytokine unterbunden werden. So versucht die Arbeitsgruppe um McMahon [54]
beispielsweise, durch gezielten „knock-down“ konkurrierender BMPs, wie z. B. dem BMP-3,
die Osteogenese
zu fördern. Alternativ könnte durch eine veränderte biotechnologische Herstellung
der rekombinanten
humanen BMPs deren Struktur so verändert werden, dass sie von lokalen Inhibitoren,
wie z. B. Noggin,
Chordin, Gremlin, Follistatin oder BAMBI nicht mehr erkannt werden. Auch die Herstellung
alternativer
Isoformen der rekombinanten humanen BMPs, wie z. B. des BMP-6 oder des BMP-9, könnte
zu einer
effizienteren Therapie führen. So konnte in ersten Tierstudien gezeigt werden, das
die Expression von
BMP-9 die Osteogenese signifikant verbesserte [50]. Weiterhin wurde gezeigt,
dass die durch BMP-9 vermittelte Signaltransduktion nicht identisch zu der von BMP-2
und BMP-7 ist.
Hervorzuheben ist dabei, dass im Gegensatz zu den beiden bereits klinisch eingesetzten
BMPs keine
Inhibierung durch das körpereigene Noggin stattfindet [9] und BMP-9 auch nicht
durch BMP-3 inhibiert wird [4]. Aufgrund dieser Ergebnisse ist es vorstellbar,
dass ein rh-BMP-9 in der klinischen Anwendung effektiver ist als rh-BMP-2 oder rh-BMP-7.
Allerdings sind
weitere Untersuchungen notwendig, um die genauen Mechanismen von rh-BMP-9 aufzudecken.
Zusammenfassend konnten wir zeigen, dass für Pseudarthrosen mit einem begleitenden
Weichteilschaden
Gustilo-Anderson Grad IIIB und IIIC die BMP-Applikation Vorteile in der Behandlung
bringt. Eine
Anpassung des DRG-Systems unter der Berücksichtigung der Verwendung von BMPs könnte
nicht nur zu
vermeintlich sozioökonomischen Einsparungen führen, sondern auch die Lebensqualität
des einzelnen
Patienten deutlich verbessern. Aus der dargelegten Datenlage lässt sich somit die
Schlussfolgerung
ziehen, dass ein frühzeitiger Einsatz der BMPs zur Behandlung von Pseudarthrosen in
Abhängigkeit des
Schweregrads der Fraktur sowie des Weichteilschadens potenzielle Vorteile für den
Patienten, und infolge
auch für das Gesundheitssystem, bringen kann.