OP-Journal 2014; 30(1): 34-39
DOI: 10.1055/s-0034-1368263
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Haftungsfalle Patientenaufklärung

Liability Pitfalls in the Context of Patient Information
Albrecht Wienke
,
Rosemarie Sailer
Further Information

Rechtsanwalt Dr. Albrecht Wienke Fachanwalt für Medizinrecht
Rechtsanwältin Rosemarie Sailer, LL.M. Medizinrecht
Wienke & Becker – Köln
Sachsenring 6
50677 Köln

Publication History

Publication Date:
01 October 2014 (online)

 

Zusammenfassung

„Zur Behandlung bedürfen Ärzte der Einwilligung der Patienten. Der Einwilligung hat grundsätzlich die erforderliche Aufklärung im persönlichen Gespräch vorauszugehen.“ Diese in den ärztlichen Berufsordnungen der Landesärztekammern niedergelegte Aufklärungspflicht zählt zweifelsohne zu den Kardinalpflichten aller Ärzte in Klinik und Praxis. Sie entspringt dem verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrecht jedes Patienten, bei Eingriffen in die Körperintegrität stets Herr der Lage zu bleiben. Wegen des in der Regel überlegenen Wissens der behandelnden Ärzte und der damit einhergehenden sozialen und tatsächlichen Abhängigkeit der Patienten von der ärztlichen Entscheidung und Empfehlung hat die ärztliche Aufklärung früher nur wenig Beachtung gefunden. Dies hat sich über viele Jahre hinweg mit der immer restriktiver werdenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich geändert. Die Aufklärung der Patienten über diagnostische und therapeutische ärztliche Maßnahmen und damit einhergehend die Anerkennung der Selbstbestimmungsmöglichkeiten und Rechte der Patienten stehen heute im Mittelpunkt des Arzt-Patienten-Kontakts. Unter Einsatz aller möglichen medialen Mittel (Aufklärungsbögen, Videos etc.) ist die ärztliche Aufklärung der Patienten heute allen Ärzten quasi „in Fleisch und Blut“ übergegangen. Dennoch hat sich der Gesetzgeber veranlasst gesehen, mit dem kürzlich verabschiedeten Patientenrechtegesetz die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur ärztlichen Aufklärung noch einmal ausdrücklich und zusätzlich in Erinnerung zu rufen. Auch wenn damit die ärztliche Aufklärung der Patienten heutzutage in den Klinik- und Praxisalltag eingezogen ist, ergeben sich doch in besonderen Fallkonstellationen nach wie vor strittige und z. T. wenig bekannte Zweifelsfragen, die auch im Hinblick auf besondere Versorgungssituationen im folgenden Beitrag dargestellt werden. Dabei ist stets dem Grundsatz zu folgen, dass eine rechtswirksame Einwilligung des jeweiligen Patienten zu diagnostischen oder therapeutischen Eingriffen in seine Körperintegrität immer nur dann vorliegt, wenn solche Eingriffe auf Grundlage einer entsprechenden ausreichenden Aufklärung des Patienten durchgeführt werden.


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Abstract

Before treatment, the patient needs to give his/her consent before a physician can start. Before this consent can be given, the necessary information and explanation has always to be performed in a personal conversation. This obligation of information is fixed in the medical associationʼs codes of conduct issued by the German regional medical associations and without any doubt it counts among the cardinal obligations of all physicians in hospitals and medical practices. It is based on the constitutionally guaranteed right to self-determination of every patient to always remain master of the situation in the case of interventions to the bodyʼs integrity. Because of the usually superior knowledge that the treating physician has in comparison to the lay patient and the associated social and factual dependence of the patient for medical decisions and recommendations, only little attention has been paid to medical information and explanation in the past. During the course of the years, jurisdiction of the German Federal Supreme Court (Bundesgerichtshof) has become more and more restrictive so that this situation has changed fundamentally. The information of patients about diagnostic and therapeutic medical procedures and thus the acceptance of the possibilities of self-determination and rights of the patients are nowadays in the focus of the contact between physician and patient. Due to the use of all possible medical means (information sheets, videos etc.) today, the medical information of the patients has become part of the daily routine of all physicians. Nonetheless, the legislators have understood the need to explicitly and additionally remind every physician of the developed principles of medical information in the recently issued law of patientsʼ rights. Even if the medical information is nowadays daily routine in hospitals and medical practices, there are still controversial and sometimes less known questions in certain circumstances that will be described in the following contribution – also with regard to particular health-care situations. In this context, the general principle has to be observed that a legally effective consent of a patient regarding diagnostic or therapeutic interventions to his/her bodyʼs integrity is always only justified when those interventions are performed on the basis of the accordingly sufficient information for the patient.


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Einleitung

Die Patientenaufklärung ist wesentlicher Teil der ärztlichen Behandlung und dient nicht zuletzt der Patientensicherheit. Sinn und Zweck der Aufklärung liegt darin, dem Patienten die Tragweite seiner Entscheidung vor Augen zu führen.

Die Aufklärung muss daher alle Informationen beinhalten, die für die Entscheidung des Patienten für oder gegen die Behandlung möglicherweise wesentlich sein könnten.

Nur dann kann er eine wirksame Einwilligung in den Eingriff erteilen. Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Aufklärung, ist die Eingriffseinwilligung unwirksam mit der Folge, dass der gesamte Eingriff rechtswidrig ist. Die ärztliche Aufklärung ist damit wichtiger Bestandteil des ärztlichen Aufgabenbereichs.

Aufklärungsfehler können mitunter erhebliche Schadensersatzforderungen nach sich ziehen. Dabei bereitet die Frage nach der richtigen Art und Weise der Aufklärung vielfach praktische Schwierigkeiten: Welche Umstände einer Behandlung sind aufklärungsbedürftig? Welche Anforderungen sind an die Aufklärung zu stellen, wenn ein Patient bewusstlos ist? Was ist bei der Aufklärung von Patienten zu beachten, die keine ausreichenden Sprachkenntnisse haben? Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Arzt beim Vorwurf eines Aufklärungsfehlers beweisrechtlich in der schwierigen Situation steht, nachweisen zu müssen, dass er den Patienten tatsächlich richtig aufgeklärt hat, ist die Frage der richtigen Art und Weise der Patientenaufklärung entscheidend im ärztlichen Krankenhaus- und Praxisalltag. Dies gilt umso mehr, als Rechtsprechung und Gesetzgeber – zuletzt mit Einführung des Patientenrechtegesetzes im vergangenen Jahr – immer höhere Anforderungen an die Aufklärung und damit an die Ärzteschaft stellen.

Die Frage nach der richtigen Art und Weise der Aufklärung kann im Ergebnis nicht pauschal beantwortet werden, da die Anforderungen an die Aufklärung letztlich von den Besonderheiten des jeweiligen Patienten abhängen und die Aufklärung entsprechend individuell ausfallen muss. Nachstehend soll daher ein Überblick über die Grundzüge der Aufklärung und auf diese Weise Handlungssicherheit im täglichen Umgang mit der Patientenaufklärung gegeben werden.


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Grundsätze der Aufklärung

Die Rechtsprechung hat in den vergangenen Jahrzehnten in vielen Urteilen herausgearbeitet, wie die Aufklärung – abhängig von Dringlichkeit und Schwere des Eingriffs, Intellekt oder Vorkenntnissen des Patienten – im Einzelfall zu erfolgen hat.

Dabei wird deutlich, dass die Anforderungen an die Aufklärung stets vom konkreten Einzelfall bzw. von den besonderen Umständen des jeweiligen Patienten abhängen.

Es lassen sich jedoch allgemeinverbindliche Grundsätze über die richtige Art und Weise der Aufklärung herleiten.

Wer muss aufklären?

Gerade in Krankenhäusern stellt sich oftmals bereits im Vorfeld der Aufklärung die Frage, wer die Aufklärung durchführen darf bzw. muss. Für die Person des aufklärenden Arztes gilt seit Einführung des Patientenrechtegesetzes § 630e Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB): Danach muss die Aufklärung durch den behandelnden Arzt oder eine Person erfolgen, die über die zur Durchführung der Maßnahme erforderliche Ausbildung verfügt.

Es ist daher ausreichend, wenn der aufklärende Arzt die notwendige theoretische Befähigung zur Durchführung der vorgesehenen Maßnahme erworben hat, auch wenn er möglicherweise noch nicht das Maß an praktischer Erfahrung aufweist, das für die eigenständige Durchführung der Maßnahme selbst unverzichtbar ist.

Damit ist für die Aufklärung kein Facharztstandard erforderlich, sodass auch entsprechend ausgebildete Assistenzärzte die Aufklärungsgespräche mit den Patienten führen dürfen, wie dies bisher in Klinik und Praxis bereits gehandhabt wurde. Wird die Aufklärung einem nachgeordneten Arzt übertragen, muss der delegierende Arzt sicherstellen, dass die Aufklärung ordnungsgemäß erfolgt, d. h. sich im Gespräch mit dem Patienten oder durch Blick in die Patientenakte der ordnungsgemäß erfolgten Aufklärung dessen vergewissern. Bei Fehlern des die Aufklärung übernehmenden Arztes haftet dieser wegen Aufklärungsversäumnissen, der delegierende Arzt wegen Organisationsverschuldens, wenn er die Aufklärung nicht überwacht bzw. an einen ungeeigneten Arzt delegiert.

Eine Delegation an nichtärztliches Personal ist in jedem Fall unzulässig.

In jeder klinischen Abteilung und vor jedem Eingriff ist der Patient gesondert aufzuklären. Die Verantwortung des Arztes beschränkt sich dabei grundsätzlich auf sein eigenes Fachgebiet. Sind an einer Maßnahme mehrere Ärzte unterschiedlicher Fachgebiete beteiligt, muss daher jeder Arzt über denjenigen Teil der Behandlung aufklären, der in seinem Fachgebiet durchgeführt wird. Dabei gilt der Vertrauensgrundsatz: Ein Chirurg darf sich darauf verlassen, dass der Patient vor dem CT von einem Radiologen hinreichend über die damit verbundenen Risiken aufgeklärt worden ist.

Übernimmt ein Arzt eine fachfremde Aufklärung, haftet er bei Aufklärungsmängeln auch dann, wenn er an der eigentlichen Behandlung überhaupt nicht beteiligt war.


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Art und Weise der Aufklärung

Nach § 630e Abs. 1 BGB ist der Patient über „sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände“ aufzuklären. Dazu zählen die Diagnose-, Verlaufs- und Risikoaufklärung. Was dies genau bedeutet, wird durch die Rechtsprechung konkretisiert: Die Anforderungen an die Reichweite der Aufklärung dürfen demnach nicht überspannt werden. So hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln (Beschlüsse vom 16. und 17. 5. 2012 – 5 U 4/12) darauf hingewiesen, dass dem Patienten mit der Aufklärung lediglich eine allgemeine Vorstellung von der Schwere des Eingriffs vermittelt werden soll, wobei ihm dafür nicht die Risiken in allen erdenklichen Erscheinungsformen aufgezählt werden müssten. Es reiche aus, wenn er „im Großen und Ganzen“ erkennen könne, worauf er sich einlässt und was der Eingriff für seine Situation bedeutet.

Allerdings muss auf zwar seltene („Promillebereich“), aber schwerwiegende Risiken hingewiesen werden, wenn diese erhebliche Auswirkungen auf den Zustand und die Lebensführung des Patienten haben können.


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Grundsatz der individualisierten Aufklärung

Grundsätzlich gilt, dass ein und dieselbe Behandlung bei dem einen Patienten indiziert sein kann, beim anderen Patienten aufgrund von Vorerkrankungen, persönlichen Anlagen, Unverträglichkeiten etc. jedoch gerade kontraindiziert sein kann oder mit anderen oder schwereren Nebenwirkungen und Risiken verbunden ist. Bestes Beispiel dafür sind insbesondere ältere Patienten, die häufig eine Vielzahl unterschiedlicher Medikamente einnehmen oder an mehreren Erkrankungen gleichzeitig leiden, oder Patienten, die Blutverdünner einnehmen.

Es ist daher besonders wichtig, sorgfältig die persönlichen Umstände des Patienten zu ermitteln und in der Anamnese genau herauszustellen, ob Kontraindikationen, Vorerkrankungen etc. vorliegen oder ob besondere Vorsichtsmaßnahmen angezeigt sind.

Die Rechtsprechung hat den Begriff der sog. 2-stufigen Aufklärung geprägt. Das bedeutet, dass der Patient zunächst über die Risiken der Behandlung zu informieren ist, die typischerweise und damit generell mit der jeweiligen Behandlung einhergehen. Diese generellen Hinweise sind üblicherweise in den schriftlichen Aufklärungsbögen enthalten, welche dem Patienten sinnvollerweise zunächst ausgehändigt werden, damit der Patient sich über die wesentlichen Umstände der Behandlung und etwaige Alternativen informieren kann. In einem zweiten Schritt erfolgt anschließend das persönliche Aufklärungsgespräch mit dem Patienten. Dabei muss der Arzt auf die individuellen Besonderheiten des jeweiligen Patienten eingehen und diese durch Befragen ermitteln und die Aufklärung entsprechend anpassen, also individualisieren. Gleiches gilt für die Verordnung von Arzneimitteln: Auch hier ist es nicht ausreichend, den Patienten lediglich auf die Packungsbeilage hinzuweisen. Die dort enthaltenen Informationen und Dosierungsempfehlungen sind lediglich genereller Natur und sind vom Arzt an die persönlichen Umstände des Patienten anzupassen und ggf. zu ergänzen. Nach Auffassung des BGH muss der jeweilige Arzt die Nutzen-Risiko-Bilanz seiner Medikationsentscheidung individuell auf den einzelnen Behandlungsfall bezogen erläutern. Die Packungsbeilage des Pharmaherstellers kann dies naturgemäß nicht leisten, da sie nur das allgemeine Arzneimittelmodell und sein generelles Nutzen-Risiko-Profil erklärt.

Ein alleiniger Verweis auf die Packungsbeilage des Pharmaherstellers reicht nicht aus.

Ratsam ist es vielmehr, die Packungsbeilage als Ergänzung der ärztlichen Aufklärung anzusehen. Das Verhältnis zwischen ärztlicher Aufklärung und Packungsbeilage ist daher durch ein wechselseitiges Zusammenspiel gekennzeichnet: Der Arzt führt eine Grundaufklärung durch, in der er die wesentlichen individuellen patientenbezogenen Aspekte und Risiken der Behandlung darstellt, und darf den Patienten anschließend zur weitergehenden Aufklärung und Information auf die Packungsbeilage verweisen.


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Richtiger Zeitpunkt der Aufklärung

Auch eine umfassende Aufklärung ist bedeutungslos, wenn der Patient unter Zeitdruck steht und daher keine freie Entscheidung treffen kann. Die Aufklärung muss daher bei allen elektiven Maßnahmen in angemessener Zeit vor dem Eingriff erfolgen, damit der Patient das Für und Wider abwägen und seine persönliche Entscheidung treffen kann.

Bei stationären Eingriffen ist eine Aufklärung am Tag der Operation in der Regel verspätet, erst recht gilt dies für bereits sedierte Patienten.

Der Patient darf sich nicht unter Druck gesetzt fühlen, nur in die Operation einzuwilligen, weil schon Vorbereitungen erfolgt sind und er sich nicht den Unmut des Arztes und Personals auf sich ziehen will. Bei größeren Eingriffen sollte daher die Aufklärung – wenn möglich – bereits Tage oder Wochen vor dem Eingriff mit der Diagnose oder Operationsempfehlung erfolgen. Bei ambulanten Eingriffen entscheidet der Einzelfall: Bei risikoarmen Eingriffen reicht in der Regel die Aufklärung am Behandlungstag, bei schwerwiegenderen Eingriffen sollte diese mind. einen Tag vor dem Eingriff stattfinden.

Notfallpatienten, die bewusstlos eingeliefert werden, müssen nach dem Eingriff informiert werden.

Erfolgt die Aufklärung mehrere Monate vor dem beabsichtigten Eingriff, etwa weil die Operation wegen des ansonsten schlechten Allgemeinzustands des Patienten verschoben werden musste oder sich terminlich nicht früher einrichten lässt, kann es im Einzelfall erforderlich sein, die Aufklärung zu wiederholen; jedenfalls sollte die Aufklärung bei Zeiträumen von mehr als 3 Monaten aufgefrischt werden.


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Aufklärung über Behandlungsalternativen

Grundsätzlich ist der Arzt nicht dazu verpflichtet, dem Patienten ungefragt zu erläutern, welche Behandlungsmethoden theoretisch in Betracht kommen und was für oder gegen die eine oder die andere Methode spricht. Vielmehr gilt der Grundsatz der ärztlichen Therapiefreiheit: Die Wahl der Behandlungsmethode ist Sache des Arztes. Unter mehreren praktisch gleichwertigen Methoden kann er diejenige wählen, die er für die am besten geeignete hält und in welcher er die meiste Erfahrung aufweisen kann, solange er eine Methode anwendet, die dem medizinischen Standard entspricht. Davon abweichend ist eine Aufklärung über eine Behandlungsalternative aber dann erforderlich, wenn es mehrere gleichermaßen indizierte, sinnvolle Therapien gibt und sich die Behandlungsmöglichkeiten hinsichtlich der möglichen Risiken und Komplikationen oder Belastungen für den Patienten wesentlich unterscheiden.

Wählt der Arzt eine Außenseitermethode oder weicht er von eingeführten und anerkannten Verfahren ab, so hat er gesteigerten Anforderungen an die Aufklärung zu genügen.

Maßstab für die bei Aufklärung und Ausführung erforderliche Sorgfalt ist nach Ansicht des BGH daher ein „vorsichtiger Arzt“.


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Besonderheiten bei Bewusstlosen und Notfallpatienten

Grundsätzlich gilt, dass die Anforderungen an die Aufklärung sinken, je dringender ein Eingriff vorgenommen werden muss.

Wird ein Notfallpatient eingeliefert und muss unverzüglich operiert werden, ist es nicht erforderlich, den Patienten zunächst umfassend aufzuklären. Selbstredend gilt dies für Patienten, die bewusstlos eingeliefert werden. In beiden Fällen ist davon auszugehen, dass der Patient mit der indizierten Behandlung einverstanden ist (sog. mutmaßliche Einwilligung). Allerdings ist die Aufklärung unverzüglich nach dem Eingriff nachzuholen, sofern es der Zustand des Patienten erlaubt. Gegebenenfalls anwesende Angehörige sind ebenfalls zu unterrichten. Nach § 630c Abs. 4 BGB ist eine Information des Patienten entbehrlich, wenn die Behandlung unaufschiebbar ist oder der Patient auf die Information ausdrücklich verzichtet hat. Letzteres sollte in jedem Fall sorgfältig dokumentiert werden.


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Aufklärung Minderjähriger

Gleich mehrere Besonderheiten gilt es im Zusammenhang mit der Behandlung Minderjähriger zu beachten. Für eine wirksame Einwilligung kommt es nicht auf die Volljährigkeit des Patienten an, sondern auf dessen Einsichts- und Entschlussfähigkeit. Ist der Minderjährige also nach seiner geistigen und sittlichen Reife in der Lage, die Tragweite seiner Entscheidung und den Umfang der ärztlichen Behandlung zu beurteilen, kann – und muss! – er selbst in die Behandlung einwilligen. Aus diesem Grund hat sich auch die Aufklärung an den einwilligungsfähigen Minderjährigen zu richten: Denn nur derjenige, dem die Risiken eines Eingriffs bekannt sind, kann selbstbestimmt entscheiden, ob er in den Eingriff einwilligt. Ärztliche Behandlungen des eigenen Kindes berühren zwar immer auch das sog. Personensorgerecht der Eltern nach § 1631 BGB.

Ist der Minderjährige allerdings selbst einwilligungsfähig, tritt dieses Recht der Eltern hinter der Einwilligungsmündigkeit ihres Kindes zurück, sodass es allein auf dessen Entscheidung ankommt.

Der Arzt ist in diesem Fall daher weder verpflichtet noch berechtigt (Schweigepflicht!), die Eltern in das Behandlungsgeschehen mit einzubinden.

In der Praxis kann sich die Beurteilung der Einsichtsfähigkeit eines minderjährigen Patienten im Einzelfall allerdings schwierig gestalten: Starre Altersgrenzen, an denen sich der Arzt orientieren kann, gibt es nicht.

Es besteht jedoch Einigkeit darüber, dass jedenfalls Kinder unter 14 Jahren ausnahmslos nicht einwilligungsfähig sind, wohingegen Jugendliche kurz vor Vollendung des 18. Lebensjahrs regelmäßig als einwilligungsfähig anzusehen sind.

Problematisch sind daher die jugendlichen Patienten zwischen diesen Altersgrenzen. In der Rechtsprechung wird zur Bejahung oder Verneinung der Einwilligungsfähigkeit v. a. die Schwere und Dringlichkeit der notwendigen ärztlichen Maßnahme, das Ausmaß der damit verbundenen Risiken und die Möglichkeit von Dauerfolgen herangezogen. Bei unaufschiebbaren Eingriffen, insbesondere Notfällen, liegt daher die Altersgrenze niedriger als bei aufschiebbaren; dasselbe gilt für Routinemaßnahmen und geringfügige Eingriffe wie Blutentnahmen zu diagnostischen Zwecken. Hier hat u. U. schon der 15-jährige Patient die nötige Einsichtsfähigkeit und damit das alleinige Einwilligungsrecht. Bei gefährlicheren Behandlungsmaßnahmen, insbesondere Operationen, ist die Messlatte selbst bei Routineeingriffen deutlich höher anzusetzen.

Ist der Minderjährige dagegen selbst nicht einwilligungsfähig, ist die Einwilligung der Eltern erforderlich, wobei in Notfällen von einer hypothetischen Einwilligung der Eltern auszugehen ist. Der Wille des Kindes bzw. Jugendlichen bekommt jedoch mit zunehmendem Alter immer mehr Gewicht, sodass der Minderjährige auch vor dem Erreichen der vollen Einsichtsfähigkeit in die Entscheidung einzubeziehen ist: Der Arzt hat sich daher beim Jugendlichen – gerade bei riskanten und einschneidenden Behandlungen – zu vergewissern, dass er mit der Behandlung einverstanden ist und muss daher auch beide, Eltern und Minderjährigen, aufklären.

Bei schwerwiegenden, mit erhöhten Risiken verbundenen Eingriffen, insbesondere Operationen, sollte der Arzt regelmäßig darauf bestehen, dass alle Sorgeberechtigten, also z. B. beide Elternteile, ggf. gemeinsam mit ihrem Kind in den vorgesehenen Eingriff einwilligen.

Dabei ist die Abgrenzung, was ein schwerwiegender und was ein nicht so schwerwiegender Eingriff ist, im Einzelfall nicht einfach. Im Zweifel sollte daher die Einwilligung beider Elternteile eingeholt werden. Bei einfachen, nicht risikobehafteten Eingriffen kann sich der Arzt im Übrigen auf die Angabe des anwesenden Elternteils verlassen, dass auch der andere Elternteil mit der Behandlung einverstanden ist. Liegen dem behandelnden Arzt indes Anhaltspunkte dafür vor, dass die sorgeberechtigten Eltern unterschiedlicher Auffassung über den beabsichtigten Eingriff sind oder über das Sorgerecht Streit besteht, sollte Wert darauf gelegt werden, eine Entscheidung beider Elternteile herbeizuführen. Kann dies nicht erfolgen, muss ggf. auch eine Entscheidung über das zuständige Vormundschafts- oder Familiengericht erwirkt werden, um Schaden vom Kind abzuhalten. Bei betreuten Patienten ist stets auch die Zustimmung des eingesetzten Betreuers einzuholen.


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Aufklärung bei rein ästhetischen Operationen

Grundsätzlich gilt: Je weniger indiziert ein Eingriff ist, desto ausführlicher und umfassender muss aufgeklärt werden. Bei rein kosmetischen Eingriffen sind daher an den Umfang der Aufklärung hohe Anforderungen zu stellen.

Der Arzt muss „schonungslos“ über die Erfolgsaussichten und die in Betracht kommenden Risiken aufklären und dem Patienten das Für und Wider mit allen Konsequenzen vor Augen führen.

Ebenso muss der behandelnde Arzt den Patienten schriftlich darüber aufklären, dass die Krankenkasse bzw. private Krankenversicherung möglicherweise die Operationskosten nicht übernimmt.


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Aufklärung fremdsprachiger Patienten

Schwierigkeiten bei der Aufklärung können sich auch im Zusammenhang mit der Behandlung fremdsprachiger Patienten ergeben. Da der Patient nur dann wirksam in die Behandlung einwilligen kann, wenn er zuvor ordnungsgemäß aufgeklärt worden ist, hat die Aufklärung im Einzelfall so zu erfolgen, dass der Patient sie auch verstehen kann. Der Arzt hat das Aufklärungsgespräch nach § 630 e Abs. 2 Satz 3 BGB so zu führen, wie es der individuelle Intellekt des Patienten erfordert und dabei Besonderheiten des jeweiligen Patienten zu berücksichtigen. Ist aufgrund von Verständnisproblemen eine Kommunikation zwischen Arzt und Patient nicht möglich, kann eine ordnungsgemäße Aufklärung nicht erfolgen und wäre eine vom Patienten dennoch erteilte Einwilligung in den Eingriff rechtlich unwirksam. Bringt der Patient selbst einen Übersetzer zur Behandlung mit, muss der Arzt sich vergewissern, dass dieser die deutsche Sprache ausreichend beherrscht. Gewinnt er den Eindruck, dass der Patient die Aufklärung dennoch nicht versteht oder verunsichert ist, muss er – außer im Notfall – entweder die Behandlung verweigern oder für einen geeigneten Dolmetscher sorgen. Gleiches gilt, wenn ein Patient ohne Begleitung erscheint und sich nicht verständigen kann.

Nicht ausreichend ist es, dem Patienten lediglich einen fremdsprachlichen Aufklärungsbogen zu übergeben (vgl. OLG Nürnberg, 28. 6. 1995 – 4 U 3943/94).

Es reicht jedoch aus, wenn eine im Krankenhaus beschäftigte Person mit geeigneten Sprachkenntnissen, z. B. eine Krankenschwester, als Dolmetscher fungiert (OLG Karlsruhe, 2. 8. 1995 – 13 U 44/94).

Der Arzt hat sich aber auch in diesen Fällen stets zu vergewissern, dass eine adäquate Aufklärung gewährleistet ist. Lässt sich jedoch keine Person ausfindig machen, die sich mit dem Patienten verständigen kann, sollte – sofern es sich nicht um einen Notfall handelt – die Behandlung verschoben werden. Die Kosten eines ggf. hinzuzuziehenden Dolmetschers trägt der Patient; darauf sollte er vorab hingewiesen werden.


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Dokumentation der Aufklärung

Der Sinn und Zweck der Dokumentation besteht ursprünglich darin, Gedankenstütze des Arztes für die weitere Therapie durch ihn selbst oder nachbehandelnde Ärzte zu sein und dem Patienten jederzeit über die Behandlung Rechenschaft ablegen zu können. Jedoch auch unter dem Gesichtspunkt, dass vermehrt Patienten Haftungsprozesse anstreben mit dem Vorwurf, nicht hinreichend aufgeklärt worden zu sein und der Arzt sich nur mit einer gewissenhaften Dokumentation des erfolgten Aufklärungsgesprächs verteidigen kann, wird das Erfordernis nicht nur einer angemessenen Aufklärung, sondern gerade auch einer möglichst detaillierten schriftlichen Dokumentation der Aufklärung verdeutlicht. Insbesondere in Zeiten immer häufiger werdender Haftungs- und Schadensersatzprozesse sowie steigender Anforderungen an Umfang und Qualität der Aufklärung seitens der Rechtsprechung sollten Ärzte größten Wert auf eine umfassende und sachgerechte Aufklärung ihrer Patienten und eine gewissenhafte Dokumentation der geführten Aufklärungsgespräche legen – nicht zuletzt auch, um ggf. vor Gericht den Vorwurf eines Aufklärungsversäumnisses entkräften zu können.

Denn die Beweislast für die ordnungsgemäße Aufklärung liegt beim Arzt, d. h., er muss sich vom Vorwurf der unzureichenden Aufklärung entlasten, weshalb eine sorgfältige schriftliche Dokumentation des Aufklärungsgesprächs unerlässlich ist.

Es sollten daher auch bei Verwendung von Aufklärungsbögen zusätzlich stichpunktartig die wesentlichen Risiken notiert werden. Der BGH hat die Verwendung von Aufklärungsbögen ausdrücklich als zulässig und förderlich anerkannt. Individualisierende schriftliche Kennzeichnungen im Aufklärungsbogen erhöhen im Streitfall den Beweiswert solcher Aufklärungsbögen erheblich.


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Aufklärung und Patientensicherheit

Die Aufklärung ist nicht nur zur Wahrung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten unerlässlich. Sie dient auch der Patientensicherheit, indem sie den Patienten umfassend darüber informiert, welche Folgen mit der erforderlichen oder gewünschten Behandlung einhergehen können.

Therapeutische oder Sicherungsaufklärung

Im Gegensatz zur Aufklärung über Risiken und Erfolgsaussichten soll die Sicherungsaufklärung den Patienten durch Warn- und Schutzhinweise über sein eigenes therapiegerechtes Verhalten beraten, um den Therapieerfolg langfristig zu sichern (Compliance). Die Sicherungsaufklärung stellt keine Aufklärung im eigentlichen Sinne dar, sondern eine vertragliche Nebenpflicht des Arztes zur Beratung und Information. Anders als die Selbstbestimmungsaufklärung nimmt sie daher auch keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Einwilligung in die Behandlung.

Zur Sicherungsaufklärung zählen u. a. die Einwirkung auf eine Erteilung der Einwilligung in eine gebotene Behandlung oder die Information über bestimmte Verhaltensregeln bei Nebenwirkungen und Wechselwirkungen während der Behandlung, wie z. B. das Einhalten einer speziellen Diät oder körperliche Schonung.

Auch Verhaltenshinweise nach Verlassen der stationären Versorgung zählen hierzu. Eine fehlende oder unzureichende Sicherungsaufklärung wird auch nicht als Aufklärungsfehler, sondern als Behandlungsfehler gewertet, sodass auch die Sicherungsaufklärung – wie die Risikoaufklärung – regelhaft umgesetzt werden sollte. Die Beweislast für etwaige Fehler oder Unterlassungen im Rahmen der Sicherungsaufklärung trägt – wie beim Behandlungsfehler – regelmäßig der Patient.


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Risiko operationsbedingter Lagerungsschaden

Besonders praxisrelevant ist bei allen invasiven ärztlichen (operativen) Eingriffen das Auftreten von Lagerungsschäden der Patienten. Die ordnungsgemäße Lagerung des Patienten ist eine Nebenpflicht aus dem Behandlungsvertrag, sodass intraoperativ bedingte Lagerungsschäden stets ein großes Haftungsrisiko für die Klinik und die beteiligten Ärzte bergen. Über dieses eingriffstypische Risiko ist der Patient daher insbesondere bei länger andauernden Operationen aufzuklären. Dies hat das OLG Hamm zuletzt mit Urteil vom 20. 5. 2011 – I-26 U 23/10 – noch einmal ausdrücklich klargestellt. Krankenhäuser sind demnach verpflichtet, die korrekte Lagerung des Patienten zu gewährleisten und dazu alle erforderlichen Hilfsmittel und Personal einzusetzen. Da die ordnungsgemäße Lagerung des Patienten einen Gefahrenbereich darstellt, den das Krankenhaus voll beherrscht, muss sich bei Lagerungsschäden auch grundsätzlich das Krankenhaus von der Vermutung entlasten, diese seien auf einen Lagerungsfehler zurückzuführen. Diese Handhabung stellt eine Ausnahme von dem Grundsatz im Arzthaftungsprozess dar, wonach der Patient den Behandlungsfehler, den Schaden und die Ursächlichkeit des Fehlers für den Schaden nachweisen muss. Das bedeutet, dass beim Auftreten von Druckstellen oder muskulärer oder skelettaler Schäden der behandelnde Arzt bzw. das Krankenhaus den Beweis führen muss, den Patienten korrekt gelagert zu haben. Fehlen generelle Absprachen bzw. Anweisungen über die Lagerung des Patienten auf dem Operationstisch bzw. fehlt die Lagerungskontrolle, stellt dies ein Organisationsverschulden dar, für das die Klinik und die beteiligten Ärzte haften. Problematisch ist insoweit, dass bei der Operationslagerung des Patienten immer Ärzte mehrerer Fachbereiche (Anästhesist und Operateur) zusammenarbeiten, die einander nicht weisungsunterworfen sind (horizontale Arbeitsteilung) und sich grundsätzlich auf die Sorgfalt des anderen verlassen dürfen (Vertrauensgrundsatz). Dennoch besteht die Pflicht der beteiligten Ärzte, ihr Vorgehen aufeinander abzustimmen (Koordinierungspflicht), wozu insbesondere auch gehört, Gefahren zu vermeiden, die sich gerade aus dem arbeitsteiligen Zusammenwirken ergeben. Im Bereich der Lagerung des Patienten gilt bei Konflikten das Prinzip der Prädominanz der sachlichen Erfordernisse. Dies bedeutet, dass im Falle einer fehlenden Einigung zwischen Operateur und Anästhesist der Operateur einen Stichentscheid (insbesondere bei dringenden Operationen) herbeiführen muss und dementsprechend die Verantwortung für die sachgerechten Erwägungen trägt. Eine gute Dokumentation solcher Umstände gewährleistet später die Vermeidung von Haftungskonstellationen.

Die Anforderungen an die ordnungsgemäße Lagerung dürfen dabei aber nicht überspannt werden: Zwar ist in der Regel der Operateur für die Lagerung während der Operation verantwortlich und muss auch intraoperativ kontrollieren, ob die Lagerung weiterhin standardgemäß ist.

Jedoch findet diese Kontrollpflicht ihre Grenze dort, wo eine Kontrolle einfach nicht möglich ist, also etwa wenn der Körper steril abgedeckt ist. Sollte es dann zu Lagerungsschäden kommen, weil sich der Patient minimal bewegt hat, ist dies nicht als Behandlungsfehler, sondern als unvermeidbare und vom Patienten hinzunehmende Komplikation zu werten.

Sofern natürlich der Operateur oder ein anderer Arzt feststellt, dass der Patient nicht mehr ordnungsgemäß gelagert ist oder zumindest Zweifel bestehen, muss der Operateur eingreifen.

Über dieses typische Risiko von Lagerungsschäden gerade bei längeren Operationen ist der Patient im Vorfeld aufzuklären. Unterbleibt die Aufklärung oder ist sie unzureichend, haftet der Arzt bzw. das Krankenhaus, auch wenn die Schäden nicht auf einen Lagerungsfehler zurückzuführen sind. Da im Zweifel der Arzt beweisen muss, den Patienten ordnungsgemäß aufgeklärt zu haben, empfiehlt sich daher in jedem Fall eine sorgfältige Dokumentation des Aufklärungsgesprächs.


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Wirtschaftliche Aufklärung bei privatärztlicher Behandlung

Die wirtschaftliche Aufklärung soll nicht nur den Patienten davor schützen, sich finanziell zu überlasten; letztlich sollten Ärzte auch im eigenen Interesse daran denken, um etwaige Honorarausfälle zu minimieren: Nach § 630c Abs. 3 BGB müssen Patienten vor Beginn der Behandlung über die voraussichtlichen Kosten schriftlich informiert werden, wenn der Arzt weiß, dass eine vollständige Übernahme der Kosten durch einen Dritten nicht gesichert ist oder sich hierfür hinreichende Anhaltspunkte ergeben. Relevant ist die wirtschaftliche Aufklärung insbesondere bei Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) und kosmetischen bzw. ästhetisch chirurgischen Eingriffen, da diese von den gesetzlichen Krankenkassen in der Regel nicht übernommen werden und auch eine Erstattung von privaten Krankenversicherungen häufig mit dem Argument der mangelnden Erforderlichkeit abgelehnt wird. Eine Pflicht zur Nachforschung ergibt sich daraus für den Arzt allerdings nicht. Jedoch gehört es zu seinen Pflichten, den Patienten vor unnötigen Kosten und unverhältnismäßigen finanziellen Belastungen zu bewahren, soweit er über bessere Kenntnisse und ein besseres Wissen verfügt.

Eine Pflicht zur wirtschaftlichen Aufklärung besteht daher in jedem Fall, wenn der Arzt weiß, dass bestimmte Leistungen generell nicht erstattungsfähig sind oder dass bestimmte Leistungen bei einzelnen Versicherungen schon häufiger zu Abrechnungsproblemen geführt haben.


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Aufklärung über Behandlungsfehler

Eine Aufklärung des Patienten darüber, dass dem Arzt ein Behandlungsfehler unterlaufen sein könnte, ist nicht erforderlich. So ist der Patient z. B. vorab nicht darauf hinzuweisen, dass bei der Operation versehentlich ein Bauchtuch vergessen wurde und im Operationsgebiet zurückbleiben könnte. Dieser Fehler zählt zu den Klassikern unter den Behandlungsfehlern und wird von den Gerichten regelmäßig als grober Behandlungsfehler qualifiziert, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf, wie zuletzt ein Urteil des OLG München vom 22. 8. 2013 – I U 3971/12 – zeigte. Das Krankenhaus hat daher durch geeignete Anweisungen und Checklisten sicherzustellen, dass solche Fehler nicht passieren. Gleiches gilt im Zusammenhang mit fehlerhaft angebrachten Markierungen, die das Operationsgebiet bzw. den zu behandelnden Körperteil kennzeichnen (Links-rechts-Verwechselungen). Ist dem Arzt allerdings ein Behandlungsfehler unterlaufen bzw. sind für ihn Umstände erkennbar, welche die Annahme eines Behandlungsfehlers begründen können, muss er nach § 630c Abs. 2 BGB den Patienten u. U. darüber informieren. Diese Informationspflicht ist Ausdruck der Abwägung zwischen den Interessen des behandelnden Arztes am Schutz seiner Person und dem Interesse des Patienten am Schutz seiner Gesundheit.

Der Arzt muss daher auf Fragen des Patienten wahrheitsgemäß antworten, auch wenn er dabei Gefahr läuft, nicht nur einen Behandlungsfehler eines Dritten, sondern auch eigene Fehler offenbaren zu müssen.

Eine darüber hinausgehende Recherchepflicht des Arztes zur Abklärung möglicher, für ihn aber nicht erkennbarer Behandlungsfehler besteht hingegen nicht. Fragt der Patient nicht ausdrücklich nach einem Behandlungsfehler, muss der Arzt von sich aus (nur) dann sämtliche Umstände offenbaren, soweit dies zur Abwendung von gesundheitlichen Gefahren für den Patienten erforderlich ist. Eine darüber hinausgehende Informationspflicht besteht allerdings nicht. Bei offenkundig aufgetretenen (auch vermeidbaren) Komplikationen (z. B. intraoperative Gallengangsverletzungen) muss der Arzt alles Erforderliche zur Abwendung gesundheitlicher Gefahren unternehmen und den Patienten nachträglich über den Eintritt der Komplikation und die darauf veranlassten (Not-)Maßnahmen informieren.


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Fazit

Die Übersicht zeigt, dass im Zusammenhang mit der Patientenaufklärung zahlreiche Vorgaben einzuhalten sind und potenzielle Haftungsfallen an vielen Stellen warten. Rechtsprechung und Gesetzgeber tendieren dazu, immer strengere Anforderungen an die Ärzte zu stellen, um den Patienten „auf Augenhöhe“ zu bringen, was Informationen im Zusammenhang mit der geplanten Behandlung angeht. Auch wenn Ärzten im Hinblick auf Aufklärung und Dokumentation immer mehr abverlangt wird und es in Zeiten knapper werdender Kassen und Personalmangel häufig schwer fällt, allen Patienten die erforderliche umfassende und individuelle Aufklärung zuteilwerden zu lassen, ist dringend anzuraten, die Patientenaufklärung ernst zu nehmen und sorgfältig durchzuführen. Auch wenn das Aufklärungsgespräch daher viel Zeit beansprucht, sollten sich Ärzte diese Zeit trotz straffem Zeitplan nehmen.

Eine unzureichende Aufklärung führt immer zur Rechtswidrigkeit des dennoch durchgeführten Eingriffs und damit u. U. zu hohen Schadensersatzforderungen des Patienten und zu einer ungünstigen prozessualen Beweissituation für den Arzt.

Letztlich ist der Einzelfall bzw. sind die Besonderheiten des jeweiligen Patienten entscheidend. Unverzichtbar für eine ordnungsgemäße Aufklärung ist daher stets das persönliche Aufklärungsgespräch zwischen Arzt und Patient sowie eine Sensibilität des Arztes für die besonderen Umstände jedes einzelnen Patienten.


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Rechtsanwalt Dr. Albrecht Wienke Fachanwalt für Medizinrecht
Rechtsanwältin Rosemarie Sailer, LL.M. Medizinrecht
Wienke & Becker – Köln
Sachsenring 6
50677 Köln