Rofo 2014; 186(09): 899-900
DOI: 10.1055/s-0034-1369236
DRG-Mitteilungen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

MRT des Herzens als vertragsärztliche radiologische Leistung

Urteil des Bundessozialgerichts vom 02.04.2014
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Publication Date:
29 August 2014 (online)

 

Einführung

Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Urteil vom 02.04.2014 (Az.: B 6 KA 24/13 R) erneut die ausschließliche Abrechnungsmöglichkeit von kernspintomografischen Untersuchungen für Radiologen in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung bestätigt. In dem Klageverfahren hatte ein Kardiologe auf Erteilung einer Ermächtigung für Magnetfeldresonanztomografie (MRT)-Leistungen nach den Nrn. 34 430 (MRT-Untersuchung des Thorax), 34 452 (Zuschlag), 34 470 (MRT-Angiografie der Hirngefäße), 34 475 (MRT-Angiografie der Halsgefäße), 34 480 (MRT-Angiografie der thorakalen Aorta und ihrer Abgänge und / oder ihrer Äste), 34 485 (MRT-Angiografie der abdominalen Aorta und ihrer Äste erster Ordnung), 34 486 (MRT-Angiografie von Venen), 34 489 (MRT-Angiografie der Becken- und Beinarterien) und 34 492 (Zuschlag) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) geklagt. Das BSG hat festgestellt, dass die zuständige KV seinen Antrag, ihm die Genehmigung zur Durchführung von MRT-Untersuchungen des Herzens und der Blutgefäße zu erteilen, im Ergebnis zu Recht abgelehnt hat.

Mit diesem Urteil geht ein langjähriger sozialgerichtlicher Rechtsstreit zu Ende. Das BSG hatte sich mit dem Anspruch des Kardiologen schon im Jahre 2006 auseinandergesetzt und mit Urteil vom 11.10.2006 (B 6 KA 1/05 R) festgestellt, dass ihm keine Abrechnungsgenehmigung erteilt werden könne, da er keine Weiterbildung in der radiologischen Diagnostik absolviert habe. Das BVerfG hatte dies mit Beschluss vom 08.07.2010 (Az.: 2 BvR 520/07) bestätigt (vgl. RöFo 8/2013, DRG-Mitteilungen S. 775–778 und RöFo 4/2011, DRG-Mitteilungen S. 401–404).

Das BSG hat in der aktuellen Entscheidung vom 02.04.2014 nun zusätzlich darauf hingewiesen, dass Kardiologen auch nach dem Erwerb der weiterbildungsrechtlichen Zusatzbezeichnung „Magnetresonanztomografie – fachgebunden“ keinen Anspruch auf Erteilung der Abrechnungsgenehmigung für MRT-Untersuchungen des Herzens und der Blutgefäße haben, da der Ausschluss der fachbezogen in der MRT weitergebildeten Kardiologen von § 135 Abs. 2 Satz 4 SGB V getragen wird. Die MRT gehört zum Kernbereich der Radiologie, nicht aber der Inneren Medizin / Kardiologie. Daran hat sich nach Auffassung des BSG auch durch die Einführung der Zusatzbezeichnung nichts geändert. Es dient daher dem Gebot der Wirtschaftlichkeit, die Leistungen ausschließlich dem Methodenfach der Radiologie zuzuweisen. Damit wird eine Leistungsausweitung durch Selbstzuweisungen verhindert, für die ansonsten angesichts der aufzuwendenden Kosten und der zu erzielenden Vergütung wirtschaftliche Anreize bestehen würden.

In dem Urteil wird zudem der Auffassung widersprochen, wonach Kardiologen „zur Durchführung kernspintomografischer Untersuchungen des Herzens sogar besser qualifiziert als alle bzw. bestimmte Ärzte für Radiologie“ seien. Dass die durch die Zusatz-Weiterbildung erworbene Qualifikation derjenigen eines Radiologen überlegen sein soll, sei bereits deshalb nicht nachvollziehbar, weil sie nach der Weiterbildungsordnung zumindest 12 Monate lang bei einem weiterbildungsberechtigten Radiologen erworben werden muss. Im Einzelfall sei nie auszuschließen, dass ein Arzt einer bestimmten Fachrichtung für eine bestimmte hochspezialisierte Leistung in besonderer Weise qualifiziert sei, die üblicherweise von Ärzten einer anderen Fachrichtung erbracht werde, und dass umgekehrt ein Facharzt im Rahmen seiner Weiterbildung mit einer ganz speziellen Leistung nur am Rande befasst worden sei.

An dieser Stelle sei angemerkt, dass auch die Vereinbarung zur invasiven Kardiologie die fachliche Befähigung für die Ausführung und Abrechnung von Linksherzkatheteruntersuchungen und therapeutischen Katheterinterventionen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 lit. 1 nur als nachgewiesen ansieht, wenn der betreffende Facharzt die Berechtigung zum Führen der Schwerpunktbezeichnung Kardiologie besitzt. Dieses diagnostische bzw. therapeutische Verfahren gehört zum Kernbereich der Kardiologie und kann daher nur von dieser Facharztgruppe in der vertragsärztlichen Versorgung erbracht und abgerechnet werden, auch wenn Radiologen mit einer entsprechenden Weiterbildung zur qualifizierten Erbringung dieser Leistungen in der Lage sind.

Im Rahmen des Urteils vom 02.04.2014 hat sich das höchste deutsche Sozialgericht auch mit der grundsätzlichen Frage beschäftigt, ob kernspintomografische Untersuchungen des Herzens und der Blutgefäße Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung sind und auf der Grundlage bestehender EBM-Ziffern gegenüber den KVen abgerechnet werden können.


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KBV verneint Abrechnungsfähigkeit von Herz-MRT nach EBM

Die prinzipielle Abrechnungsfähigkeit dieser Leistungen auf der Grundlage des EBM war bisher nicht in Zweifel gezogen worden. Mit Schreiben vom 02.12.2013 teilte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) jedoch mit, dass im derzeitigen EBM keine Möglichkeit bestehe, ein spezifisches Kardio-MRT abzurechnen. Die mit einem Kardio-MRT verbundenen technischen, qualitätsbedingten und kalkulatorischen Grundlagen seien derzeit im vertragsärztlichen Bereich normativ weder im EBM noch in den entsprechenden Qualitätssicherungsrichtlinien bzw. -vereinbarungen verankert. Die Vorgaben für Aufnahmen des Herzens im Rahmen eines MRT des Thorax (beispielsweise der geltenden Qualitätssicherungsrichtlinie bzw. -vereinbarung, unter anderem zur Indikationsstellung) entsprächen nach dem Dafürhalten der KBV nicht den tatsächlichen Anforderungen an ein Kardio-MRT. Die Aufnahme einer entsprechenden Leistung in den EBM würde aus Sicht der KBV eine Methodenbewertung durch die Gremien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) gemäß § 135 Abs. 1 SGB V voraussetzen.

In der Folge haben sich verschiedene KVen der Rechtsauffassung der KBV angeschlossen. In ihrem Rundschreiben vom November 2013 wies z. B. die KV Niedersachsen darauf hin, dass die ambulante Durchführung eines Kardio-MRT keine vertragsärztliche Leistung darstelle. Die GOP 34 430 EBM enthalte zwar formal auch die Darstellung des Herzens und die Qualitätssicherungsvereinbarung enthalte Benchmarks für die notwendige Qualität, allerdings sei daraus nicht abzuleiten, dass das Kardio-MRT zulasten der vertragsärztlichen Versorgung abgerechnet werden könne.

Die Rechtsauffassung der KBV war insoweit überraschend, als sie noch in einer früheren Stellungnahme vom 05.07.2006 die gegenteilige Auffassung vertreten hatte:

„Der EBM enthält derzeit keine eigene Berechnungsgrundlage für eine MRT-Untersuchung des Herzens. Allerdings sehen die Qualitätsbeurteilungs-Richtlinien Kernspintomografie unter Nr. 6 Anforderungen bei MRT-Untersuchungen zur Herzmorphologie, Herzfunktion und Herzperfusion in Nr. 6.2, 6.3 und 6.4 der Anlage vor.“

Anschließend stellte sie damals klar, dass die Abrechnung der MRT des Herzens nach der GOP 34 430 EBM erfolgen könne:

„Hilfsweise könnte allenfalls die Leistung nach der Nr. 34 430 – MRT Untersuchung des Thorax – herangezogen werden. Ausgenommen sind jedoch MRT-Untersuchungen und MRT-Angiografien der Herzkranzgefäße“

Schließlich führte die KBV aus, dass nach Auffassung der Vertragspartner „in den derzeitigen Qualitätsbeurteilungs-Richtlinien Kernspintomografie bereits entsprechende Leistungen in Nr. 6 der Anlage (Mediastinum, Herzmorphologie, Herzfunktion sowie Herzperfusion) enthalten sind. Dies gilt auch im Hinblick auf die Anforderungen an apparative Ausstattungen nach Anlage I für kardiologische Untersuchungen nach der Kernspintomografie-Vereinbarung gemäß § 135 Abs. 2 SGB V, die Voraussetzung für entsprechende Leistungserbringungen sind.


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BSG bejaht Abrechnungsfähigkeit von MRT-Untersuchungen des Herzens und der Blutgefäße

Das BSG hat im Urteil vom 02.04.2014 klargestellt, dass kernspintomografische Untersuchungen des Herzens und der Blutgefäße Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung sind. Das Gericht nimmt ausdrücklich Bezug auf sein Urteil vom 11.10.2006 (Az.: B 6 KA 1/05 R), in dem es dies bereits ausgeführt hatte.

Wörtlich führt das BSG in seiner Entscheidung folgendes aus:

„Der Senat hat sich auch bereits mit der Auffassung des Klägers auseinandergesetzt […]. Er [der Senat] hat darauf hingewiesen, dass nach § 4 Abs. 1 Nr. 1a KernspinV die selbstständige Indikationsstellung, Durchführung und Befundung u.a. von 1000 Untersuchungen im Bereich Hirn, Rückenmark, Skelett, Gelenke, Abdomen, Becken und Thoraxorgane unter Anleitung nachgewiesen werden muss. Die dort nicht gesondert erwähnten kernspintomografischen Untersuchungen des Herzens seien ggf. – im Einklang mit der Leistungslegende der Nr. 34 430 EBM-Ä – als Thoraxuntersuchungen abzurechnen. Grundsätzlich sei gewährleistet, dass jeder Arzt, der die Genehmigung nach § 2 Satz 1 KernspinV erhalte, auch Untersuchungen der Thoraxorgane durchgeführt habe. Bundesrechtlich sei nicht zu beanstanden, dass die Normgeber der KernspinV darauf verzichteten, für jedes einzelne Untersuchungsgebiet Mindestzahlen vorzugeben, und sich darauf beschränkten, die betroffenen Untersuchungsgebiete zu nennen und insgesamt eine Mindestzahl der nachzuweisenden eigenständigen Untersuchungen festzulegen. Die Forderung nach Mindestzahlen für jede Körperregion bzw. für jedes einzelne Körperorgan würde zu unverhältnismäßigen Erschwerungen bei der ärztlichen Weiterbildung führen.“


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Ergebnis

Es handelt sich daher im Ergebnis bei der MRT-Untersuchung des Herzens mittels eines Kernspintomografen nicht um eine neue Untersuchungsmethode im Sinne von § 135 Abs. 1 SGB V, sondern um eine bekannte und in der vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Untersuchungsmethode, die ohne weiteres über die GOP 34 430 EBM abgerechnet werden kann, vorbehaltlich der Einschränkung bzgl. der Herzkranzgefäße als alleiniger Untersuchungsgegenstand.

Dies bestätigt ein Vergleich mit anderen MRT-Leistungen einzelner Organe. Beispielhaft sei die MRT-Untersuchung des Oberbauchs nach GOP 34 440 EBM genannt, wonach eine Darstellung von Zwerchfell bis Niere erfolgen und abgerechnet werden kann, ohne dass es einer gesonderten Methodenbewertung für jedes der davon umfassten Organe im Oberbauch, etwa die Milz oder die Leber, bedarf oder es eine solche geben würde.

Gleiches muss für die Abrechnung einer MRT des Herzens gelten: Das Herz liegt im Bereich des unteren Mediastinums. Aus der GOP 34 430 EBM ergibt sich, dass eine Darstellung des Mediastinum im Rahmen der Thorax-MRT zulässig ist. Vor dem Hintergrund, dass das Herz Teil des Mediastinums ist, bedarf es daher einer gesonderten Aufnahme der MRT des Herzens in den EBM demzufolge nicht. Für eine bereits bestehende Abrechnungsmöglichkeit der MRT des Herzens in der vertragsärztlichen Versorgung spricht auch, dass bereits in der Anlage zur Qualitätsbeurteilungsrichtlinie für kernspintomografische Untersuchungen Beurteilungskriterien für die Bildqualität kernspintomografischer Untersuchungen für die Untersuchung des Herzens festgelegt wurden (http://www.g-ba.de/downloads/83-691-91/RL-Qualitaet-Kern-Anl-2000-10-16.pdf). Diese Beurteilungskriterien finden sich im Abschnitt 6 „Thorax“ jeweils unter den Punkten 6.2, 6.3 und 6.4.

Es stellt sich die Frage, warum der G-BA die entsprechenden Qualitätsrichtlinien betreffend einer MRT des Herzens aufgestellt hat, wenn er bisher keine Einschätzung zur Effektivität dieser Leistung in Form einer Methodenbewertung abgegeben hat oder nicht offenkundig von einer geeigneten Untersuchungsmethode ausgeht. Gerade aus der Aufstellung entsprechender Qualitätsrichtlinien für eine Untersuchungsmethode ist vielmehr zu schließen, dass auch der G-BA von einer bestehenden Abrechenbarkeit der MRT des Herzens im Rahmen des geltenden EBM ausgeht.

Prof. Dr. Peter Wigge, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht
René T. Steinhäuser, Rechtsanwalt

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