Psychiatr Prax 2014; 41(04): 229
DOI: 10.1055/s-0034-1370042
Mitteilungen der BDK
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Mitteilungen aus der Bundesdirektorenkonferenz (BDK)

Gerhard Längle
1   Tübingen/Bad Schussenried
,
Thomas Pollmächer
2   Ingolstadt
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
06 May 2014 (online)

 

Bericht über die Frühjahrstagung der Bundesdirektorenkonferenz:
„Zukünftige Berufsbilder der Psychosozialen Medizin“

Im Fokus der Frühjahrstagung in Neuss stand die Reflexion der Rolle einiger an der Versorgung psychisch Kranker beteiligten Berufsgruppen. Eingebunden waren dabei Vertreter der verschiedenen Facharztgruppen, der psychologischen Psychotherapeuten, der Pflegekräfte aber auch der Klinikmanager. Parallel dazu wurden die Erwartungen von Patienten und Angehörigen an die „Profis der Zukunft“ formuliert.


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Kernaussagen zur Zukunft

Prof. Dr. Maier, Präsident der DGPPN, skizzierte das zukünftige Berufsbild des Hochschullehrers für Psychiatrie und Psychotherapie. Die Erwartung an Hochschullehrer bleibe dem Bestehenden nahe: sie seien gleichermaßen zuständig für Forschung, Lehre und Krankenversorgung. Der Anteil der Forschungsgelder, die für Psychiatrie- und Psychotherapieforschung ausgegeben werden, habe sich in den vergangenen Jahrzehnten erfreulicherweise deutlich vergrößert. Mäßig ausgeprägt sei noch der Bereich der Versorgungsforschung.

Prof. Dr. Richter, Vorsitzender der Bundespsychotherapeutenkammer, beschrieb die zahlenmäßig bedeutende Rolle der psychologischen Psychotherapeuten. Dennoch gelte: „Der Bedarf an Psychotherapie ist nicht gedeckt“. Ein weiterer Ausbau der Strukturen sei notwendig. Aufbauend auf dem Psychotherapeutengesetz von 1998 gelte es jetzt, neue Funktionen auch rechtlich zu verankern. Die künftige Rolle des psychologischen Psychotherapeuten sei der „Experte für alle Belange der psychischen Gesundheit“. Erwartungsgemäß gab es hierzu eine rege und kontroverse Diskussion.

Die gemeinsamen Interessen an einer guten Versorgung aller psychisch Kranken betonte Prof. Dr. Gündel, Lehrstuhlinhaber für Psychosomatische Medizin an der Universität Ulm. Er sehe klar umrissene Aufgabenbereiche für die Psychosomatik sowie eine gewisse Überschneidung zum Fachgebiet der Psychiatrie und Psychotherapie, aber keinen grundsätzlichen Dissens in der gemeinsamen Versorgungsaufgabe. Eine neue Herausforderung sei dabei der Bereich der Prävention.

Prof. Dr. Beine, Vorsitzender der ackpa, stellte die „regionale Pflichtversorgung als Basis von Allem“ in das Zentrum seiner Betrachtung. Er forderte mehr alltagsbezogene Versorgungsforschung ein, parallel dazu die Konzentration aller Bemühungen auf die Pflichtversorgung der schwer psychisch kranken Menschen, die derzeit nicht realisiert sei.

Holger Höhmann als Vorsitzender des Verbandes der Krankenhausdirektoren beleuchtete die Aufgaben im Krankenhausmanagement, die er als komplementär zum fachpsychiatrischen Auftrag sieht. Er betonte die Problematik in der Steuerung komplexer Systeme wie der einer umfassenden und sektorenübergreifenden Versorgung, eine zentrale Aufgabe auch des Managements.

Heinz Lepper, Vorsitzender der Bundespflegedirektoren, konzentrierte sich auf die Aufgaben der Pflege außerhalb des gewohnten Kontextes einer Station. Neue Selbstständigkeit, gestiegene Verantwortung im Rahmen von Hausbesuchen u. Ä. stellten die Berufsgruppe vor neue Herausforderungen. In der Diskussion zur stationären Tätigkeit wurde die Diversifizierung der Pflege als Zukunftsszenario bedacht, Chancen und Risiken abgewogen.

Nach Gudrun Schliebener vom Bundesvorstand der Angehörigen sind die Erwartungen der Angehörigen an die Zukunft die bereits in der Psychiatrieenquete niedergelegten: eine gemeindenahe, bedarfsgerechte, umfassende und gut koordinierte Versorgung, die eine Gleichstellung psychisch und somatisch Kranker sichert. Aus ihrer Sicht ist nicht die Zahl der Einrichtungen entscheidend, sondern deren Grad an Vernetzung. Ohne rasche Antwort blieb ihre Frage, was denn – im Kontext der Behindertenrechtskonvention – Barrierefreiheit für psychisch kranke Menschen bedeute.

Brigitte Richter vom Verein Pandora, Autorin der Petition zum PEPP, beschrieb ihre Erwartungen an die Profis ähnlich zeitlos: Entscheidend sei, den Patienten als Menschen zu sehen, ihn in seiner ganzen Person in den Blick zu nehmen und zu respektieren. Niemand dürfe aufgegeben werden, da Prognosekriterien nicht existierten und nur so gemeinsam die Hoffnung auf Besserung erhalten werden könne. Sie forderte die professionellen Helfer auf, mutig zu sein: Die Profis seien als Lobbyisten für die Psychiatrie gefragt und gefordert. Nur gemeinsam könne es gelingen, ein besseres Versorgungssystem zu erreichen.

Der zweite Teil der Tagung umfasste die Mitgliederversammlung. Vorgestellt wurde der aktuelle Entwicklungsstand des Entgeltsystems und die darauf bezogenen Maßnahmen, wie die aktuelle Abstimmung zwischen den Psych-Verbänden, die Kontroversen mit der Bundestherapeutenkammer und die verschiedenen Ebenen der Diskussion mit dem GBA und den Vertretern der Politik. Beschlossen wurde die Einsetzung einer Arbeitsgruppe, die sich intensiv mit dem Entwurf der Weiterbildungsordnung beschäftigt und die relevanten Anliegen der klinisch Verantwortlichen zusammenträgt. Als Eckpunkt wurde bereits die Beibehaltung der 5-jährigen Weiterbildungsdauer fixiert.

Vorgestellt wurde eine von der BDK in Auftrag gegebene Synopse der Unterbringungsgesetze der Länder mit einem Focus auf den Regelungen zur Zwangsbehandlung. Die unter einer Reihe von Schlagworten geordneten gesetzlichen Regelungen sind im Mitgliederbereich der Homepage der BDK einzusehen.

Dank für die gute Organisation und den anregenden Rahmen der Tagung gebührt den Verantwortlichen der Augustinus Fachkliniken.

Prof. Dr. G. Längle

Mitglied des Vorstandes der BDK


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