Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2014; 21(01): 30-31
DOI: 10.1055/s-0034-1370744
DGMM-Mitteilungen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Zum 90. Geburtstag – Prof. Dr. med. Hartmut Goethe – ein Leben für die Schifffahrtsmedizin

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Publication Date:
26 February 2014 (online)

 

    Am 16. Oktober 1923 in Stargard in Pommern geboren war Hartmut Goethe in seinen jungen Jahren noch Kriegsteilnehmer. Nach Gefangenschaft und Flucht wurde Hamburg seine neue Heimat, wo er 1948 das medizinische Staatsexamen bestand.

    Seine Dissertation führte ihn an das dortige Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten. Damit begann eine wissenschaftliche Karriere, die sich mit der des legendären Vaters der deutschen Schifffahrtsmedizin, Bernhard Nocht, durchaus messen kann.

    Zunächst strebte Hartmut Goethe eine möglichst breit angelegte Weiterbildung an. Chirurgie und Innere Medizin mit Schwerpunkten in der Infektiologie, Tropenmedizin, Parasitologie und Bakteriologie waren die ersten Stationen.

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    Hartmut Goethe

    1950 folgte dann eine erste Verwendung als Schiffsarzt auf dem Fischereischutzboot ‚Frithjof‘. Sodann ging die ‚Erkundungsfahrt‘ zur See-Berufsgenossenschaft, dem Hamburger Hafenärztlichen Dienst und auf das Fischereiforschungsschiff ‚Anton Dohrn‘. In dieser Zeit knüpfte Hartmut Goethe erste Kontakte zu Schifffahrtsmedizinern anderer Nationen – Ausgangspunkt seiner späteren internationalen Arbeit.

    1957 wurde er als Reedereiarzt und stellvertretender Direktor des ärztlichen Dienstes der ESSO Tankschiffreederei bestellt. Auf zahlreichen Studien- und Messreisen begleitete Hartmut Goethe seine Schiffe auch im Sinne der arbeitsmedizinischen Vorsorge für deren Besatzungen. Diese Zeit sollte prägend sein für die weitere berufliche Fokussierung nach seiner Berufung als Leiter der neu gegründeten Abteilung für Schiffahrtsmedizin am Hamburger Bernhard-Nocht-Institut. Man darf diese Gründung durchaus als Ausdruck der Wertschätzung verstehen, die die Schifffahrt in Deutschland damals erfuhr.

    Wissenschaftliche Schatztruhe erarbeitet

    Wer sich der Mühe unterzieht, in der weltweit einzigartigen Bibliothek des heutigen Zentralinstituts für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin die folgenden Jahre der Abteilung für Schiffahrtsmedizin nachzuvollziehen, wird auf eine überreich gefüllte Schatztruhe wissenschaftlicher Auseinandersetzung mit den Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen treffen, die ihren Aufgaben auf See nachgehen. Der Bogen spannt sich von der Hygiene zu Ergonomie, Toxikologie, Epidemiologie und den psycho-physischen Belastungen an Bord. Vieles davon hat heute, vor dem Hintergrund einer stürmischen technologischen, ökonomischen und schließlich sozio-kulturellen Entwicklung, historische Bedeutung, hilft aber Trends zu begreifen und so Zukunft zu gestalten!

    Viele Arbeiten von Goethe und seinen Mitarbeitern haben die Schifffahrt geprägt; beispielhaft die Mitwirkung am Studienprojekt ‚Schiff der Zukunft‘. Das von Goethe mit herausgegebene ‚Handbook of Nautical Medicine‘ dürfte noch heute als Standardwerk gesehen werden, welches einen Gesamtüberblick über die maritime Medizin gibt.


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    Internationale Anerkennung

    Mit seiner Arbeit fand Goethe bald auch internationale Aufmerksamkeit. Er wurde geschätzter Ratgeber in den Gremien der Weltgesundheitsorganisation, der Internationalen Arbeitsorganisation und der Internationalen Maritimen Organisation der Vereinten Nationen. Die Abteilung für Schiffahrtsmedizin des BNI wurde ‚Collaborating Center for the Health of Seafarers‘ der WHO.

    Seinem berühmten Vorbild folgend hielt Hartmut Goethe Vorlesungen in den tropenmedizinischen Kursen und etablierte ein Zentrum für die medizinische Ausbildung von Schiffsoffizieren. 1974 erfolgte seine Habilitierung und 1980 die Ernennung zum Professor.

    1978 organisierte Hartmut Goethe das ‚First European Nautical Medical Meeting‘ und legte damit den Grundstein für die weitere internationale Entwicklung der maritimen Medizin.

    1989 gab das ‚7. European Nautical Medical Meeting’ den würdigen Rahmen für die Verabschiedung von Hartmut Goethe in den Ruhestand.

    Mit ihm ging zu diesem Zeitpunkt ein Lotse von Bord, der der deutschen aber auch der internationalen Schifffahrtsmedizin Kurs und Ziel gewiesen hat, wie kaum ein anderer. Seine Entlassung aus dem Staatsdienst hinterließ eine Lücke in der Wegweisung für die institutionalisierte Schifffahrtsmedizin in Deutschland.

    Der internationalen Gemeinde der Schifffahrtmediziner blieb er jedoch noch über Jahre verbunden.


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    Ehrenvorsitzender der DGMM

    Auch unsere Gesellschaft begleitete er kritisch bei deren Gründung 1990. Dank und Anerkennung fand das darin, dass die DGMM ihn 1995 zu ihrem Ehrenvorsitzenden ernannte.

    Am 16. Oktober 2013 vollendete Prof. Dr. med. Hartmut Goethe sein 90. Lebensjahr. Der Autor war bei der Vorbereitung dieses Portraits in der glücklichen Lage, trotz eines schweren Unfalls vor 12 Jahren einem lebenszugewandten Gesprächspartner zu begegnen, der die maritime Medizin im Herzen trägt und ihrem aktuellen Stand mit Interesse folgt.

    Ein Vorbild für uns alle!

    Klaus Seidenstücker, Tarp


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    Hartmut Goethe