Allgemeine Homöopathische Zeitung 2014; 259(01): 34
DOI: 10.1055/s-0034-1371177
Personalia
© Karl F. Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG Stuttgart

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Publication Date:
14 February 2014 (online)

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Nachruf Bernd von der Lieth

Meine letzte Begegnung mit Bernd von der Lieth ist etwa 2 Jahre her. Wir hatten uns in einem Café in Hamburg verabredet. Als er kam, waren ihm die Schmerzen anzusehen, aber er verlor kein Wort darüber. Es war ein herzliches Wiedersehen, eine Herzlichkeit, die nicht vieler Worte bedurfte. Bernd war kein Mann der vielen Worte, eine Geste, ein Blick drückte alles aus, was notwendig war. Er erzählte etwas über seine momentanen Pläne und Ideen, auch über frühere Begegnungen und Erlebnisse, über den oft steinigen Weg seiner Verlegertätigkeit. Ich versuchte, ihm die Dankbarkeit unserer Homöopathen-Generation auszudrücken, die nun über all die Bücher und Werkzeuge verfügen kann, die er schon lange zuvor als notwendig und hilfreich erkannt und entgegen jeglichem Zeitgeist veröffentlicht hatte.

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Bernd von der Lieth, † 20.10.2013.

Er lies es nicht gelten und sagte, er wäre schließlich nur konsequent auf dem Weg weitergegangen, der einfach für die Homöopathie notwendig war. Es war ein Weg voller Hindernisse und Stolpersteine. Er war in seiner verlegerischen Tätigkeit der homöopathischen Entwicklung um 1 oder 2 Jahrzehnte voraus. Er bereitete den Boden, die Ernte kam erst lange später und erreichte ihn kaum noch. Bernd von der Lieth war kein Redner, kein Verkäufer – er war einfach ein Pionier und folgte konsequent seinen Idealen, publizierte wertvolle Grundlagenwerke und diese in höchster Qualität. Er war in allem, was er tat, authentisch. Und tat es einfach deshalb, weil es sein musste.

Bevor wir nach einigen Stunden auseinandergingen, konnte er sich durchringen, ein paar Worte über seine Krankheit zu erzählen. Knapp, auf wesentliche Fakten beschränkt, ohne Zeichen von Resignation oder Bitterkeit. Es war ein herzlicher Abschied – ohne viele Worte. (N.W.)

Meine erste Begegnung mit dem herausgeberischen Werk Bernds von der Lieth war, neben dem Therapeutischen Taschenbuch von Bönninghausen, die Therapeutische Taschenkartei im Jahr 1990. Diese wurde in 2 Kästen mit je etwa 550 Lochkarten geliefert und basierte auf Rubriken von Bogers Synoptic Key. Der Kasten I enthielt die Allgemeinrubriken, der Kasten II die regional orientierten Rubriken. In sämtliche Karten waren, sofern ähnliche Rubriken vorhanden waren, die beiden höchsten Grade aus Bönninghausens Taschenbuch hinzugelocht. Diese Kartei, in die ich mich schnell einarbeiten konnte, bildete für mehrere Jahre – neben dem Kent und dem Synthetischen Repertorium – das Handwerkszeug für meine Praxis. Sie war auch nicht unschuldig an meinem Entschluss, in meiner Praxis keine Computerprogramme zu verwenden, ein Entschluss, den ich bis heute nicht bereut habe.

Sie zeigt auch 2 der Schwerpunkte des verlegerischen Geistes Bernd von der Lieths: die repertorialen Werke Bönninghausens und Bogers, zweier Wegbereiter des Handwerks und v.a. der Kunst der Repertorisation.

Später, 2002, erschien das BBC-Taschenbuch, ein weiterer Versuch der Synthese der beiden wichtigsten Repertorien Bogers, Synoptic Key und General Analysis, und der meisten der repertorialen Werke Bönninghausens. Hierzu erschien auch die BBC-Software und, nachdem die Therapeutische Taschenkartei längst nicht mehr aufgelegt wurde und vergriffen war, die General Analysis als Lochkartei. Überhaupt hatte sich Bernd von der Lieth zu Anfang des neuen Milleniums mit der Boger-Forschung um Jens Ahlbrecht und Norbert Winter zusammengesetzt, wohl wissend, welches Potenzial an homöopathischen Schätzen es zu heben gab, und es erschienen mehrere Werke über Boger, und über 4 (??) Jahre auch eine Vierteljahresschrift unter dem Titel „Der Boger-Bote“. Alle diese Werke haben vielen Homöopathen geholfen, die Mittelfindung nach Boger nachzuvollziehen, zu verstehen und in die eigene Praxis umzusetzen.

Darüber hinaus hat Bernd von der Lieth schon frühzeitig auch den Wert des Werkes von G.H.G. Jahr erkannt und zunächst den Symptomen-Codex von 1848, eine äußerst geschickte Zusammenfassung ohne Auslassungen v.a. der Hahnemann‘schen Arzneimittelprüfungen, herausgegeben, später noch einmal als vergrößerten Faksimile-Nachdruck, der in meinen Weiterbildungskreisen mehr oder weniger zur Pflichtliteratur wurde. Weitere Werke Jahrs, dessen Renaissance längst nicht mehr aufzuhalten war, folgten.

An diesen 3 Autoren, die den Schwerpunkt der Edition von der Lieth bilden, sieht man eindeutig die Orientierung dieses Verlags: solide Homöopathie der Gründerzeit ohne weltanschauliche Überlagerungen, erweitert um einen Homöopathen des 20. Jahrhunderts, der trotz oder mit seinen Neuerungen als ein Mann der Rückbesinnung und v.a. der Vermittlung zwischen den weit auseinanderklaffenden und eigentlich nicht mehr zusammenführbaren Wegen der Homöopathie Hahnemanns und der Homöopathie Kents zu gelten hat.

Ein großes Dankeschön an einen großen, dennoch sein ganzes Leben lang bescheiden gebliebenen Verleger! (K.H.)


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  • Literaturverzeichnis